Werbung mit Testergebnissen: Verlinkung der Fundstelle nicht ohne weiteres ausreichend

09. Januar 2018
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Bei der Werbung mit Testergebnissen ist es erforderlich, dass dem Werbeadressaten auch die Möglichkeit eröffnet wird, sich über die Details hinsichtlich des der Werbung zugrundeliegenden Tests zu informieren. Sofern nicht alle relevanten Informationen in die Werbeanzeige mit aufgenommen werden können, muss deshalb zumindest die Fundstelle des Tests angegeben werden. Die Verlinkung auf eine Webseite, auf der die entsprechenden Einzelheiten abrufbar sind, ist jedenfalls dann ausreichend, wenn sich die Informationen direkt auf der Startseite oder unter einem dort befindlichen Menüpunkt aufrufbar sind, nicht jedoch, wenn der Werbeadressat sie lediglich auf einer Unterseite finden kann.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 16.11.2017

Az.: 6 U 182/14

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird – soweit über die Berufungen beider Parteien nicht bereits rechtskräftig entschieden ist – das am 14.8.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird weiter verurteilt,

1. es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr mit einem Testergebnis zu werben, ohne dass sich die angesprochenen Verkehrskreise weiter über den Test informieren können, wenn dies dadurch geschieht, dass in der Werbung eine Internetseite genannt wird oder durch Verlinkung aufrufbar ist, auf deren Startseite sich weder Informationen zum Test noch ein Menüpunkt befinden, über den der Nutzer zum Testergebnis gelangt.

2. an die Klägerin 453,27 € zzgl. 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit dem 29.10.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens I ZR 88/16 zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des zweiten Berufungsverfahrens wird auf 15.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen verschiedener Wettbewerbsverstöße auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat der erkennende Senat mit Urteil vom 24.3.2016 die Beklagte gemäß den Klageanträgen verurteilt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 8.12.2016 hat der Bundesgerichtshof auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteils des Senats im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags 4 a) und des Anspruchs auf Abmahnkostenerstattung zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist; im Umfang der Aufhebung hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an den Senat zurückverwiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die genannten Entscheidungen Bezug genommen.

Im neu eröffneten Berufungsrechtszug streiten die Parteien darüber, ob die Beklagte in ihrem Internetauftritt gemäß Anlage K 1 (Bl. 10 d.A.) anlässlich der dortigen Werbung mit dem bei „a.de“ errungenen Testsieg („1. Platz“) in ausreichender Weise über den Test informiert hat.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 8.8.2017 (Bl. 381 ff. d.A.) klargestellt, dass sie mit ihrem Klagebegehren allein beanstande, dass weitere Informationen zum Testergebnis weder in dem Internetauftritt gemäß Anlage K 1 selbst noch auf der dort genannten Internetseite „a.de“ enthalten bzw. ohne weiteres aufzufinden gewesen seien. Auf der Internetseite „a.de“ seien derartige Informationen erst nach längerem Suchen und eher zufällig aufzufinden gewesen. Auf die Frage der Lesbarkeit des Hinweises im Internetauftritt gemäß Anlage K 1 komme es für die Beurteilung ebenso wenig an wie auf einen etwaigen Mouseover-Effekt. Außerdem verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Abmahnung vom 21.10.2013 (Bl. 11 ff. d.A.) weiter.

Nach Hinweisen des Senats zu einer sachgerechten Fassung des Unterlassungsbegehrens in der mündlichen Verhandlung vom 5.10.2017 beantragt die Klägerin,

der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr mit einem Testergebnis zu werben, ohne dass sich die angesprochenen Verkehrskreise weiter über den Test informieren können, wenn dies dadurch geschieht, dass in der Werbung eine Internetseite genannt wird oder durch Verlinkung aufrufbar ist, auf deren Startseite sich weder Informationen zum Test noch ein Menüpunkt befinden, über den der Nutzer zum Testergebnis gelangt,

sowie

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 679,90 € zzgl. 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit dem 29.10.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Senat habe mit den wiederholten Hinweisen zur Antragstellung seine sich aus § 139 ZPO ergebenden Pflichten überdehnt. Der zuletzt gestellte Unterlassungsantrag stelle eine unzulässige Klageänderung dar. Jedenfalls erhebe sie im Hinblick auf diese Klageänderung die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich des nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 26.10.2017 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat hinsichtlich des weiterverfolgten Unterlassungsanspruchs (erstinstanzlicher Klageantrag zu 1 a bzw. Klageantrag zu 4 a des ersten Berufungsrechtszugs) Erfolg und hinsichtlich des Anspruchs auf Abmahnkostenerstattung teilweise Erfolg.

1. In dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag liegt keine Klageänderung (§ 263 ZPO), sondern lediglich eine Klarstellung des von Anfang an der Sache nach verfolgten Unterlassungsbegehrens.

Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift (S. 5; Bl. 5 d.A.) ausgeführt, dass sie die mit dem (seinerzeitigen) Klageantrag zu 1 a beanstandete Werbung unabhängig von der Frage der Lesbarkeit der Testfundstellenangabe deshalb für unlauter halte, weil man beim Aufruf der angegebenen Internetseite „a.de“ nicht zu weiteren Informationen zum Test gelangt sei; erst durch langes Suchen auf dieser Seite sei die Klägerin zufällig auf die URL „a.de/….php“ mit darin enthaltenen Beschreibungen des Tests und der Testbedingungen gestoßen. Auch der in der Klageschrift zu diesem Unterlassungsbegehren gestellte Antrag zu 1 a hat diese Beanstandung umfasst. Soweit der Antrag darauf gerichtet war, mit einem Testergebnis zu werben, „ohne die Fundstelle des Tests anzugeben“, war damit ausweislich der genannten Ausführungen in der Klageschrift erkennbar auch gemeint, dass die angegebene Fundstelle nicht zu den erforderlichen Informationen führe. Im weiteren Verfahren hat die Klägerin ebenfalls weder durch eine entsprechende Änderung der Antragstellung noch schriftsätzlich zu erkennen gegeben, dass sie diese Beanstandung fallen lasse. Dass demgegenüber sowohl der Senat im ersten Berufungsurteil als auch der Bundesgerichtshof in seiner Beschwerdeentscheidung sich nicht mit diesem Gesichtspunkt, sondern allein mit der Frage der Lesbarkeit der Testfundstellenangabe in der Anlage K 1 befasst haben, ändert nichts daran, dass die Beanstandung der fehlenden Auffindbarkeit der Testinformationen auf der genannten Seite „a.de“ weiterhin Gegenstand des Klagebegehrens war.

Da somit eine Änderung des Unterlassungsbegehrens, das von Anfang an Gegenstand des ursprünglichen Klageantrag zu 1 a war, nicht eingetreten ist, greift auch die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht durch.

2. Der Unterlassungsantrag, den der Klägervertreter auf entsprechende Anregung des Senats in der Berufungsverhandlung hin formuliert hat, ist hinreichend bestimmt, da er in zulässig-abstrahierender Weise das zu untersagende Verhalten beschreibt. Der Beklagten soll verboten werden, mit einem Testergebnis zu werben, wenn zwar in der Werbung als Fundstelle für das Testergebnis eine andere Internetseite genannt bzw. durch Verlinkung aufrufbar ist, sich jedoch auf der Startseite dieser als Fundstelle genannten Internetseite weder weitere Informationen zum Test noch ein Menüpunkt befinden, über den der Nutzer zum Test gelangt.

Mit der Anregung zur Fassung des Klageantrags hat sich der Senat im Rahmen der ihn treffenden Hinweispflicht nach § 139 ZPO gehalten. Dass der Antrag den Hinweisen im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8.12.2016 (Rdz. 11) nicht entspricht, beruht darauf, dass – wie bereits ausgeführt – das verfolgte Klagebegehren nach der Klarstellung im Schriftsatz des Klägervertreters vom 8.8.2017 einen andern als den im Beschwerdeverfahren zugrunde gelegten Inhalt hat. Daher kann auch an der in der Verfügung des Senats vom 20.6.2017 (Bl. 366 f. d.A.) dargelegten vorläufigen Rechtsauffassung zum Umfang der Bindungswirkung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr festgehalten werden.

3. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3 I, 5a II, 8 III Nr. 1 UWG zu.

Wer gegenüber Verbrauchern mit einem positiven Testergebnis wirbt, muss gemäß § 5a II UWG dem Werbeadressaten die Möglichkeit geben, sich über die Einzelheiten des Tests näher zu informieren (vgl. BGH GRUR 2016, 1076 – LGA tested, Tz. 40; GRUR 2010, 248 – Kamerakauf im Internet, Tz. 32). Wenn – wie regelmäßig – diese Informationen in der Werbung selbst nicht vollständig erteilt werden können, ist die Angabe einer Fundstelle erforderlich, unter der der Verbraucher diese Informationen auffinden kann. Diesen Anforderungen wird die beanstandete Werbung der Beklagten nicht gerecht.

Zwar wird der Verpflichtung zur Angabe einer Testfundstelle genüge getan, wenn – wie hier – in der Werbung eine Internetadresse („a.de“) genannt wird, unter der weitere Informationen zum Test abrufbar sein sollen (vgl. BGH a.a.O. – LGA tested, Tz. 35). Im Hinblick auf die Funktion der Verpflichtung gemäß § 5a II UWG, dem Verbraucher die Grundlage für eine informierte geschäftliche Entscheidung zu verschaffen, müssen diese Informationen jedoch unter der angegebenen Fundstelle auch tatsächlich mit zumutbarem Aufwand auffindbar sein. Wird als Fundstelle eine Internetadresse angegeben, müssen die Informationen zum Test daher entweder auf der Startseite dieser Internetseite selbst gegeben werden oder jedenfalls über einen auf Testergebnisse verweisenden Menüpunkt ohne weiteres aufrufbar sein. Dagegen reicht es nicht aus, wenn die Informationen sich zwar auf einer Unterseite der als Fundstelle genannten Internetseite befinden, der Nutzer aber nicht bereits auf der Startseite zu dieser Unterseite durch einen entsprechenden Menüpunkt hingeführt wird.

Im vorliegenden Fall enthielt die Startseite der angegebenen Internetadresse „a.de“ die erforderlichen Informationen zum Test unstreitig nicht. Nach dem Sach- und Streitstand muss weiter davon ausgegangen werden, dass auf der Startseite auch ein auf Testergebnisse verweisender Menüpunkt fehlte. Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei erst durch langes Suchen auf „a.de“ zufällig auf die Unterseite „a.de/….php“ mit darin enthaltenen Beschreibungen des Tests und der Testbedingungen gestoßen. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten; sie hat insbesondere nicht dargelegt, wo sich auf der Startseite von „a.de“ ein auf Testergebnisse verweisender Menüpunkt befunden haben soll.

4. Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Abmahnung vom 21.10.2013 steht der Klägerin gemäß § 12 II UWG nur in der zuerkannten Höhe zu.

Die Abmahnung war – wie sich aus den bereits rechtskräftigen Entscheidungen des vorliegenden Rechtsstreits ergibt – berechtigt, soweit mit ihr die Ansprüche gemäß 1 b und c der verlangten Unterlassungserklärung geltend gemacht worden sind. Dass diese Ansprüche in Form modifizierter Klageanträge zuerkannt worden sind, steht der Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten nicht entgegen, da der Gegenstand der Unterlassungsbegehren aus der Abmahnung jedenfalls hinreichend deutlich wurde und es der Beklagten daher möglich war, die Wiederholungsgefahr durch eine geeignete Unterlassungserklärung auszuräumen.

Nicht erstattungsfähig sind die Kosten der Abmahnung dagegen hinsichtlich des in 1 a der verlangten Unterlassungserklärung bezeichneten Anspruchs. Die verlangte Unterlassungserklärung stimmt zwar mit dem Antrag zu 1 a der Klageschrift überein. Anders als in der Klageschrift hat die Klägerin jedoch in der Abmahnung nicht deutlich gemacht, dass sie die Werbung auch unter dem Gesichtspunkt angreifen will, unter dem die Klage nach dem oben Ausgeführten Erfolg hat. Die Abmahnung war daher insoweit nicht geeignet, der Beklagten den Weg zu einer Klaglosstellung durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu weisen.

Der Abmahnkostenerstattungsanspruch besteht demzufolge nur in Höhe von zwei Dritteln der entstandenen Kosten, mithin in Höhe von 453,27 €. Die Zinsforderung ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gerechtfertigt. Hinsichtlich des weitergehenden Erstattungsanspruchs war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 II, 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt.

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