Abstrakte Widerrufsbelehrung genügt nicht

24. März 2025
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Urteil des OLG Stuttgart vom 11.03.2025, Az.: 6 U 12/24

Die abstrakte Wiedergabe der gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts, mit der Folge, dass dem Verbraucher die (rechtliche) Prüfung, ob im konkreten Fall ein Widerrufsrecht besteht oder nicht, ist dem Unternehmer nicht gestattet. Somit genügt es nicht, eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, die den Käufer nur über die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen eines Widerrufsrechts informiert, um der bestehenden Informationspflicht gerecht zu werden. Vielmehr hat der Unternehmer zu prüfen, ob für den Verbraucher ein Widerrufsrecht besteht, und für den Fall, dass dies zu bejahen ist, eine eindeutige Information an den Verbraucher, dass er das Recht hat, den Vertrag zu widerrufen, bereitzustellen.

Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil vom 11.03.2025
Az.: 6 U 12/24

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26.1.2024 wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 66.170,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2023 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

__________________

Streitwert des Berufungsverfahrens: 97.640 €

Gründe

I.

Nach Widerruf eines Pkw-Kaufs verlangt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Unter ausschließlicher Verwendung des Onlineshops der Beklagten kaufte der Kläger aufgrund seiner Bestellung vom 2.5.2022 (Anl. K 1) ein Elektroauto des Typs T. zum Preis von 66.170,00 € brutto zu privaten Zwecken. Das Fahrzeug wurde am 11.11.2022 an den Kläger ausgeliefert.

Die Bestellung enthielt folgende Widerrufsbelehrung:

Widerrufsbelehrung

Widerrufsrecht

Wenn Sie ein Verbraucher sind und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o.ä.) geschlossen haben, haben Sie das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag nach den nachstehenden Regelungen zu widerrufen.

Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (T. GmbH, …) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist.

Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.

Folgen des Widerrufs

Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet. Wir können die Rückzahlung verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhalten haben oder bis Sie den Nachweis erbracht haben, dass Sie die Waren zurückgesandt haben, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.

Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an T. GmbH, … oder an Ihr örtliches T. Delivery Center zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden.

Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist.

Angaben zur Höhe der Kosten der Rücksendung enthielten die Vertragsunterlagen nicht.

Mit E-Mail und Einschreiben vom 25.9.2023 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragserklärung.

Am 30.9.2023 unterzeichnete die Ehefrau des Klägers, I. C., eine schriftliche als „Versandauftrag und Übernahmebestätigung“ (Anl. K 3) bezeichnete Erklärung, die den Auftrag beinhaltete, das Fahrzeug bei dem Auslieferungszentrum der Beklagten in Holzgerlingen abzugeben, und die der Kläger der Beklagten danach per E-Mail übermittelte. Ob die Ausführung des Auftrags tatsächlich gewollt war und erfolgt ist, ist zwischen den Parteien streitig. Das Fahrzeug befindet sich derzeit beim Kläger.

Nach Zurückweisung des Widerrufs forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 13.10.2023 die Beklagte nochmals zur Rückzahlung des Kaufpreises auf.

Mit seiner beim Landgericht Stuttgart im Urkundenprozess erhobenen Klage macht der Kläger die Erstattung des Kaufpreises nebst Verzugszinsen sowie den Ersatz vorgerichtlicher Kosten nebst Rechtshängigkeitszinsen geltend.

Er trägt er vor, er sei im September 2023 noch berechtigt gewesen, den im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag zu widerrufen, da die erteilte Widerrufsbelehrung weder dem gesetzlichen Muster noch den Vorgaben des Gesetzes entspreche. Die Beklagte habe nicht über einen wesentlichen Teil des Verfahrens der Ausübung des Widerrufsrechts informiert, indem sie es unterlassen habe, die auf der Internetseite zwecks Kontaktaufnahme von Verbrauchern genannte Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Sein daraus folgender Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sei auch uneingeschränkt fällig, da ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten jedenfalls mit dem Nachweis der Absendung des Fahrzeugs entfallen sei. Die Beklagte könne ihm wegen der unzureichenden Widerrufsbelehrung auch keinen Anspruch auf Wertersatz entgegenhalten. Die Beklagte sei nach Ablauf von 14 Tagen seit Zugang des Widerrufs in Verzug geraten und schulde deshalb auch Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Die Beklagte hat neben Einwänden gegen die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses in der Sache geltend gemacht, der Widerruf sei verspätet erklärt, weil die von ihr nicht in Umsetzung des gesetzlichen Musters, sondern frei formulierte Widerrufsbelehrung gesetzeskonform sei. Dass die Telefonnummer nicht in der Widerrufsbelehrung genannt sei, verlängere die Widerrufsfrist nicht. Das auf einen geringfügigen formalen Belehrungsmangel gestützte Verlangen des Klägers, den Kaufpreis zu erstatten sei bei gleichzeitigem Einbehalt der erlangten staatlichen Förderungsmittel und ohne Anrechnung von Gebrauchsvorteilen rechtsmissbräuchlich. Zudem verhalte sich der Kläger widersprüchlich, indem er einerseits den Widerruf erklärt habe, andererseits das Fahrzeug aber weiter vollumfänglich nutze. Für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs erhebt sie die Einrede aus § 357 Abs. 4 BGB und bestreitet, dass der Kläger die Versendung beauftragt habe und der behauptete Auftrag ausgeführt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine Schein-Beauftragung handle. Das Zurückbehaltungsrecht würde auch durch die behauptete Beauftragung der Botin nicht entfallen. Da der Unternehmer das Transportrisiko trage, sei es unbillig, das Zurückbehaltungsrecht entfallen zu lassen, wenn der Verbraucher den Rückversand durch eigene Leute vornehme. Nur bei einem Transport durch ein geeignetes professionelles Transportunternehmen, das die Haftung für etwaige Versandschäden trage und dadurch den Unternehmer von seinem Transportrisiko freistelle, sei das Interesse des Unternehmers an einem sicheren Rückerhalt der Ware gewahrt. Selbst wenn die Vorleistungspflicht entfiele, seien die Leistungen wegen der Einrede aus § 273 BGB allenfalls Zug um Zug auszutauschen.

Die Beklagte rechnet hilfsweise mit einem Anspruch auf Ersatz des bis zum Widerruf eingetretenen Wertverlusts am Fahrzeug in Höhe von 31.470,00 € auf. Der Anspruch auf Wertersatz entfalle nur, wenn der Verbraucher überhaupt nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Der Wertverlust bestehe in der Differenz zwischen Kaufpreis und dem Händlereinkaufspreis von 34.700 € und betrage 31.470,00 €. Weitergehende Ansprüche, die sich aus der Nutzung nach dem Widerruf und etwaigen Schäden ergeben könnte, könnten gegenwärtig nicht berechnet werden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises zu. Ein Recht zum Widerruf des im Fernabsatz geschlossenen Vertrages sei jedenfalls verfristet. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Musterwiderrufsbelehrung zu verwenden. Die Angabe der Telefonnummer sei in der Widerrufsbelehrung nicht notwendig gewesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die abgewiesenen Anträge weiter und macht geltend, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass der Widerruf verspätet erklärt worden sei. Er wiederholt und vertieft seine bereits in erster Instanz vorgetragenen Argumente, wonach der Lauf der Widerrufsfrist wegen einer mangelhaften Widerrufsbelehrung nicht begonnen habe. Die Angabe der Telefonnummer der Beklagten in der Widerrufsbelehrung sei erforderlich gewesen. Ferner rügt er nunmehr auch, in der Widerrufsbelehrung fehlten Hinweise zum Beginn der Widerrufsfrist bei Teilsendungen. Der Vertrag werde in Teilsendungen erfüllt, weil der Kunde zunächst die Unterlagen für die Zulassung erhalte und erst danach das Auto abholen könne. Eine Teilsendung liege auch wegen der im Zeitpunkt des Widerrufs noch ausstehenden Nachrüstung des Fahrzeugs mit einer Einparkhilfe vor. Die Widerrufsbelehrung sei auch insoweit unrichtig, als darauf hingewiesen werde, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen habe. Soweit die Beklagte nach dem Widerruf regelmäßig die vorherige Ankündigung der Rückgabe verlange, hätte sie darauf in der Widerrufsbelehrung hinweisen müssen. Die Beklagte habe durch unterschiedliche Informationen die fehlende Erstattungsfähigkeit der Bestellgebühr in Höhe von 250 € vorgespiegelt. Schließlich sei die Widerrufsbelehrung auch insofern fehlerhaft, als dem Verbraucher die Subsumtion auferlegt werde, ob er zum Kreis der Verbraucher gehöre und ob die Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Fernabsatzvertrages gegeben seien.

Mit Schriftsatz vom 7.10.2024 hat der Kläger vom Urkundenprozess Abstand genommen.

Der Kläger beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 26.1.2024 zu Aktenzeichen 29 O 59/23 wird die Beklagte verurteilt

1. an den Kläger einen Betrag von 66.170,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 66.170,00 € seit dem 10.10.23 zu zahlen, sowie

2. an den Kläger einen Betrag von 2.935,25 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Abstandnahme vom Urkundenprozess sei in zweiter Instanz nicht möglich. In der Sache habe das Landgericht zutreffend entschieden, dass die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht erforderlich sei. Zudem löse eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erst dann eine verlängerte Widerrufsfrist aus, wenn die dem Verbraucher in der Widerrufsbelehrung mitgeteilten Informationen derart fehlerhaft seien, dass ihm die Möglichkeit genommen werde, sein Vertragslösungsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben, was hier nicht der Fall sei. Der neue Vortrag des Klägers in zweiter Instanz sei nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Widerrufsbelehrung informiere auch insoweit ausreichend über das Bestehen eines Widerrufsrechts, als die Begriffe des Verbrauchers und des Vertragsschlusses unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln als für den Verbraucher verständlich vorausgesetzt würden. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe entspreche den Vorgaben des Art. 264a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB. Ihr sei auch nicht möglich, im Einzelfall zu prüfen, ob es sich bei dem Käufer um einen Verbraucher handle. Für den Verbraucher seien diese Rechtsbegriffe ohne weiteres verständlich, zumal beispielhaft erläutert sei, was unter Fernkommunikationsmitteln zu verstehen sei. Jedenfalls seien etwaige Unklarheiten nicht geeignet, den Verbraucher vom Widerruf abzuhalten. Dass das streitgegenständliche Fahrzeug über keine Einparkhilfe verfüge, sei nicht richtig. Es treffe auch nicht zu, dass der Eindruck erweckt werde, dass die Anzahlung im Falle des Widerrufs dem Verbraucher nicht erstattet werde. Die Verpflichtung, Angaben zu den Kosten der Rücksendung zu machen, sei für den Lauf der Widerrufsfrist nicht erheblich. Informationen über den Rückgabeprozess seien in der Widerrufsbelehrung nicht erforderlich. Die Beklagte hält an ihrem Leistungsverweigerungsrecht und der Hilfsaufrechnung fest.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin I. C.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 3.12.2024 verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache weitgehend Erfolg

1.

Der Rechtsstreit ist im ordentlichen Verfahren anhängig und die besonderen Verfahrensvorschriften der §§ 592 ff. ZPO sind nicht anzuwenden, da der Kläger wirksam vom Urkundenprozess Abstand genommen hat.

Nach § 596 ZPO kann der Kläger, ohne dass es der Einwilligung des Beklagten bedarf, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung von dem Urkundenprozess in der Weise abstehen, dass der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig bleibt. Der Wechsel in das ordentliche Verfahren ist in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Klageänderung auch noch im Berufungsverfahren zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält (BGH, Urteil vom 2. April 2020 – IX ZR 135/19 –, Rn. 13, juris). Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit ist entscheidend, ob und inwieweit die Zulassung der geänderten Klage den Streit im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt, so dass sich ein weiterer Prozess vermeiden lässt. Der Sachdienlichkeit steht grundsätzlich nicht entgegen, dass aufgrund der Klageänderung neue Parteierklärungen und gegebenenfalls Beweiserhebungen notwendig werden und die Erledigung des Prozesses verzögert wird. Die Sachdienlichkeit kann in der Regel auch nicht mit der Begründung verneint werden, dass der Beklagte durch die Zulassung einer Klageänderung oder -erweiterung eine Tatsacheninstanz verlöre (BGH, Urteil vom 2. April 2020 – IX ZR 135/19 –, Rn. 14, juris).

Nach diesen Kriterien ist die Sachdienlichkeit zu bejahen. Im ordentlichen Verfahren können die bestehenden Streitpunkte geklärt und ein möglicher weiterer Prozess vermieden werden. Dabei kann auf den bisherigen Prozessstoff zurückgegriffen werden, da der Senat die entscheidungserheblichen Tatsachen, die weitgehend unstreitig und im Übrigen nicht neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO sind, seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

2.

Die zulässige Berufung ist in der Sache begründet, da dem Kläger gemäß §§ 355 Abs. 3 Satz 1, 312g Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 66.170,00 € zusteht.

a)

Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, 58 EGBGB sowie – bezüglich des unmittelbar nach Vertragsschluss am 28.5.2022 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union vom 10.8.2021 (BGBl I 2021, 3483) – entsprechend Art. 170 EGBGB (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., Einl. vor §§ 241 Rn. 14 m. N. zur Rspr.) finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 2.5.2022 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.

b)

Der Kläger war gemäß § 312g Abs. 1 BGB zum Widerruf berechtigt.

Auf den vorliegenden Verbrauchsgüterkauf (§§ 310 Abs. 3, 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) findet § 312g BGB gemäß § 312 Abs. 1 BGB Anwendung. Keiner der Ausschlussgründe des § 312 Abs. 2 bis 6 BGB liegt vor. Der Vertrag wurde unstreitig unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen (§ 312c Abs. 1 BGB) und keiner der Fälle des § 312g Abs. 2 BGB, in denen das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, ist vorgetragen.

c)

Das Widerrufsrecht war nicht gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Fristablauf erloschen, als der Kläger den Widerruf erklärte.

Nach § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei einem Verbrauchsgüterkauf zwölf Monate und 14 Tage nachdem der Verbraucher die Ware gemäß § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB erhalten hat. Die Frage, ob die Frist – wie die Beklagte meint – bereits mit der Auslieferung des Fahrzeugs nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 a) BGB zu laufen begonnen hat, oder ob die Auffassung des Klägers zutrifft, dass die Beklagte den Vertrag im Hinblick auf eine noch ausstehende Nachrüstung der Einparkhilfe in Teilleistungen im Sinne des § 356 Abs. 2 Nr. 1 c) BGB erfüllt hat, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Selbst wenn auf den früheren Zeitpunkt der Auslieferung des Fahrzeugs am 11.11.2022 abgestellt wird, war die Frist des § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB zum Zeitpunkt des Widerrufs am 25.9.2023 noch nicht abgelaufen.

d)

Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch nicht nach Ablauf der gesetzlichen Frist von 14 Tagen (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) ausgeübt. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs hatte die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, da der Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden war.

aa)

Neben dem Vertragsschluss (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB) und dem Erhalt der Ware (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB) setzt der Beginn der Widerrufsfrist bei einem im Fernabsatz geschlossenen Verbrauchsgüterkauf gemäß § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus, dass der Unternehmer dem Verbraucher eine den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB genügende Belehrung über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts erteilt und diese Belehrung gemäß Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB zur Verfügung gestellt hat (zu letzterem vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2020 – I ZR 169/19 –, Rn. 40, juris).

Im vorliegenden Fall ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten an den gesetzlichen Vorgaben zu messen, die sich aus Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB ergeben, da die Beklagte unstreitig nicht den Text des gesetzlichen Musters in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB übernommen und damit ihre Informationspflicht nicht gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erfüllt hat.

bb)

Zwar hat das Landgericht richtig entschieden, dass die Beklagte ihre Telefonnummer in der Belehrung nicht angeben musste (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 5 ff., juris). Jedoch entspricht die erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem Gesetz, da sie den Verbraucher nicht darüber in Kenntnis setzt, ob im Einzelfall ein Widerrufsrecht besteht.

Dass dieser Gesichtspunkt erst in zweiter Instanz in den Rechtsstreit eingeführt worden ist, ist unschädlich, denn zum einen hat der Senat die Gesetzeskonformität von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2016 – XI ZR 72/16 –, Rn. 28, juris) und zum anderen ist der Sachverhalt insoweit unstreitig.

Mit dem Konditionalsatz am Beginn der Widerrufsbelehrung der Beklagten wird der Käufer lediglich über die persönlichen („Wenn sie Verbraucher sind“) und sachlichen („und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln [wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o.ä.] geschlossen haben“) Voraussetzungen eines Widerrufsrechts informiert. Er kann dem nicht unmittelbar entnehmen, ob in seinem Fall ein Widerrufsrecht besteht. Die Kenntnis von seinem Widerrufsrecht erlangt er nur, wenn er die in der Belehrung verwendeten Rechtsbegriffe zutreffend versteht und auf die konkreten Umstände des Vertragsschlusses anwendet.

Soweit der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, dass der Verbraucher durch die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht über die persönliche und sachliche Reichweite seines Widerrufsrechts irregeführt wird (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 -, Rn. 29, juris), enthält die zitierte Entscheidung keine Ausführungen zu der vorgelagerten Frage, ob das Gesetz bei richtlinienkonformer Auslegung dem Unternehmer eine Widerrufsbelehrung gestattet, in der lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts abstrakt wiedergegeben werden, so dass dem Verbraucher die Subsumtion unter die beschriebenen Tatbestandsmerkmale überlassen bleibt, ohne dass ihm konkret mitgeteilt wird, ob in seinem Fall ein Widerrufsrecht besteht oder nicht.

(1)

Diese dort offen gelassene Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen.

(a)

Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über das Bestehen des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB zu informieren.

Indem Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG und der Richtlinie 1999/44/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG und der Richtlinie 97/7/EG (nachfolgend Verbraucherrechterichtlinie) die Belehrungspflicht des Unternehmers an die tatbestandliche Voraussetzung knüpfen, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht, über das zu belehren ist, ist im Wortlaut des Gesetzes bereits angelegt, dass es dem Unternehmer als Normadressat übertragen ist, das Bestehen eines Widerrufsrechts als tatbestandliche Voraussetzung seiner gesetzlichen Informationspflichten zu prüfen und den Verbraucher darüber zu informieren. Der Unternehmer hat den Verbraucher gemäß Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ferner darüber zu informieren, falls ein Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Auch insoweit folgt aus dem Wortlaut die Pflicht des Unternehmers, das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts eigenverantwortlich zu prüfen (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., EGBGB Art. 246a § 1, Rn. 10 zu Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB).

Dem steht nicht entgegen, dass Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB und Art. 6 Abs. 1 der Verbraucherrechterichtlinie in Abweichung vom Wortlaut der Regelung zu den Informationspflichten bei anderen Verbraucherverträgen eine Information über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts nicht ausdrücklich vorschreibt.

Bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen verlangt Art. 246b § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB, durch den Art. 3 Abs. 1 Nr. 3. lit. a der Richtlinie 2002/65/EG vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG umgesetzt wird, eine Unterrichtung des Verbrauchers über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts. Nach der vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie bis 12.6.2014 geltenden Rechtslage, die noch auf Art. 4 Abs. 1 lit. f der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zurückging, sah Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB a.F. ebenfalls ausdrücklich die Pflicht vor, über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts zu informieren. Gleiches gilt für Verbraucherdarlehensverträge nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB für den Umfang der vorvertraglichen Informationen, und nach 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB muss diese Information auch im Vertrag enthalten sein, andernfalls beginnt die Widerrufsfrist nach § 356b Abs. 2 Satz 1 BGB nicht. Das entspricht den Vorgaben nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (Verbraucherkreditrichtlinie).

Auch wenn sich dies aus dem Wortlaut von Art. 246a § 1 EGBGB und Art. 6 Abs. 1 der Verbraucherrechterichtlinie nicht unmittelbar ergibt, ist der Unternehmer auch hier verpflichtet, den Verbraucher über das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB zu informieren. Es ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, dass das europäische oder das nationale Recht hinsichtlich des Anlaufens der Widerrufsfrist bei einem im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag ein niedrigeres Schutzniveau für den Verbraucher vorsieht als bei einem Fernabsatzvertrag über eine Finanzdienstleistung oder bei einem Verbraucherdarlehensvertrag (zu letzterem vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 22, juris).

Entsprechend leitet auch der Europäische Gerichtshof aus Art. 6 Abs. 1 der Verbraucherrechterichtlinie ab, dass der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über das Bestehen des Widerrufsrechts des Verbrauchers und das entsprechende Verfahren informieren muss (EuGH, Urteil vom 24. Februar 2022 – C-536/20 –, Rn. 42, juris). Demnach ergibt sich auch aus Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB die Pflicht des Unternehmers, den Verbraucher über das Bestehen des Widerrufsrechts zu informieren, und nach Art. 246a Abs. 3 BGB hat der Unternehmer über die Umstände zu informieren, unter denen ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht erlöschen kann, und darüber, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung nicht widerrufen kann, wenn das Widerrufsrecht ausnahmsweise ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 – VIII ZR 317/21 –, Rn. 47, juris zu den Folgen der fehlenden Information über ein nicht bestehendes Widerrufsrecht).

(b)

Verlangt das Gesetz eine klare Information über das Bestehen des Widerrufsrechts, ist dem Verbraucher mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist. Die danach erforderliche Information ist deshalb nicht erteilt, wenn die Belehrung des Unternehmers dem Verbraucher die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufsrechts überlässt und damit offenlässt, ob der Verbraucher zum Widerruf berechtigt ist oder nicht.

Dass der Verbraucher nach der Vorstellung des Gesetzgebers und des Richtliniengebers konkret über seine Berechtigung zum Widerruf zu informieren ist, zeigt die Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite in Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBG, die insoweit Anhang II der Verbraucherkreditrichtlinie entspricht, wonach der Kreditgeber gemäß Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB zum Recht des Verbrauchers, den Kreditvertrag innerhalb von 14 Kalendertagen den Kreditvertrag zu widerrufen, entweder „Ja“ oder „Nein“ anzugeben hat, was die Prüfung der Voraussetzungen für das Bestehen des Widerrufsrechts durch den Unternehmer bedingt.

Auch die Muster in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB und im Anhang 1 Teil A der Verbraucherrechterichtlinie sehen gerade keine abstrakte Information über die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts vor, sondern die konkrete Mitteilung, dass der Verbraucher das Recht hat, den geschlossenen Vertrag zu widerrufen („Sie haben das Recht, …“). Zwar werden damit keine Anforderungen an eine Belehrung definiert, die das Muster nicht oder nicht vollständig übernimmt, vielmehr stellt das gesetzliche Muster dem Unternehmer lediglich eine mögliche Formulierung der Belehrung zur Verfügung, die den allgemeinen und systematisch vorgelagerten Vorgaben genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 8, juris), der Inhalt des Musters kann aber bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen über die Reichweite der Belehrungspflicht gleichwohl von Bedeutung sein, weil sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, wie der Gesetzgeber sich eine ordnungsgemäße Belehrung vorstellt.

Es entspricht schließlich dem Zweck des Gesetzes, eine Belehrung, die lediglich die Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts beschreibt, nicht genügen zu lassen. Der vom Gesetz bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des regelmäßig rechtsunkundigen Verbrauchers eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses wirksam auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 – I ZR 28/22 –, Rn. 40, juris; BGH, Urteil vom 8. Oktober 2024 – XI ZR 19/23 –, Rn. 19, juris zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB; BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08 –, Rn. 14, juris). Danach soll die vom Gesetzgeber intendierte Eindeutigkeit und Klarheit der Widerrufsbelehrung den Verbraucher, bei dem keine rechtlichen Kenntnisse vorausgesetzt werden dürfen, gerade vor den Schwierigkeiten schützen, die mit der Prüfung der Rechtslage verbunden sind. Mit dem Zweck, den rechtsunkundigen Verbraucher durch die Belehrung über sein Widerrufsrecht in Kenntnis zu setzen, ist es nicht zu vereinbaren, wenn der Unternehmer die ihm obliegende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts auf den Verbraucher verlagert.

Zwar handelt es sich bei Widerrufsbelehrungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2011 – XI ZR 401/10 –, Rn. 22, juris). Der Grundsatz, dass der Verwender bei der Formulierung seiner AGB abstrakte Rechtssätze und Rechtsbegriffe verwenden darf, worauf die Beklagte hinweist, wird aber durch die besonderen Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung eingeschränkt.

(c)

Die nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB erforderliche Information über das Bestehen des Widerrufsrechts verlangt deshalb vom Unternehmer die Prüfung und die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 1 BGB gegeben sind, und für den Fall, dass das zu bejahen ist, die eindeutige Information des Verbrauchers, dass er das Recht hat, den Vertrag zu widerrufen. Demgegenüber entspricht eine Belehrung, mit der der Unternehmer den Verbraucher lediglich über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehrt, ohne ihm konkret mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist, und dadurch die Prüfung des Bestehens des Widerrufsrechts auf den Verbraucher überträgt, nicht den Vorgaben des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB.

(2)

Danach ist die Belehrung der Beklagten nicht gesetzeskonform, weil dem Kläger nicht mitgeteilt wird, dass er zum Widerruf berechtigt ist, sondern die Beurteilung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts ihm überlassen bleibt.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, ihr sei die Feststellung des Bestehens eines Widerrufsrechts nicht möglich. Dabei kann dahinstehen, ob sich der Unternehmer ausnahmsweise auf die Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen beschränken darf, soweit es ihm nach den Umständen nicht möglich oder zumutbar ist, die Voraussetzungen des Widerrufsrechts festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 – VIII ZR 219/08 –, Rn. 22 ff., juris, wonach ein Onlinehändler nicht verpflichtet ist, für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und deshalb dem Verbraucher die Beurteilung überlassen darf, ob die von ihm erworbene Ware unter einen der mitgeteilten Ausschlusstatbestände fällt). Umstände, nach denen der Beklagten die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufsrechts nach § 312g BGB nicht möglich oder zumutbar wären, sind nicht ersichtlich.

Die Feststellung, ob ein Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist, fällt in den Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich der Beklagten und es besteht kein Grund für die Annahme, es sei ihr nicht zumutbar, die notwendigen Informationen durch entsprechende Organisation ihres Geschäftsbetriebes zu erfassen und vorzuhalten.

Zwar trifft es zu, dass der Unternehmer keinen Einblick in die Sphäre des Käufers hat und er deshalb aus eigener Kenntnis auch nicht beurteilen kann, ob der Käufer den Vertrag zu Zwecken schließt, nach denen er als Verbraucher zu behandeln ist. Die Gestaltung des Bestellprozesses würde es der Beklagten aber erlauben, jeweils abzufragen, ob der Vertrag zu Zwecken geschlossen wird, die überwiegend weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit des Käufers zuzurechnen sind. Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung zur früheren Rechtslage angenommen hat, die Gebote der Klarheit und Verständlichkeit der Widerrufsbelehrung würden sich nicht auf den persönlichen Anwendungsbereich des Widerrufsrechts beziehen, weshalb der Unternehmer die Verbrauchereigenschaft seines Vertragspartners auch nicht zu prüfen habe (BGH, Urteil vom 9. November 2011 – I ZR 123/10 –, Rn. 26 f., juris; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 29, juris), schließt sich der Senat dem aus den oben dargelegten Erwägungen zur Auslegung des Gesetzes nicht an, zumal sich auch insoweit die nicht geklärte Frage der Richtlinienkonformität stellt.

(3)

Dass es mit Art. 6 Abs. 1 der Verbraucherrechterichtlinie, nach dem der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über das Bestehen des Widerrufsrechts zu informieren hat (EuGH, Urteil vom 24. Februar 2022 – C-536/20 –, Rn. 42, juris), nicht zu vereinbaren ist, wenn der Unternehmer lediglich über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehrt und die Prüfung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen seiner Rechte dem Verbraucher überlässt, ist nach Auffassung des Senats zwar nicht derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“; vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. Mai 2024 – VIII ZR 226/22 –, Rn. 57, juris). Eine Verpflichtung des Senats zur Vorlage gemäß § 267 Abs. 3 AEU besteht jedoch nicht, da er nicht letztinstanzliches Gericht ist, und die Vorlage ist nicht opportun, solange mangels abschließender Klärung durch den Bundesgerichtshof noch Fragen der Anwendung nationalen Rechts offen sind.

cc)

Die Belehrung der Beklagten ist auch deshalb fehlerhaft, weil sie den Hinweis enthält, dass der Käufer die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren trage.

Diese Information entspricht nicht der Rechtslage. Zur Kostentragung wäre der Kläger gemäß § 357 Abs. 6 Satz 1 BGB nur verpflichtet, wenn er über die Kosten der Rücksendung informiert worden wäre, was gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB bei Waren, die – wie hier – aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können, erforderlich ist und den Unternehmer verpflichtet, zumindest eine Schätzung der voraussichtlich anfallenden Höchstkosten anzugeben (vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 75). Diese Information hat die Beklagte nicht erteilt.

Zwar macht das Gesetz den Beginn der Widerrufsfrist von der Erteilung der Information nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB nicht unmittelbar abhängig, sondern knüpft nur den Wegfall der Verpflichtung des Verbrauchers, die Kosten der Versendung zu tragen, an eine versäumte Information (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 28, juris). Angesichts der Diskrepanz zwischen der erteilten Widerrufsbelehrung und dieser Rechtsfolge, ist die Belehrung über die Kostentragung aber inhaltlich unrichtig. Eine Widerrufsbelehrung, die gemessen an der Rechtslage einen unrichtigen Inhalt aufweist, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2024 – XI ZR 19/23 –, Rn. 19, juris; BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08 –, Rn. 14, juris).

dd)

Wegen der beschriebenen Mängel der Belehrung hat die Widerrufsfrist gemäß § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht begonnen.

(1)

Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, steht das dem Beginn der Widerrufsfrist nur unter der weiteren Voraussetzung entgegen, dass die unvollständige oder fehlerhafte Information in der Widerrufsbelehrung geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten – konkret: seines Widerrufsrechts – einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken, und ob ihm die Möglichkeit genommen wird, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung vollständiger und inhaltlich zutreffender Informationen im Fernabsatzvertrag auszuüben (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 25, juris; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2024 – XI ZR 39/24 –, juris).

(2)

Danach hindert der Umstand, dass die Beklagte nicht konkret über das Bestehen des Widerrufsrechts, sondern nur über dessen Voraussetzungen informiert hat, den Fristbeginn.

Im Vergleich zu einer Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher eindeutig mitteilt, dass er zum Widerruf berechtigt ist, ist die Belehrung der Beklagten weniger deutlich und stellt den Verbraucher vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Bestehens eines Widerrufsrechts. Die mit der abstrakten Formulierung der Belehrung verbundenen Deutungsspielräume sind geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers auszuwirken, das Bestehen eines Widerrufsrechts zutreffend einzuschätzen. Angesichts dieser Unklarheit wird er durch die Belehrung der Beklagten nicht in die Lage versetzt, sein Widerrufsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung einer gesetzeskonformen Belehrung auszuüben.

(a)

Hinsichtlich der situativen Voraussetzungen eines Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB belehrt die Beklagte den Käufer dahin, dass es darauf ankomme, ob der Vertrag „ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln [wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o.ä.] geschlossen“ wurde.

Diese Beschreibung weicht von der hier geltenden gesetzlichen Definition in § 312c Abs. 1 BGB ab, nach der die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln nicht nur beim Vertragsschluss, sondern auch bei den Vertragsverhandlungen vorausgesetzt wird. Indem die Belehrung der Beklagten nur darauf abstellt, ob der Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde, ist sie weniger klar als der gesetzliche Tatbestand. Der Einwand der Beklagten, die daraus resultierende Unklarheit habe allenfalls ein zu weites Verständnis des Verbrauchers zur Folge, das nicht geeignet sei, ihn vom Widerruf abzuhalten, greift nicht durch, da die Reichweite des Widerrufsrechts angesichts des in diesem Zusammenhang nicht eindeutigen Begriffs des Vertragsschlusses für den Verbraucher unklar bleibt, denn der Verbraucher ist vor die Frage gestellt, ob mit dem Vertragsschluss in einem engeren Sinne nur der Austausch der Vertragserklärungen gemeint ist oder in einem weiteren Sinne auch die Vertragsanbahnung umfasst ist.

Dass der Rechtsbegriff des Vertragsschlusses jedenfalls im vorliegenden Kontext nicht eindeutig ist, belegt der Umstand, dass § 312c Abs. 1 BGB in seiner aktuellen Fassung mit dem Vertragsschluss in Abgrenzung zu den Vertragsverhandlungen nur den Austausch der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen meint, während der Begriff des Vertragsschlusses in der Legaldefinition in § 312b Abs. 1 BGB in der bis 12.6.2014 geltenden Fassung in einem weiten Sinne verstanden wurde und auch die Vertragsanbahnung mit umfasste (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 6. Aufl. 2012, BGB § 312b Rn. 53, beck-online).

Was mit dem Vertragsschluss in der Belehrung der Beklagten gemeint ist, kann ein rechtsunkundiger Verbraucher demnach unterschiedlich interpretieren. Versteht er den Vertragsschluss in einem weiten Sinn, wird er insbesondere vor die nicht fernliegende Frage gestellt, ob bereits eine persönliche Inaugenscheinnahme der Kaufsache oder ein persönlicher Kontakt im Rahmen eines reinen Informationsgesprächs mit Mitarbeitern der Beklagten, etwa bei einer Probefahrt, das Bestehen eines Widerrufsrechts ausschließen kann, eine Rechtsauffassung, die auch die Beklagte hier und in anderen Verfahren vertritt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 5.2.2025 – 7 U 76/24 –, Rn. 67, juris) und zu der sich auch Nachweise in der Rechtsprechung finden (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 9. November 2005 – 42 C 204/05, BeckRS 2005, 152119, Rn. 12, beck-online). Gegen diese Auffassung spricht allerdings, dass nach Erwägungsgrund 20 der Verbraucherrechterichtlinie ein widerruflicher Fernabsatzvertrag auch in Situationen gegeben ist, in denen der Verbraucher die Geschäftsräume des Unternehmers lediglich zum Zwecke der Information über die Ware aufsucht und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Danach besteht in dieser nicht untypischen Situation die Gefahr, dass der Verbraucher anhand der Belehrung der Beklagten nicht erkennen kann, dass er zum Widerruf berechtigt ist.

(b)

Auch soweit durch die Belehrung der Rechtsbegriff des Verbrauchers ohne Erläuterung vorausgesetzt und damit das Wissen verlangt wird, dass eine Person nach den §§ 13 und 14 BGB – entgegen der Formulierung in der Belehrung – nicht im Sinn einer personalen Eigenschaft schlechthin Verbraucher oder Unternehmer ist, es vielmehr von den Zwecken des jeweiligen Rechtsgeschäfts abhängt, ob sie im Einzelfall als Verbraucher oder Unternehmer handelt, ferner, dass es bei Verträgen, die auch der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit dienen, auf den überwiegenden Teil ankommt, ist der Käufer vor Fragen gestellt, die abhängig von den Umständen auch unzutreffend beantwortet werden können.

(c)

Insbesondere die Interpretationsspielräume bei der Beurteilung der situativen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belegen hinreichend, dass es dem Verbraucher durch die von der Beklagten gewählte Art der Belehrung erschwert wird, das Bestehen eines Widerrufsrechts abzuschätzen, und im Vergleich zu einer Belehrung, die konkret auf die Berechtigung zum Widerruf hinweist, kann er sein Widerrufsrecht nicht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen ausüben (a. A. OLG Celle, Beschluss vom 5.2.2025 – 7 U 76/24 –, Rn. 60 ff., juris; KG Berlin, Beschluss vom 12.12.2024 – 24 U 95/24 –, Rn. 97 juris; OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2024 – 10 U 31/24 – Rn. 38 ff., juris). Dass der Verbraucher durch den Fehler der Belehrung irregeführt wird, ist in diesem Zusammenhang keine notwendige Bedingung (zu diesem Maßstab BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 29, juris).

(3)

Gemessen an den Kriterien nach oben (1), steht auch die fehlerhafte Information bezüglich der Kosten der Rücksendung dem Fristlauf entgegen.

Verzichtet der Unternehmer auf Angaben zur Höhe der Kosten der Versendung, müsste eine inhaltlich zutreffende Widerrufsbelehrung die daraus resultierende Rechtslage zutreffend wiedergeben. Folglich wäre die Information zu erteilen gewesen, dass der Unternehmer die Kosten der Versendung zu tragen habe.

Wird der Verbraucher hingegen fehlerhaft dahin informiert, dass er die Kosten der Rücksendung zu tragen habe, kann er die Folgen der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht zuverlässig abschätzen. Ob er für die Rücksendung Kosten in nicht bekannter Höhe zu tragen hat, stellt nach Auffassung des Senats für den Verbraucher auch eine wesentliche Bedingung für die Ausübung seines Widerrufsrechts dar, sodass er das sein Widerrufsrecht nicht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen ausüben kann (a.A. OLG Celle, Beschluss vom 5.2.2025 – 7 U 76/24 – Rn. 97, juris; unter diesem Gesichtspunkt nicht problematisiert in BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 28, juris).

ee)

Über die weiteren Mängel der Belehrung, die der Kläger rügt, muss nicht entschieden werden. Ferner kann offenbleiben, ob die weitere Voraussetzung für den Fristbeginn nach § 356 Abs. 2 BGB bereits erfüllt war oder ob im Zeitpunkt des Widerrufs wegen einer noch nicht erfolgten Nachrüstung der Einparkhilfe eine Teillieferung im Sinne des § 356 Abs. 2 Nr. 1 c) BGB ausstand.

e)

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, die Ausübung des Widerrufsrechts sei rechtsmissbräuchlich und verstoße nach § 242 BGB gegen Treu und Glauben (a. A. OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2024 – 10 U 31/24, Rn. 41 ff, juris).

Der Einwand des Unternehmers, der Widerruf sei wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerrufsrechts unwirksam, kommt im Falle einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht in Betracht, wenn sich – wie hier – die Fehler der Belehrung auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen, auswirken, und deshalb die Widerrufsfrist nicht begonnen hat (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21 –, Rn. 291, juris).

f)

Auch wenn sich die Beklagte noch nicht im Besitz des Fahrzeugs befindet, ist sie nicht berechtigt, die Leistung bis zu dessen Erhalt nach § 357 Abs. 4 BGB oder § 273 BGB zu verweigern.

aa)

Gemäß § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB steht dem Verkäufer gegenüber dem vorleistungspflichtigen Verbraucher ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis er die Ware zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Ware abgesandt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22 –, Rn. 49, juris; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, Rn. 23, juris; BGH Urteil vom 26. Oktober 2021 – XI ZR 608/20, Rn. 14, juris).

bb)

Danach ist das anfänglich bestehende Leistungsverweigerungsrecht nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB entfallen, weil der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat.

(1)

Die Absendung ist durch die Übergabe des Fahrzeugs an seine Ehefrau, die Zeugin C., und deren Beauftragung gemäß Anl. K 3 erfolgt. Soweit der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zu dem Rückgabeversuch im Berufungsverfahren konkretisiert und verdeutlicht hat, liegt darin kein neues Vorbringen, das nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre (vgl. Musielak/Voit/Ball, 21. Aufl. 2024, ZPO § 531 Rn. 15, beck-online).

Aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin C. steht nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger ihr das Fahrzeug gemäß der Übernahmebestätigung vom 30.9.2023 (Anl. K 3) mit dem Auftrag übergab, es nach Holzgerlingen zu bringen und bei dem dortigen Auslieferungszentrum der Beklagten abzugeben, und sie dies dort erfolglos versuchte.

Zwar war bei der Würdigung der Aussage das Näheverhältnis der Zeugin zum Kläger zu berücksichtigen. Angesichts der detailreichen Schilderung der Zeugin, die insbesondere im Zusammenhang mit der beschriebenen Verweigerung der Annahme des Fahrzeugs durch die Mitarbeiter der Beklagten individuelle Merkmale und glaubhafte gefühlsmäßige Reaktionen der Zeugin beinhaltete, hat der Senat jedoch keine Zweifel, dass die Zeugin die Erinnerung an ein wirklich erlebtes Geschehen wiedergegeben hat.

(2)

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Versendung des Fahrzeugs nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger seine Ehefrau mit dem Transport des Fahrzeugs beauftragt und kein gewerbliches Transportunternehmen eingeschaltet hat.

Dabei kann dahinstehen, ob eine Versendung im Sinne des § 357 Abs. 4 BGB voraussetzt, dass sie in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, den Gefahrübergang auf den Unternehmer nach § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB herbeizuführen, denn diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn der Transport der Ware durch nahe Angehörige dem Transport durch den Schuldner selbst gleichgestellt wird.

Die aus dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages resultierende Pflicht zur Rückgewähr der gelieferten Ware (§ 355 Abs. 3 Satz 1 BGB) hat der Verbraucher durch Rücksendung zu erfüllen, es sei denn, der Unternehmer hat die Abholung der Ware angeboten (§ 357 Abs. 5 BGB). Da die geschuldete Leistungshandlung des Verbrauchers nur in der Versendung und nicht im Transport der Ware zum Verkäufer besteht, der Unternehmer gemäß § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB die Gefahr der Rücksendung trägt und der Erfüllungsort für die Verpflichtung des Verbrauchers gemäß § 269 Abs. 1 BGB sein Wohnsitz ist, handelt es sich um eine Schickschuld (vgl. Grünberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., § 355, Rn. 13; MüKoBGB/Fritsche, 9. Aufl. 2022, BGB § 357 Rn. 12, beck-online; BeckOGK/Mörsdorf, 1.8.2024, BGB § 355 Rn. 110, beck-online; anders wohl BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, Rn. 24, juris zur Rückabwicklung verbundener Verträge: Bring- oder Schickschuld).

Das Gesetz verpflichtet den Verbraucher nicht, den Transport durch einen Dritten durchführen zu lassen, vielmehr sieht Art. 14 der Verbraucherrechterichtlinie ausdrücklich auch die Möglichkeit vor, dass der Verbraucher die Ware selbst an den Unternehmer übergibt. Entsprechend enthält auch die Widerrufsbelehrung der Beklagten den Hinweis, dass das Fahrzeug an das örtliche T.-Delivery-Center zurückgesendet oder dort übergeben werden kann.

Übernimmt der Verbraucher den Transport selbst, besteht kein Grund für die Annahme, dass sich dadurch der Inhalt seiner gesetzlichen Leistungspflicht ändert und sich nunmehr auch auf den Transport erstreckt. Schuldet der Verbraucher nicht mehr als die Versendung, führt der überobligationsmäßige Transport durch den Verbraucher auch nicht zu einer Verlagerung des Leistungsorts an den Sitz des Verkäufers.

Führt der Schuldner im Falle einer Schickschuld den Transport selbst aus oder schaltet er dazu eigene Leute ein, geht auch in diesem Fall die Gefahr mit dem Beginn des Transports auf den Gläubiger über, denn der Grund für den Gefahrübergang liegt darin, dass der Transport nicht geschuldet ist und der Schuldner deshalb folgerichtig das mit dem Transport verbundene Risiko einer zufälligen Verschlechterung der Ware nicht zu tragen hat. Dass die Sache während des Transports noch im Herrschaftsbereich des Schuldners verbleibt, mag die Annahme rechtfertigen, dass seine Obhutspflichten fortbestehen. Der an den Umfang der Leistungspflicht geknüpfte Gefahrübergang wird jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Transport vom Schuldner selbst oder dessen eigenen Leuten durchgeführt wird (vgl. zum Gefahrübergang nach § 447 BGB RGZ 96, 258; MüKoBGB/Maultzsch, 9. Aufl. 2024, BGB § 447 Rn. 17, beck-online; Grunewald in: Erman BGB, Kommentar, 17. Aufl., § 447 BGB, Rn. 10; Staudinger/​Beckmann (2023) BGB § 447, Rn. 42; BeckOGK/Tröger, 1.7.2024, BGB § 447 Rn. 54, beck-online; BeckOK BGB/Faust, 71. Ed. 1.8.2024, BGB § 447 Rn. 9, beck-online, a. A. Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 84. Aufl., § 447 Rn. 12; Wertenbruch, JuS 2003, 625, 628 unter Hinweis darauf, dass die Sache im Herrschaftsbereich des Schuldners verbleibe).

Wählt der Verbraucher schuldhaft eine nicht geeignete Art des Transportes oder eine nicht geeignete Transportperson, hat dies lediglich Schadensersatzansprüche des Unternehmers zur Folge, wenn sich daraus eine Verschlechterung der Ware ergibt (vgl. BeckOGK/Mörsdorf, 1.8.2024, BGB § 355 Rn. 111, beck-online). Der Gefahrübergang nach § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB und die Annahme der Versendung nach § 357 Abs. 4 BGB wird davon nicht berührt.

Danach hat der Kläger das Fahrzeug durch Übergabe an seine Ehefrau gemäß § 357 Abs. 4 BGB an die Beklagte in einer Weise abgesandt, dass die Gefahr gemäß § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB auf die Beklagte überging.

(3)

Der Kläger hat der Beklagten die Versendung nachgewiesen.

Das Gesetz schreibt für den erforderlichen Nachweis der Versendung keine bestimmte Form vor. Er kann grundsätzlich auf jede erdenkliche Weise erbracht werden (vgl. BeckOGK/Mörsdorf, 1.8.2024, BGB § 357 Rn. 28, beck-online). Durch die unstreitig per E-Mail erfolgte Übermittlung der Versandbestätigung vom 30.9.2023 (Anl. K 3), in dem der Gegenstand der Versendung hinreichend beschrieben ist, hat der Kläger den erforderlichen Nachweis erbracht.

(4)

Demnach hat die Beklagte ihr Leistungsverweigerungsrecht nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB durch die erfolgte Absendung und deren Nachweis verloren. Dass sie die Annahme des Fahrzeugs verweigert hat und der Kläger das Fahrzeug deshalb nach wie vor im Besitz hat, vermag daran nichts zu ändern.

cc)

Nach dem Wegfall des Leistungsverweigerungsrechts gemäß § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Beklagte nicht berechtigt, die Zahlung unter Hinweis auf das allgemeine Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB zu verweigern. § 357 Abs. 4 BGB regelt das Zurückbehaltungsrecht abschließend. Die Umsetzung des Art. 13 Abs. 3 Verbraucherrechterichtlinie lässt nach dem Prinzip der Vollharmonisierung keine weiter gehenden Gegenrechte des Unternehmers zu. Ist das Leistungsverweigerungsrecht nach § 357 Abs.4 BGB entfallen, kann sich der Unternehmer deshalb nicht unter Rückgriff auf andere Bestimmungen darauf berufen, die Leistungen seien Zug um Zug auszutauschen (vgl. BT-Drucks. 17/12637, 63).

dd)

Selbst wenn die Vorleistungspflicht des Klägers nicht gemäß § 357 Abs. 4 BGB entfallen wäre, wäre die Klage nicht derzeit unbegründet, da sich die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in Annahmeverzug befand. In diesem Fall hat der Verbraucher in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung nach Übergabe des Fahrzeugs (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 525/19 –, Rn. 29, juris).

Nach der glaubhaften Aussage der Zeugin C. hat diese das Fahrzeug aufgrund des Auftrags vom 30.9.2023 zum Auslieferungszentrum der Beklagten in Holzgerlingen gebracht, wo die Annahme des Fahrzeugs verweigert wurde. Darin liegt ein tatsächliches Angebot der Rückgabe gemäß § 294 BGB, durch das die Beklagte in Annahmeverzug geraten ist. Von einer vorherigen Ankündigung und Vereinbarung eines Termins hängt der Annahmeverzug nicht ab. Leistungszeit und -ort sind eindeutig. Der Verbraucher kann das Fahrzeug zur Herbeiführung des Annahmeverzugs innerhalb der allgemeinen Geschäftszeiten am Sitz des Unternehmers anbieten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2023 – XI ZR 118/22 –, Rn. 23, juris; BGH vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 525/19 –, Rn. 24, juris).

g)

Durch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen auf Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeugs ist die Forderung des Klägers nicht nach §§ 387, 389 BGB teilweise erloschen.

aa)

Soweit die Beklagte in der Berufungserwiderung im Hinblick auf die weitere Nutzung des Fahrzeugs und mögliche Verschlechterungen in der Zeit nach der Widerrufserklärung des Klägers die Aufrechnung mit einem der Höhe nach noch nicht bezifferbaren Ersatzanspruch erklärt hat, steht dem bereits entgegen, dass die Rechtswirkungen der Aufrechnung nach § 389 BGB eine Aufrechnung mit einer der Höhe nach bestimmten Gegenforderung voraussetzt. Außerhalb des Urkundenprozesses (§ 595 Abs. 1 ZPO) könnte die Beklagte einen unbezifferten Gegenanspruch nur im Wege einer auf Feststellung gerichteten Hilfswiderklage verfolgen.

bb)

Die Aufrechnung mit dem bezifferten Gegenanspruch in Höhe von 31.470,00 € hat keinen Erfolg, weil der Kläger nach § 375 Abs. 7 BGB keinen Wertersatz für den am Fahrzeug eingetretenen Wertverlust zu leisten hat.

(1)

Der Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz setzt gemäß § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB voraus, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des EGBGB über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat.

Soweit der Bundesgerichtshof für den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages im Fall des Verbunds mit einem im stationären Handel geschlossenen Kaufvertrag entschieden hat, dass die Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers nicht von einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht abhängt, sondern nur von einer Unterrichtung des Verbrauchers über eine mögliche Wertersatzpflicht (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, Rn. 31 ff., juris), beruht das auf den Besonderheiten der Regelung verbundener Verträge und kann nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt der Anspruch auf Wertersatz voraus, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB ordnungsgemäß informiert hat. Diese Regelung setzt Art. 14 Abs. 2 Satz 2 der Verbraucherrechterichtlinie um, wonach der Verbraucher in keinem Fall für den Wertverlust der Waren haftet, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Die Belehrung ist nur dann „gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. h“ der Richtlinie erfolgt, wenn die Belehrung unter Beachtung der dort geregelten Vorgaben erteilt wurde. Soweit in Erwägungsgrund 43 der Verbraucherrechterichtlinie ausgeführt wird, dass sich die Widerrufsfrist verlängern sollte, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht informiert, folgt daraus nicht, dass die Richtlinie an eine unzureichende Belehrung keine weiteren Rechtsfolgen knüpft.

Diese vom Gesetz eindeutig angeordnete Befreiung des Verbrauchers von einer Ersatzpflicht kann auch nicht unter Hinweis darauf korrigiert werden, der Verlust der Wertersatzpflicht stelle angesichts der bloß fehlerhaften Widerrufsbelehrung eine unverhältnismäßige Sanktion dar. Sind die Mängel der Belehrung so gewichtig, dass sie sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen auswirken, ist die fehlerhafte Belehrung der gänzlich fehlenden Belehrung gleichzustellen, was nach dem Gesetz zur Folge hat, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt und der Verbraucher nach § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB keinen Wertersatz zu leisten hat. Auch der Einwand, die Regelung widerspreche dem allgemeinen Verbot ungerechtfertigter Bereicherung, greift nicht durch (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2023 – C-97/22 –, juris).

Leidet die Widerrufsbelehrung des Unternehmers an Mängeln, die den Lauf der Widerrufsfrist hindern, steht das auch dem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz entgegen (vgl. BeckOGK/Mörsdorf, 1.8.2024, BGB § 357a Rn. 32, beck-online; BeckOK BGB/Müller-Christmann, 71. Ed. 1.2.2025, BGB § 357a Rn. 11, beck-online; MüKoBGB/Fritsche, 9. Aufl. 2022, BGB § 357a Rn. 14, beck-online; Koch in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 357a BGB, Rn. 11, a. A. Nordholz/Bleckwenn, NJW 2017, 2497).

(2)

Für die Auffassung der Beklagten, der Kläger müsse in jedem Fall den innerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist verursachten Wertverlust ersetzen, bietet das Gesetz keine Grundlage. Sind die Anspruchsvoraussetzungen nach § 357 Abs. 7 BGB nicht erfüllt, scheidet ein Anspruch auf Wertersatz insgesamt aus.

(3)

Es sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich, nach denen es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde, wenn sich der Kläger auf den gesetzlich angeordneten Wegfall der Wertersatzpflicht beruft. Im Hinblick auf den hier zu beurteilenden, bis zum Widerruf eingetretenen Wertverlust ergibt sich das insbesondere nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug weiter im Besitz hat und nutzen kann, denn das ist Folge der verweigerten Annahme des Fahrzeugs durch die Beklagte und betrifft allenfalls Ansprüche der Beklagten auf Ausgleich von Verschlechterungen nach dem Widerruf.

h)

Infolge des wirksamen Widerrufs hat der Kläger deshalb gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB Anspruch auf Erstattung des geleisteten Kaufpreises in Höhe von 66.170,00 €.

Da das Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten gemäß § 357 Abs. 4 BGB mit dem Nachweis der Versendung am 30.9.2023 entfallen ist, befindet sich die Beklagte mit Ablauf der in § 357 Abs. 1 BGB bestimmten Frist von 14 Tagen seit 10.10.2023 in Verzug (vgl. BeckOK BGB/Müller-Christmann, 73. Ed. 1.2.2025, BGB § 357 Rn. 4, beck-online) und hat die Forderung gemäß § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

3.

Nicht begründet ist die Berufung allerdings hinsichtlich des Anspruchs auf Ausgleich vorgerichtlicher Kosten.

Gegenüber dem einzig in Betracht kommenden Anspruch wegen Schuldnerverzugs (§§ 280 Abs. 1 und 3, 286 BGB) wendet die Beklagte mit Erfolg ein, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung der Anwälte des Klägers und damit zur Entstehung vorgerichtlicher Kosten nichts vorgetragen ist. Ein infolge des Verzugs eingetretener Schadens ist deshalb nicht schlüssig dargetan.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Bei der Festsetzung des Streitwerts war die Hilfsaufrechnung mit der bestrittenen und in Höhe von 31.470,00 € bezifferten Gegenforderung gemäß § 45 Abs. 3 GKG werterhöhend zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die andernfalls gebotene Vorlage nach Art. § 267 Abs. 3 AEU und auf die divergierende obergerichtliche Rechtsprechung (unter anderem OLG Celle, Beschluss vom 5.2.2025 – 7 U 76/24 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 12.12.2024 – 24 U 95/24 –, juris; OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2024 – 10 U 31/24 –, juris) ist die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

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