Anforderungen zur hinreichenden Kennzeichnung von Newsletter Werbung

14. Oktober 2022
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Eine Hand hält ein Schild mit der Aufschrift Werberecht Urteil des LG Berlin vom 28.06.2022, Az.: 28.06.2022

Werbung in einem Newsletter ist mit einem deutlichen und ins Auge fallenden Hinweis auf den Werbecharakter zu kennzeichnen. Eine Verlinkung mit dem Wort "Anzeige" in kleiner Schrift und unauffälliger Farbe genügt nicht. Das LG Berlin gab somit der Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen die Obergsellschaft einer Verlagsgruppe statt. Zur Begründung führte das Gericht insbesondere an, dass zwar das Wort "Anzeige" grundsätzlich für eine hinreichende Kennzeichnung genügt, jedoch eine kleine Schriftart in Verbindung mit einer hellgrauen Schrift auf einem weißen Hintergrund nicht mehr ausreichend den durchschnittlichen Empfänger des Newsletters davon abhält, ungewollt Kenntnisnahme der mit den Anzeigen verlinkten Werbebotschaften zu nehmen.

Landgericht Berlin
Urteil vom 28.06.2022
Az.: 102 O 61/22

Tenor

1. Die Antragsgegnerin hat es zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Vorstand, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in einer Vorschau werbliche Texte öffentlich zugänglich zu machen, ohne diese deutlich als werbliche Inhalte zu kennzeichnen, wenn dies geschieht wie in der Anlage AST 1 wiedergegeben.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin als Verlag wegen seiner Auffassung nach nicht hinreichend klar erkennbarer Werbung im Rahmen eines E-Mail-Newsletters der von der Antragsgegnerin veröffentlichten Publikation „Computerbild“ auf Unterlassung in Anspruch.

Bei dem Antragsteller handelt es sich den seit 1912 bestehenden Verein Wettbewerbszentrale Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, dem unter anderem die Mehrzahl der Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern sowie zahlreiche Unternehmen aus allen Branchen angehören.

Die Antragsgegnerin ist die Obergesellschaft einer Verlagsgruppe.

Ende April 2022 wurde der Antragsteller auf einen von der Antragsgegnerin per E-Mail versandten Newsletter aufmerksam, der sich unter dem auf Seite 3 der Antragsschrift angegebenen Hyperlink auch als HTML-Version aufrufen ließ. Die kurzen Beiträge enthalten jeweils eine Überschrift, ein Bild, einen kurzen Text sowie einen farblich hervorgehobenen Button mit der Aufschrift „Weiterlesen“, mit dem der eigentliche Beitrag beziehungsweise Artikel aufgerufen werden kann. Bei drei der insgesamt 27 „angeteaserten“ Buttons führte der entsprechende Klick zur Werbung der Firma xxxx für Kfz-Produkte, der xxxx für ein Girokonto mit Visa Debitkarte und sowie eines Herstellers eines Mittels gegen Blasenschwäche. Jeweils am rechten Rand findet sich in blassgrauer Schrift das Wort „Anzeige“.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Gestaltung dieser Werbeanzeigen unzureichend ist, da der Verbraucher diese wegen der Gleichförmigkeit der optischen Gestaltung im Vergleich mit den „Anlesern“ der Antragsgegnerin nicht als Werbung wahrnehme. Der rechts oben eingeblendete Hinweis „Anzeige“ sei nicht geeignet, den werblichen Charakter hinreichend transparent zu offenbaren, da er durch seine Gestaltung vollkommen in den Hintergrund trete. Zudem sei für den Leser nicht eindeutig erkennbar, ob sich der Hinweis auf den oberhalb oder den unterhalb befindlichen Beitrag beziehen solle. Auch eine eindeutige inhaltliche Abgrenzung der Werbeanzeigen gegenüber den weiteren Artikeln bestehe nicht, da sich die Beiträge der Antragsgegnerin auf Produkte bestimmter Marken bezögen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin durch die gewählte Darstellung gegen Nr. 11 des Anhangs zu § 3 UWG und zugleich gegen § 5a Abs. 4 Satz 1 UWG, § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG verstoßen habe, da sie den werblichen Charakter der fraglichen Beiträge nicht kenntlich gemacht habe. Parallel sei auch ein Verstoß gegen § 22 MStV und § 3a UWG in Verbindung mit § 9 BlnPrG gegeben.

Der Antragsgegner mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 9. Mai 2022 ab. Diese teilte als Reaktion mit, dass sie von einer ausreichenden Kennzeichnung der Anzeigen ausgehe.

Der Antragsteller beantragt,

im Wege der einstweiligen Verfügung anzuordnen, dass es die Antragsgegnerin zur Vermeidung eines in jedem Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr eine Vorschau werblicher Texte öffentlich zugänglich zu machen, ohne diese deutlich als werbliche Inhalte zu kennzeichnen, wenn dies geschieht wie in der Anlage Ast 1 wiedergegeben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hält den Antrag bereits für unzulässig, da wegen der Mehrzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen, welche der Antragsteller verwendet habe, unklar bleibe, welchen Gegenstand das vom Antragsteller begehrte Verbot besitzen soll. Dies gelte bereits, aber nicht nur, wegen der unklaren Abgrenzung zwischen „werblichen Texten“ und „werblichen Inhalten“. Die konkrete Verletzungsform, auf die der Antragsteller sich beziehe, sei insoweit zur Bestimmung nicht ausreichend, da dort die nach Auffassung des Antragstellers erforderliche Kennzeichnung gerade fehle.

Der Antragsteller verkenne darüber hinaus in der Sache, dass es sich bei den kurzen „Anlesern“ beziehungsweise der Vorschau von Artikeln im streitgegenständlichen Newsletter nicht um „redaktionelle Inhalte“ handele.

Im Übrigen sei für den aufmerksamen und informierten Verbraucher die Kennzeichnung der Werbeblöcke als „Anzeige“ ohne Weiteres zu erkennen. Es könne angesichts der Verkehrsüblichkeit der Kennzeichnung von Anzeigen oberhalb von Texten und Bildern auch nicht unklar bleiben, worauf diese sich jeweils beziehe.

Schließlich wiesen die Anzeigen eine andere Schrifttype auf als die weiteren „Anleser“ und die Inhalte der Anzeigen seien durch die Verwendung von Werbesprache eindeutig als Werbung zu erkennen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 28. Juni 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte Erfolg, §§ 935, 940 ZPO. Es ist dem Antragsteller gelungen darzutun, dass er gegen die Antragsgegnerin sicherungsfähige Unterlassungsansprüche aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 8 Abs. 2 UWG in Verbindung mit § 3a UWG besitzt.

1. Der Antragsteller war zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche aktivlegitimiert, da er wegen seiner Eintragung in die Liste nach § 8b UWG zu den qualifizierten Wettbewerbsverbänden gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gehört. Er hat darüber hinaus im Schriftsatz vom 23. Juni 2022 vorgetragen, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern angehört, die unmittelbar mit der Antragsgegnerin im Wettbewerb stehen. Da sich die Antragsgegnerin hierzu nicht verhalten hat, war dies zwischen den Parteien mithin unstreitig.

2. Der Antragsteller besaß gegen die Antragsgegnerin wegen der Gestaltung des streitgegenständlichen E-Mail-Newsletter für die Publikation „ComputerBild“ Unterlassungsansprüche wegen der darin enthaltenen und nicht hinreichend als „Werbung“ erkennbaren Anzeigen.

3. Der vom Antragsteller formulierte Verfügungsantrag war entgegen der Auffassung des Antragsgegners zulässig und daher nicht aus formellen Gründen zurückzuweisen.

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das bedeutet beim Unterlassungsantrag (und gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bei einer darauf beruhenden Verurteilung), dass die nach dem begehrten Verbot vom Beklagten zu unterlassende Handlung (der Streitgegenstand) nicht derart undeutlich gefasst sein darf, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. etwa BGH GRUR 2018, 203 Rn. 10 – Betriebspsychologe m.w.N.).

b) Ein Unterlassungsantrag genügt regelmäßig den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er – soweit möglich – auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (vgl. BGH, NJW 2011, 2211, 2212 – Hörgeräteversorgung II m.w.N; BGH, GRUR 2001, 453, 454 – TCM-Zentrum).

b) Auch ein abstrakt gehaltener Antrag mit der anschließenden Formulierung „wenn dies geschieht, wie …“, ist auf die konkrete Verletzungsform beschränkt (Gloy/Loschelder/DanckwertsUWG-HdB, § 88 Streitgegenstand und Antrag Rn. 31, beck-online). In Fällen, in denen sich die Klage gegen die konkrete Verletzungsform richtet, ist regelmäßig in dieser Verletzungsform den Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird. Das Klagebegehren richtet sich in diesem Fall gegen ein konkret umschriebenes Verhalten, das bei einer natürlichen Betrachtungsweise den Tatsachenkomplex und damit die Beanstandungen umschreibt, zu der die konkrete Verletzungsform Anlass geben kann (vgl. BGH, GRUR 2013, 401, 403 Rn. 24 – Biomineralwasser). Die beispielhafte Zusätze, die auf die konkrete Verletzungsform verweisen, sollen verdeutlichen, wie der verallgemeinerte Antrag zu verstehen ist, insbesondere, um die dort formulierten Charakteristika der konkreten Verletzungsform zu erläutern (vgl. OLG Celle, Hinweisbeschluss v. 18.6.2018 – 13 U 35/18, BeckRS 2018, 16524).

c) Vor diesem Hintergrund war es unschädlich, dass der Antragsteller unbestimmte Begriffe wie „Vorschau werblicher Texte“ verwendet hat, um die Art und Weise der Verletzungshandlung näher zu umschreiben. Ebenso unerheblich war es, dass die vom Antragsteller in Bezug genommene konkrete Verletzungsform einen „negative“ und keinen „positiven“ Verstoß wiedergibt. Insoweit ist es Sache der Antragsgegnerin, Wege aus dem Verbotsbereich zu finden.

4. Eine Wettbewerbswidrigkeit der von der Antragsgegnerin verwendeten Darstellung werblicher Inhalte Dritter innerhalb der auf ihre eigenen Artikel verweisenden „Anreißer“ ergab sich allerdings nicht, wie der Antragsteller meint, aus der Bestimmung in Ziffer 11 des Anhangs zu § 3 UWG.

Danach ist es untersagt, Werbung in Form redaktioneller Inhalte zu veröffentlichen, ohne dass dies für den Leser eindeutig zu erkennen ist. Es geht mithin um das Verbot verdeckter Werbung in Form schriftlicher Beiträge, die den Eindruck erwecken, dass es sich bei ihnen um redaktionelle Inhalte handelt.

Ein Beitrag hat dann einen redaktionellen Inhalt, wenn er seiner Gestaltung nach als objektive neutrale Berichterstattung durch das Medienunternehmen selbst erscheint (vgl. BGH WRP 2014, 1058 Rn. 24 – GOOD NEWS II; OLG Hamburg WRP 2012, 1287 Rn. 5; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG Anh. § 3 Rn. 11.2, beck-online).

Daran fehlt es vorliegend jedoch. Der von der Antragsgegnerin versandte Newsletter enthält keine Berichterstattung in diesem Sinne, sondern ausschließlich Vorschauen auf redaktionelle Inhalte, welche jeweils durch das Betätigen der Schaltfläche „Weiterlesen“ aufgerufen werden können. Damit konnte es auch nicht zu der von Anhang 11 zu § 3 UWG unerwünschten Vermischung von Werbung mit redaktionellen Inhalten kommen, da es an solchen – jedenfalls im Newsletter selbst – fehlte.

5. Allerdings widersprach die von der Antragsgegnerin vorgenommene Darstellung von Hinweisen auf redaktionelle Inhalte auf der einen und auf Werbung von Drittunternehmen auf der anderen Seite dem Trennungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, auf welches sich der Antragsteller nachrangig ausdrücklich gestützt hat.

a) Der BGH hat klargestellt, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG (sowie auch diejenige des § 22 MStV) der Vorschrift des § 5a Abs. 6 UWG vorgehen (vgl. BGH, Urteil vom 9.9.2021, I ZR 125/20 – Influencer II, Tz. 56 zitiert nach juris). Vorliegend konnte im Ergebnis dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Normen übereinstimmen, da der wesentlichen Punkt, nämlich die fehlende oder nicht ausreichende Kenntlichmachung kommerzieller Nachrichten, sowohl im Zeitpunkt der Verletzungshandlung als auch bei Schluss der mündlichen Verhandlung als wettbewerbswidrig zu qualifizieren war.

b) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG haben Diensteanbieter bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, mindestens zu beachten, dass kommerzielle Kommunikationen klar als solche zu erkennen sein müssen. Bei den von der Antragsgegnerin in ihren Newslettern an mehreren Stellen eingefügten „Anreißern“ mit Links auf Werbeseiten von verschiedenen Unternehmen handelte es sich um „kommerzielle Kommunikation“ im Sinne der Norm.

c) Der Umworbene soll eine Werbebotschaft als solche erkennen können und sich ihrer Subjektivität bewusst sein, um so vor einer Entscheidung auf falscher Grundlage geschützt zu werden. Aus dieser Norm ergibt sich das wettbewerbsrechtliche Erkennbarkeits- und Trennungsgebot, das redaktionelle Werbung verbietet und verlangt, dass kommerzielle Kommunikation deutlich erkennbar und von anderen Informationen klar getrennt ist.

Die Werbung und sonstige kommerzielle Kommunikation muss daher klar als solche zu erkennen sein, also in ihrem Charakter als kommerzielle Kommunikation ohne Aufwand wahrnehmbar und von anderen Inhalten bzw. Informationen abgehoben sein, sog. Trennungsgebot (vgl. Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, TMG § 6 Rn. 19).

Dies kann insbesondere durch die klare Bezeichnung als „Anzeige“ erfolgen oder aber durch die gestalterische Aufmachung der Seite und damit einer deutlichen Abgrenzung gewährleistet werden. Erfolgt der Hinweis „Anzeige“, muss dieser nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung und Begleitumständen ausreichend deutlich sein (vgl. Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Handbuch, Teil 11 Werberecht im Internet Rn. 23).

d) Für die Bewertung der streitgegenständlichen Werbung war auf dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises abzustellen. Dieser umfasste zunächst grundsätzlich die Gesamtheit aller Internetnutzer und damit auch die Mitglieder der erkennenden Kammer. Allerdings waren hier nach Ansicht des Gerichts Einschränkungen dahin vorzunehmen, dass eher internetaffine Nutzer den von der Antragsgegnerin veröffentlichten Newsletter mit computer- und technikbezogenen Inhalten beziehen werden.

e) Die angesprochenen Verkehrskreise sind aus diesem Grunde nicht nur mit der Nutzung von Angeboten im Internet vertraut, sondern auch mit den dort üblichen Werbemethoden.

f) Auch vor diesem Hintergrund hielt die Kammer die Kenntlichmachung der Anzeigen als Werbung durch die Antragsgegnerin nicht mehr für ausreichend.

Zwar hat die Antragsgegnerin die unstreitig an drei Stellen im Newsletter verlinkte Werbung jeweils mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung fällt jedoch sowohl von der geringen Schriftgröße, der gewählten hellgrauen Farbe auf weißem Grund als auch von ihrer Platzierung am rechten oberen Rand der Werbeanzeigen her beim ersten Betrachten des Newsletter kaum ins Auge. Entscheidend war aber der Gesamteindruck im Zusammenhang mit dessen weiteren gestalterischen Komponenten.

Hier hielt die Kammer insbesondere für maßgeblich, dass die Werbeverweise auch durch den aufmerksamen Leser nicht unmittelbar als solche wahrgenommen werden. Diese fügen sich von ihrer grafischen Gestaltung her quasi nahtlos in die Verweise auf Artikel der von der Antragsgegnerin herausgegebenen Publikation „ComputerBild“ ein, da sie jeweils an derselben Stelle Bild- und Textelemente enthalten. Auch die Überschriften im Fettdruck und die Position und Ausgestaltung der zur eigentlichen Werbung weiterleitenden Schaltfläche „Weiterlesen“ sind identisch.

Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, in den Überschriften der Werbehinweise eine abweichende Schriftart verwendet zu haben, mag dies zutreffen. Dem Leser fällt der geringfügige Unterschied zwischen einer Schriftart ohne Serifen für die Verweise auf redaktionelle Artikel und einer solche mit Serifen für die Werbehinweise aber nur bei einer analysierenden Betrachtung auf. Daher drängt sich gerade nicht der Eindruck auf, dass hier unterschiedliche Inhalte zu erwarten sind.

Hinzu kam die Einbettung der Anzeigen in die Verweise auf Artikel der Antragsgegnerin. Darin lag eine wesentliche Abweichung zu dem vom Kammergericht zum Geschäftszeichen 5 U 68/19 am 13. November 2020 entschiedenen Fall, auf den sich die Antragsgegnerin – auch mit den im Termin vom 28. Juni 2022 überreichten Ausdrucken der damals verfahrensgegenständlichen Werbung – bezogen hat. Dort befanden sich die Werbelinks innerhalb eines einheitlichen Block, der mit „Auch interessant“ eine eigene Überschrift aufwies. Die darüber angeordneten Verweise enthielten dagegen die Überschrift „Neues aus der Redaktion“, so dass der Leser bereits durch diese Differenzierung eine abweichende Erwartungshaltung betreffend die ihn erwartenden weiteren Inhalte entwickelte. Im vorliegenden Fall waren die Anzeigen dagegen Teil einer einheitlichen listenartigen Darstellung, die gerade darauf angelegt ist, dass der Leser „automatisch“ auf die Schaltflächen „Weiterlesen“ klickt, um herauszufinden, ob ihn der nachfolgende Artikel interessiert.

Vor diesem Hintergrund war die Kammer der Auffassung, dass es jeweils eines deutlichen und ins Auge fallenden Hinweises auf den Werbecharakter der drei Anzeigen bedurft hätte. Wie oben bereits erwähnt, ist die Kennzeichnung durch das Wort „Anzeige“ grundsätzlich ausreichend und auch verkehrsüblich. Allerdings wurde die Art und Weise der von der Antragsgegnerin gewählten Darstellung dem nach den Umständen erforderlichen deutlichen Hinweis nicht gerecht. Sowohl die sehr kleine Schriftart als auch die hellgraue Farbe waren nicht ausreichend, um den durchschnittlichen Empfänger des Newsletters von der ungewollten Kenntnisnahme der mit den Anzeigen verlinkten Werbebotschaften abzuhalten.

g) Soweit sich die grundsätzliche Problematik ergab, dass es für die Wahrnehmbarkeit der Kennzeichnung der Werbung maßgeblich auf die Wiedergabe am Bildschirm des vom Empfänger des Newsletters verwendeten Endgeräts und nicht auf die vom Antragsteller angefertigten Screenshots als Ausdruck oder PDF-Version ankommen kann, vermochte diese am Erfolg des Verfügungsantrags nichts zu ändern. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2022 ausdrücklich behauptet, dass die Darstellung am Bildschirm derjenigen entsprochen habe, wie sie sich im Ausdruck der Anlage Ast 1 darstellt. Die Antragsgegnerin hat dies zwar bestritten. Dies war jedoch nicht ausreichend, um die vom Antragsteller geführte Glaubhaftmachung zu erschüttern. Die Antragsgegnerin konnte sich nicht auf ein pauschales Bestreiten beschränken, sondern hätte in Ansehung der Anlage Ast 1 konkret ausführen müssen, ob dort etwa Farbton oder Kontrast nicht zutreffend wiedergegeben sind.

h) Die Antragsgegnerin konnte nicht mit dem Argument durchdringen, dass sich dem aufmerksamen Leser bei einer näheren Lektüre der „Anreißer“ der Anzeigen ohne weiteres erschließt, dass es sich um Werbung handele, da sich dies bereits aus den von den weiteren Beiträgen abweichenden Inhalten und der „Werbesprache“ ergäbe. Dies setzte voraus, dass sich der Empfänger des Newsletters zunächst mit den werblichen Inhalten auseinandersetzen müsste, um dann zu entscheiden, ob er den Verweisen weiter nachgehen möchte. Genau diese – unerwünschte – Auseinandersetzung mit Werbung soll das oben angesprochene Trennungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG allerdings bereits verhindern.

6. Nach alldem konnte dahinstehen, ob die Voraussetzungen der weiteren vom Antragsteller hilfsweise herangezogenen Anspruchsgrundlagen vorlagen. Ganz offensichtlich nicht der Fall war dies hinsichtlich der Vorschrift des § 9 BlnPrG, der nach seinem Wortlaut die Verleger oder die Verantwortlichen im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 4 BlnPrG eines periodischen Druckwerks trifft. Diese Definition traf auf den von der Beklagten elektronisch verbreiteten Newsletter von vornherein nicht zu.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

8. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erübrigte sich, da einstweilige Verfügungen ohne Weiteres vollstreckbar sind.

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