Top-Urteil

Ausnahme bei Privatkopien gilt auch für Speicherung geschützter Inhalte in einer Cloud

25. März 2022
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Ein Cloud-Symbol, das auf der Tastatur eines Laptops steht Urteil des EuGH vom 24.03.2022, Az.: C‑433/20

Der EuGH hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Ausnahme für Privatkopien i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29, auch dann greift, wenn eine Speicherung von geschützten Inhalten in einer Cloud vorgenommen wird. Das Gericht bejahte dies. Dazu führte es aus, dass eine Vervielfältigung vorläge, da durch das Speichern in der Cloud eine Sicherungskopie erstellt wird. Außerdem sind vom Begriff „auf beliebigen Trägern“ auch die im Rahmen des Cloud-Computing genutzten Server mitinbegriffen, auch wenn diese Dritten gehören. Auch das Ziel der Richtlinie, nicht hinter dem technologischen Fortschritt zurückzubleiben, spricht für die Auslegung des Gerichts. Weiterhin stellte der EuGH klar, dass die Frage, ob die Anbieter solcher Speicherdienstleistungen dazu verpflichtete sind einen Ausgleich zu zahlen, im Ermessen der Mitgliedsstaaten steht. Wenn ein Mitgliedsstaat eine Ausnahme für Privatkopien umgesetzt hat, muss es auch eine Regelung geben, die den Rechtsinhaber entschädigt.

Europäischer Gerichtshof

Urteil vom 24.03.2022

Az.: C‑433/20

 

In der Rechtssache C‑433/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 7. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 15. September 2020, in dem Verfahren

Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte Gesellschaft mbH

gegen

Strato AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer […] in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin […] (Berichterstatterin) sowie der Richter […], […] und […],

Generalanwalt: […],

Kanzler: […], Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte Gesellschaft mbH, vertreten durch Rechtsanwalt […],

– der Strato AG, vertreten durch Rechtsanwälte […] und […],

– der österreichischen Regierung, vertreten durch […], […] und […] als Bevollmächtigte,

– der dänischen Regierung, vertreten durch […], […] und […] als Bevollmächtigte,

– der französischen Regierung, vertreten durch […], […] und […] als Bevollmächtigte,

– der niederländischen Regierung, vertreten durch […] und […] als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch […], […] und […] als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. September 2021

folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte Gesellschaft mbH (im Folgenden: Austro-Mechana), einer Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, und der Strato AG, einer Anbieterin von Dienstleistungen zur Speicherung in der Cloud, wegen der urheberrechtlichen Abgabe, die Letztere für die von ihr erbrachten Dienstleistungen schuldet.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

In den Erwägungsgründen 2, 5, 21, 31, 35 und 38 der Richtlinie 2001/29 heißt es:

„(2) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Korfu am 24. und 25. Juni 1994 die Notwendigkeit der Schaffung eines allgemeinen und flexiblen Ordnungsrahmens auf Gemeinschaftsebene für die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa hervorgehoben. Hierzu ist unter anderem ein Binnenmarkt für neue Produkte und Dienstleistungen erforderlich. Wichtige gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, mit denen ein derartiger Ordnungsrahmen sichergestellt werden sollte, wurden bereits eingeführt, in anderen Fällen steht ihre Annahme bevor. In diesem Zusammenhang spielen das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte eine bedeutende Rolle, da sie die Entwicklung und den Vertrieb neuer Produkte und Dienstleistungen und die Schaffung und Verwertung ihres schöpferischen Inhalts schützen und fördern.

(5) Die technische Entwicklung hat die Möglichkeiten für das geistige Schaffen, die Produktion und die Verwertung vervielfacht und diversifiziert. Wenn auch kein Bedarf an neuen Konzepten für den Schutz des geistigen Eigentums besteht, so sollten die Bestimmungen im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte doch angepasst und ergänzt werden, um den wirtschaftlichen Gegebenheiten, z. B. den neuen Formen der Verwertung, in angemessener Weise Rechnung zu tragen.

(21) Diese Richtlinie sollte den Umfang der unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen in Bezug auf die verschiedenen Begünstigten bestimmen. Dabei sollte der gemeinschaftliche Besitzstand zugrunde gelegt werden. Um die Rechtssicherheit im Binnenmarkt zu gewährleisten, muss die Definition dieser Handlungen weit gefasst sein.

(31) Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. Die von den Mitgliedstaaten festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf Schutzrechte müssen vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Medien neu bewertet werden. Bestehende Unterschiede bei den Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf bestimmte zustimmungsbedürftige Handlungen haben unmittelbare negative Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte. Diese Unterschiede könnten sich mit der Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Verwertung von Werken und den zunehmenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten durchaus noch deutlicher ausprägen. Um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, sollten diese Ausnahmen und Beschränkungen einheitlicher definiert werden. Dabei sollte sich der Grad ihrer Harmonisierung nach ihrer Wirkung auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts bestimmen.

(35) In bestimmten Fällen von Ausnahmen oder Beschränkungen sollten Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, damit ihnen die Nutzung ihrer geschützten Werke oder sonstigen Schutzgegenstände angemessen vergütet wird. Bei der Festlegung der Form, der Einzelheiten und der etwaigen Höhe dieses gerechten Ausgleichs sollten die besonderen Umstände eines jeden Falls berücksichtigt werden. Für die Bewertung dieser Umstände könnte der sich aus der betreffenden Handlung für die Rechtsinhaber ergebende etwaige Schaden als brauchbares Kriterium herangezogen werden. In Fällen, in denen Rechtsinhaber bereits Zahlungen in anderer Form erhalten haben, z. B. als Teil einer Lizenzgebühr, kann gegebenenfalls keine spezifische oder getrennte Zahlung fällig sein. Hinsichtlich der Höhe des gerechten Ausgleichs sollte der Grad des Einsatzes technischer Schutzmaßnahmen gemäß dieser Richtlinie in vollem Umfang berücksichtigt werden. In bestimmten Situationen, in denen dem Rechtsinhaber nur ein geringfügiger Nachteil entstünde, kann sich gegebenenfalls keine Zahlungsverpflichtung ergeben.

(38) Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit erhalten, unter Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht für bestimmte Arten der Vervielfältigung von Ton‑, Bild- und audiovisuellem Material zu privaten Zwecken vorzusehen. Dazu kann die Einführung oder Beibehaltung von Vergütungsregelungen gehören, die Nachteile für Rechtsinhaber ausgleichen sollen. Wenngleich die zwischen diesen Vergütungsregelungen bestehenden Unterschiede das Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen, dürften sie sich, soweit sie sich auf die analoge private Vervielfältigung beziehen, auf die Entwicklung der Informationsgesellschaft nicht nennenswert auswirken. Die digitale private Vervielfältigung dürfte hingegen eine weitere Verbreitung finden und größere wirtschaftliche Bedeutung erlangen. Daher sollte den Unterschieden zwischen digitaler und analoger privater Vervielfältigung gebührend Rechnung getragen und hinsichtlich bestimmter Punkte zwischen ihnen unterschieden werden.“

Art. 2 („Vervielfältigungsrecht“) der Richtlinie 2001/29 lautet:

„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

a) für die Urheber in Bezug auf ihre Werke,

b) für die ausübenden Künstler in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Darbietungen,

c) für die Tonträgerhersteller in Bezug auf ihre Tonträger,

d) für die Hersteller der erstmaligen Aufzeichnungen von Filmen in Bezug auf das Original und die Vervielfältigungsstücke ihrer Filme,

e) für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden.“

Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

In Art. 5 („Ausnahmen und Beschränkungen“) der Richtlinie heißt es:

„(1) Die in Artikel 2 bezeichneten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

a) eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder

b) eine rechtmäßige Nutzung

eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, werden von dem in Artikel 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

(2) Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Artikel 2 vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen:

a) in Bezug auf Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung, mit Ausnahme von Notenblättern und unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten;

b) in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, wobei berücksichtigt wird, ob technische Maßnahmen gemäß Artikel 6 auf das betreffende Werk oder den betreffenden Schutzgegenstand angewendet wurden;

…“

Österreichisches Recht

§ 42b des Urheberrechtsgesetzes vom 9. April 1936 (BGBl. 111/1936) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: UrhG) bestimmt:

„(1) Ist von einem Werk, das durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt oder auf einem zu Handelszwecken hergestellten Speichermedium festgehalten worden ist, seiner Art nach zu erwarten, dass es durch Festhalten auf einem Speichermedium … zum eigenen oder privaten Gebrauch vervielfältigt wird, so hat der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Speichermedienvergütung), wenn Speichermedien jeder Art, die für solche Vervielfältigungen geeignet sind, im Inland gewerbsmäßig in Verkehr kommen.

(3) Folgende Personen haben die Vergütung zu leisten:

1. die Speichermedien- und die Gerätevergütung derjenige, der die Speichermedien oder das Vervielfältigungsgerät von einer im In- oder im Ausland gelegenen Stelle aus als erster gewerbsmäßig in Verkehr bringt; … von der Haftung für die Speichermedienvergütung ist jedoch ausgenommen, wer im Halbjahr Speichermedien mit nicht mehr als 10.000 Stunden Spieldauer bezieht oder Kleinunternehmer … ist“.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Austro-Mechana ist eine Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, die im eigenen Namen, jedoch im Interesse und für Rechnung ihrer Bezugsberechtigten u. a. die Nutzungsrechte und die Vergütungsansprüche gemäß § 42b Abs. 1 UrhG in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung treuhändig wahrnimmt.

Austro-Mechana erhob vor dem Handelsgericht Wien (Österreich) Klage auf Rechnungslegung und Zahlung einer „Speichermedien jeder Art“ betreffenden Vergütung, weil Strato unter dem Namen „HiDrive“ für ihre Geschäfts- und Privatkunden eine Dienstleistung erbringe, mit der sie diesen im Rahmen des Cloud-Computing Speicherplatz zur Verfügung stelle.

Strato trat diesem Klagebegehren entgegen, da für Cloud-Computing-Dienstleistungen keine Speichermedienvergütung anfalle. Sie habe in Deutschland, dem Mitgliedstaat, in dem ihre Server gehostet seien, bereits die Urheberrechtsabgabe geleistet, da diese vom Hersteller oder Importeur der Server eingepreist worden sei. Auch die Nutzer in Österreich hätten bereits eine Urheberrechtsabgabe für die Anfertigung von Privatkopien (im Folgenden: Abgabe für Privatkopien) auf den Endgeräten gezahlt, die für das Hochladen der Inhalte in die Cloud erforderlich seien.

Mit Urteil vom 25. Februar 2020 wies das Handelsgericht Wien die Klage von Austro-Mechana ab, da Strato keine Speichermedien an ihre Kunden abgebe, sondern für diese eine Dienstleistung der internetgestützten Speicherung erbringe.

Austro-Mechana legte gegen dieses Urteil beim Oberlandesgericht Wien (Österreich) Berufung ein. Dieses Gericht verweist auf das Urteil vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913), und stellt fest, dass nicht ganz klar sei, ob Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 die Speicherung von Inhalten im Rahmen des Cloud-Computing erfasse.

Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht Wien beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist der Begriff „auf beliebigen Trägern“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen, dass darunter auch Server zu verstehen sind, die im Besitz dritter Personen stehen, die natürlichen Personen (Kunden) zum privaten Gebrauch (und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke) auf diesen Servern Speicherplatz zur Verfügung stellen, den die Kunden zum Vervielfältigen durch Abspeichern nutzen („cloud computing“)?

2. Wenn ja: Ist die in Frage 1 zitierte Vorschrift so auszulegen, dass sie auf eine nationale Regelung anzuwenden ist, wonach der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Speichermedienvergütung) hat,

– wenn von einem Werk (das durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt oder auf einem zu Handelszwecken hergestellten Speichermedium festgehalten worden ist) seiner Art nach zu erwarten ist, dass es zum eigenen oder privaten Gebrauch vervielfältigt wird, indem es auf einem „Speichermedium jeder Art, das für eine solche Vervielfältigung geeignet ist und im Inland gewerbsmäßig in Verkehr kommt“, gespeichert wird,

– und wenn dabei die in Frage 1 beschriebene Methode des Abspeicherns verwendet wird?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass der Ausdruck „Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern“ im Sinne dieser Bestimmung die Erstellung von Sicherungskopien urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken auf einem Server umfasst, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Art. 2 dieser Richtlinie vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen können „in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten“.

Was zum einen die Frage betrifft, ob das Erstellen von Sicherungskopien auf einem Speicherplatz in der Cloud eine „Vervielfältigung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 darstellt, ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Vervielfältigung“ weit zu verstehen ist im Hinblick sowohl auf die im 21. Erwägungsgrund der Richtlinie zum Ausdruck gebrachte Anforderung, dass die Definition der unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen weit gefasst sein muss, um die Rechtssicherheit im Binnenmarkt zu gewährleisten, als auch auf den Wortlaut von Art. 2 der Richtlinie, der Formulierungen wie „unmittelbare oder mittelbare“, „vorübergehende oder dauerhafte“, „auf jede Art und Weise“ und „in jeder Form“ verwendet. Der Umfang eines solchen Schutzes der durch das Vervielfältigungsrecht geschützten Handlungen ergibt sich auch aus dem Hauptziel dieser Richtlinie, das darin besteht, ein hohes Schutzniveau u. a. zugunsten der Urheber sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, Infopaq International, C‑5/08, EU:C:2009:465, Rn. 40 bis 43).

In Bezug auf den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Hochladen (upload) eines Werkes von einem verbundenen Endgerät eines Nutzers in den Speicherplatz in der Cloud, der diesem Nutzer im Rahmen von Cloud-Computing-Dienstleistungen zur Verfügung gestellt wird, mit einer Vervielfältigung dieses Werkes einhergeht, da die Dienstleistung u. a. darin besteht, in der Cloud eine Kopie des Werkes zu speichern. Im Übrigen kann es zu weiteren Vervielfältigungen dieses Werkes kommen, wenn etwa der Nutzer über ein verbundenes Endgerät auf die Cloud zugreift, um ein zuvor dorthin hochgeladenes Werk auf sein Endgerät herunterzuladen (download).

Folglich stellt es eine Vervielfältigung eines Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dar, wenn ein Nutzer auf dem Speicherplatz, der ihm im Rahmen einer Cloud-Computing-Dienstleistung zur Verfügung gestellt wird, von diesem Werk eine Sicherungskopie erstellt.

Was zum anderen die Frage angeht, ob ein Server, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt, um Sicherungskopien von urheberrechtlich geschützten Werken herzustellen, unter den in dieser Bestimmung verwendeten Begriff der „beliebigen Träger“ fällt, so wird dieser Begriff in der Richtlinie – die für die Ermittlung seiner Tragweite auch keinen ausdrücklichen Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten enthält – nicht definiert.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs folgt aus dem Erfordernis der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts, dass eine Unionsvorschrift, soweit sie für einen bestimmten Begriff nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten muss, die unter Berücksichtigung nicht nur des Wortlauts der betreffenden Vorschrift, sondern auch ihres Kontexts und des Ziels, das mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt wird, gefunden werden muss (Urteil vom 8. März 2018, DOCERAM, C‑395/16, EU:C:2018:172, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Wendung „auf beliebigen Trägern“ aufgrund ihres weiten Verständnisses alle Träger umfasst, auf denen ein geschütztes Werk vervielfältigt werden kann; hierzu gehören auch Server, wie sie im Rahmen des Cloud-Computing verwendet werden.

Da Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 keinerlei nähere Bestimmung der charakteristischen Merkmale der Vorrichtungen enthält, auf deren Grundlage oder mit deren Hilfe die Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch erstellt werden, ist anzunehmen, dass der Unionsgesetzgeber diese Merkmale im Hinblick auf das Ziel, das er mit seiner teilweisen Harmonisierung verfolgt hat, für nicht relevant hielt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 86 und 88).

Insoweit kommt es also nicht darauf an, ob der dem Nutzer zur Verfügung gestellte Speicherplatz sich auf einem Server befindet, der einem Dritten gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 89). Folglich kann Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 auch auf Vervielfältigungen Anwendung finden, die von einer natürlichen Person mit Hilfe einer Vorrichtung, die einem Dritten gehört, erstellt werden.

Zweitens wird diese weite Auslegung des Begriffs „auf beliebigen Trägern“ durch den Kontext bestätigt, in den sich Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 einfügt, und insbesondere durch den Vergleich der Formulierung der Ausnahme in dieser Bestimmung, die keinerlei nähere Festlegung der charakteristischen Merkmale der Vorrichtungen enthält, auf deren Grundlage oder mit deren Hilfe die Kopien zum privaten Gebrauch erstellt werden, mit der Formulierung der Ausnahme in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie. Während die letztgenannte Ausnahme für „Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger“ gilt, findet die Ausnahme für Privatkopien Anwendung auf „Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern“ (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Juni 2013, VG Wort u. a., C‑457/11 bis C‑460/11, EU:C:2013:426, Rn. 65, sowie vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 85 und 86).

Drittens geht, was die mit der in Rede stehenden Regelung verfolgten Ziele betrifft, aus den Erwägungsgründen 2 und 5 der Richtlinie 2001/29 hervor, dass mit ihr ein allgemeiner und flexibler Ordnungsrahmen auf Unionsebene für die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft geschaffen werden und die derzeit geltenden Bestimmungen im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte angepasst und ergänzt werden sollten, um der technischen Entwicklung Rechnung zu tragen, die zu neuen Formen der Verwertung der geschützten Werke geführt hat (Urteil vom 19. Dezember 2019, Nederlands Uitgeversverbond und Groep Algemene Uitgevers, C‑263/18, EU:C:2019:1111, Rn. 47 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Insoweit hat der Gerichtshof im Hinblick auf die zwingende Ausnahme nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 bereits darauf hingewiesen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien ermöglichen und gewährleisten sowie einen angemessenen Rechts- und Interessenausgleich zwischen den Rechtsinhabern und den Nutzern der geschützten Werke, die in den Genuss dieser neuen Technologien kommen wollen, beibehalten muss (Urteil vom 5. Juni 2014, Public Relations Consultants Association, C‑360/13, EU:C:2014:1195, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Eine solche Auslegung, die dem Grundsatz der Technologieneutralität folgt, wonach das Gesetz die Rechte und Pflichten der Personen allgemein bezeichnen muss, damit nicht eine Technologie einer anderen vorgezogen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. April 2021, Eutelsat, C‑515/19, EU:C:2021:273, Rn. 48), ist auch im Hinblick auf die optionale Ausnahme nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 anzuwenden; darauf weist im Wesentlichen auch der Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge hin.

Die Verwirklichung des in Rn. 25 des vorliegenden Urteils genannten Ziels, nämlich sicherzustellen, dass der Urheberrechtsschutz in der Union im Zuge der technologischen Entwicklung und durch das Aufkommen neuer Formen der Verwertung urheberrechtlich geschützter Inhalte nicht veraltet und obsolet wird, wie es sich aus dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 ergibt, würde beeinträchtigt, wenn die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf den Schutz des Urheberrechts, die dem 31. Erwägungsgrund dieser Richtlinie zufolge vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Medien angenommen wurden, dergestalt ausgelegt würden, dass die entsprechende Berücksichtigung solcher technologischer Entwicklungen und das Aufkommen insbesondere von digitalen Medien und Cloud-Computing-Dienstleistungen ausgeschlossen wäre.

Unter diesen Umständen ist für die Anwendung von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 funktional nicht danach zu unterscheiden, ob die Vervielfältigung eines geschützten Werkes auf einem Server stattfindet, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt, oder ob diese Vervielfältigung auf einem dem Nutzer gehörenden physischen Speichermedium erfolgt.

Somit ist davon auszugehen, dass ein Server, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt, von dem Begriff „auf beliebigen Trägern“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 erfasst wird.

Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen der Europäischen Kommission in Frage gestellt, wonach das Erstellen einer Sicherungskopie in der Cloud nicht von etwaigen Handlungen der Wiedergabe isoliert sei, so dass eine solche Handlung auf der Grundlage der aus den Urteilen vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913), und vom 19. Dezember 2019, Nederlands Uitgeversverbond und Groep Algemene Uitgevers (C‑263/18, EU:C:2019:1111), hervorgegangenen Rechtsprechung unter Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 fallen müsse. Der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich nämlich von jenen der Rechtssachen, zu denen die von der Kommission angeführten Urteile ergangen sind. Die Rechtssache, in der das Urteil vom 29. November 2017, VCAST (C‑265/16, EU:C:2017:913), ergangen ist, betraf eine Dienstleistung mit einer Doppelfunktion, nämlich nicht nur eine Vervielfältigung in der Cloud, sondern auch zugleich oder nahezu zugleich eine öffentliche Wiedergabe. In der Rechtssache, in der das Urteil vom 19. Dezember 2019, Nederlands Uitgeversverbond und Groep Algemene Uitgevers (C‑263/18, EU:C:2019:1111), ergangen ist, ging es um die Bereitstellung eines Onlinedienstes in Form eines virtuellen Marktes für „gebrauchte“ E‑Books durch einen Club, wobei im Rahmen dieses Dienstes geschützte Werke jeder Person zur Verfügung gestellt wurden, die sich auf der Website dieses Clubs registriert hatte; dieser Person waren die Werke von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich, so dass ein solcher Dienst als öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anzusehen war.

Jedenfalls wäre jede im Teilen eines Werkes durch den Nutzer einer Dienstleistung der Speicherung in der Cloud bestehende Wiedergabe eine andere Verwertungshandlung als die Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 und könnte unter deren Art. 3 Abs. 1 fallen, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung erfüllt sind.

Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass der Ausdruck „Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern“ im Sinne dieser Bestimmung die Erstellung von Sicherungskopien urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken auf einem Server umfasst, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt.

Zur zweiten Frage

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es in der zweiten Frage ausweislich ihres Wortlauts zwar formal darum geht, ob Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 auf eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende „anzuwenden ist“, dass das vorlegende Gericht aber angesichts seiner Begründung des Vorabentscheidungsersuchens im Wesentlichen wissen möchte, ob diese Bestimmung einer Regelung zur Umsetzung der darin geregelten Ausnahme für Privatkopien entgegensteht, nach der die Anbieter von Dienstleistungen der Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing keinen gerechten Ausgleich für Kopien leisten müssen.

Das vorlegende Gericht möchte also in Erfahrung bringen, ob Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er der Umsetzung der Ausnahme im Sinne dieser Bestimmung durch eine nationale Regelung entgegensteht, nach der die Anbieter von Dienstleistungen der Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing keinen gerechten Ausgleich für Sicherungskopien leisten müssen, die natürliche Personen, die diese Dienste nutzen, ohne Erlaubnis von urheberrechtlich geschützten Werken zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke erstellen.

Wie in Rn. 15 des vorliegenden Urteils ausgeführt, können die Mitgliedstaaten nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Art. 2 der Richtlinie vorgesehene ausschließliche Vervielfältigungsrecht in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch natürliche Personen zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung vorsehen, dass die Inhaber dieses ausschließlichen Rechts einen gerechten Ausgleich erhalten, wobei die technischen Maßnahmen gemäß Art. 6 der Richtlinie berücksichtigt werden.

Wie den Erwägungsgründen 35 und 38 der Richtlinie 2001/29 zu entnehmen ist, bringt deren Art. 5 Abs. 2 Buchst. b den Willen des Unionsgesetzgebers zum Ausdruck, ein besonderes Ausgleichssystem zu schaffen, das eingreift, wenn den Rechtsinhabern ein Schaden entsteht, der grundsätzlich eine Verpflichtung zur Vergütung oder zum Ausgleich begründet (Urteil vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 26 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie sich dafür entscheiden, die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme für Privatkopien in ihr innerstaatliches Recht umzusetzen, insbesondere verpflichtet sind, die Zahlung eines gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber vorzusehen (Urteil vom 9. Juni 2016, EGEDA u. a., C‑470/14, EU:C:2016:418, Rn. 20 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist nämlich ein Mitgliedstaat verpflichtet, wenn er die für Privatkopien geltende Ausnahme in seinem nationalen Recht eingeführt hat, im Einklang mit seiner territorialen Zuständigkeit eine wirksame Erhebung des gerechten Ausgleichs als Ersatz des Schadens zu gewährleisten, der den Inhabern des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts aufgrund der Vervielfältigung geschützter Werke durch Endnutzer entstanden ist, die im Hoheitsgebiet dieses Staates wohnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana, C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Das Erstellen einer Kopie durch eine zu privaten Zwecken handelnde natürliche Person ohne die vorherige Erlaubnis des Inhabers des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts eines geschützten Werks ist nämlich als Handlung anzusehen, die einen Schaden für den betreffenden Rechtsinhaber begründen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Juni 2011, Stichting de Thuiskopie, C‑462/09, EU:C:2011:397, Rn. 26, und vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 22 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Soweit also zum einen, wie aus der Antwort auf die erste Frage hervorgeht, der Ausdruck „Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 das Erstellen von Sicherungskopien urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken auf einem Server umfasst, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt, und zum anderen diese Vervielfältigungen von einer natürlichen Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke erstellt wurden, was das vorlegende Gericht zu prüfen haben wird, ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme umsetzen, eine Regelung des gerechten Ausgleichs vorsehen müssen, um die Rechtsinhaber gemäß dieser Bestimmung zu entschädigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verfügen die Mitgliedstaaten, da die Bestimmungen der Richtlinie auch keine genaueren Angaben zu den verschiedenen Elementen der Regelung des gerechten Ausgleichs enthalten, bei der Festlegung dieser Elemente über ein weites Ermessen. Insbesondere bestimmen die Mitgliedstaaten, welche Personen diesen Ausgleich zu zahlen haben, und legen dessen Form, Einzelheiten und Höhe fest (Urteile vom 21. April 2016, Austro-Mechana, C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 18, und vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Gemäß dem 35. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 sollten die Mitgliedstaaten bei dieser Festlegung die besonderen Umstände eines jeden Falls berücksichtigen (Urteil vom 11. Juli 2013, Amazon.com International Sales u. a., C‑521/11, EU:C:2013:515, Rn. 22).

Was als Erstes die Frage betrifft, wer den gerechten Ausgleich zu zahlen hat, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass grundsätzlich die Person, die die Privatkopie erstellt, zum Ersatz des damit verbundenen Schadens verpflichtet ist, indem sie den Ausgleich finanziert, der an den Rechtsinhaber gezahlt wird (Urteile vom 21. Oktober 2010, Padawan, C‑467/08, EU:C:2010:620, Rn. 45, vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 22, und vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 30). Wird also im Rahmen des Cloud-Computing eine Speicherdienstleistung angeboten, so hat grundsätzlich der Nutzer dieser Dienstleistung den Ausgleich zu finanzieren, der an den Rechtsinhaber gezahlt wird.

Der Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass es unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten, die privaten Nutzer zu identifizieren und sie zu verpflichten, den Inhabern des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts den ihnen zugefügten Schaden zu vergüten, sowie des Umstands, dass sich dieser Schaden, der sich aus jeder privaten Nutzung ergeben kann, einzeln betrachtet möglicherweise als geringfügig erweist und deshalb keine Zahlungsverpflichtung begründet, den Mitgliedstaaten freisteht, zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs eine Abgabe für Privatkopien einzuführen, die nicht die betreffenden Privatpersonen, sondern diejenigen belastet, die über Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung verfügen und sie zu diesem Zweck Privatpersonen rechtlich oder tatsächlich zur Verfügung stellen oder ihnen die Dienstleistung einer Vervielfältigung erbringen. Im Rahmen eines solchen Systems haben die über diese Anlagen verfügenden Personen die Abgabe für Privatkopien zu leisten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Oktober 2010, Padawan, C‑467/08, EU:C:2010:620, Rn. 46, vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 23, sowie vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 31).

Der Gerichtshof hat insoweit klargestellt, dass, da es diese Regelung den Schuldnern der Abgabe für Privatkopien erlaubt, deren Betrag in den Preis für die Überlassung dieser Anlagen, Geräte oder Medien zur Vervielfältigung oder in den Preis für die erbrachte Vervielfältigungsleistung einfließen zu lassen, die Belastung durch die Abgabe letztlich vom privaten Nutzer getragen wird, der diesen Preis zahlt, und zwar entsprechend dem im 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 angesprochenen „angemessenen Ausgleich“, der zwischen den Interessen der Inhaber des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts und denen der Nutzer von Schutzgegenständen herbeizuführen ist (Urteil vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 33).

Folglich fallen beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts die Einführung einer Regelung des gerechten Ausgleichs, bei der die Hersteller oder Importeure von Servern, mit deren Hilfe Privatpersonen Cloud-Computing-Dienstleistungen angeboten werden, zur Zahlung der Abgabe für Privatkopien verpflichtet sind, wobei diese Abgabe wirtschaftlich auf die Käufer solcher Server abgewälzt wird, sowie die Einführung einer Abgabe für Privatkopien auf Datenträgern, die in den verbundenen Vorrichtungen – etwa Mobiltelefonen, Computern und Tablets – eingebaut sind, mit denen auf einem Speicherplatz im Rahmen des Cloud-Computing Kopien geschützter Werke erstellt werden, unter das weite Ermessen des nationalen Gesetzgebers bei der Festlegung der verschiedenen Elemente der Regelung des gerechten Ausgleichs, auf das bereits in Rn. 41 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist.

Jedoch haben die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der nationalen Regelung und der durch die Richtlinie 2001/29 vorgegebenen Grenzen zu prüfen, ob ihre Einführung durch praktische Schwierigkeiten bei der Identifizierung der Endnutzer oder vergleichbare Schwierigkeiten gerechtfertigt ist und ob die Abgabepflichtigen über einen Anspruch auf Erstattung dieser Abgabe verfügen, wenn sie nicht geschuldet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Insoweit ist in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen der Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing davon auszugehen, dass solche Schwierigkeiten sich, wie die dänische Regierung ausgeführt hat, daraus ergeben können, dass diese Dienstleistungen, die von anderen Mitgliedstaaten oder von Drittstaaten aus angeboten werden können, digitaler Natur sind und der Nutzer im Allgemeinen die Größe des Speicherplatzes, der für Privatkopien zur Verfügung steht, nach Belieben erweitern und dynamisch verändern kann.

Als Zweites hat der Gerichtshof zur Form, den Einzelheiten und der Höhe des gerechten Ausgleichs bereits entschieden, dass dieser Ausgleich sowie folglich die ihm zugrunde liegende Regelung und seine Höhe einen Bezug zu dem Schaden haben müssen, der den Rechtsinhabern aufgrund der Herstellung der Privatkopien entstanden ist (Urteile vom 5. März 2015, Copydan Båndkopi, C‑463/12, EU:C:2015:144, Rn. 21, und vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Aus dem 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 ergibt sich nämlich, dass ein angemessener Ausgleich zwischen den Rechtsinhabern und den Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden muss, so dass jeder gerechte Ausgleich, der keinen Bezug zu dem Schaden hat, der den Rechtsinhabern aufgrund der Erstellung der Privatkopien entstanden ist, nicht mit dem in diesem Erwägungsgrund aufgestellten Erfordernis vereinbar wäre (Urteile vom 12. November 2015, Hewlett-Packard Belgium, C‑572/13, EU:C:2015:750, Rn. 86, und vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a., C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 54).

Im vorliegenden Fall sind, wie in Rn. 17 des vorliegenden Urteils ausgeführt, für die Erstellung einer Kopie geschützter Werke auf einem Speicherplatz beim Cloud-Computing mehrere Vervielfältigungshandlungen erforderlich, die von einer Vielzahl miteinander verbundener Endgeräte aus vorgenommen werden können.

Wie der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, können die Mitgliedstaaten, da das Hoch- und Herunterladen urheberrechtlich geschützter Inhalte bei der Nutzung von Cloud-Computing-Dienstleistungen als ein einheitliches Verfahren zum Zweck des privaten Kopierens angesehen werden kann, im Licht des weiten Ermessens, über das sie gemäß den Ausführungen in den Rn. 41 und 46 des vorliegenden Urteils verfügen, ein System einführen, in dem ein gerechter Ausgleich nur in Bezug auf Geräte oder Speichermedien gezahlt wird, die einen notwendigen Teil dieses Verfahrens darstellen, sofern angenommen werden kann, dass dieser Ausgleich dem sich für die Inhaber des Urheberrechts ergebenden etwaigen Schaden entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2013, VG Wort u. a., C‑457/11 bis C‑460/11, EU:C:2013:426, Rn. 78).

In diesem Zusammenhang steht es den Mitgliedstaaten zwar frei, bei der Festlegung der Abgabe für Privatkopien den Umstand zu berücksichtigen, dass bestimmte Geräte und Speichermedien im Rahmen des Cloud-Computing zum Erstellen von Privatkopien genutzt werden können, doch haben sie sich – wie im 35. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 ausgeführt wird – zu vergewissern, dass die so gezahlte Abgabe, soweit im Rahmen dieses einheitlichen Prozesses mehrere Geräte und Speichermedien von ihr betroffen sind, nicht über den sich für die Rechtsinhaber durch die betreffende Handlung ergebenden etwaigen Schaden hinausgeht.

Nach alledem ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er der Umsetzung der Ausnahme im Sinne dieser Bestimmung durch eine nationale Regelung, nach der die Anbieter von Dienstleistungen der Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing keinen gerechten Ausgleich für Sicherungskopien leisten müssen, die natürliche Personen, die diese Dienste nutzen, ohne Erlaubnis von urheberrechtlich geschützten Werken zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke erstellen, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung die Zahlung eines gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber vorsieht.

Kosten

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass der Ausdruck „Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern“ im Sinne dieser Bestimmung die Erstellung von Sicherungskopien urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken auf einem Server umfasst, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt.

2. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er der Umsetzung der Ausnahme im Sinne dieser Bestimmung durch eine nationale Regelung, nach der die Anbieter von Dienstleistungen der Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing keinen gerechten Ausgleich für Sicherungskopien leisten müssen, die natürliche Personen, die diese Dienste nutzen, ohne Erlaubnis von urheberrechtlich geschützten Werken zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke erstellen, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung die Zahlung eines gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber vorsieht.

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