Bayern kann sich nicht auf ältere Markenrechte am Schloss Neuschwanstein berufen
Gericht der Europäischen Union
Urteil vom 16.10.2024
Az.: T-506/23
„ Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke Neuschwanstein – Ältere geschäftliche Bezeichnungen Neuschwanstein und Schloss Neuschwanstein – Relativer Nichtigkeitsgrund – Art. 8 Abs. 4 und Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 und Art. 60 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) “
In der Rechtssache T‑506/23,
Freistaat Bayern (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt M. Müller,
Kläger,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Stoyanova-Valchanova als Bevollmächtigte,
Beklagter,
anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer vor dem Gericht:
Bundesverband Souvenir Geschenke Ehrenpreise e. V. mit Sitz in Veitsbronn (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt B. Bittner und Rechtsanwältin U. Heinrich,
erlässt
DAS GERICHT (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin K. Kowalik-Bańczyk (Berichterstatterin), des Richters I. Dimitrakopoulos und der Richterin B. Ricziová,
Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2024
folgendes
Urteil
Mit seiner Klage nach Art. 263 AEUV beantragt der Kläger, der Freistaat Bayern, die Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 22. Mai 2023 (Sache R 1013/2021‑5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Am 11. Juli 2019 stellte der Kläger beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke, die infolge eines am 26. Juli 2016 eingereichten Antrags für das Wortzeichen Neuschwanstein eingetragen worden war und deren Prioritätstag der 26. Januar 2016 ist.
Die von der angegriffenen Marke erfassten Waren, für die die Nichtigerklärung beantragt wurde, gehörten zu den Klassen 14, 21 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung.
Der Antrag auf Nichtigerklärung erfolgte auf der Grundlage der Wortzeichen Neuschwanstein und Schloss Neuschwanstein als deutsche geschäftliche Bezeichnungen insbesondere für die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums.
Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde im Wesentlichen auf Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (jetzt Art. 60 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) gestützt.
Am 8. April 2021 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die angegriffene Marke in vollem Umfang für nichtig.
Am 7. Juni 2021 reichte der Streithelfer, der Bundesverband Souvenir Geschenke Ehrenpreise e. V., beim EUIPO eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.
Die Beschwerdekammer gab mit der angefochtenen Entscheidung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung statt und wies den Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke zurück. Insbesondere war sie der Auffassung, dass der Kläger die Benutzung der älteren Zeichen u. a. für die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht nachgewiesen habe. Zudem habe der Kläger hinsichtlich dieser Tätigkeiten nicht nachgewiesen, dass er Rechte an diesen Zeichen nach deutschem Recht erworben habe.
Anträge der Parteien
Der Kläger beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.
Das EUIPO beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– den Kläger im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Der Streithelfer beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
Der Kläger stützt seine Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem er im Wesentlichen einen Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 rügt. Er habe zum einen die Benutzung der älteren Zeichen für die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung nachgewiesen und zum anderen den Nachweis erbracht, dass er Rechte an diesen Zeichen in Bezug auf diese Tätigkeiten erworben habe.
Nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für nichtig erklärt, wenn ein in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung genanntes älteres Kennzeichenrecht besteht und die Voraussetzungen des genannten Absatzes erfüllt sind.
Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 kann der Inhaber eines anderen Zeichens als einer eingetragenen Marke der Eintragung einer Unionsmarke widersprechen, wenn das andere Zeichen kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt: Es muss im geschäftlichen Verkehr benutzt werden, von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein, das Kennzeichenrecht muss nach dem Unionsrecht oder dem Recht des Mitgliedstaats erworben worden sein, in dem das Zeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke benutzt wurde, und schließlich muss dieses Zeichen seinem Inhaber die Befugnis verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen (Urteil vom 24. März 2009, Moreira da Fonseca/HABM – General Óptica [GENERAL OPTICA], T‑318/06 bis T‑321/06, EU:T:2009:77, Rn. 32).
Vorbemerkungen
Aus Art. 53 Abs. 1 Buchst. c und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt sich, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall den Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke zurückweisen durfte, wenn eine der vier oben in Rn. 14 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt war und insbesondere der Kläger das Bestehen eines Rechts an den älteren Zeichen nach deutschem Recht nicht nachgewiesen hatte.
Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger, um ein Recht an den älteren Zeichen erwerben zu können, nachweisen musste, dass diese Zeichen als geschäftliche Bezeichnungen nach § 5 des deutschen Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (im Folgenden: MarkenG) geschützt waren und folglich originäre Unterscheidungskraft besaßen oder dass sie anderenfalls durch Benutzung Bekanntheit erlangt haben.
Die Beschwerdekammer war jedoch der Ansicht, dass die älteren Zeichen keine originäre Unterscheidungskraft besäßen und dass sie keine Bekanntheit durch Benutzung erlangt hätten.
Zur originären Unterscheidungskraft der älteren Zeichen
In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die älteren Zeichen keine originäre Unterscheidungskraft besäßen, da sie beschreibende Angaben für die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums seien. Insbesondere verstünden die maßgeblichen Verkehrskreise, die aus den allgemeinen Verkehrskreisen in Deutschland bestünden, diese Zeichen als Hinweis darauf, dass diese Tätigkeiten das weltweit bekannte Schloss Neuschwanstein sowie seinen Bauherrn, König Ludwig II. von Bayern, zum Gegenstand bzw. Thema hätten.
Der Kläger wirft der Beschwerdekammer vor, davon ausgegangen zu sein, dass die älteren Zeichen keine originäre Unterscheidungskraft in Bezug auf die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums besäßen. Die Schwelle für die Annahme der Unterscheidungskraft nach § 5 MarkenG liege niedriger als insbesondere die Schwelle für die Eintragung einer Unionsmarke im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Zudem seien diesen Zeichen „individuell geschöpfte Phantasiebegriffe“, die nicht irgendein beliebiges Museum beschrieben, sondern sich vielmehr speziell auf das vom Kläger betriebene Museum bezögen.
Als Erstes ist festzustellen, dass der Kläger nicht bestreitet, dass die maßgeblichen Verkehrskreise aus den allgemeinen Verkehrskreisen in Deutschland bestehen.
Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger zwar abstrakt vorträgt, dass die Schwelle für die Annahme einer Unterscheidungskraft nach § 5 MarkenG niedriger liege als die Schwelle für die Eintragung einer Unionsmarke oder einer deutschen Marke, ohne jedoch zu erläutern, inwieweit sich dieser angebliche Unterschied im vorliegenden Fall auf die Beurteilung der Unterscheidungskraft der älteren Zeichen auswirken könnte. Außerdem bestreitet er nicht, dass im vorliegenden Fall einem beschreibenden Zeichen jedenfalls nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zukommt.
Erstens räumt der Kläger ein, dass Schloss Neuschwanstein zunächst als Wohnschloss von König Ludwig II. von Bayern geplant und gebaut wurde und dass dieses Schloss erst später, wenngleich kurz nach Abschluss der Arbeiten, zu einem Museum wurde. Ferner bestreitet er nicht, dass das Schloss über eine hohe Bekanntheit verfügt und dass die Begriffe „Neuschwanstein“ und „Schloss Neuschwanstein“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Bezugnahmen auf das Schloss verstanden werden. Im Übrigen stellt er auch nicht in Abrede, dass sich der Begriff „Neuschwanstein“ nach dem Wörterbuch Duden auf das gleichnamige Schloss bezieht.
Unter diesen Umständen ist, wie der Streithelfer zu Recht ausführt, festzustellen, dass die älteren Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als „Phantasiebegriffe“ aufgefasst worden sein können.
Zweitens bestreitet der Kläger nicht, dass die Geschäftstätigkeiten Museum oder Betrieb eines Museums das Schloss Neuschwanstein zum Gegenstand oder zum Thema haben können.
Hieraus folgt, dass die älteren Zeichen im Verkehr dazu dienen konnten, ein Merkmal einer Geschäftstätigkeit Museum oder Betrieb eines Museums zu bezeichnen, indem sie die maßgeblichen Verkehrskreise darauf aufmerksam machten, dass dieses Museum von Schloss Neuschwanstein handele. Infolgedessen hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die älteren Zeichen für diese Geschäftstätigkeiten beschreibend sind.
Im Übrigen ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer und ohne dass der Kläger dem widersprochen hätte, festzustellen, dass das Bundespatentgericht (Deutschland) in einem Beschluss vom 4. Februar 2011 (Az. 25 W [pat] 182/09) auf der Grundlage von Erwägungen, die den oben in den Rn. 22 bis 25 dargelegten Erwägungen entsprechen, entschieden hat, dass die Bezeichnung Neuschwanstein für die Dienstleistungen „Veranstaltung von Reisen“ eine beschreibende Angabe darstelle, da sie für die maßgeblichen Verkehrskreise ein Merkmal dieser Reisen, nämlich ihr Reiseziel, beschreibe.
Ferner kann der beschreibende Charakter der älteren Zeichen im Hinblick auf die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums durch das übrige Vorbringen des Klägers nicht in Frage gestellt werden.
Denn erstens hat zwar das Landgericht München I (Deutschland) mit zwei Entscheidungen vom 24. November 2020 (Az. 33 O 11440/19) und vom 27. September 2022 (Az. 33 O 13520/21) die Unterscheidungskraft der Bezeichnung Neuschwanstein für die Geschäftstätigkeiten eines Museums anerkannt, doch genügt der Hinweis, dass der Kläger im Übrigen einräumt, dass zum einen die Beurteilung der Unterscheidungskraft in diesen Entscheidungen ohne nähere Begründung erfolgt sei und dass zum anderen diese Entscheidungen später, wenn auch aus anderen Gründen, in der Berufungsinstanz aufgehoben worden seien. Unter diesen Umständen lassen sich die in Rede stehenden Entscheidungen nicht dafür anführen, die Unterscheidungskraft der älteren Zeichen nach deutschem Recht zu belegen.
Zweitens ist festzustellen, dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Deutschland) im Urteil vom 5. August 2010 (Az. 6 U 89/09) entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht entschieden hat, dass geschäftliche Bezeichnungen unweigerlich unterscheidungskräftig seien, wenn sie aus unterscheidungskräftigen Gebäudenamen abgeleitet worden seien und die in Rede stehende Geschäftstätigkeit untrennbar mit diesem Gebäude verknüpft sei. Zudem betraf dieses Urteil im Unterschied zur vorliegenden Rechtssache keine geschäftliche Bezeichnung, die die maßgeblichen Verkehrskreise mit einem bestimmten Gebäude aufgrund von dessen Bekanntheitsgrad in Verbindung brachten. Zu Recht ist die Beschwerdekammer daher im Wesentlichen davon ausgegangen, dass das genannte Urteil für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der älteren Zeichen ohne Bedeutung ist.
Drittens ist es für die Beurteilung der originären Unterscheidungskraft der älteren Zeichen unerheblich, dass der Kläger diese Bezeichnungen benutzt hat, um auf seiner Website, auf Broschüren, auf dem Geschäftspapier der „Schlossverwaltung Neuschwanstein“ sowie in Pressemeldungen auf ein Museum hinzuweisen, und dass verschiedene Veröffentlichungen, darunter Reiseführer und Enzyklopädien, ebenfalls das Zeichen Schloss Neuschwanstein zur Bezeichnung eines Museums verwenden. Die Prüfung der Nachweise für die Benutzung der älteren Zeichen könnte nämlich nur für die Feststellung von Bedeutung sein, ob diese Zeichen nach deutschem Recht durch Benutzung Bekanntheit erlangt hätten.
Der Kläger hat folglich nicht den Nachweis erbracht, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen hat, dass die älteren Zeichen nach deutschem Recht keine originäre Unterscheidungskraft besitzen.
Zur Verkehrsgeltung der älteren Zeichen
In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass die Verkehrsgeltung der älteren Zeichen keine „offenkundige Tatsache“ im Sinne von § 291 der deutschen Zivilprozessordnung (im Folgenden: ZPO) sei, die nicht nachgewiesen werden müsse, und dass der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass diese Zeichen durch Benutzung Verkehrsgeltung für die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums erlangt hätten. Sie stellte insbesondere fest, dass der Kläger nach deutschem Recht nachweisen müsse, dass nicht unter 50 % der beteiligten Verkehrskreise diese Zeichen einem Unternehmen zuordneten, das ein Museum betreibe. Der Kläger habe jedoch weder ein „demoskopisches“ Gutachten noch Informationen zu seinen Werbeausgaben vorgelegt; zudem ließen die Besucherzahlen dieses Museums keine Unterscheidung danach zu, wie viele der Besucher aus Deutschland und wie viele Besucher aus dem Ausland stammten. Ferner gehe aus den übrigen vorgelegten Beweisen hervor, dass Schloss Neuschwanstein hauptsächlich für seine Fassade und nicht für das im Schloss untergebrachte Museum bekannt sei.
Der Kläger macht geltend, dass auch ohne eine Verkehrsbefragung die von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten Beweise ausreichten, um zu belegen, dass die älteren Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Angabe zur Bezeichnung des von ihm seit dem 1. August 1886 betriebenen Museums verstanden würden.
Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger nicht bestreitet, dass er zum Nachweis der Verkehrsgeltung der älteren Zeichen nach deutschem Recht belegen muss, dass nicht unter 50 % der maßgeblichen Verkehrskreise, die aus den allgemeinen Verkehrskreisen in Deutschland bestehen, diese Zeichen zumindest dem von ihm betriebenen Museum zuordnen.
Außerdem bestreitet der Kläger auch nicht, dass die Bekanntheit der älteren Zeichen keine „offenkundige Tatsache“ im Sinne von § 291 ZPO oder keine allgemein bekannte Tatsache ist, die nicht bewiesen zu werden braucht, und folglich auch nicht, dass er die Verkehrsgeltung dieser Zeichen nachweisen musste.
Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass sich der Kläger in der Klageschrift darauf beschränkt, pauschal auf die Beweise zu verweisen, die er im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat, und dass er nicht erläutert, wie diese Beweise belegen könnten, dass die älteren Zeichen von nicht unter 50 % der maßgeblichen Verkehrskreise speziell als Bezugnahme auf das von ihm betriebene Museum verstanden würden.
Erstens ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis‑ und Hilfsfunktion (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2010, Tresplain Investments/HABM – Hoo Hing [Golden Elephant Brand], T‑303/08, EU:T:2010:505, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zweitens ist der in der Klageschrift zum Nachweis der Bekanntheit der älteren Zeichen angeführte Umstand, dass diese Zeichen seit dem 1. August 1886 für die Geschäftstätigkeit Museum oder Betrieb eines Museums benutzt wurden, allein nicht ausreichend, um zu belegen, dass nicht unter 50 % der maßgeblichen Verkehrskreise diese Zeichen mit dem vom Kläger betriebenen Museum in Verbindung brächten.
Darüber hinaus können auch die in der Klageschrift zum Nachweis der originären Unterscheidungskraft der älteren Zeichen angeführten Beweise nicht belegen, dass diese Zeichen von nicht unter 50 % der maßgeblichen Verkehrskreise speziell als Bezugnahme auf das vom Kläger betriebene Museum verstanden werden.
Mit der Berufung auf diese Beweise möchte der Kläger nämlich zum einen nachweisen, dass er die älteren Zeichen auf seiner Website, auf Broschüren, auf Geschäftspapier der „Schlossverwaltung Neuschwanstein“ und in Pressemeldungen zur Bezugnahme auf ein Museum benutzt hat. Der Umstand, dass er diese Zeichen verwendet hat, um auf das von ihm betriebene Museum Bezug zu nehmen, erlaubt für sich genommen jedoch keine Entscheidung darüber, wie die Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen verstanden werden.
Zum anderen möchte der Kläger nachweisen, dass verschiedene Veröffentlichungen, darunter Reiseführer und Enzyklopädien, ebenfalls das Zeichen Schloss Neuschwanstein zur Bezeichnung eines Museums verwendeten. Er erläutert jedoch nicht, inwieweit die maßgeblichen Verkehrskreise mit diesen Veröffentlichungen in Berührung gekommen sind.
Im Übrigen ist, was die weiteren in der Klageschrift angeführten Beweise anbelangt, um eine hinreichende Benutzung der älteren Zeichen in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr und eine mehr als lediglich örtliche geografische Schutzausdehnung im Sinne der oben in Rn. 14 angeführten ersten beiden Voraussetzungen zu belegen, festzustellen, dass diese Beweise die Besucherzahlen des vom Kläger betriebenen Museums sowie die damit verbundenen Einnahmen betreffen. Der Kläger macht insoweit geltend, dass dieses Museum von Besuchern aus aller Welt besucht werde, und bestreitet nicht die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Tatsache, dass diese Beweise keine Unterscheidung danach zuließen, wie viele Besucher aus Deutschland und wie viele Besucher aus dem Ausland stammten. Folglich ist davon auszugehen, dass die betreffenden Beweise keine Entscheidung darüber ermöglichen, wie die älteren Zeichen durch die maßgeblichen Verkehrskreise verstanden werden.
Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass der Kläger die Verkehrsgeltung der älteren Zeichen für die Geschäftstätigkeiten Museum und Betrieb eines Museums nicht nachgewiesen hat, und damit auch keinen Nachweis dafür erbracht hat, dass er ein Recht an den älteren Zeichen nach deutschem Recht erworben hat.
Die Beschwerdekammer hat demnach den Antrag des Klägers auf Nichtigerklärung zu Recht zurückgewiesen, da mindestens eine der vier in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen und oben in Rn. 14 wiedergegebenen kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllt war.
Nach alledem ist der einzige Klagegrund des Klägers zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß den Anträgen des EUIPO und dem Streithelfer die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Siebte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Freistaat Bayern trägt die Kosten.