Das Vorenthalten von wesentlichen Informationen in Printmedien ist unlautere Werbung

15. Mai 2019
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Zeitung mit Urlaub als Überschift Beschluss des OLG Brandenburg vom 03.01.2019, Az.: 6 U 162/18

Die Frage, ob im konkreten Fall das Vorenthalten von Angaben zur Identität und Anschrift des anbietenden Unternehmens in Werbung als wesentlich i.S.d § 5a Abs. 2 UWG zu werten ist, entschied das OLG Brandenburg zu Gunsten der Verbraucher. Dies führt dazu, dass die konkrete Handlung der Nichterteilung von wesentlichen Informationen als unlauter einzustufen ist, da die Mitteilung der Identität des Vertragspartners für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers als wesentlich zu beurteilen sei.

Der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, genannte Informationen, da es sich bei der Buchung eines Wellnessarrangement nicht mehr um ein Geschäft des täglichen Lebensbedarfs handle und der Durchschnittsverbraucher wissen will, wer sein Vertragspartner ist.

Oberlandesgericht Brandenburg

Beschluss vom 03.01.2019

Az.: 6 U 162/18

 

Tenor

Es ist beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 04.10.2018 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus – 11 O 34/18 – durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.

Gründe

I.

Die Verfügungsbeklagte warb in einem Tourismusmagazin für S…, einer Beilage zur „… Zeitung“ vom …2018, für einen Aufenthalt im „Wellnesshotel …“. Es waren unter anderem der Name und die Anschrift des Hotels genannt sowie eine Telefonnummer und Internetadresse. Der Name/die Firma und Anschrift des Hotelbetreibers fehlte. (Wegen der Einzelheiten der Anzeige wird auf Anlage A 3 Bezug genommen.)

Der Verfügungskläger, ein eingetragener Verein mit den satzungsmäßigen Aufgaben der Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder und der Achtung auf Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs, hält die Anzeige für irreführend im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Er erwirkte mit Beschluss vom 25.06.2018 den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Verfügungsbeklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Verbraucher zu werben und hierbei die Identität (vollständige Firmierung inklusive Rechtsformzusatz) des Unternehmers dem Verbraucher vorzuenthalten, wenn dies geschieht wie in dem Tourismusmagazin „T…“, Seite 18, gemäß Anlage A 3.

Das Landgericht hat mit dem am 04.10.2018 verkündeten Urteil die einstweilige Verfügung vom 25.06.2018 bestätigt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Verfügungskläger stehe wegen unlauterer Werbung der Verfügungsbeklagten der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 5a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG zu. Die beanstandete Werbung sei wegen Vorenthaltens einer wesentlichen Information unlauter gemäß § 5a Abs. 3 UWG. Diese Bestimmung, mittels derer Artikel 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in nationales Recht umgesetzt worden sei, müsse richtlinienkonform ausgelegt werden. Unter einer „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne von Artikel 7 Abs. 4 – und damit unter einem Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG – sei nach Artikel 2 lit. i) der Richtlinie jede kommerzielle Kommunikation zu verstehen, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angebe, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen sei und den Verbraucher dadurch in die Lage versetze, einen Kauf zu tätigen. Dafür sei eine Werbung erforderlich, durch die der Verbraucher soviel über das beworbene Produkt und dessen Preis erfahre, dass er sich für den Kauf entscheiden könne, ohne dass er durch die Art der kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf erlangt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben haben müsse.

Nach diesen vom Europäischen Gerichtshof und Bundesgerichtshof formulierten Maßstäben stelle die Werbung der Verfügungsbeklagten ein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG dar. Der Verbraucher erfahre, welche Leistungen bei jeder Übernachtung stets inklusive seien und dass für ein Wellnessarrangement für zwei Nächte ein Preis ab 380 € pro Person im Doppelzimmer verlangt werde. Die Voraussetzungen der Angabe des Preises und damit die Annahme eines konkreten Angebots seien nach der Rechtsprechung der Obergerichte bereits dann erfüllt, wenn die Werbung einen „Ab-Preis“ nenne.

Die in der Werbung vorenthaltenen Angaben zu Identität und Anschrift des anbietenden Unternehmens seien hier als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG zu werten. Die Mitteilung der Identität des Vertragspartners gelte für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers als wesentlich, weil sie diesen in die Lage versetze, den Ruf des Unternehmens im Hinblick auf die Qualität und Zuverlässigkeit der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen sowie seine wirtschaftliche Bonität und Haftung einzuschätzen.

Das Angebot der Verfügungsbeklagten stelle für viele Verbraucher ein hochpreisiges dar, insbesondere, da die Preisangabe „ab 380 € pro Person“ laute und bei einem längeren Aufenthalt erhebliche Aufwendungen zu tätigen seien. Es bestehe die Gefahr, dass der Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung treffe, die er bei Kenntnis der Rechtsform und Inhaberschaft des werbenden Unternehmens nicht getroffen hätte.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Verfügungsbeklagten, mit der sie die Abänderung des angefochtenen Urteils und die Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 25.06.2018 begehrt.

Die Verfügungsbeklagte meint, die verfahrensgegenständliche Werbung stelle bereits kein Angebot im Sinne vom § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG dar. Erforderlich sei, dass das Angebot derart konkret gefasst sei, dass es vom Verbraucher nur noch angenommen werden müsse. Das sei hier nicht der Fall; wesentliche Merkmale des Produkts seien nicht angegeben. Es fehlten Angaben zu möglichen Zimmerkategorien und zu einem möglichen Buchungszeitraum, so dass der Verbraucher sich gerade nicht entscheiden könne, ob er buche oder nicht.

Rechtsirrig habe das Landgericht angenommen, es sei stets davon auszugehen, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei Kenntnis der Information vielleicht nicht getroffen hätte. Dabei habe das Landgericht verkannt, dass nach neuerer Rechtsprechung von EuGH und BGH bzw. der Novellierung von § 5a Abs. 2 UWG zum 20.12.2015 stets geprüft werden müsse, ob im Einzelfall mit Blick auf die konkret in Rede stehende Handlung das Nichterteilen einer wesentlichen Information als unlauter zu beurteilen sei. Im vorliegenden Fall interessiere den Verbraucher der Ruf des Hotels in Bezug auf Leistung, Service, Ausstattung und dergleichen, nicht aber der Ruf der Betreibergesellschaft. Der Verbraucher wolle mit dem Hotel einen Buchungsvertrag abschließen und dabei sei es ihm egal, wer die hinter dem Hotel stehende und mit der Buchung verpflichtende Betreibergesellschaft sei.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, §§ 511 ff. ZPO.

Sie ist jedoch offensichtlich unbegründet, die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten. Es ist daher die Zurückweisung der Berufung durch einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, die Anzeige der Verfügungsbeklagten vom … 2018 stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar, da dem Verbraucher im konkreten Fall eine wesentliche Information vorenthalten werde, die er benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG).

1. Die beanstandete Zeitungswerbung der Verfügungsbeklagten enthält unter Heranziehung der richtlinienkonformen Auslegung von § 5a Abs. 3 UWG ein „Angebot“ im Sinne der genannten Vorschrift. Wie eine Werbung beschaffen sein muss, um als Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG zu gelten, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt; hierauf wird Bezug genommen.

Der Angriff der Berufung, es fehlten wesentliche Produktinformationen betreffend Zimmerkategorien und Buchungszeitraum, geht fehl.

Beworben wird hier ein Wellnessarrangement, mit welchem dem Gast neben der Übernachtung diverse im Einzelnen bezeichnete Leistungen und Aufenthaltsmöglichkeiten angeboten werden. Der Werbung ist der „Ab-Preis“ pro Person für zwei Übernachtungen im Doppelzimmer zu entnehmen, die Zimmerkategorie ist „Doppelzimmer“. Aus der Sicht der maßgeblichen Durchschnittsverbraucher, zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen, handelt es sich dabei um ein Zimmer, das so ausgestattet ist, dass Übernachtung und Aufenthalt für zwei Personen gewährleistet ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Modalitäten der Zimmerausstattung in der Zeitungswerbung genannt werden. Ausschlaggebend ist, dass die Merkmale des Produkts in einer Weise angegeben werden, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, das Geschäft zu tätigen. Das ist hier der Fall.

Dass ein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG nicht voraussetzt, dass bereits alle wesentlichen Merkmale des Produkts in dem diesem und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang angegeben werden, folgt schon aus der Erwägung, dass die Vorschrift des § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG andernfalls keinen Anwendungsbereich hätte (so BGH, Urteil vom 18.10.2017 – I ZR 84/16 – Kraftfahrzeug-werbung, Rn 16, zit. nach juris).

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein Buchungszeitraum anzugeben wäre. Die Zeitungsanzeige kann nicht dahin verstanden werden, dass das Wellnessarrangement für einen limitierten Zeitraum gelten soll. Weder wird ein Sonderangebot beworben noch ist die Werbung Anlass bezogen (Ostern, Weihnachten etc.).

2. Die Verfügungsbeklagte hat dem Verbraucher mit der inkriminierten Werbung die als wesentliche Informationen anzusehenden Angaben zur Identität des anbietenden Unternehmens vorenthalten; diese Informationen waren notwendig, das Vorenthalten war erheblich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.

a. Wenn Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, gelten Informationen über Identität und Anschrift des Unternehmers, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben, als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG (§ 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG). Unter Identität ist der Handelsname des Unternehmers einschließlich des zugehörigen Rechtsformzusatzes zu verstehen (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 5a Rn 4.33). Die Mitteilung der Identität des Vertragspartners gilt für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers als wesentlich. Sie ermöglicht ihm, den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf die Qualität und Zuverlässigkeit der von diesem angebotenen Dienstleistungen sowie dessen wirtschaftliche Bonität und Haftung einzuschätzen und mit ihm in Kontakt zu treten (BGH, a.aO. Rn 18; Urteil vom 18.04.2013 – I ZR 180/12 – Brandneu von der IFA, Rn 13; jew. zitiert nach juris).

Es ist zutreffend, wie die Verfügungsbeklagte mit der Berufung ausführt, dass nach der redaktionellen Anpassung des Wortlauts von § 5a Abs. 2 UWG an den Wortlaut des Artikels 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG auch bei Vorliegen einer wesentlichen Information zu prüfen ist, ob diese der Durchschnittsverbraucher im Einzelfalle tatsächlich benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Weiter ist gesondert zu prüfen, ob das Vorenthalten der genannten Information geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (BGH, Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 41/16 – Komplettküchen, Rn 31; Urteil vom 18.10.2017 – I ZR 84/16 – Kraftfahr-zeugwerbung, Rn 24; jew. zit. nach juris).

b. Die in Rede stehenden Informationen waren im vorliegenden Falle notwendig (§ 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG).

Zwar ist es richtig, wie die Verfügungsbeklagte ausführt, dass für die Buchung des Arrangements alle notwendigen Informationen der Zeitungswerbung zu entnehmen sind, da die Buchung bei dem Hotel selbst unter den angegebenen Kontaktdaten erfolgen kann. Das allein reicht nicht aus.

Bei der hier beworbenen Dienstleistung handelt es sich nicht um ein Geschäft des täglichen Lebensbedarfs. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt der Preis des Wellnessarrangements für viele Verbraucher ein hochpreisiges Angebot dar. Für die Doppelzimmerbelegung hat ein Paar für 2 Nächte ab 760 € für das Arrangement zu zahlen.

Der Durchschnittsverbraucher will in einem solchen Fall wissen, an wen er sich halten kann, wenn ihm die Leistungen des Arrangements nicht wie angepriesen zuteil werden. Der Ansicht der Verfügungsbeklagten, dem Verbraucher sei es egal, wer hinter dem Hotel stehe, er wolle mit dem Hotel einen Buchungsvertrag schließen, kann nicht gefolgt werden.

Der Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist (RL 2005/29/EG Erwägungsgrund 18), weiß, dass das in der Zeitungsanzeige genannte Wellnesshotel … keine rechtsfähige „Person“ ist, maßgeblich vielmehr das Betreiberunternehmen ist.

Der Verbraucher soll nicht gezwungen sein, im Falle von Auseinandersetzungen die exakte Identität des Vertragspartners zu ermitteln.

c. Es ist ferner davon auszugehen, dass das Vorenthalten von Identität und Anschrift im vorliegenden Falle von geschäftlicher Relevanz ist (§ 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG). Auch unter der Geltung des mit Wirkung vom 20.12.2015 geänderten § 5a Abs. 2 UWG ist, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich davon auszugehen, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der gebotenen Information nicht getroffen hätte. Der Unternehmer, der geltend macht, dass – abweichend vom Einzelfall – der Verbraucher die in Rede stehende Information nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen geschäftlichen Entscheidung veranlassen kann, hat insoweit eine sekundäre Darlegungslast (BGH, a.a.O.,- Komplettküchen, Rn 32).

Dieser Darlegungslast genügt die Verfügungsbeklagte nicht. Zwar kann ihr noch darin gefolgt werden, dass, was die Qualität des Hotels in Bezug auf Leistung, Service, Ausstattung etc. anbelangt, der Durchschnittsverbraucher sich insoweit auf Bewertungsportalen informieren kann. Da, wie ausgeführt, der Durchschnittsverbraucher wissen will, wer sein Vertrags-partner ist und an wen er sich im Falle von Auseinandersetzungen halten kann, kann er nach § 5a Abs. 2 und 3 UWG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung gerade nicht darauf verwiesen werden, auf der in der Anzeige genannten Website oder auf Bewertungsportalen nach der Identität der Betreibergesellschaft zu forschen. Muss der Verbraucher die in Rede stehenden Informationen sich erst beschaffen, wird dem vom Gesetz intendierten Ver-braucherschutz nicht Genüge getan. Diese Information muss bereits zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Werbung mit dem konkreten Angebot vorliegen, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. „Geschäftliche Entscheidung“ bedeutet nach der in das Gesetz eingefügten Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (BGH, Urteil vom 04.02.2016 – I ZR 194/14 – Fressnapf, Rn 24, 30; Urteil vom 14.09.2017 – I ZR 231/14 – MeinPaket.de II, Rn 23; jew. zit. nach juris).

3. Der Verfahrenswert ist auf 10.000 € festzusetzen (§ 3 ZPO), auch für das Verfahren erster Instanz ist von Amts wegen dieser Wert festzusetzen (§ 63 Abs. 3 GKG).

Dieser Wert wird der wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung der Sache, insbesondere auch der Bedeutung verbraucherschützender Vorschriften, gerecht.

Der Senat bemisst in ständiger langjähriger Rechtsprechung den Wert einer wettbewerbs-rechtlichen Unterlassungsklage bei einer in sachlicher und rechtlicher Hinsicht durchschnittlichen Streitigkeit nach festen Streitwerten, nämlich in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit 20.000 € und in Hauptsacheverfahren mit 25.000 € (siehe Beschluss vom 22.12.2014 – 6 U 142/13), sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für die Wertbemessung, insbesondere solche für die Schätzung der Bedeutung der Sache für den Kläger vorliegen.

Es kommt eine Erhöhung oder Verminderung der Streitwerte bei Vorliegen einer in sachlicher und rechtlicher Hinsicht über – bzw. unterdurchschnittlichen Streitigkeit in Betracht (§ 3 ZPO). Im vorliegenden Fall liegt eine in sachlicher und rechtlicher Hinsicht unterdurchschnittliche Streitigkeit vor, da die inkriminierten Verstöße einfach festzustellen sind.

Es erfolgt daher eine Reduzierung des Streitwerts auf 10.000 €.

So hat der Senat mit Beschluss vom 24.09.2018 (6 W 90/18) in einem vergleichbaren Fall den Streitwert auf 10.000 € festgesetzt.

Soweit das Landgericht bei der Festsetzung Bezug nimmt auf zwei Entscheidungen des Senats, liegt ein Missverständnis vor.

Zwar setzt der Senat in bestimmten Fällen einen geringeren Streitwert an, aber nur wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (Beschluss vom 22.09.2015 – 6 W 107/15), woran es hier fehlt:

Es liegen Verletzungen von Informationspflichten beim Betrieb des Onlinehandels auf einer Internet-Plattform vor bzw. die Verwendung rechtswidriger AGB-Klauseln. Die in Rede stehenden Verstöße können nahezu als massenhaft bezeichnet werden.

Die Verletzer betreiben überwiegend kleine bis mittelgroße Unternehmen, nicht selten als Nebenerwerb. Das Handeln des jeweiligen Verletzers ist in der Regel von Unwissenheit bzw. Fahrlässigkeit hinsichtlich der einzuhaltenden gesetzlichen Vorschriften geprägt. Welche (schädigenden) Auswirkungen die Verletzung von Informationspflichten bzw. die Verwendung fehlerhafter AGB-Klauseln auf den jeweiligen Wettbewerber hat, kann nahezu nicht festgestellt werden, da viele verschiedene Händler zeitgleich mit identischen Produkten und fast identischen Preisen um den Kunden werben. Die Auswirkung der Verletzungshandlung auf die Kaufentscheidung des Kunden ist unklar.

Es erscheint die Bemessung des Streitwertes auf 6.000 € im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (auf 9.000 € in Hauptsacheverfahren) in folgenden Fällen angemessen (§ 3 ZPO): Die Parteien sind kleine und/oder mittelgroße Unternehmen und treten miteinander in Wettbewerb im Onlinehandel, sei es auf einer Internetplattform, sei es durch Websites. Die inkriminierte(n) Verletzungshandlung(en) besteht/bestehen in Verstößen gegen Marktverhaltensregeln iSv § 4 Nr. 11 UWG, wie z.B. der Verletzung von Informationspflichten (§ 312 d BGB iVm Art. 246 a EGBGB, § 5 TMG etc.), der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder bei vergleichbaren Verstößen. Die Rechtsverstöße sind ohne Schwierigkeiten feststellbar. Die beworbenen Produkte sind nicht Wirtschaftsgüter von beträchtlichem Wert.

Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.

Binnen gesetzter Frist möge die Verfügungsbeklagte prüfen, ob sie ihre Berufung zurücknehmen will.

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