Top-Urteil

Drohnenaufnahmen sind nicht von der Panoramafreiheit gedeckt

19. Juni 2023
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Mann mit Drohne im Sonnenuntergang Urteil des OLG Hamm vom 27.04.2023, Az.: 4 U 247/21

Nach der Berufung der Beklagten stimmte auch das OLG Hamm der erstinstanzlichen Entscheidung des LG Bochum zu, dass es sich bei den veröffentlichen Bildern der Kunstwerke um Verstöße gegen das urheberrechtlich geschützte Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht handelt, wobei der Eingriff auch nicht durch die Einschränkung der "Panoramafreiheit" gedeckt ist. Hierfür fehlt das, durch den BGH in der "AIDA Kussmund"-Entscheidung herausgearbeiteten, Merkmal, dass die Perspektive der Drohnenaufnahmen nicht "von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen" einsehbar ist. Weiterhin bestätigte das OLG, dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch bestehe, dieser aber geringer ist, als vom LG Bochum angenommen.

OLG Hamm

Urteil vom 27.04.2023

Az.: 4 U 247/21

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.11.2021 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum im Zahlungsausspruch teilweise abgeändert. Der Zahlungsausspruch wird insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.826,41 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 28.01.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage, soweit mit ihr Zahlungsansprüche geltend gemacht werden, abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 € abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin ist ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung. Den Vereinszweck der Klägerin stellt nach ihrer Satzung die treuhänderische Wahrnehmung der Nutzungs- und Einwilligungsrechte sowie der Vergütungsansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im visuellen Bereich (z.B. von Malern, Bildhauern oder Fotografen) dar.

Der bildende Künstler Jan Bormann trat der Klägerin im Jahre 1992 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K27 = Blatt 142-143 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).

Der bildende Künstler Klaus Noculak trat der Klägerin im Jahre 2010 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K28 = Blatt 144-145 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).

Der bildende Künstler Wolfgang Christ trat der Klägerin im Jahre 1999 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K29 = Blatt 146-147 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).

Der – mittlerweile verstorbene – bildende Künstler Otto Piene trat der Klägerin im Jahre 2001 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K30 = Blatt 148-151 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). In § 9 des Wahrnehmungsvertrages findet sich u.a. folgende Bestimmung: „(…) Im Falle des Todes des Berechtigten wird der Wahrnehmungsvertrag mit den Erben fortgesetzt. Sind mehrere Erben vorhanden, so müssen diese ihre Rechte durch einen von ihnen ausüben, der als Bevollmächtigter Mitglied wird. (…)

Der – mittlerweile verstorbene – bildende Künstler Herman Prigann trat im Jahre 1985 der österreichischen „Verwertungsgesellschaft bildender Künstler (VBK)“ unter Abgabe einer Wahrnehmungserklärung bei (Mitgliedschaftsanmeldung und Wahrnehmungserklärung: Anlage K32 = Blatt 158-161 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). Zwischen der Klägerin und der VBK besteht ein „Gegenseitigkeitsvertrag“ (Anlage K33 = Blatt 162-170 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte); Artikel I Nr. 1 lit a) dieses Vertrages lautet: „Im Rahmen des vorliegenden Vertrages überträgt die VBK der VG Bild-Kunst das ausschließliche Mandat, sie in ihrem Wahrnehmungsgebiet gemäß Artikel IX zu Zwecken der Kontrolle und Wahrnehmung der Nutzungsrechte von Werken ihrer Mitglieder zu vertreten.“ Nach dem Tod des Herman Prigann trat im Jahre 2009 Frau I. als Miterbin des Verstorbenen der VBK unter Abgabe einer Wahrnehmungserklärung bei (Mitgliedschaftsanmeldung, Wahrnehmungsordnung der VBK und Wahrnehmungserklärung: Anlage K35 = Blatt 181-184 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). § 5 der Wahrnehmungsordnung der VBK lautet: „Erfolgt das Erlöschen der Mitgliedschaft durch den Tod des Mitglieds, ist die VBK berechtigt, aber nicht verpflichtet, die eingeräumten Rechte zu den bisherigen Bedingungen zugunsten der Rechtsnachfolger wahrzunehmen. Mehrere Erben (Legatare) müssen ihre Rechte durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten ausüben (siehe § 2 oben). Bis zum Nachweis der Erbfolge und Bestellung eines Bevollmächtigten ist die VBK zu Auszahlungen nicht verpflichtet. Die VBK kann verlangen, dass der Nachweis durch Urkunden des zuständigen Verlassenschaftsgerichts (Einantwortungsurkunde, Amtsbestätigung) geführt wird. Sie kann weiters auch begehren, dass die Bevollmächtigung durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

Die vorbenannten Künstler sind die Schöpfer von Installationen, die auf Bergehalden im Ruhrgebiet errichtet wurden.

Jan Bormann ist der Schöpfer der nachfolgend abgebildeten Installation „Sonnenuhr mit Geokreuz“

„Bilddarstellung wurde entfernt“

sowie der nachfolgend abgebildeten Installation „Spurwerkturm“

„Bilddarstellung wurde entfernt“.

Klaus Noculak ist der Schöpfer der nachfolgend abgebildeten Installation „Nachtzeichen“

„Bilddarstellung wurde entfernt“.

Herman Prigann ist der Schöpfer der nachfolgend abgebildeten Installation „Himmelstreppe“

„Bilddarstellung wurde entfernt“.

Wolfgang Christ ist der Schöpfer der nachfolgend abgebildeten Installation „Tetraeder“

„Bilddarstellung wurde entfernt“.

Otto Piene ist der Schöpfer der nachfolgend abgebildeten Installation „Landmarke Geleucht“

„Bilddarstellung wurde entfernt“.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der „A“. Unter der Bezeichnung „B“ betreibt sie einen Buchverlag und veröffentlicht dort vorwiegend Freizeitführer, Sachbücher, Bildbände und Kalender. Im Jahre 2010 veröffentlichte die Beklagte das von C verfasste Buch „Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“ (Abbildung des Titelblattes und des Impressums: Blatt 34-35 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). Im Jahre 2016 veröffentlichte die Beklagte das ebenfalls von C verfasste Buch „Über alle Berge – Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“ (Abbildung des Titelblattes und des Impressums: Blatt 36-37 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).

Das Buch „Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“ enthält mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen der Installationen „Sonnenuhr mit Geokreuz“, „Nachtzeichen“, „Himmelstreppe“ und „Tetraeder“; das Buch „Über alle Berge – Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“ enthält mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen der Installationen „Landmarke Geleucht“, „Spurwerkturm“, „Sonnenuhr mit Geokreuz“, „Nachtzeichen“, „Himmelstreppe“ und „Tetraeder“ (Abbildungen der jeweils einschlägigen [Doppel-]Seiten aus den beiden genannten Büchern: Blatt 5-14 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte sowie Anlagen K8 bis K17 [= Blatt 38-47 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte]).

In dem Buch „Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“ werden – jeweils in Begleittexten zu den Abbildungen bzw. Beschreibungstexten zu den jeweiligen Bergehalden – auf den Seiten 56 und 57 der Künstler Jan Bormann als Schöpfer der Installation „Sonnenuhr mit Geokreuz“ (siehe Blatt 5, 38 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte), auf der Seite 102 der Künstler Herman Prigann als Schöpfer der Installation „Himmelstreppe“ (siehe Anlage B1 = Blatt 97 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) und auf der Seite 127 der Künstler Wolfgang Christ als Schöpfer der Installation „Tetraeder“ (siehe Blatt 8, 41 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) genannt.

In dem Buch „Über alle Berge – Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“ werden – jeweils in Begleittexten zu den Abbildungen bzw. Beschreibungstexten zu den jeweiligen Bergehalden – auf der Seite 54 der Künstler Jan Bormann als Schöpfer der Installation „Spurwerkturm“ (siehe Anlage B2 = Blatt 120 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte), auf den Seiten 58 und 59 der Künstler Jan Bormann als Schöpfer der Installation „Sonnenuhr mit Geokreuz“ (siehe Blatt 11, 44 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte), auf der Seite 103 der Künstler Herman Prigann als Schöpfer der Installation „Himmelstreppe“ (siehe Blatt 13, 46 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) und auf der Seite 121 der Künstler Wolfgang Christ als Schöpfer der Installation „Tetraeder“ (siehe Anlage B3 = Blatt 123 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) genannt.

Mit Schreiben vom 17.10.2018 (Anlage K36 = Blatt 188 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) übersandte der Künstler Jan Bormann der Klägerin jeweils ein Exemplar der beiden vorbezeichneten Bücher und wies darauf hin, dass darin Drohnenaufnahmen seiner Installationen „Sonnenuhr mit Geokreuz“ und „Spurwerkturm“ enthalten seien. Bormann vertrat in seinem Schreiben die Auffassung, die Veröffentlichung dieser Luftbildaufnahmen verletze seine Rechte als Urheber, und bat die Klägerin, gegen diese Rechtsverletzungen vorzugehen.

Mit E-Mail vom 09.11.2018 (Ausdruck Blatt 51 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) bat die Klägerin die Beklagte um Mitteilung der Auflagenhöhen der beiden hier in Rede stehenden Bücher für eine „Nachlizenzierung“. Die Beklagte reagierte hierauf nicht. Daraufhin bat die Klägerin mit E-Mail vom 01.04.2020 (Ausdruck Blatt 50 [unten] der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) erneut um Mitteilung der Auflagenhöhen. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit E-Mail vom 04.06.2020 (Ausdruck Blatt 49 [unten] bis 50 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) mit, die Veröffentlichung der in den beiden Büchern enthaltenen Abbildungen sei durch die urheberrechtliche „Panoramafreiheit“ gedeckt. Mit E-Mail vom 12.06.2020 (Ausdruck Blatt 49 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) äußerte die Klägerin gegenüber der Beklagten, die Panoramafreiheit gelte nicht für Luftaufnahmen. Mit E-Mail vom 15.06.2020 (Ausdruck Blatt 48 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin die Auflagenhöhen der beiden Bücher mit und erklärte zugleich, sie habe die E-Mail vom 12.06.2020 an ihre Rechtsabteilung zur erneuten Prüfung weitergeleitet. Mit E-Mail vom 16.06.2020 (Anlage K19 = Blatt 52 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) bekräftigte die zentrale Rechtsabteilung der A gegenüber der Klägerin die Rechtsauffassung, die Veröffentlichung der in den beiden Büchern enthaltenen Abbildungen sei durch die urheberrechtliche Panoramafreiheit gedeckt, Nachlizenzierungsforderungen der Klägerin seien unbegründet.

Die Klägerin antwortete hierauf mit E-Mail vom 18.06.2020 (Anlage K20 = Blatt 53 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). Sie bekräftigte ihrerseits ihre Rechtsauffassung, dass Luftbildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit umfasst seien. Als Anhänge zu dieser E-Mail übersandte die Klägerin der Beklagten eine „Honorarrechnung“ über 1.288,00 € netto für die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen in dem Buch „Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“ (Blatt 54-55 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) sowie eine „Honorarrechnung“ über 1.388,00 € netto für die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen in dem Buch „Über alle Berge – Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“ (Blatt 56-57 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). Den beiden Rechnungen lagen die Tariftabelle „Tarife ab 2017“ der Klägerin (Anlage K23 = Blatt 60-63 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) und die „Allgemeinen Konditionen der Rechtevergabe“ der Klägerin (Anlage K24 = Blatt 64-65 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) zugrunde, beide Rechnungen enthielten folgenden Vermerk: „Dies ist die nachträgliche Berechnung der ungenehmigten Reproduktionen von Werken unserer Mitglieder. Außerdem berechnen wir einen 100%igen Zuschlag wegen nicht genehmigter Nutzung und unterlassener Urhebernennung.“

Zwischen dem 16.07.2020 und dem 25.09.2020 kam es zu weiterer E-Mail-Korrespondenz zwischen den Parteien (Anlage K22 = Blatt 58-59 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). Die Beklagte blieb hierbei bei ihrer Auffassung, ihr Vorgehen sei von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt, und lehnte eine Begleichung der beiden Rechnungen vom 18.06.2020 ausdrücklich ab.

Schließlich wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.01.2021 (Anlage K25 = Blatt 66-68 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) an die Beklagte und forderte diese unter Bezugnahme auf die vorherige Korrespondenz zur Unterlassung, zur Anerkennung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.002,41 € (Brutto-Rechtsanwaltsvergütung, berechnet nach einem Gegenstandswert von 50.000,00 €) auf. Mit E-Mail vom 27.01.2021 (Anlage K26 = Blatt 69 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) wies die zentrale Rechtsabteilung der A die Forderungen der Klägerin unter Bezugnahme auf ihre bisherigen Stellungnahmen zurück und führte darüber hinaus (sinngemäß) aus, die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten seien schon allein deshalb nicht erstattungsfähig, weil die Beauftragung eines Rechtsanwaltes durch die Klägerin zur weiteren vorgerichtlichen Rechtsverfolgung angesichts der zwischen den Parteien bereits zuvor geführten E-Mail-Korrespondenz überflüssig gewesen sei.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Leistung von Schadensersatz (hier in Höhe der Summe der Netto-Rechnungsbeträge aus den beiden Rechnungen vom 18.06.2020) und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten weiter. Die Klageschrift vom 11.03.2021 ist der Beklagten am 26.03.2021 zugestellt worden.

Die Klägerin hat gegenüber dem Landgericht ihre vorgerichtliche Argumentation wiederholt und vertieft. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die Beklagte könne sich für ihr Vorgehen nicht auf die urheberrechtliche Panoramafreiheit berufen. Sie, die Klägerin, könne daher gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Leistung von Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten geltend machen. Die in den beiden Rechnungen vom 18.06.2020 für die Veröffentlichung der jeweils in Rede stehenden Luftbildaufnahmen ausgewiesenen Honorarbeträge (Lizenzgebühren) hätten in ihrem, der Klägerin, Tarifwerk für die hier maßgeblichen Auflagenhöhen und Seitengrößen auch bereits vor dem Jahr 2017 gegolten. Der 100%-ige Zuschlag auf die jeweilige Lizenzgebühr sei gerechtfertigt, weil die Beklagte die jeweiligen Urheber der in den beiden Büchern abgebildeten Werke nicht oder zumindest nicht ordnungsgemäß kenntlich gemacht habe. Die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes für die weitere vorgerichtliche Rechtsverfolgung seien von der Beklagten zu erstatten, weil sie, die Klägerin, erstmals mit dem anwaltlichem Schriftsatz vom 20.01.2021 urheberrechtliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht habe, Gegenstand der vorherigen Korrespondenz sei lediglich die Nachentrichtung von Lizenzgebühren gewesen. Der Berechnung der von der Beklagten zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung liege daher auch nur der Wert der geltend gemachten Unterlassungsansprüche zugrunde. In einer vergleichbaren Angelegenheit mit einer vergleichbaren Vorgeschichte habe eine andere Gesellschaft der A nach dem Erhalt der anwaltlichen Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es ab sofort zu unterlassen, Abbildungen der Arbeiten „Sonnenuhr mit Geokreuz“ von Jan Bormann, „Nachtzeichen“ von Klaus Noculak, „Himmelstreppe“ von Herman Prigann, „Tetraeder“ von Wolfgang Christ, „Landmarke Geleucht“ von Otto Piene und/oder „Spurwerkturm“ von Jan Bormann ohne ihre, der Klägerin, Einwilligung zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten bzw. vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:

C, „Über alle Berge. Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“, S. 56/57:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“, S. 92:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“, S. 101:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“, S. 126:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“, S. 5:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“, S. 53:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“, S. 58/59:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“, S. 96:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“, S. 103 (unten):

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

C, „Über alle Berge. Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“, S. 122:

„Bilddarstellung wurde entfernt“;

(Anmerkung des Senats: Die Klägerin hat in ihren Unterlassungsantrag jeweils – mit Ausnahme der streitgegenständlichen Luftbildaufnahme der Installation „Landmarke Geleucht“ – Doppelseiten aus den beiden hier in Rede stehenden Büchern eingeblendet. Soweit diese Doppelseiten mehrere Bildaufnahmen enthalten, ergibt sich die jeweils streitgegenständliche und den Gegenstand des Unterlassungsbegehrens bildende Aufnahme aus den Seitenzahlen [ggf. ergänzt durch den Vermerk „unten“], die in den Überschriften vor der jeweiligen Einblendung angegeben sind.)

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, einen Betrag in Höhe von 2.676,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2021 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, einen weiteren Betrag in Höhe von 2.002,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2021 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ihre Auffassung bekräftigt, die streitgegenständlichen Bildveröffentlichungen seien durch die Panoramafreiheit gedeckt. Sie hat im Übrigen bestritten, dass die Klägerin erst im Jahre 2018 Kenntnis von den streitgegenständlichen Veröffentlichungen erlangt habe, und die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit dem angefochtenen, am 18.11.2021 verkündeten Urteil hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Die Beklagte wiederholt und vertieft namentlich ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Panoramafreiheit und beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Soweit in den Gründen dieses Urteils Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die jeweils dort befindlichen Dokumente verwiesen.

B.

Die – zulässige – Berufung der Beklagten hat, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz richtet, teilweise Erfolg. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

I. Unterlassungsansprüche

Die Berufung ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Unterlassungsausspruch in dem angefochtenen Urteil richtet.

Die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche finden ihre Grundlage in § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG.

1. Die Wahrnehmungsberechtigung der Klägerin stellt die Beklagte in der Berufungsinstanz – zu Recht – nicht mehr in Abrede. Ergänzend zu den diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist lediglich anzumerken, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Wahrnehmungsverträge zu irgendeinem Zeitpunkt nach ihrem Abschluss wieder gekündigt wurden. Welche Personen Erben der zwischenzeitlich verstorbenen Künstler Piene und Prigann geworden sind, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang: Für den vorliegenden Rechtsstreit kommt es allein darauf an, dass die Wahrnehmungsverträge auch nach dem Tod der Künstler weitergeführt werden und damit die Wahrnehmungsberechtigung der Klägerin auch nach dem Ableben der Künstler weiterbesteht. Wer konkret Erbe der Verstorbenen geworden ist, ist allein für die – hier nicht entscheidungserhebliche – Frage von Bedeutung, wer als Erbe gegenüber der Klägerin Ansprüche, namentlich Ansprüche auf Beteiligung an Lizenzeinnahmen, geltend machen kann.

2. Bei den streitgegenständlichen Installationen handelt es sich um Werke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.

3. Durch die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen dieser Werke in den beiden hier in Rede stehenden Büchern hat die Beklagte in das urheberrechtlich geschützte Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht (§§ 16, 17 UrhG) eingegriffen.

4. Dieser Eingriff ist nicht durch die Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG (Panoramafreiheit) gedeckt.

a) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „AIDA Kussmund“ (BGH, Urteil vom 27.04.2017 – I ZR 247/15 –, juris, Rdnrn. 15 ff.) zur Panoramafreiheit Folgendes ausgeführt:

„(…)

a) Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

aa) Die Regelung beruht auf der Erwägung, die Aufstellung eines Kunstwerkes an öffentlichen Orten bringe zum Ausdruck, dass damit das Werk der Allgemeinheit gewidmet werde; aus dieser Zweckbestimmung rechtfertige sich eine Beschränkung des Urheberrechts in der Weise, dass jedermann das Werk abbilden und die Abbildungen verwerten dürfe (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes, BT-Drs. IV/270, S. 76 zu § 60 UrhG aF; BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 – I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 – Verhüllter Reichstag; BGH, GRUR 2003, 1035, 1037 – Hundertwasser-Haus). Die Bestimmung gestattet daher nicht nur das Fotografieren eines Werkes, das sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet, sondern erlaubt darüber hinaus die – auch gewerbliche – Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe der Fotografie (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1989 – I ZR 54/87, GRUR 1990, 390, 391 – Friesenhaus; LG Mannheim, GRUR 1997, 364, 365 f.; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 59 Rn. 1; Czychowski in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 59 UrhG Rn. 10; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 59 UrhG Rn. 12). Dabei schließt die Befugnis zur öffentlichen Wiedergabe die Befugnis zur öffentlichen Zugänglichmachung ein (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UrhG; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 59 UrhG Rn. 28).

bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG – wie bei der Auslegung jeder urheberrechtlichen Schrankenbestimmung – zu berücksichtigen ist, dass der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist und die dem Urheber zustehenden Ausschließlichkeitsrechte daher nicht übermäßig beschränkt werden dürfen. Diesem Grundsatz wird im Allgemeinen mit einer engen Auslegung der Schrankenregelungen Rechnung getragen. Auf der anderen Seite muss die Auslegung das vom Gesetz mit der Schrankenbestimmung verfolgte Ziel beachten. Daher sind neben den Interessen des Urhebers die durch die Schrankenbestimmung geschützten Interessen zu berücksichtigen und ihrem Gewicht entsprechend für die Auslegung der gesetzlichen Regelung heranzuziehen. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass eine enge, am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung einer großzügigeren, dem Gewicht der durch die Schrankenbestimmung geschützten Interessen genügenden Interpretation weichen muss (BGHZ 150, 6, 8 f. – Verhüllter Reichstag; BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 – I ZR 255/00, BGHZ 151, 300, 310 – Elektronischer Pressespiegel; BGH, GRUR 2003, 1035, 1037 – Hundertwasser-Haus; BGH, Urteil vom 20. März 2003 – I ZR 117/00, BGHZ 154, 260, 265 – Gies-Adler). Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht nicht angenommen, eine großzügigere Auslegung sei allein schon mit Rücksicht auf das mit der Schrankenbestimmung verfolgte Ziel und die von der Schrankenregelung geschützten Interessen möglich. Das Berufungsgericht ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass eine großzügigere Auslegung nur in Betracht kommt, wenn im konkreten Fall dem von der Schrankenregelung geschützten Interesse ein gesteigertes Gewicht zukommt (vgl. BGHZ 150, 5, 8 – Verhüllter Reichstag; 154, 260, 265 – Gies-Adler).

cc) Bei der Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist ferner zu beachten, dass diese Regelung der Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dient. Danach können die Mitgliedstaaten für die Nutzung von Werken wie Werken der Baukunst oder Plastiken, die dazu angefertigt wurden, sich bleibend an öffentlichen Orten zu befinden, Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich deren öffentlichen Zugänglichmachung vorsehen. Die Bestimmung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG genügt grundsätzlich den Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG (vgl. Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 59 UrhG Rn. 12; Chirco, Die Panoramafreiheit, 2013, S. 107 ff.). Sie ist – soweit im Einzelfall erforderlich – richtlinienkonform auszulegen.

(…)

(1) Ein Werk befindet sich „an“ öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden kann (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 59 Rn. 4; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 59 UrhG Rn. 7). Unerheblich ist, ob das Werk selbst für die Öffentlichkeit zugänglich ist (vgl. Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 59 UrhG Rn. 18 mwN). Das ergibt sich aus dem Zweck der Regelung, es dem Publikum zu ermöglichen, das, was es von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus mit eigenen Augen sehen kann, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder im Film zu betrachten (vgl. BGH, GRUR 2003, 1035, 1037 – Hundertwasser-Haus, mwN). Entgegen der Ansicht der Revision erfasst die Schrankenregelung – erst recht – Werke, die sich nicht nur an, sondern sogar auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, soweit sie dort – wie regelmäßig – vom Publikum wahrgenommen werden können (vgl. Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 59 UrhG Rn. 5; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 59 UrhG Rn. 3).

(2) Wege, Straßen oder Plätze sind im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG „öffentlich“, wenn sie für jedermann frei zugänglich sind, unabhängig davon, ob sie in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 59 Rn. 3; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 59 UrhG Rn. 16; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 59 UrhG Rn. 6).

(3) Die Nennung von „Wegen, Straßen oder Plätzen“ in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist lediglich beispielhaft und nicht abschließend. Die Bestimmung erfasst jedenfalls alle Orte, die sich – wie Wege, Straßen oder Plätze – unter freiem Himmel befinden (vgl. v. Gamm, UrhG, 1968, § 59 Rn. 2; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 59 UrhG Rn. 6).

Bereits der Zweck der Vorschrift, das Urheberrecht an Werken, die durch ihre Aufstellung an öffentlichen Orten der Allgemeinheit gewidmet worden sind, in der Weise zu beschränken, dass jedermann diese Werke abbilden und die Abbildungen verwerten darf (vgl. …), legt es nahe, die Vorschrift auf Werke anzuwenden, die sich bleibend an anderen öffentlichen Orten als Wegen, Straßen oder Plätzen befinden.

Ein entsprechendes Verständnis ist jedenfalls bei richtlinienkonformer Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geboten (vgl. …). Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG erfasst (sämtliche) Werke, die dazu angefertigt wurden, sich bleibend an öffentlichen Orten zu befinden. Den Mitgliedstaaten steht es nach Art. 5 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG zwar frei, ob sie in den dort genannten Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe oder das Verbreitungsrecht vorsehen. Sie müssen aber, wenn sie eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf diese Verwertungsrechte einführen, deren Voraussetzungen vollständig umsetzen, da eine inkohärente Umsetzung dem Harmonisierungsziel der Richtlinie zuwiderliefe (vgl. Erwägungsgrund 32 Satz 4 der Richtlinie; EuGH, Urteil vom 3. September 2014 – C-201/13, GRUR 2014, 972 Rn. 16 = WRP 2014, 1181 – Deckmyn und Vrijheidsfonds/Vandersteen u.a., mwN).

(4) Ein Werk befindet sich auch dann im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es den Ort wechselt und es sich bei den verschiedenen Orten, an oder auf denen sich das Werk befindet, um öffentliche Orte handelt.

Bereits nach seinem Wortlaut setzt § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht voraus, dass sich das Werk bleibend an einem bestimmten Ort befindet, es also ortsfest ist; vielmehr erfasst der Wortlaut auch Fallgestaltungen, bei denen sich das Werk nacheinander an verschiedenen öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet. So verhält es sich, wenn das Werk sich von einem Ort zu einem anderen fortbewegt, etwa weil es sich dabei um ein urheberrechtlich geschütztes Fahrzeug (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2002 – I ZR 98/00, BGHZ 151, 15, 20 f. – Stadtbahnfahrzeug) oder um ein Werk der bildenden oder angewandten Kunst handelt, das an einem Fahrzeug – wie hier an einem Seeschiff – angebracht ist.

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es das durch § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Interesse der Allgemeinheit an der Freiheit des Straßenbildes erfordert, die Vorschrift auf Werke an Fahrzeugen anzuwenden, die bestimmungsgemäß im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts werden Straßenbahnen, Omnibusse oder auch Lastkraftwagen zunehmend als Werbeträger eingesetzt und sind die an solchen Fahrzeugen angebrachten Gestaltungen jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt. Das Fotografieren und Filmen im öffentlichen Raum würde erheblich eingeschränkt, wenn die Aufnahme solcher Fahrzeuge urheberrechtliche Ansprüche auslösen könnte. Andererseits muss ein Künstler, der Werke für einen solchen Verwendungszweck schafft, damit rechnen, dass diese an öffentlichen Orten wahrgenommen werden. Eine Abwägung der betroffenen Interessen führt zu dem Ergebnis, dass der Berechtigte es in solchen Fällen grundsätzlich hinnehmen muss, dass das Werk an den öffentlichen Orten ohne seine Einwilligung fotografiert oder gefilmt wird (vgl. Lüft in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 59 UrhG Rn. 5; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 59 UrhG Rn. 23; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO 59 UrhG Rn. 4; Ernst, ZUM 1998, 475, 480; vgl. auch Chirco aaO S. 175; Uhlenhut, Panoramafreiheit und Eigentumsrecht, 2015, S. 92 f.; aA Gass in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 2. Aufl., § 59 UrhG Rn. 17; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 59 UrhG Rn. 8; v. Gierke, Festschrift Erdmann, 2002, S. 103, 109).

(5) Nach diesen Maßstäben befindet sich der durch das Lichtbild vervielfältigte „AIDA Kussmund“ im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG „an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“. Der „Kussmund“ ist am Bug und an den Bordwänden eines Kreuzfahrtschiffs aufgemalt, das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestimmungsgemäß auf der Hohen See, im Küstenmeer, auf Seewasserstraßen und in Seehäfen eingesetzt wird. Diese Gewässer sind grundsätzlich allgemein zugänglich und dürfen etwa von jedermann mit Wasserfahrzeugen befahren werden (für Seewasserstraßen vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Satz 1 WaStrG). Das Kreuzfahrtschiff der Klägerin befindet sich danach an öffentlichen Orten, soweit es von diesen Gewässern aus wahrgenommen werden kann. Es befindet sich darüber hinaus insoweit an öffentlichen Orten, als es vom allgemein zugänglichen Festland aus zu sehen ist.

(…)

dd) Das ins Internet eingestellte Lichtbild zeigt den „AIDA Kussmund“ so, wie er von einem öffentlichen Ort aus wahrgenommen werden kann.

(1) Durch § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind nur Aufnahmen und Darstellungen eines geschützten Werkes privilegiert, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus gemacht worden sind, an denen sich das fragliche Werk befindet, und die den Blick von dem öffentlichen Ort aus wiedergeben, wie er sich dem allgemeinen Publikum bietet. Die Schrankenbestimmung soll es dem Publikum ermöglichen, das, was es von der Straße aus mit eigenen Augen sehen kann, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder im Film zu betrachten. Von diesem Zweck der gesetzlichen Regelung ist es nicht mehr gedeckt, wenn – etwa mit dem Mittel der Fotografie – der Blick von einem für das allgemeine Publikum unzugänglichen Ort aus fixiert werden soll. Ist beispielsweise ein Bauwerk für die Allgemeinheit lediglich aus einer bestimmten Perspektive zu sehen, besteht nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung keine Notwendigkeit, eine Darstellung oder Aufnahme vom urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrecht auszunehmen, die eine ganz andere Perspektive wählt (BGH, GRUR 2003, 1035, 1037 – Hundertwasser-Haus, mwN). Desgleichen sind vom Zweck der Regelung keine Aufnahmen des Werkes umfasst, die unter Verwendung besonderer Hilfsmittel (wie einer Leiter) oder nach Beseitigung blickschützender Vorrichtungen (wie einer Hecke) angefertigt worden sind. Solche Ansichten des Werkes sind nicht Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßenbildes (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 59 Rn. 4; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 59 UrhG Rn. 17; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 59 UrhG Rn. 5; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 59 UrhG Rn. 7).

(…)“

b) Die streitgegenständlichen Kunstwerke befinden sich „an“ öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, weil entweder die Bergehalden, auf denen die Kunstwerke errichtet wurden, selbst öffentlich zugänglich sind oder die Kunstwerke von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus, die sich in der Umgebung der Bergehalden befinden, wahrgenommen werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kunstwerke aus jedweder Perspektive abgelichtet werden dürfen. Von der Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG umfasst sind nach den oben wiedergegebenen Ausführungen des Bundesgerichtshofs, denen sich der erkennende Senat vollumfänglich anschließt, nur diejenigen Perspektiven, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen.

Die hier streitgegenständlichen Aufnahmen sind unstreitig mittels einer Drohne aus dem Luftraum heraus aufgenommen worden. Die Perspektive aus dem Luftraum heraus ist indes keine Perspektive „von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ (ebenso Dreier in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. [2022], § 59 Rdnr. 4; Grübler in: BeckOK Urheberrecht, 37. Edition, § 59 Rdnr. 6; Fischer, MMR 2021, 267, 268). Auch wenn der Begriff der „öffentlichen Wege, Straßen oder Plätze“ lediglich beispielhaft und nicht abschließend ist, lässt sich der Luftraum auch bei wohlwollender Auslegung nicht in diese Aufzählung einreihen, auch wenn die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge nach § 1 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) vorbehaltlich besonderer Rechtsvorschriften grundsätzlich frei ist. Die Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG betrifft von vornherein nur diejenigen Perspektiven, die sich den Augen eines Menschen von allgemein zugänglichen Orten aus bieten. Erfasst sind hierbei bei sinnvoller und auch die berechtigten Interessen der Urheber und Nutzungsberechtigten im Blick behaltender Auslegung der hier in Rede stehenden Schrankenregelung allein Orte und Einrichtungen, die einen Teil der Erdoberfläche bilden oder mit der Erdoberfläche zumindest dauerhaft und fest verbunden sind; hierzu mögen neben öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen auch öffentlich zugängliche Wasserflächen oder öffentlich zugängliche Aussichtstürme oder Aussichtsplattformen gehören, nicht hingegen der Luftraum, den der Mensch allein mit seinen naturgegebenen Fortbewegungsmöglichkeiten „Laufen“, „Klettern“ und gegebenenfalls noch „Schwimmen“ grundsätzlich nicht erreichen kann und in dem er sich ausschließlich mittels besonderer Hilfs- und Fortbewegungsmittel (z.B. als Passagier eines Flugzeugs oder eines Ballons oder mit einem Fallschirm) aufzuhalten und zu bewegen vermag. Dementsprechend ist es für die im vorliegenden Rechtsstreit zu treffende Entscheidung von vornherein ohne Belang, dass die streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen – möglicherweise – auch von einem Menschen selbst aus einem Luftfahrzeug (z.B. einem Ballon oder einem Ultraleichtflugzeug) heraus hätten erstellt werden können.

Die hier vertretene Auffassung steht auch im Einklang mit den oben wiedergegebenen Ausführungen des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung „AIDA Kussmund“: Dort hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich Bilder, die mittels einer Leiter – also im Ergebnis aus dem Luftraum heraus – aufgenommen werden, als nicht von der Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG umfasst angesehen; dies muss dann auch erst recht für Bildaufnahmen, die mittels einer Drohne aus dem Luftraum heraus angefertigt werden, gelten.

Das Unionsrecht gebietet keine andere Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG (a.A. LG Frankfurt, Urteil vom 25.11.2020 – 2-06 O 136/20 –, juris). Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 lit. h) der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft führt für die hier zu beantwortende Frage letztlich zu keinem Erkenntnisgewinn (so auch Fischer, MMR 2021, 267, 268). Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG gebietet vielmehr zur Wahrung der berechtigten Interessen des Rechteinhabers eine eher behutsame Auslegung der Schrankenregelungen in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie (vgl. Hansen, IPRB 2021, 58, 59).

c) Dass die hier streitgegenständlichen Aufnahmen mit den darin dargestellten Ansichten und Perspektiven der abgebildeten Kunstwerke – hypothetisch – auch von „öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ in dem vorstehend dargestellten Sinne aus hätten angefertigt werden können, hat die insofern darlegungsbelastete Beklagte, worauf auch bereits das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hingewiesen hat, nicht substantiiert dargelegt. Die Beklagte hat keine konkreten Orte benannt, von denen aus ansichts- und perspektivgleiche Aufnahmen der streitgegenständlichen Kunstwerke (und sei es mittels eines Teleobjektivs) hätten angefertigt werden können.

5. Gesichtspunkte, die geeignet wären, die aufgrund des begangenen Urheberrechtsverstoßes tatsächlich zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, sind nicht ersichtlich.

6. Die Unterlassungsansprüche sind schließlich auch nicht verjährt. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils. Das Landgericht hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte keine Anhaltspunkte vorgetragen hat, die dafür sprechen könnten, dass die Klägerin bereits vor dem Erhalt des Schreiben des Künstlers Jan Bormann vom 17.10.2018 Kenntnis von den beiden hier in Rede stehenden Büchern hatte oder hätte haben müssen.

II. Schadensersatz

Die Berufung der Beklagten ist hingegen – teilweise – begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz (hier in Höhe der Summe der Netto-Rechnungsbeträge aus den beiden Rechnungen vom 18.06.2020) richtet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.824,00 € zu.

1. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht dem Grunde nach das Bestehen eines Schadensersatzanspruches gegen die Beklagte nach § 97 Abs. 2 Sätze 1 und 3 UrhG, gerichtet auf den Ersatz des Lizenzschadens, bejaht. Konkrete Angriffe hiergegen lassen sich dem Berufungsvorbringen der Beklagten nicht entnehmen.

2. Ein Schadensersatzanspruch besteht hingegen – anders als vom Landgericht angenommen – nur in Höhe eines Betrages von 1.824,00 €.

a) Konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der im Tarifwerk der Klägerin aufgeführten Lizenzentgeltbeträge erhebt die Beklagte nicht. Die Beklagte hat auch die Behauptung der Klägerin, die Entgeltbeträge aus der von ihr, der Klägerin, vorgelegten Tariftabelle „Tarife ab 2017“ hätten für die hier maßgeblichen Auflagenhöhen und Seitengrößen auch schon vor dem Jahr 2017 gegolten, nicht mehr konkret bestritten.

b) Die Klägerin ist indes nicht befugt, auf die Entgeltbeträge aus ihrer Tariftabelle – wie in den beiden Rechnungen vom 18.06.2020 jedoch geschehen – in jedem Einzelfall einen Zuschlag von 100% zu erheben. Die Klägerin verlangt diesen Zuschlag ausweislich ihres Klagevorbringens nicht (mehr) als eine Art „allgemeinen Verletzerzuschlag“ (anders klingt es noch im Text der beiden Rechnungen an), sondern (nur noch) als Ausgleich für die fehlende oder aus ihrer Sicht nicht ordnungsgemäße Benennung der Urheber der auf den streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen abgebildeten Kunstwerke. Ein derartiger Zuschlag ist bei fehlender oder nicht zureichender Urheberbenennung grundsätzlich gerechtfertigt (vgl. v. Wolff/Bullinger in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. [2022], § 97 Rdnr. 84 m.w.N.).

aa) In den beiden hier in Rede stehenden Büchern finden sich indes in mehreren Fällen Benennungen der Urheber der abgebildeten Kunstwerke:

(1) In dem Buch „Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“ werden – jeweils in Begleittexten zu den Abbildungen bzw. Beschreibungstexten zu den jeweiligen Bergehalden – auf den Seiten 56 und 57 der Künstler Jan Bormann als Schöpfer der Installation „Sonnenuhr mit Geokreuz“ (siehe Blatt 5, 38 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte), auf der Seite 102 der Künstler Herman Prigann als Schöpfer der Installation „Himmelstreppe“ (siehe Anlage B1 = Blatt 97 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) und auf der Seite 127 der Künstler Wolfgang Christ als Schöpfer der Installation „Tetraeder“ (siehe Blatt 8, 41 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) genannt.

(2) In dem Buch „Über alle Berge – Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“ werden – jeweils in Begleittexten zu den Abbildungen bzw. Beschreibungstexten zu den jeweiligen Bergehalden – auf der Seite 54 der Künstler Jan Bormann als Schöpfer der Installation „Spurwerkturm“ (siehe Anlage B2 = Blatt 120 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte), auf den Seiten 58 und 59 der Künstler Jan Bormann als Schöpfer der Installation „Sonnenuhr mit Geokreuz“ (siehe Blatt 11, 44 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte), auf der Seite 103 der Künstler Herman Prigann als Schöpfer der Installation „Himmelstreppe“ (siehe Blatt 13, 46 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) und auf der Seite 121 der Künstler Wolfgang Christ als Schöpfer der Installation „Tetraeder“ (siehe Anlage B3 = Blatt 123 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte) genannt.

bb) Diese Benennungen genügen den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Urhebervermerk. Die Texte, in denen die Schöpfer der Kunstwerke bezeichnet werden, stehen in jedem Einzelfall in einem unmittelbaren räumlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Abbildungen; es handelt sich überdies stets um relativ kurze und schnell zu erfassende Texte, die dem Betrachter ohne Weiteres eine Identifizierung des jeweiligen Künstlers ermöglichen. In den oben unter aa) genannten Fällen ist mithin die Erhebung eines Zuschlages wegen einer nicht oder nicht ordnungsgemäßen Urheberbenennung nicht gerechtfertigt.

c) Auf dieser Grundlage ergeben sich folgende Ersatzansprüche:

betreffend das Buch „Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet“:

„Sonnenuhr mit Geokreuz“ (Jan Bormann): 109,00 €

„Nachtzeichen“ (Klaus Noculak): 213,00 €

+ Zuschlag für fehlende Urheberbenennung: 213,00 €

„Himmelstreppe“ (Herman Prigann): 213,00 €

„Tetraeder“ (Wolfgang Christ): 109,00 €

Summe: 857,00 €

betreffend das Buch „Über alle Berge – Haldenführer Ruhrgebiet 2.0“:

„Sonnenuhr mit Geokreuz“ (Jan Bormann): 92,00 €

„Nachtzeichen“ (Klaus Noculak): 181,00 €

+ Zuschlag für fehlende Urheberbenennung: 181,00 €

„Himmelstreppe“ (Herman Prigann): 145,00 €

„Tetraeder“ (Wolfgang Christ): 92,00 €

„Landmarke Geleucht“ (Otto Piene): 92,00 €

+ Zuschlag für fehlende Urheberbenennung: 92,00 €

„Spurwerkturm“ (Jan Bormann): 92,00 €

Summe: 967,00 €

3. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.

III. Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten

Die Berufung ist unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten (Rechtsanwaltsvergütung) wendet.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch findet seine Grundlage in § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG.

Die anwaltliche Abmahnung, die in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 97a Abs. 2 Satz 1 UrhG genügt, war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Die Argumentation der Beklagten, angesichts der vorangegangenen E-Mail-Korrespondenz sei die anwaltliche Abmahnung nicht erforderlich gewesen, vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen. Der Gesetzgeber hat in § 97a Abs. 1 UrhG bestimmt, dass der Ausspruch einer Abmahnung vor der gerichtlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches der Regelfall sein soll. Das Absehen von einer vorgerichtlichen Abmahnung ist dementsprechend auf besonders gelagerte Ausnahmefälle zu beschränken. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Klägerin hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass Gegenstand der Korrespondenz zwischen den Parteien vor der anwaltlichen Abmahnung lediglich die Nachlizenzierung der streitgegenständlichen Bildveröffentlichungen, also die Entrichtung von Lizenzgebühren und der (konkludente) Abschluss einer Lizenzvereinbarung, war. Erstmals mit der anwaltlichen Abmahnung hat die Klägerin zusätzlich auch urheberrechtliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Die Möglichkeit, dass die Beklagte angesichts des durch die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen deutlich erhöhten Gegenstandswertes der Auseinandersetzung und des mit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes verbundenen Näherrückens einer gerichtlichen Auseinandersetzung nach dem Erhalt der anwaltlichen Abmahnung ihre zuvor eingenommene Position überdenken und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben würde, war zum Zeitpunkt des Ausspruches der anwaltlichen Abmahnung auch keineswegs völlig fernliegend.

Der der Berechnung der Rechtsanwaltsvergütung zugrundegelegte Gegenstandswert ist angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der hier zu entscheidenden Rechtsfrage, der Bekanntheit der streitgegenständlichen Kunstwerke und der durchaus bestehenden hohen Nachahmungsgefahr angemessen.

Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 ZPO.

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