Energieverbrauch muss bei Internetwerbung von PKWs gekennzeichnet sein

22. November 2021
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
629 mal gelesen
0 Shares
Energiekennzeichnung Auto Urteil des LG München vom 11.11.2021, Az.: 17 HK O 1346/21

Das Landgericht München entscheidet in einem aktuellen Urteil, dass ein Nichtaufführen von Kraftstoffverbrauch und CO²-Bilanz bei Internetwerbung für den Autoverleih ein Verstoß gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung für Pkw (Pkw-EnVKV) darstellt. Geklagt hat der Umwelt- und Verbraucherschutzband gegen einen Websitebetreiber, der auf seiner Internetseite Autos zum Mieten anbietet. Die Widerklage und der Einspruch der Beklagten, sie würde die Autos lediglich vermieten und nicht leasen, wurden abgewiesen. Die Kraftstoffverbrauchsangaben in Werbeanzeigen dienen dazu, dem Verbraucher einen Vergleich zwischen dem Energieverbrauch unterschiedlicher Fahrzeugtypen zu bieten.

Landgericht München

Endurteil des Landgericht München vom 11.11.2021

Az.: 17 HK O 1346/21

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an den jeweils verantwortlichen Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet für neue Personenkraftwagenmodelle zu werben, ohne sicherzustellen, dass dem Empfänger des Werbematerials die Anzeigen über den Kraftstoffverbrauch und die CO₂-Emissionen dieser Fahrzeugmodelle automatisch in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen, in dem auf der Internetseite erstmalig Angaben zur Motorisierung gemacht werden,
wie geschehen in der Anlage K1 zur Klageschrift für den
CUPRA Ateca Plus Neu, 221 kW (300 PS), Standort München-Haar, ab mtl. € 898;
Ford C-Max Basic Neu, 92 KW (125 PS), Standort Gelsenkirchen, ab mtl. € 439;
Ford Kuga Basic Neu, 110 KW (150 PS), Standort Gelsenkirchen, ab mtl. € 519
und VW Passat Variant Plus Neu, 110 KW (150 PS), Standort Cloppenburg, ab mtl. € 743.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 223,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.04.2021 zu zahlen.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung
– in Ziffer 1 in Höhe von 30.000 € und
– in Ziffern 2 und 4 in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
6. Der Streitwert wird auf 30.984,60 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte in ihrer Internetwerbung auf ihrer Webseite gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung für Pkw (Pkw-EnVKV) verstößt.
Der Kläger ist ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Nach seiner Satzung bezweckt er unter anderem, die aufklärende Verbraucherberatung sowie den Umweltschutz in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern. Er war mit Wirkung zum 11. Oktober 2004 in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) eingetragen. Die Beklagte bot über ihre Webseite xyz.de Personenkraftwagen wie folgt an (Anlage K1 – teilweise eingeblendet).
[Abbildung]
Mit Schreiben des Klägers vom 17. August 2020 mahnte er die Beklagte wegen des geltend gemachten Verstoßes ab (Anlage K2). Die Beklagte reagierte hierauf mit Schreiben vom 24. August 2020 (Anlage K3) und wies die geltend gemachten Ansprüche zurück.
Der Kläger meint, die Beklagte habe mit ihrer Werbung gegen § 5 Pkw-EnVKV verstoßen.
Der Kläger stellt den Antrag wie tenoriert.
Die Beklagte beantragt, die Klage wird abgewiesen und auf Widerklage wird der Kläger und Widerbeklagte verurteilt, an die Widerklägerin 984,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu bezahlen.
Der Kläger beantragt zudem, die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Er handele rechtsmissbräuchlich. Außerdem verstoße sie nicht gegen § 5 Pkw-EnVKV. Die Beklagte vermiete lediglich Kraftfahrzeuge und biete sie nicht zum Leasing an. Die Verordnung sei nicht auslegbar. Jedenfalls sei „Leasing“ nur das, was der Verordnungsgeber zur Zeit des Erlasses der Verordnung hierunter fassen wollte.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die zulässige Widerklage ist unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist klagebefugt und das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Ein Rechtsmissbrauch ist mit der Klage nicht verbunden.
I. Der Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG sowie der Zahlungsanspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG (a. F.) steht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG qualifizierten Einrichtungen zu, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen sind. Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG regelt nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis, die als Sachurteilsvoraussetzung bestehen muss. Die Kammer stellt fest, dass der Kläger in der aktuellen Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist.
II. Der von der Beklagten geltend gemachte Rechtsmissbrauch ist nicht gegeben.
1. Sofern die Beklagte geltend macht, der Kläger verhalte sich widersprüchlich, weil er die Messmethoden und Verbrauchsangaben der Fahrzeughersteller einerseits als untauglich anprangere, diese Angaben andererseits jedoch zu seinem wirtschaftlichen Vorteil durch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen einfordere, begründet dies keinen Rechtsmissbrauch.
Das Rechtsschutzbedürfnis hat die Aufgabe zu verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten auf ihre Begründetheit geprüft werden, obwohl es eines Rechtsschutzes ersichtlich nicht bedarf. Das Rechtsschutzbedürfnis liegt bei einer Klage in der Regel vor. Es ergibt sich grundsätzlich daraus, dass der Beklagte den behaupteten materiell-rechtlichen Anspruch nicht erfüllt hat. Das Rechtsschutzbedürfnis darf nur im Ausnahmefall verneint werden. Der Rechtssuchende hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die (staatlichen) Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden. Von einem Rechtsmissbrauch kann nur in engen Ausnahmefällen auszugehen sein, wenn das beherrschende Motiv des Anspruchstellers insbesondere sachfremde Ziele sind. Die Feststellung des Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls (vgl. Zigann/Werner in: Cepl/Voß, Prozesskommentar zum gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage 2018, § 253 Rn. 30 ff.).
Nach diesen Maßstäben liegt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers vor. Das Ansinnen des Klägers ist nicht widersprüchlich. Die Kraftstoffverbrauchsangaben in der Werbung dienen dazu, dem Verbraucher einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Fahrzeugmodellen zu ermöglichen. Dies setzt eine einheitliche Vergleichsbasis voraus. Aus dieser kann der Verbraucher dann entnehmen, welches Modell im Verbrauch günstiger ist. Selbst wenn die realen Kraftstoffverbräuche tatsächlich höher sein sollten, als sie nach dem NEFZ- oder WLTP-Prüfzyklus angegeben sind, ist ein sachlicher Vergleich der jeweiligen Verbräuche der Fahrzeuge für den Verbraucher immer noch möglich und es ist nicht widersprüchlich, trotz der berechtigten Kritik an den Prüfzyklen, diese Angaben zu fordern.
2. Sofern die Beklagte weiterhin rügt, die Abmahntätigkeit des Klägers diene der Finanzierung seiner wirtschaftlichen Interessen, da er die Hälfte seiner Einnahmen aus „ökologischer Marktüberwachung“ erziele, lässt dies das Rechtsschutzbedürfnis gleichfalls nicht entfallen. Denn bei der erforderlichen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ist zu berücksichtigen, dass der Kläger – nach unwidersprochenem Vortrag – seine Einnahmen hieraus vollständig wieder für verbraucherschützende Maßnahmen ausgibt.
3. Überdies besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Vorgehen des Klägers kein Rechtsmissbrauch (vgl. BGH GRUR 2019, 966 Rn. 30 ff. – Umwelthilfe).
8. Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
I. Der Kläger ist nach Überzeugung der Kammer – wie oben dargelegt – aktivlegitimiert und die Parteien streiten zu Recht nicht darüber, ob die angegriffenen Handlungen der Beklagten geschäftliche Handlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG sind.
II. Die Beklagte handelte unlauter, weil sie gegen die Marktverhaltensnorm des § 5 PkwEnVKV verstieß. Diese Regelung betrifft eine Marktverhaltensnorm gemäß § 3a UWG. Deren Zuwiderhandlung ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
1. Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, sofern der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
2. Die Beklagte handelte § 5 Pkw-EnVKV zuwider. Sie verbreitete im Internet Werbematerial für neue Modelle von Pkw, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO₂-Emissionen automatisch in dem Augenblick zu machen, in dem erstmalig auf ihrer Webseite Angaben zur Motorisierung angezeigt wurden.
a) Die Beklagte verbreitete gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV Werbematerial.
Da die angegriffenen Angaben auf der Webseite der Beklagten standen und gemäß § 2 Nr. 10 Pkw-EnVKV die „Verbreitung in elektronischer Form“ die Verbreitung von Informationen ist, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung und Speicherung (einschließlich digitaler Kompression) von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen und vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischen Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen werden, sind die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Verbreitung in elektronischer Form erfüllt.
b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der sachliche und persönliche Anwendungsbereich der Pkw-EnVKV (gleichfalls) für sie eröffnet. Nach Überzeugung der Kammer war die Beklagte „Händler“ im Sinne von § 2 Nr. 3 Pkw-EnVKV, weil sämtliche Voraussetzungen, die hiernach an einen Händler zu stellen sind, von der Beklagten erfüllt wurden. Denn „Händler“ ist nach § 2 Nr. 3 Pkw-EnVKV jeder, der in Deutschland neue Personenkraftwagen ausstellt oder zum Kauf oder Leasing anbietet.
aa) Die Beklagte bot in Deutschland neue Personenkraftwagen zum Leasing an.
(A) Die Fahrzeuge, die die Beklagte ihren Kunden gemäß dem streitgegenständlichen Angebot offerierte, waren (jedenfalls zum Teil) neue Personenkraftwagen, § 2 Nr. 1 PkwEnVKV. Hiernach sind „neue Personenkraftwagen“ solche, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, weil die Beklagte (zumindest auch) Neuwagen vom (jeweiligen) Hersteller gekauft hat und diese ihren Kunden im Wege der „Vermietung“ anbietet. Die Beklagte hat diese Fahrzeuge damit mit dem Ziel einer Auslieferung im Rahmen ihres Dienstleistungsangebots an ihre Kunden gekauft. Diese Fahrzeuge sind im Sinne von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV neue Personenkraftwagen (und keine gebrauchten).
Sofern die Beklagte einwendet, es seien keine neuen Pkw, weil sämtliche Fahrzeuge ihrer Flotte auf sie zugelassen seien, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn auf die straßenverkehrsrechtliche Zulassung kommt es bei § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV nicht an. Die Zulassung dient dem Betrieb des Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen und steht im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit, der Kraftfahrzeugsteuer und der Notwendigkeit, den Halter oder Fahrer feststellen zu können. Hierauf kommt es aber weder nach dem Wortsinn von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV, noch nach der Systematik an.
(B) Die Beklagte bot die Fahrzeuge zum Leasing im Sinne der Pkw-EnVKV an.
(AA) Was die Pkw-EnVKV unter „Leasing“ versteht, wird nicht ausdrücklich geregelt. In der Verordnung findet sich keine Definition des Begriffs „Leasing“. Zudem handelt es sich beim Leasing allgemein nicht um einen feststehenden Begriff. Insbesondere wird das Leasing nicht als Vertragstyp im BGB geregelt.
Allgemein versteht man unter Leasing die Überlassung eines Gegenstands durch den Eigentümer (Leasinggeber) an einen anderen (Leasingnehmer), um letzterem die Nutzung des Gegenstands zu ermöglichen, wobei das Eigentum beim Leasinggeber bleibt und der Leasingnehmer lediglich für die Nutzung zahlt (vgl. Bachmeier, Rechtshandbuch Autokauf, 2. Auflage 2013, Kapitel 3 Rn. 1466). Dieser allgemeine Begriff des Leasings wird weitgehend vom Steuerrecht geprägt, weil die Eigentumsverhältnisse für die Zuordnung zum Leasinggeber für das Leasinggeschäft zwingend eingehalten werden müssen. Anderenfalls könnte die finanzielle Grundlage nicht gesichert werden (vgl. Bachmeier, aaO).
(BB) Nach diesen Maßstäben bot die Beklagte ein „Leasing“ im Sinne der Pkw-EnVKV an, weil ihren Kunden ein Gegenstand zur Nutzung überlassen wurde, wobei das Eigentum bei ihr verblieb und ihre Kunden lediglich für die Nutzung des Gegenstands, aber nicht für den Erwerb des Eigentums zahlten.
(CC) Dieser Einordnung als Leasing im Sinne der Pkw-EnVKV steht die von der Beklagten vorgenommene Einordnung ihrer Dienstleistung als Vermietung nicht entgegen. Anders als die Beklagte meint, ist die Verordnung auslegbar und eine Auslegung keine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung, sondern erforderlich, um den Wortsinn von „Leasing“ im Sinn der Verordnung zu erfassen. Jedenfalls kann die Beklagte nicht mit dem Argument durchdringen, wäre es Wunsch des Verordnungsgebers gewesen, das, erst Jahre später etablierte, Auto-Abo oder die Vermietung vom Anwendungsbereich der Verordnung zu erfassen, dass er dies ausdrücklich klargestellt und entsprechend normiert hätte.
Die Beklagte hat zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen eine abstrakte Gegenüberstellung von Verträgen gewählt und dem in § 2 Nr. 3 Pkw-EnVKV genannten Leasing eine Vermietung als anderen Vertrag gegenübergestellt. Dies ist jedenfalls nicht unbedenklich, weil die Bildung dieses Gegensatzpaares von Leasing und Vermietung in der Pkw-EnVKV so nicht angelegt ist. Dies führt zu dem zentralen Argument der Beklagten, die Verordnung habe sich mit der Aufnahme des Leasings (bewusst) auf diese Form der Nutzungsüberlassung festgelegt oder beschränkt. Hiermit kann nach Überzeugung der Kammer der Ausschluss des streitgegenständlichen Angebots aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung indes nicht erfolgreich begründet werden. Denn für die Beurteilung ob ein Handeln als Leasing im Sinne dieser Verordnung einzustufen ist, kommt es im Zweifel weniger auf den Vertragstypus als solchen und damit auf die Unterschiede zwischen Miete und Leasing als vielmehr auf den Sinn und Zweck dieser Verordnung an.
Sinn und Zweck der Verordnung ist, dass beim Erwerb eines neuen Pkw auf den Verbrauch und die CO₂-Emissionen geachtet werden soll. Dies ergibt sich besonders aus den Erwägungsgründen der RL 1999/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO₂-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen. Diese Richtlinie liegt der Pkw-EnVKV zugrunde. So heißt es beispielsweise in Erwägungsgrund 1, es werde „eine umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen“ verlangt und „rationeller Energieverbrauch trägt wesentlich dazu bei, dieses Ziel zu erreichen und Umweltverschmutzungen zu vermindern.“ In Erwägungsgrund 2 wird ausgeführt: „Das langfristige Ziel des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen ist die Stabilisierung der Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem Stand, der gefährliche anthropogene Störungen des Klimasystems ausschließt.“ Weiter lautet es in Erwägungsgrund 4: „Angesichts der Bedeutung von Personenkraftwagen als CO₂-Emissionsquelle hat die Kommission eine gemeinschaftliche Strategie zur Minderung der CO₂-Emissionen von Personenkraftwagen und zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs vorgeschlagen.“ In Erwägungsgrund 5 wird dann ausgeführt: „Informationen haben einen wesentlichen Einfluss auf das Wirken der Marktkräfte. Genaue, zweckdienliche und vergleichbare Informationen über den spezifischen Kraftstoffverbrauch und die CO₂-Emissionen von Personenkraftwagen können die Kaufentscheidung der Verbraucher zugunsten sparsamerer, CO₂-reduzierter Fahrzeuge beeinflussen; dadurch erhalten die Automobilhersteller einen Anreiz zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs der von ihnen hergestellten Fahrzeuge.“ Dementsprechend sind gleichfalls nach dem Willen des deutschen Verordnungsgebers die Verbraucher über den Verbrauch und die CO₂- Emissionen zu informieren. Das Ziel der Regelung in § 5 Pkw-EnVKV besteht jedenfalls auch darin, dass die Verbraucher entsprechende Informationen als Grundlage für ihre Entscheidung erhalten, welches (sparsame) Fahrzeug sie (als nächstes) fahren (wollen). Da letztlich die Kunden der Beklagten mit der Entscheidung, welches Pkw-Modell sie nutzen gleichfalls eine Entscheidung darüber treffen, welche Modelle die Beklagte für ihren Fahrzeugpool erwirbt, sind ihnen nach Sinn und Zweck der Pkw-EnVKV die entsprechenden Angaben über Verbrauch und CO₂-Emissionen zu machen.
In der Verordnung ist ein Vergleich von Kauf und Leasing angelegt, so dass nach Sinn und Zweck der Pkw-EnVKV jedenfalls dann „Vermietungen“ von neuen Pkw als Leasing im Sinne dieser Verordnung einzuordnen sein können, wenn der Kunde ein bestimmtes, individualisierbares Fahrzeugmodell auswählen kann und genau dieses und kein vergleichbares z. B. mit anderer Motorisierung oder von einem anderen Hersteller zur Nutzung erhält. Außerdem muss jedenfalls eine zeitlich so hinreichend lange Nutzungsdauer des Fahrzeugs beim Kunden in Rede stehen, dass er für die Entscheidung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell – ähnlich wie beim Kauf eines Fahrzeugs – den jeweiligen Kraftstoffverbrauch als wichtige Größe für die von ihm zu tragenden Folgekosten in seine Auswahlentscheidung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell mit einbezieht. Dies ist nach Überzeugung der Kammer bei dem hier relevanten Angebot der Beklagten mit einer Mindestlaufzeit von einem Monat und 1.500 Freikilometern pro Monat bereits der Fall (vgl. Anlage K1).
(DD) Schließlich sprechen Gründe des Verbraucherschutzes gleichfalls für diese Einordnung. § 5 Pkw-EnVKV ist eine verbraucherschützende Norm (vgl. BGH GRUR 2019, 966 Rn. 29 – Umwelthilfe). Die Höhe des Kraftstoffverbrauchs eines Fahrzeugs zeigt die für den Verbraucher wichtigsten Folgekosten an. Außerdem spielen Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes bei der Entscheidung für oder gegen ein Fahrzeugmodell für den Durchschnittsverbraucher, zu dem auch die Mitglieder der Kammer zählen, eine immer größere Rolle und sind von kaum zu überschätzender Wichtigkeit (geworden).
c) Unabhängig davon stellt die Beklagte die neuen Pkw auf ihrer Webseite (virtuell) aus.
Nach dem oben genannten Sinn und Zweck der Verordnung ist das „Ausstellen“ hier nicht auf das tatsächliche physische Ausstellen beschränkt, sondern erfasst ebenso das digitale (virtuelle) Ausstellen von Fahrzeugen auf einer Webseite.
III. Die übrigen Voraussetzungen für den geltend gemachten Unterlassungs- (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) und den Erstattungsanspruch (§ 12 Abs. 1 UWG a. F.) sind ebenfalls gegeben. Auch dies steht zwischen den Parteien zu Recht nicht im Streit.
Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch ist § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in der bis 1. Dezember 2020 geltenden (alten) Fassung. Dies ergibt sich aus § 15a Abs. 2 UWG, wonach § 13 UWG (in der aktuellen Fassung) keine Anwendung auf Abmahnungen findet, die vor dem 2. Dezember 2020 zugegangen sind. Da die Abmahnung vom 17. August 2020 stammt (Anlage K2) und der Beklagten vorab per E-Mail zugestellt wurde, ist sie ihr vor dem Stichtag zugegangen. Jedenfalls hat sie hierzu nichts Gegenteiliges vorgebracht.
IV. Auf Antrag des Klägers sind der Beklagten als verurteilter Unterlassungsschuldnerin gemäß § 890 ZPO zudem die gesetzlichen Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung anzudrohen.
C. Die zulässige Widerklage ist unbegründet. Der Kläger hat die für die rechtliche Beratung angefallenen Anwaltskosten aufgrund der Abmahnung nicht der Beklagten zu erstatten, weil die Abmahnung des Klägers berechtigt gewesen ist. Insofern liegt bereits kein rechtswidriges Handeln des Klägers vor.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Die Sicherheitsleistung in Ziffer 1 orientiert sich an der Höhe des geltend gemachten Streitwerts.
E. Bei der Festsetzung des Streitwerts ist zuzüglich zum Gegenstandswert der Klage der Wert für die mit der Widerklage erhobenen Forderung zu addieren.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a