Fliegender Gerichtsstand für Vertragsstrafen wegen Wettbewerbsverstoß

19. Dezember 2016
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Deutschlandkarte Urteil des LG Frankfurt am Main vom 10.02.2016, Az.: 2-06 O 344/15

Wird ein Verstoß gegen das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs im Internet begangen, so unterfällt auch die daraus resultierende Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe gemäß § 14 II UWG einer bundesweiten örtlichen Gerichtszuständigkeit. Das Erfordernis einer Klage „auf Grund dieses Gesetzes“ umfasst dabei neben Ansprüchen und Klagen, welche sich unmittelbar aus dem UWG ergeben, auch Solche, die wie insbesondere die wettbewerblich begründete Forderung von Vertragsstrafen nur mittelbar einen Anspruch aus dem UWG begründen.

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 10.02.2016

Az.: 2-06 O 344/15

Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 40.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.08.2015 zu zahlen.

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 40% und die Beklagte 60% zu tragen.

4.

Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten und einer Vertragsstrafe wegen wiederholt irreführender Preiswerbung und Zuwiderhandlung gegen eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung in Anspruch.

Die Klägerin, die Bademoden herstellt, ist Inhaberin der exklusiven Vertriebsrechte für Badeschuhe und -sandalen der Marken „I“ und „R“; die sie über ihre Internetseite www.[…].de vertreibt (Anlagen K 1 und K 2).

Die Beklagte mit Firmensitz in München betreibt als Versandhändlerin für Baby- und Kinderartikel einen Onlineshop unter www.[…].de, iin dem sie auch Produkte für Erwachsene anbietet. Unter der Rubrik „Outlet“ bietet sie zur Bereinigung ihres Lagerbestandes laufend verschiedene Restbestände mit erheblichen Nachlässen zum Kauf an.

Daneben betreibt die Beklagte unter ihrer Internetadresse www.[…].de einen sog. „[…]-Club“. Dort führt sie für einzelne Markenprodukte und Produktgruppen zeitlich begrenzte Sonderverkaufsveranstaltungen zu attraktiven Preisen durch (zu den Einzelheiten, vgl. u.a. Anlage K 3). Diese sog. „Deals“ sind mengenmäßig begrenzte Sonderposten, die die Beklagte nicht in ihrem Standardsortiment unter www.[…].de anbietet. Zum Beispiel verkauft sie in unregelmäßigen Abständen Lagerrestbestände als Sonderaktion mit erheblichen Nachlässen in sog. „Lagerdeals“.

Die Klägerin stellte Ende Mai 2013 erstmals fest, dass die Beklagte unter www.[…].de Sandalen und Badeschuhe der Marken „I“ und „R“ anbot. Diese bewarb die Beklagte auf vorgelagerten Übersichtsseiten jeweils mit einem durchgestrichenen, angeblich unverbindlichen Verkaufspreis („UVP“), den sie ihrem vermeintlich deutlich günstigeren Kaufpreis gegenüberstellte. Bei Anzeige des konkreten Produkts wurde zudem blickfangmäßig der sich hieraus ergebende prozentuale Preisabschlag hervorgehoben.

Die von der Beklagten genannten UVPs existierten unstreitig nicht. Es handelte sich um willkürlich festgesetzte, überhöhte Fantasiepreise ohne Kalkulationsgrundlage, die zu keiner Zeit ernsthaft am Markt gefordert wurden und jeweils deutlich – teils um das Doppelte – über den von der Herstellerin ([…]) für den Euroraum empfohlenen Verkaufspreisen („SRP“ – „suggested retail price“) lagen.

Dieser Verstoß ist auf der Beklagten von ihrem Lieferanten übergebene und von der Beklagten ungeprüft übernommene UVP-Preisangaben zurückzuführen, die sich nachträglich als fehlerhaft ergaben.

Auf Abmahnung der Klägerin gab die Beklagte unter dem 08.06.2015 eine erste strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärunq ab, mit der sie sich verpflichtete, Sandalen und Badeschuhe der Marken „I“ und „R“ unter Gegenüberstellung von unverbindlichen Preisempfehlungen („UVP“) zu bewerben, die nicht in der angegeben Höhe bestehen, bzw. mit Preisherabsetzungen gegenüber nicht existierenden UVP zu werben.

Um weitere Verstöße zu vermeiden, stellte die Beklagte alle Artikel im Produktinformationsmanagementsystem (im Folgenden „PIM“) inaktiv. Parallel wies sie ihre Lagermitarbeiter an, Kundenretouren nicht wieder im Onlineshop als aktiv – also zum Wiederverkauf – einzubuchen. Derartige Retouren sollten vielmehr als inaktiv gebucht werden.

Da die Beklagte in der Folgezeit erneut einen (einzigen) Badeschuh der Marke „R“ auf www.[….de unter Angabe eines nicht existenten unverbindlichen Verkaufspreises bewarb, mahnte die Klägerin sie mit Schreiben vom 17.06.2015 nochmals ab.

Zu diesem Verstoß kam es, weil ein Lagermitarbeiter der Beklagten vorgenannte Anweisung offenbar übersehen und eine Kundenretoure wieder in das Outlet-Angebot der Beklagten eingebucht hatte.

Die Beklagte gab daraufhin am 25.06.2015 eine zweite strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, die wie folgt formuliert ist (vgl. Anlage K 4):

es zur Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Verletzung von der Unterlassungsschuldnerin zu zahlenden Vertragsstrafe, deren Höhe von der Unterlassungsgläubigerin nach billigern Ermessen festzusetzen und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu prüfen ist und die auf Grund des Im Schreiben der Rechtsanwaltsanzlei Taylor Wessing vom 17.06.2015 dargelegten Umstände erhöht ist um einen Betrag von EUR 2.000,00 zu unterlassen,

Im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

– Sandalen und Badeschuhe der Marken „Ipanema“ und „Rider“ unter Angabe von Preisen zu bewerben, wenn diesen unverbindliche Preisempfehlungen („UVP“) gegenübergestellt werden, die nicht oder nicht mehr in der angegebenen Höhe bestehen, insbesondere wenn dies geschieht wie In der beigefügten Anlage;

– Sandalen und Badeschuhe der Marken „Ipanema“ und „Rider“ unter Angabe von Preisherabsetzungen im Vergleich zu unverbindlichen Preisempfehlungen zu bewerben, wenn diese unverbindlichen Preisempfehlungen („UVP“) nicht oder nicht mehr in der angegebenen Höhe bestehen, insbesondere wenn dies geschieht wie In der beigefügten Anlage;

Die in dieser Erklärung in Bezug genommene „Anlage“ weist beispielhaft folgende Werbeformen auf:

Die Klägerin nahm die zweite Unterlassungserklärung der Beklagten mit Schreiben vom 06.07.2015 an, das sie dieser gleichtägig vorab per E-Mail übersandte (Anlage K5).

In der Folgezeit beging die Beklagte zunächst keine entsprechenden UWG-Verstöße mehr.

Am 27.07.2015 stellte die Klägerin jedoch fest, dass die Beklagte in der Rubrik „Qutlet > Mama > Schuhe“ erneut unter Angabe nicht bestehender unverbindlicher Verkaufspreise für Badeschuhe und Sandalen der streitgegenständlichen Marken warb.

So bot die Beklagte am 27./29.07.2015 sechs Paar Badeschuhe unter Gegenüberstellung nicht existenter unverbindlicher Verkaufspreise mit Hinweisen auf den Umfang der konkreten Preisherabsetzung (beispielsweise) wie folgt an [so in den Screenshots in Anlage K 6 und K 7auf den ersten Blick nicht enthalten]:

Außerdem bot die Beklagte am 29.07.2015 unter „weitere Produkte“ 28 Paar Badeschuhe an mit entsprechend irreführenden Preisangaben an (vgl. z.B. Anlage K8):

Schließlich bewarb sie am 05.08.2015 8 weitere „R“-Angebote beispielhaft dergestalt (Anlage K 9):

Mit ihrer dritten Abmahnung vom 05.08.2015 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. (mindestens) € 50.000,00 bis spätestens 14.08.2015 auf, da sie eine solche wegen der Verstöße gegen die zweite strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 29.07.2015 und 05.08.2015 als mindestens verwirkt ansah. Daneben verlangte sie Abmahnkostenersatz in Höhe von € 1.973.90 (1,3-Gebühr aus € 100.000,00 zzgl. € 20,00 Kostenpauschale, vgl. Anlage K 10).

Die Beklagte gab unter dem 07.08.2015 eine dritte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, mit der sie sich gegenüber der Klägerin für jeden Fall der schuldhaften Verletzung zur Zahlung einer von der Klägerin nach billigem Ermessen festzusetzenden und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu prüfenden Vertragsstrafe, die um einen Betrag von € 15.000,00 erhöht ist, verpflichtete hat (Anlage K 11).

Die Beklagte zahlte zwar nicht bis zur Fertigung und Einreichung der Klageschrift am 27.08.2015 – entsprechend ihrer Ankündigung vom 26.08.2015, die Kosten umgehend zu bezahlen (S. 14 SS v. 18.11.2015) -, aber am 28.08.2015 an die Klägerin eine Vertragsstrafe i.H.v. € 10.000,00 und die Kosten für dritte anwaltliche Abmahung i.H.v. € 1.973.90 gezahlt (Bl. 9 d.A. i.V.m. S. 2 Beklagtenschriftsatz v. 18.11.2015).

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die Verbraucher vorsätzlich (mit Wissen und Wollen ihrer Mitarbeiter) grob wettbewerbswidrig über die Preiswürdigkeit ihres Angebots getäuscht und ihre Handeln mit erhöhter Intensität fortgesetzt, um ihren Absatz zu Lasten des Wettbewerbs anzukurbeln.

Sie ist der Ansicht, das Landgericht Frankfurt a.M. sei wegen der bestimmungsgemäß bundesweit abrufbaren Beklagtenwerbung gemäß §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 2 UWG sachlich und örtlich zuständig. Nach dem Willen des Gesetzgebers, insofern inhaltlichen Gleichklang mit §§ 140 Abs. 1 MarkenG, 15 Abs. 1 GeschmG, 27 Abs. 1 GebrMG, 143 Abs. 1 PatG und 6 Abs. 1 UKIaG zu schaffen, für die eine Anwendung auf Ansprüche aus der Nichterfüllung eines Vertragsstrafenversprechens anerkannt sei, gelte § 14 UWG nach zutreffender Auffassung auch für Vertragsstrafen klagen, die ihren Ursprung in einem auf einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung beruhenden Unterlassungsvertrag haben.

Die Klägerin meint ferner, selbst wenn die Beklagte entgegen ihrer Einschätzung nicht vorsätzlich gegen die zweite Unterlassungsverpflichtungserklärung verstoßen haben sollte, hätte sie mit Blick auf die ihr obliegende erhöhte Sorgfaltspflicht jedenfalls grob fahrlässig gehandelt.

Für den Verstoß der Beklagten gegen die zweite Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung könne sie von dieser eine Vertragsstrafe i.H.v. insgesamt € 90.000,00 verlangen. Nachdem die Beklagte zunächst nur in einem Fall gegen ihre erste Unterlassungserklärung verstoßen habe, habe sie nach Zustandekommen des dritten Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrages insgesamt 42 Paar Badeschuhe und Sandalen vertragswidrig im Internet angeboten. Jedes einzelne Produktangebot stelle wegen dessen gesonderter Aufnahme ins Warenangebot eine eigenständige Zuwiderhandlung gegen die zweite Unterlassungserklärung dar. Dies werde u.a. dadurch deutlich, dass dasselbe Schuhmodell teils mit unterschiedlichen UVP-Angaben beworben worden sei (vgl. Anlage K 6):

und dass die einzelnen Preisreduktionen der Höhe nach jeweils unterschiedlich, damit individuell gestaltet gewesen und von einer spezifischen „Produktinformation“ flankiert gewesen seien. Nur eine isolierte Betrachtung aller einzelnen Schuhangebote trage ihrem Sicherungsbedürfnis ausreichend Rechnung, zumal die Beklagte sich ausdrücklich „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ verpflichtet habe und auch die Historie der Vertragsstrafenerklärungen gegen eine die Beklagte privilegierende Zusammenfassung mehrerer Verstöße spreche.

Die 6 Verstöße vom 29.07.2015 und die 8 weiteren Verstöße vom 05.08.2015 bildeten insgesamt bereits 14 Vertragspflichtverletzungen.

Die irreführenden 28 Schuhangebote unter „weitere Produkte“ werte sie kulanterweise als einen einheitlichen Verstoß.

Vorliegend sei demnach von insgesamt 15 Einzelverstößen auszugehen.

Diesbezüglich betrage Vertragsstrafe für jeden einzelnen Verstoß mit Blick auf die eklatanten und hartnäckigen Zuwiderhandlungen durch die Beklagten und ihre hierdurch bedingte schwerwiegende Wettbewerbsbeeinträchtigung nicht unter € 4.000,00; zzgl. des geschuldeten Aufschlags um € 2.000,00 sei von € 6.000.00 pro Verstoß auszugehen. Die ihr zustehende Vertragsstrafe belaufe sich folglich auf insgesamt € 90.000,00.

Mit ihrer Klageschrift vom 27.08.2015, die ausweislich des Eingangsstempels gleichtägig bei der gemeinsamen Postlaufstelle der Frankfurter Justizbehörden und einen Tag später, am 28.08.2015, beim Landgericht Frankfurt a.M. eingegangen und der Beklagten am 22.10.2015 zugestellt worden ist (vgl. Bl. 1, 19d.A.), hat die Klägerin zunächst beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 91.973,90 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2015 zu zahlen.

Nachdem die Beklagte vor Zustellung der Klageschrift einen Teilbetrag in Höhe von € 11.973,90 gezahlt hat, von denen nach ihrer Tilgungsbestimmung € 10.000,00 auf die Vertragsstrafe entfallen und € 1.973,90 der Abgeltung der vorgerichtlichen Anwaltskosten dienen, hat die Klägerin ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2015 Höhe von € 10.000,00 sowie der geltend gemachten Abmahnkosten – einschließlich Zinsen – zurückgenommen (vgl. Bl. 56 d.A.).

Die Klägerin beantragt nunmehr noch,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 80.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2015 zu zahlen sowie

2.

der Beklagten hinsichtlich des zurückgenommenen Teils die Kosten aufzuerlegen.

Hilfsweise, für den Fall, dass sich die erkennende Kammer für örtlich unzuständig halten sollte, beantragt die Klägerin,

den Rechtsstreit an das Landgericht München I zu verweisen.

Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, im Zuge ihres rasanten Unternehmenswachstums in den Monaten vor dem Vorfall möge es passiert sein, dass die Kontrollmechanismen und eine lückenlose Überwachung von Unterlassungspflichten für kurze Zeit nicht wie erforderlich funktioniert habe.

Sie habe nicht vorsätzlich gehandelt. Zu dem hier streitgegenständlichen dritten Vorfall Ende Juli/Anfang August 2015 sei es – was die Klägerin insgesamt mit Nichtwissen bestreitet und wofür die Beklagte eine Reihe von Zeugen benennt – gekommen, weil einer ihrer Mitarbeiter aus im Lager noch vorrätiger Ware einen sog. „Lagerdeal“ zusammengestellt habe. Er habe hierzu im Warenwirtschaftssystem – und nicht im Produktinformationsmanagementsystem (PIM), in dem die mit dem ersten Abmahnschreiben beanstandeten Schuhangebote bereits inaktiv gestellt worden seien – nach Einzelbeständen an Schuhen gesucht, um diese zu einem „Lagerdeal“ zusammenzufassen. Da die Sperrung der Artikel im PIM aus ihrem Warenwirtschaftssystem nicht ersichtlich gewesen sei, habe der Mitarbeiter unabsichtlich auch die im Lager befindlichen, retournierten Einzelpaare aus der ersten Verletzungshandlung in den „Lagerdeal“ aufgenommen. Hierdurch sei eine Kettenreaktion in Gang gesetzt worden. Die Deaktivierung dieser Artikel im Shopsystem sei rückgängig gemacht worden und die Angebote der ursprünglichen Aktion von Ende Mai 2015 seien reaktiviert und automatisch erneut im „Outlet“ als verfügbar angezeigt worden. Da die ganze Aktion von Ende Mai 2015 reaktiviert worden sei, seien sogar nicht mehr verfügbare Schuhe wieder in ihrem Onlineshop angezeigt worden (u.a. Anlage K 7, S. 3 – 5), wie konkret die Angebote in Anlage K 8. Zu Beginn des „Lagerdeals“ am 05.08.2015 seien die im Lager befindlichen Schuhe zudem im Rahmen der Sonderaktion angezeigt worden. Erst nachträglich habe sich herausgestellt, dass die Einbuchung von Produkten als inaktiv im PIM durch die Aktivierung aus dem Warenwirtschaftssystem heraus habe aufgehoben werden können. In der damaligen Version des PIM habe keine technische Möglichkeit zur dauerhaften Sperre bestimmter Artikel und zur Verhinderung einer Reaktivierung der Produktseiten bestanden.

Die Beklagte meint, die Klage sei mangels örtlicher Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt a.M. schon unzulässig. Hinsichtlich des Vertragsstrafenverlangens bestehe kein Gerichtsstand in Frankfurt a.M. Die örtliche Zuständigkeit sei weder „kraft Sachzusammenhangs“ gegeben noch folge sie aus § 14 Abs. 2 UWG. Die Erwägungen in der Gesetzesbegründung zu § 13 UWG (Entlastung der Amtsgerichts und inhaltlicher Gleichklang mit den Vorschriften in anderen Gesetzes des gewerblichen Rechtsschutzes, die indes nur die sachliche Zuständigkeit regelten) ließen sich nicht auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit übertragen. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe, der gerade dazu diene, den gesetzlichen UWG-Unterlassungsanspruch zu ersetzen, sei kein Anspruch aufgrund der Vorschriften des UWG. Nach den stattdessen einschlägigen allgemeinen Vorschriften sei die Klage gemäß § 29 ZPO am Sitz der Beklagten als Erfüllungsort ihres Vertragsstrafenversprechens in München zu erheben, denn § 32 ZPO gelte für die Vertragsstrafenforderungen nicht.

Die Klage sei außerdem unbegründet.

Wegen eines ihr lediglich vorzuwerfenden fahrlässigen Versäumnisses, geeignete organisatorische Maßnahme zu treffen bzw. mit Blick auf ihre fehlende Kenntnis darüber, dass gesperrte Angebote durch die Erstellung des „Lagerdeals“ reaktiviert werden konnten, habe sie nur eine einzige Vertragsstrafe verwirkt. Jedenfalls sei von einer rechtlichen Handlungseinheit auszugehen. Eine Auslegung der Pluralformen „Sandalen und Badeschuhe“, „Preisen“, „Preisherabsetzungen“ und z.B. „unverbindlichen Preisempfehlungen“ in der Vertragsstrafenvereinbarung gebiete es in Zusammenschau mit dem engen zeitlichen Zusammenhang mangels eines erkennbaren Parteiwillens zur Aufsummierung der Vertragsstrafen, selbst mehrere Einzelhandlungen zu einer einzigen Zuwiderhandlung zusammenzufassen. Angemessen sei angesichts der Hintergründe der konkreten Zuwiderhandlung allenfalls eine Vertragsstrafe i.H.v. insgesamt € 4.000,00 (€ 2.000,00 erhöht um weitere € 2.000,00).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2015 Bezug genommen (Bl. 55 f. d.A.).

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Klage ist nur in Höhe von € 40.000,00 zuzüglich Zinsen aus diesem Betrag seit dem 15.08.2015 begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Landgericht Frankfurt a.M. örtlich zuständig. Aus Kammersicht ist eine Klage auf Zahlung einer in einem Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag wegen eines dem Schuldner zur Last gelegten Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) übernommenen Vertragsstrafe eine Klage „auf Grund dieses Gesetzes“ i.S.d. § 14 UWG. Mit Blick darauf, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Verstoß über das Internet begangen hat, besteht auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 UWG auch für den Gerichtsbezirk Frankfurt a.M. eine örtliche Zuständigkeit.

1. Die Frage, inwiefern §§ 13 und/oder 14 UWG auch bei Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung einer Vertragsstrafe gelten, die aus einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung resultiert, ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings streitig und höchstrichterlich nicht geklärt. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher offen lassen können (vgl. zuletzt BGH (B.v. 26.08.2014 – X ARZ 275/14), juris, Leitsatz 3. i.V.m. Rn. 10; BGH (U.v. 15.12.2011 – I ZR 174/10) -Bauheizgerät, juris, Rn. 22 ff. m.w.N. zum Streitstand; siehe auch die Übersicht bei OLG Schleswig-Holstein (U.v. 09.04.2015 – 6 U 57/13) – Kaiserin der Heilpflanzen, juris, Rn. 19, LG Mannheim (B.v. 28.04.2015 -20 46/15 – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, Leitsatz i.V.m. Rn. 6 ff.).

a) Die Vorschriften der §§ 13, 14 UWG lauten (Hervorh. durch das Gericht):

§ 13 Sachliche Zuständigkeit

(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig. Es gilt § 95 Absatz 1 Nummer 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte eines von ihnen als Gericht für Wettbewerbsstreitsachen zu bestimmen, wenn dies der Rechtspflege in Wettbewerbsstreitsachen, insbesondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, dienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

§ 14 Örtliche Zuständigkeit

(1) Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Hat der Beklagte auch keinen Wohnsitz, so ist sein inländischer Aufenthaltsort maßgeblich.

(2) Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist außerdem nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Satz 1 gilt für Klagen, die von den nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten erhoben werden, nur dann, wenn der Beklagte im Inland weder eine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung noch einen Wohnsitz hat.

b) Die Befürworter der wohl nach wie vor mehrheitlichen Ansicht gehen unter Hinweis auf den Wortlaut der §§ 13, 14 UWG davon aus, dass Vertragsstrafenansprüche aus Unterlassungsverpflichtungsverträgen von vorgenannten Normen – jedenfalls von § 14 UWG – nicht erfasst seien (vgl. z.B. OLG Köln (Vorlagebeschluss v. 05.06.2014 – 8 AR 68/14), juris, Rn. 5; Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 13 UWG Rn. 11, 19; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 14 Rn. 4). Zur Begründung führen sie an, eine Vertragsstrafenforderung werde nicht auf Grund des UWG, sondern aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung geltend gemacht, die – in Form eines abstrakten Schuldanerkenntnisses/-versprechens – gerade an die Stelle des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs getreten sei (vgl. z.B. OLG Rostock (B.v. 15.01.2014 – 2 AR 1/13) – Vertragsstrafe, juris, Leitsatz 2 i.V.m. Rn. 7 ff (9 f.) m.w.N.; OLG Rostock (B.v. 07.12.2004 – 2 UH 4/04), GRUR-RR 2005, 176M Rieble in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 339 Rn. 543).

Eine Subsumtion von Vertragsstrafenforderungen unter o.a. Normen sei nicht geboten, weil es bei Vertragsstrafenklagen nicht um die Feststellung eines UWG-Verstoßes, sondern allgemeine Fragen des Vertragsrechts, insbesondere um die Auslegung der Vereinbarung, gehe (OLG Rostock – Vertragsstrafe, a.a.O., Rn. 12).

Soweit eine Anwendung von § 13 UWG auf Vertragsstrafenansprüche – mit Blick auf das Ergebnis und die Triftigkeit der gegnerischen Begründung – partiell auch von den Vertretern dieser Meinung für wünschenswert gehalten wird, wird sie (u.a.) mit der Begründung abgelehnt, wegen der identischen Formulierung („auf Grund dieses Gesetzes“) in §§ 13, 14 UWG müsste ansonsten auch § 14 UWG anwendbar sein, was mangels eines übertragbaren Rechtsgrundes unhaltbar sei (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2011, Kapitel 45 Rn. 5 f.).

c) Anderer Ansicht zufolge lassen sich Vertragsstrafenforderungen (jedenfalls) als „Anspruch auf Grund dieses Gesetzes“ i.S.d. § 13 Abs. 1 UWG verstehen, zumal die Vertragsstrafe in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zumindest Erwähnung gefunden habe (vgl. z.B. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (U.v. 09.04.2015 – 6 U 57/13) -Kaiserin der Heilpflanzen, juris, Rn. 17 ff.; Thüringer Oberlandesgericht (U.v. 01.09.2010 – 2 U 330/10) – Vertragsstrafeforderung, Leitsatz i.V.m. Rn. 7 ff.; LG Mannheim (U.v. 28.04.2015 -20 46/15) – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, juris, Rn. 10 ff. (17); Schmitt-Gaedke/Arz, WRP2015, 1196, 1201 Rn. 42; Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 13 Rn. 2; Goldbeck, WRP 2ßß6, 37, 39 ff.). Das in der Gesetzesbegründung zu § 13 UWG zum Ausdruck gekommen Ziel des Gesetzgebers, die Amtsrichter mit einer streitwertunabhängigen, ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte (bzw. Kammern für Handelssachen), bei denen streitwertbedingt die Mehrzahl der UWG-Sachen anfalle und bei denen der Sachverstand und das Erfahrungswissen versammelt seien, von dem mit einzelnen UWG-Sachen – insbesondere „kleinen Wettbewerbsverfahren“, bei denen es „nur“ um den Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der Abmahnkosten gehe -verbundenen „unverhältnismäßigen“ Einarbeitungsaufwand zu entlasten (vgl. BT-Drucksache 15/1487, S. 36 zu § 13 UWG), gebiete eine sich auf Vertragsstrafenforderungen erstreckende Gesetzesauslegung.

Hierdurch würde zudem der vom Gesetzgeber gewünschte inhaltlichen Gleichklang mit §§ 140 Abs. 1 MarkenG, 27 Abs. 1 GebrMG, 143 Abs. 1 PatG, 15 Abs. 1 GeschmG (jetzt DesignG) und 6 Abs. 1 UKIaG erreicht (vgl. insofern BT-Drucksache 15/1487, a.a.O.; Thüringer Oberlandesgericht – Vertragsstrafeforderung, a.a.O., Rn. 10; Goldbeck, WRP 2ßß6, 37, 39 f.).

d) Die Kammer schließt sich (auch) für den Anwendungsbereich des § 14 UWG der letztgenannten Ansicht an (tendenziell ebenso LG Mannheim (B.v. 28.04.2015 -2 O 46/15) – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, juris, Rn. 23 ff.).

aa) Die Vorschriften der §§ 13, 14 UWG sind wegen ihrer gleichlautenden Formulierung „auf Grund dieses Gesetzes“ einheitlich auszulegen (ebenso z.B. LG Mannheim (B.v. 28.04.2015 -20 46/15) – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, juris, Rn. 23; Thüringer Oberlandesgericht – Vertragsstrafeforderung, a.a.O., Rn. 13; Teplitzky, a.a.O., Rn. 5; Schmitt-Gaedke/Arz, WRP2015, 1196, 1201 Rn. 42; vgl. auch Deichfuß (X. Zivilsenat), jurisPR-WettbE 3/2011 Anm. 3).

Eine differenzierte Auslegung beider Vorschriften ist zunächst einmal nicht deshalb geboten, weil der Gesetzgeber mit der Einführung des § 13 UWG zwar eine Zuständigkeitskonzentration bei den Landgerichten schaffen wollte, diese Überlegung für die örtliche Zuständigkeit aber nicht verfängt (vgl. in diesem Zusammenhang auch Tepkitzky, a.a.O.).

Eine abweichende Auslegung ist auch nicht deshalb geboten, weil § 13 Abs. 1 UWG von der Geltendmachung eines Anspruchs („auf Grund dieses Gesetzes“) spricht, während § 14 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 UWG eine Regelung zu Klagen („auf Grund dieses Gesetzes“) treffen. Ein „Anspruch“ ist in § 194 Abs. 1 BGB legaldefiniert als das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Für Ansprüche kann von vornherein keine örtliche Zuständigkeit bestehen; eine solche ist nur für Klagen bzw. Rechtsstreitigkeiten, durch die bzw. mit denen ein Anspruch geltend gemacht wird, denkbar. Dafür, dass mit der abweichenden Wortwahl in §§ 13 Abs. 1, 14 UWG ein Bedeutungsunterschied verbunden wäre, fehlt jeder Hinweis.

bb) Die Formulierung „auf Grund diese Gesetzes“ in §§ 13, 14 UWG ist ihrem Wortlaut nach auch nicht zwingend so zu verstehen, dass darunter nur Ansprüche bzw. Klagen fallen, die unmittelbar auf eine Norm des UWG gestützt sind. Unter die Gesetzesfassung können ebenso gut Klagen/Ansprüche fallen, die ihre Grundlage nur mittelbar im UWG haben, wie insbesondere wettbewerblich begründeten Vertragsstrafenversprechen ist (ebenso Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (U.v. 09.04.2015 – 6 U 57/13) – Kaiserin der Heilpflanzen, juris, Rn. 21 mit weiteren Ausführungen; LG Mannheim – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, a.a.O., Rn. 14).

Ausschließliche Zuständigkeitsvorschriften mögen mit Blick auf die grundgesetzlich verankerte Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) zwar grundsätzlich eng auszulegen sein, dies bedingt aber nicht, sie ohne Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck möglichst wortlautnah zu interpretieren (vgl. z.B. auch Thüringer Oberlandesgericht – Vertragsstrafeforderung, a.a.O., Rn. 15). Wie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 143 PatG illustriert (s.u.), ist gerade bei Zuständigkeitsvorschriften ein am Normzweck orientiertes Verständnis geboten.

Gegen das Argument, der Wortlaut der Vorschriften hindere eine Subsumtion von Vertragsstrafenforderungen/-klagen unter §§ 13, 14 UWG, spricht ferner, dass § 13 Abs. 2 UWG, wie oben wiedergegeben, eine Konzentrationsermächtigung vorsieht, die sich auf „Wettbewerbsstreitsachen“ bezieht. Für die Bezirke mehrerer Landgerichte kann gemäß § 13 Abs. 2 UWG ein Gericht für „Wettbewerbsstreitsachen“ bestimmt werden, insbesondere sofern dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienlich ist. Der Begriff der „Wettbewerbsstreitsachen“ wird in diesem Kontext überwiegend weiter verstanden als die Formulierung eines Anspruchs bzw. einer Klage aufgrund des UWG. Ihm unterfallen nach wohl überwiegender Meinung auch Streitigkeiten aus Abmahnungen außerhalb des UWG, Vertragsstrafenforderungen sowie z.B. Schadenersatzansprüche gemäß § 945 ZPO. Für diese Streitigkeiten würde eine Gerichtsstandskonzentration auf Basis der Gegenansicht im Einzelfall unmittelbar zuständigkeitsbegründende Wirkung entfalten (vgl. z.B. Teplitzky, a.a.O., Rn. 7 f. m.w.N.).

Letzteres scheint bedenklich. Es leuchtet nicht ein, weshalb eine (bloße) Konzentration von „Wettbewerbsstreitsachen“ bei einzelnen Landgerichten eine den diesen Gerichten originär fehlende sachliche Zuständigkeit begründen können sollte. Nahe liegender ist die Annahme, dass das Gesetz im Rahmen der §§ 13, 14 UWG trotz uneinheitlicher Formulierungen dasselbe meint. Die Wendung „Klagen aufgrund dieses Gesetzes“ in § 14 UWG ist demnach einheitlich im Sinne von „Wettbewerbsstreitsachen“ zu verstehen. Hierunter fallen wiederum Streitigkeiten, bei denen sich spezifisch wettbewerbsrechtliche Frage stellen.

Nur mit diesem Verständnis lässt sich Gleichlauf mit §§ 140 MarkenG, 52 DesignG, 143 PatG und 27 GebrMG herstellen. Diese knüpfen – aus Kammersicht folgerichtig – sowohl für die sachliche Zuständigkeit als auch für die Konzentrationsermächtigung an den Begriff der „Kennzeichenstreitsache“, „Designstreitsache“, „Patentstreitsache“ bzw. „Gebrauchsmusterstreitsache“ an (vgl. jeweils die ersten beiden Absätze; siehe ferner §§ 104, 105 UrhG). Diese Begriffe sind im jeweils ersten Absatz definiert als „Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird“.

Für vorgenannte Gesetze ist weithin anerkannt, dass Vertragsstrafenvereinbarungen den besonderen Zuständigkeitsregelungen unterfallen können (vgl. z.B. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht – Kaiserin der Heilpflanzen, a.a.O., Rn. 29; OLG Thüringen (U.v. 01.09.2010 – 2 U 330/10), juris, Rn. 11; OLG München (B.v. 25.03.2004 – 29 W 1046/04), Leitsatz i.V.m. Rn. 8; Thüringer Oberlandesgericht – Vertragsstrafeforderung, a.a.O., Rn. 11; LG Mannheim – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.;. LG Göttingen (B.v. 29.07.2015 – 4 O 159/15), Leitsatz i.V.m. Rn. 12; LG Bonn (U.v. 12.01.2010 – 11 O 13/09), juris, Rn. 78; Kaess in: Busse, PatG, 7. Aufl. 2012, § 143 Rn. 60). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist z.B. der Begriff der „Patentstreitsache“ in § 143 PatG grundsätzlich weit auszulegen. Zu den Patentstreitsachen zählen hiernach alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonst wie mit einer Erfindung eng verknüpft sind. Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt, sowie solche, deren Ansprüche auf einem Lizenz- oder sonstigem Verwertungsvertrag beruhen. Die Prozessökonomie und das Interesse der Parteien, ihren eigentlichen Streit verhandelt und entschieden zu wissen, gebieten es aus Sicht des Bundesgerichtshofs, eine Patentstreitsache anzunehmen, wenn vorgenannte Voraussetzungen hinreichend dargestellt und erkennbar werden. Daraus folge in der Praxis zu Recht eine entsprechend weite Auslegung des Begriffs der Patentstreitsache (vgl. BGH (U.v. 22.02.2011 – X ZB 4/09) – Patentstreitsache I, juris, Rn. 9; zu § 140 Abs. 1 MarkenG, siehe auch BGH (B.v. 04.03.2004 – I ZR 50/03), juris, Rn. 4; Strauß, WRP 2013, 1557, 1557 ff.).

Sowohl § 143 PatG als auch die übereinstimmend formulierten §§ 140 Abs. 1 MarkenG, 15 Abs. 1 GeschmG a.F./52 Abs. 1 DesinG und 27 Abs. 1 GebrMG sind aus Kammersicht deutlich enger gefasst als der Wortlaut der §§ 13, 14 UWG (aA ggf. OLG Rostock (B.v. 15.01.2014 – 2 AR 1/13), juris, Leitsatz 2 i.V.m. Rn. 11). Diesbezüglich ist nichts dafür ersichtlich, dass erstgenannte Vorschriften bewusst abweichend – insbesondere weiter – formuliert sind. Hierauf lassen insbesondere die §§ 19c) MarkenG, 47 DesignG, 140 e) PatG, 24 e) GebrMG),103 UrhG, 37 e) SortschG nicht schließen. Diese Normen knüpfen zwar ebenfalls an die Erhebung einer „Klage auf Grund dieses Gesetzes“ an, sie legen jedoch fest unter welchen Voraussetzungen ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Urteilsbekanntmachung besteht. Ob ein solcher – wofür gute Gründe sprechen – auch bei Verurteilungen zur Vertragsstrafenzahlung bestehen kann, kann dahinstehen. Denn zum einen sind §§ 13, 14 UWG nicht materiell-rechtlicher, sondern prozessualer Natur. Zum anderen spricht gegen eine Intention des Gesetzgebers zur Schaffung inhaltlich abweichender Zuständigkeitsbestimmungen, dass die in §§ 13, 14 UWG enthaltene Formulierung („aufgrund dieses Gesetzes“) bereits Bestandteil des UWG von 1909 war (siehe dort §§ 24, 27). Sie wurde – insoweit unverändert – Teil der (insofern) nach wie vor geltenden Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 03.07.2004 (vgl. BR-Drucksache 301/03 vom 09.05.2003, S. 54; BT-Drucksache 15/2795 vom 26.03.2004, S. 10 i.V.m. S. 22; BT-Drucksache 15/1487 vom 22.08.2003, S. 36). Die fehlende Wortlautidentität bildet angesichts dessen kein entscheidendes Argument für eine abweichende Auslegung. Dies gilt insbesondere im Lichte dessen, dass § 6 Abs. 1 UKlaG – mit dem der UWG-Gesetzgeber von 2004 ebenfalls Gleichlauf schaffen wollte – für „Klagen nach diesem Gesetz“ gilt (vgl. auch Goldbeck, WRP 2ßß6, 37, 40).

dd) Es trifft auch nicht zu, dass sich die Frage nach der Verwirkung und/oder Höhe einer Vertragsstrafe ohne wettbewerbsrechtliche Spezialkenntnisse entscheiden ließen. Im Zusammenhang mit Vertragsstrafenklagen stellten sich vielfach spezifisch wettbewerbsrechtliche Fragen (siehe auch Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2015, 1196, 1200 Rn. 41; Deichfuß, jurisPR-WettbR 3/2011 Anm. 3, lit. D.), nicht zuletzt in Bezug auf die Reichweite der Unterlassungserklärung, die für gewöhnlich der Beseitigung einer durch einen UWG-Verstoß begründeten tatsächlichen Vermutung der Wiederholungsgefahr diene und sich daher prinzipiell auf kerngleiche Verstöße erstrecken muss (ebenso z.B. LG Mannheim – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, a.a.O., Rn. 20 f.). Auch kann z.B. die Überprüfung einer durch den Gläubiger nach „billigem“ Ermessen festgesetzten Vertragsstrafe besondere Sachkunde im Lauterkeitsrecht erfordern (vgl. auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht -Kaiserin der Heilpflanzen, a.a.O., Rn. 28; Thüringer Oberlandesgericht -Vertragsstrafeforderung, a.a.O., Rn. 12; Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 13 Rn. 2; Goldbeck, WRP 2ßß6, 37, 39).

ee) Konsequenz einer gegenteiligen Betrachtung wäre, dass verschiedene Ansprüche, die durch ein und denselben Wettbewerbsverstoß verursacht worden sind, oftmals nicht im Wege einer objektiven Klagenhäufung (§ 260 ZPO) bei den für Ansprüche gemäß §§ 8, 9, 12 Abs. 1 S. 2 UWG zuständigen Gerichten geltend gemacht werden könnten. Sie müssten – mit entsprechenden Kostenfolgen (Reisekosten sowie u.a. fehlende Gebührendegression) und behaftet mit dem Risiko inhaltlich divergierender Entscheidungen – im Einzelfall gesondert verfolgt werden (insbesondere, sofern man eine ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte negiert; vgl. auch Goldbeck, WRP 2006, 37, 40 f.).

Weder auf den Aspekt einer Geschäftsführung ohne Auftrag gestützte Ansprüche auf Erstattung der Kosten für ein Abschlussschreiben (siehe insofern Teplitzky, a.a.O., Rn. 5 a)) noch Annexansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, die seit jeher über §§ 13, 14 UWG laufen, obschon sie gemäß §§ 242, 259 f. BGB gewohnheitsrechtlich anerkannt sind und nicht (unmittelbar) auf dem UWG basieren, könnten bei formaler Betrachtung vor den gemäß § 14 UWG örtlich zuständigen Gerichten geltend gemacht werden (in der Praxis werden die Kosten eines Abschlussschreibens allerdings meist – auf Basis der Gegenmeinung „indirekt zuständigkeitserweitemd“ – aus einer Analogie zu § 12 UWG abgeleitet, vgl. z.B. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 14 Rn. 4).

Dieses Ergebnis wäre schon deshalb fragwürdig, weil Klagen auf Zahlung einer durch einen zweiten oder mehrten UWG-Verstoß verwirkten Vertragsstrafe nicht selten mit Klagen auf Unterlassung, Abmahnkosten- und/oder einen weitergehenden Schadensersatz kombiniert werden. Dies illustriert nicht zuletzt der hier gegenständliche Fall, in dem die Klägerin zunächst neben einer Vertragsstrafe auch die Abmahnkosten eingeklagt hat.

Hinzu kommt, dass eine Vertragsstrafe – jedenfalls soweit Interessenidentität besteht – gemäß § 340 BGB auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen ist (BGH (U.v. 08.05.2008 – I ZR 88/06) – Vertragsstrafeneinforderung, Leitsatz i.V.m. Rn. 9). Letzteres wäre bei Geltendmachung beider Ansprüche vor verschiedenen Gerichten (ggf. sogar in unterschiedlichen Ländern, siehe insofern z.B. vgl. z.B. LG München I (U.v. 21.02.2007 – 21 O 10626/06), juris, Rn. 17, Zuständigkeit eines Gericht in Liechtenstein i.F.e. urheberrechtlich verursachten Vertragsstrafenvereinbarung) kaum praktikabel, könnte jedenfalls zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen.

Eine Alleinzuständigkeit der Landgericht für durch eine wettbewerbliche Abmahnung begründete Vertragsstrafenversprechen würde außerdem die gängige Praxis entbehrlich machen, eine die Zuständigkeit der Landgerichte begründende Vertragsstrafe von mehr als € 5.000,00 zu vereinbaren, die der Bundesgerichtshof schon einmal als eines (von mehreren) Indizien für die Intention eines Rechtsmissbrauchs erachtet hat (vgl. BGH (U.v. 15.12.2011 – I ZR 174/10) -Bauheizgerät, juris, Rn. 21).

Dass die isolierte Geltendmachung einer Vertragsstrafe am deliktischen Gerichtsstand für den Unterlassungsschuldner mit Nachteilen verbunden sein mag, ist kein Spezifikum der Vertragsstrafenklage, sondern dem sog. fliegenden Gerichtsstand immanent, den der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des UWG trotz kritischer Stimmen nicht abgeschafft hat (siehe insofern auch LG Mannheim – Zuständigkeit bei Vertragsstrafe, a.a.O., Rn. 24).

II. Die Klage ist auch teilweise begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 339 S. 2 BGB die Zahlung weiterer € 40.000,00 (zuzüglich Zinsen) verlangen.

Sie hat unstreitig schuldhaft gegen ihre zweite Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verstoßen und hierdurch eine Vertragsstrafe verwirkt hat.

Allerdings entsprechen die von der Klägerin nach sog. neuem Hamburger Brauch insgesamt geforderten € 90.000,00 insoweit nicht der Billigkeit i.S.d. § 315 Abs. 1 und 3 BGB, wie sie € 50.000,00 übersteigen. Die Klägerin kann von der Beklagten daher nur noch Zahlung von (weiteren) € 40.000,00 (nebst Zinsen) verlangen, nachdem die Beklagte bereits € 10.000,00 geleistet hat.

1. Ob man den Verstoß der Beklagten gegen deren zweite Unterlassungserklärung als eine einzige oder mehrere eigenständige Zuwiderhandlung(en) qualifiziert, hängt im Ausgangspunkt von der Auslegung der Vertragsstrafenerklärung wie auch von der Richtigkeit des von der Beklagten behaupteten Geschehens ab.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich die Auslegung eines Unterlassungsvertrags nach dem auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Dabei ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien maßgebend (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen insbesondere die beiderseits bekannten Umstände, der Zweck der Vereinbarung, die Art und Weise ihres Zustandekommens, die wettbewerbsrechtlich relevante Beziehung zwischen den Vertragspartnern und deren Interessenlage zu berücksichtigen sind. Auch das Versprechen, eine Vertragsstrafe „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ zu zahlen, kann dahin auszulegen sein, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße, die auf fahrlässigem Verhalten beruhen, als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden. Wenn es zu einer Mehr- oder Vielzahl von Verstößen gekommen ist, ist dabei zunächst zu prüfen, ob diese eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung darstellen. Wenn keine solche Handlungseinheit vorliegt, kann die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergeben, dass mehrere fahrlässig begangene und zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Zuwiderhandlungen, die in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, nur als ein Verstoß zu werten sind (BGH (U.v. 09.07.2015 – I ZR 224/13) – Kopfhörer-Kennzeichnung, juris, Leitsatz 1 sowie Rn. 29; vgl. auch BGH (U.v. 18.09.2014 – I ZR 76/13) – CT-Paradies, juris, Rn. 57).

Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Kopfhörer-Kennzeichnung“ die Würdigung des Berufungsgerichts, angesichts des geringen Wertes eines einzelnen Kopfhörers im Verhältnis zur Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe zeige sich, dass die Vertragsstrafe unbeschadet der verbindenden Umstände (gleichartige, unter wiederholter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage nur fahrlässig und in engem zeitlichen Zusammenhang begangene Rechtsverletzung) nicht bei jeder einzelnen Verletzungshandlung habe geschuldet sein sollen; einer solchen Zusammenfassung stehe nicht das Sicherungsbedürfnis des Klägers entgegen; wegen des geringen Preises sei es unwahrscheinlich, dass diesem bereits durch einen einmalig festgestellten Verstoß ein Schaden entstehen könnte, auch hätte der Kläger ohne Zusammenfassung gleichartiger Verletzungshandlungen einen exorbitant hohen Vertragsstrafenanspruch begründen können, nicht beanstandet (a.a.O., Rn. 30 f.).

Soweit die Beklagte ihre Erklärung vom 25.06.2015 „zur Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung der schuldhaften Verletzung von“ ihr zu zahlenden Vertragsstrafe abgegeben hat, steht dies einer Zusammenfassung mehrerer Verstöße unter dem Aspekt einer natürlichen oder rechtlichen Handlungseinheit demnach nicht entgegen. Mit Blick darauf, dass die von der Beklagten in Bezug genommene Anlagen stets mehrere Werbeangebote der Beklagten auf einer Seite wiedergeben, sprechen – nicht zuletzt mit Blick auf die Menge der jeweils abgebildeten Schuhe – sogar gute Gründe dafür, jedenfalls solche Angebote als einheitlichen Verstoß anzusehen.

Demgegenüber ist das Argument, eine ohne Zusammenfassung besonders hohe Vertragsstrafe gebiete eine enge Auslegung der Erklärung, bei einer nach neuem Hamburger Brauch abgegeben Erklärung, wie sie hier in Rede steht, nicht zwingend (vgl. auch BGH (U.v. 18.09.2014 – I ZR 76/13) – CT-Paradies, juris, 69).

b) Im Streitfall kann auf Basis des wechselseitigen Parteivortrags maximal von drei einheitlichen UWG-Verstößen ausgegangen werde, auf Basis des Beklagtenvorbringens scheint sogar die Annahme einer einzigen – in Handlungseinheit begangenen – Zuwiderhandlung angezeigt.

Soweit zwischen den Parteien streitig ist, ob die Beklagte vorsätzlich eine Vielzahl irreführender Verkaufsangebote in ihre lnternetshops/-seiten eingestellt hat oder ob eine einzige Sorgfaltspflichtverletzung in einer Art Kettenreaktion zu den hier streitgegenständlichen Wettbewerbsverstößen geführt hat, lässt sich ein Vorsatzvorwurf weder aus den von den Parteien vorgetragenen äußeren Umständen herleiten noch anderweitig feststellen. Hieran ändert auch das neue Tatsachenvorbringen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 20.01.2016 nichts. Dieses ist daher insofern für die Entscheidung ohne Relevanz. Aufgrund dessen stellt sich weder die Frage, inwiefern das neue – von der Klägerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 01.02.2016 mit Nichtwissen bestrittene -Beklagtenvorbringen verspätet ist noch besteht für die Kammer Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 296 a) S. 2 156 Abs. 1 ZPO).

Grundlage der streitgegenständlichen Entscheidung, ob die von der Klägerin geforderte Vertragsstrafe der Billigkeit entspricht, kann angesichts der bestehenden Tatsachenunsicherheit „nur“ der Vorwurf sein, die Beklagte habe jedenfalls grob fahrlässig gegen ihre zweite Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verstoßen, indem sie die ihr obliegenden Sorgfaltspflichtanforderungen in besonders hohem Maße missachtet hat. Ob insofern von insgesamt drei Verstößen oder von nur einem einzigen auszugehen ist, spielt für die Frage der Billigkeit der klägerseitig geforderten Vertragsstrafe im Ergebnis keine Rolle.

2. Die von der Klägerin (originär) insgesamt beanspruchten € 90.000,00 entsprechen bei Gesamtbetrachtung nicht der Billigkeit i.S.d. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB. Die Bestimmung der durch die Beklagte zu leistenden Vertragsstrafe ist daher gemäß § 315 Abs. 3 S. 2, 1. Alt. BGB durch Urteil zu treffen.

Die Kammer erachtet nur eine Vertragsstrafe in Höhe von (insgesamt) € 50.000,00 als (gerade noch) billig. In Bezug auf die überschießenden, nach Teilklagerücknahme noch eingeklagten € 40.000,00, ist die Klage unbegründet.

a) Hat ein Unterlassungsgläubiger, wie vorliegend die Klägerin, nach der von der Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung das Recht, im Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht die Höhe der Vertragsstrafe nach sog. neuem Hamburger Brauch nach seinem billigen Ermessen festzusetzen, so ist die vom Gläubiger getroffene Bestimmung der Strafhöhe nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht (vgl. OLG Karlsruhe (U.v. 18.12.2015 – 4 U 191/14), juris, Rn. 34; zur Wirksamkeit eines solchen Vertragsstrafenversprechens, vgl. BGH (U.v. 31.05.1990 – I ZR 285/88) – Vertragsstrafe ohne Obergrenze, juris, Rn. 17).

aa) Bei der Festlegung der Strafhöhe steht dem Bestimmungsberechtigten ein Ermessensspielraum zu. Es gibt nicht nur ein „richtiges“ Ergebnis. Die Bestimmung ist erst dann durch gerichtliches Urteil zu ersetzen, wenn die – mit dem Hinweis auf die Billigkeit – durch § 315 Abs. 3 BGB gezogene Grenze überschritten ist, nicht jedoch schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (vgl. BGH (U.v. 19.05.2005 – I ZR 299/02) – PRO-Verfahren, juris, Rn.44; BGH (U.v. 24.06.1991 – II ZR 268/90), juris, Rn. 7, OLG Karlsruhe (U.v. 18.12.2015 – 4 U 191/14), juris, Rn. 35; jeweils m.w.N.). Das Gericht darf seine Ermessensentscheidung daher nicht an die Stelle der Ermessensentscheidung des Bestimmungsberechtigten setzen. Es hat seine Prüfung darauf zu beschränken, ob und wenn ja, inwiefern die getroffene Bestimmung unbillig ist (vgl. auch OLG Karlsruhe (U.v. 18.12.2015-4 U 191/14), juris, Rn. 35 m.w.N.).

bb) Im Rahmen der hiernach allein zulässigen Billigkeitskontrolle gilt zu beachten, dass Unterwerfungserklärungen, die nach Wettbewerbsverstößen bzw. wettbewerblichen Abmahnungen abgegeben werden, neben der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen vor allem dazu dienen, den Unterlassungsschuldner zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungsverpflichtung anzuhalten. Die versprochene Strafe soll den Schuldner wirksam von weiteren Verstößen abhalten. Deshalb muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für ihn voraussichtlich nicht mehr lohnt. Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe im Einzelfall bemessen sein muss, um dieses Ziel zu erreichen, lässt sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners einschließlich seines möglichem Umsatzes und Gewinns sowie seines Interesses an weiteren gleichartigen Begehungshandlungen abzustellen (vgl. z.B. BGH (U.v. 13.11.2013 – I ZR 77/12) -Vertragsstrafenklausel, Haus & Grund, juris, Rn. 16 f.; BGH (U.v. 30.09.1993 – I ZR 54/91) – Vertragsstrafebemessung, juris, Leitsatz 1 i.V.m. Rn. 20 m.w.N.; OLG Karlsruhe (U.v. 18.12.2015 – 4 U 191/14), juris, Rn. 36; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 12 Rn. 1.139 m.w.N.).

b) Im Streitfall führt die gerichtliche Billigkeitskontrolle anhand dieser Maßstäbe zu der Feststellung, dass die von der Klägerin auf insgesamt € 90.000,00 festgesetzte Vertragsstrafe nicht der Billigkeit entspricht, soweit sie (insgesamt) € 50.000,00 übersteigt. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden € 40.000,00 hat die Klägerin die Grenze des ihr eingeräumten Ermessens überschritten.

aa) Dabei berücksichtigt die Kammer mit der Klägerin, dass die Pflicht der Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe durch einen wiederholten, gleichartigen Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ausgelöst wurde. Die Beklagte hat sich durch zwei vorhergehende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungen nicht von der Begehung identischer Rechtsverletzungen abhalten lasswn. Insofern wiegt ihr Verschulden – selbst wenn die Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt haben mag – sehr schwer. Sie muss sich zumindest den Vorwurf grober Fahrlässigkeit gefallen lassen, wobei fahrlässig gemäß § 276 Abs. 2 BGB handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dies hat die Beklagte in besonders grobem Maße getan. Die von ihr behaupteten Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Wettbewerbsverstöße nach Erhalt der ersten beiden Abmahnungen waren evident ungeeignet, um solche effektiv zu unterbinden. Dass die Beklagte möglicherweise nicht um die Inhalte und das Zusammenspiel ihrer IT-Systeme wusste, begründet bereits schon für sich gesehen einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Hinzu kommt, dass die Beklagte die retournierten Schuhe aus vorhergehenden, wettbewerbswidrigen Verkäufen in ihrem Lagerbestand belassen und für spätere Verkäufe vorgehalten hat, ohne wirksam dafür Sorge zu tragen, dass diese künftig nicht – wie bereits geschehen – unlauter beworben werden. Hierfür genügte es z.B. nicht, die Artikel im PIM zu deaktivieren, sofern sie weiterhin – verknüpft mit der alten, unlauteren Werbung – Bestandteil des Warenwirtschaftssystems waren. Soweit z.B. Maßnahmen wie ein Aushang am schwarzen Brett oder Anweisungen gegenüber Mitarbeitern erfolgt sein sollten, waren auch diese offensichtlich unzureichend, um weitere Wettbewerbsverstöße verlässlich zu vermeiden.

bb) Das Ausmaß der von der Beklagten begangenen Wettbewerbsverletzung/en war insofern beachtlich. Aufgrund ihres Verschuldens wurden auf ihren Internetseiten über mehrere Tage hinweg über 40 Badeschuhe bzw. -sandalen der Marken „I“ und „R“ grob irreführend mit angeblich erheblichen Preisreduktionen beworben. Dieses umfangreiche Angebot konnte – aufgrund der unstreitigen Beliebtheit der Schuhe und der Empfänglichkeit des Verkehrs für vermeintlich preisgünstige Angebote -einen gewaltigen Kaufanreiz entfalten.

Der Klägerin drohte hierdurch ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Dies gilt auch, soweit die Beklagte ggf. nicht alle auf ihrer Internetseite angebotenen Schuhe tatsächlich liefern konnte. Zum einen konnten die Kaufangebote der Beklagten zu einer nachteiligen Überleitung potenzieller Kunden der Klägerin auf diese führen. Zum anderen stand für die Klägerin zu besorgen, dass ihre Angebote vom Verkehr als weniger preisgünstig wahrgenommen werden. Dies konnte für sie zu einem dauerhaften Verlust von (auch etwaigen Stamm-)Kunden führen.

cc) Bei der Bemessung der Höhe der Vertragsstrafe sind daneben die Art und Größe des Beklagtenunternehmens relevant.

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft. Sie konnte nach eigenen Angaben in den Monaten vor dem Vorfall ein rasantes Unternehmenswachstums verzeichnen, ist also recht erfolgreich im Markt tätig.

Badeschuhe der streitgegenständlichen Art gehören zwar vielleicht nicht zu ihrem Kernsortiment, da die Beklagte eine Große Vielzahl verschiedener Waren anbietet, erscheint es aber gut möglich, dass sich ein Unternehmen wie die Beklagte durch unlautere Angebote im Wege des sog. Cross-Sellings auf anderem Gebiet Kundenkreise erschließt und auf diese Weise seinen Umsatz und Gewinn steigert.

dd) Unter Berücksichtigung aller aufgezeigten Faktoren hält die Kammer eine Vertragsstrafe von insgesamt € 50.000,00 für (gerade noch) billig.

Eine Vertragsstrafe von (insgesamt) € 90.000,00, wie sie die Klägerin als legitim erachtet, basiert auf der klägerischen Annahme, die Beklagte habe vorsätzlich verschiedene Einzelverstöße begangen. Dieser Verschuldensvorwurf lässt sich den Gesamtumständen, wie dargetan, nicht entnehmen. Eine derart hohe Vertragsstrafe würde angesichts dessen dem Umstand nicht gerecht, dass die Beklagte bei objektiver Betrachtung keine hartnäckige „Wiederholungstäterin“ ist, die sich aus wirtschaftlichem Profitstreben gezielt über geltendes Recht hinwegsetzt. Die Beklagte hat zwar mehrfach identische Rechtsverletzungen begangen, ihre Versäumnisse jedoch stets umgehend eingeräumt und zudem freiwillig die ihres Erachtens geschuldeten Zahlungen erbracht hat. Mit Blick auf die von ihr geschilderten Bemühungen um ein rechtskonformes Verhalten und die von der Beklagten nachvollziehbar in Abrede gestellten erheblichen Profite mit dem Vertrieb der streitgegenständlichen Badeschuhe (als solche), erscheint es unbillig, die Beklagte mit einer insgesamt € 50.000,00 übersteigenden Vertragsstrafe zu belasten. Um von der Legitimität einer Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt € 90.000,00 ausgehen zu können, hätten der Klägerin durch das Verhalten der Beklagten schon sehr hohe Umsatzeinbußen entstanden sein, jedenfalls aber drohen müssen. Dies ist weder dargetan noch ersichtlich. Eine schon vergleichsweise hohe Vertragsstrafe von € 50.000,00 scheint daher (gerade noch) angemessen, um die Beklagte von künftigen Verstößen der zu unterlassenden Art abzuhalten und den der Klägerin durch den unlauteren Wettbewerb potenziell entstandenen Schaden pauschal abzugelten.

3. Gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB kann die Klägerin auf den ihr noch zustehenden Betrag in Höhe von € 40.000,00 (erst) seit dem 15.08.2015 (und nicht bereits seitdem 08.08.2015) Verzugszinsen verlangen.

Die Klägerin hat die Beklagte in ihrem dritten Abmahnschreiben vom 05.08.2015 zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. € 50.000,00 bis spätestens 14.08.2015 aufgefordert (vgl. Anlage K 10, S. 4). Die Beklagte befindet sich folglich analog § 288 Abs. 1 BGB erst seit dem 15.08.2015 in Verzug.

B. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., 709 S. 1 und 2 ZPO

Eine Quote von 40% zu Lasten der Klägerin und 60% zu Lasten der Beklagten entspricht – gemessen an der Hauptforderung von originär insgesamt € 91.973,90 -dem wechselseitigen Verhältnis des Unterliegens.

I. Hinsichtlich der Klageforderung von (nunmehr) € 80.000,00, ist die Klägerin in Höhe von € 40.000,00 unterlegen.

II. Soweit die Klägerin ihre Klage im Anschluss an die von der Beklagten zwischen An- und Rechtshängigkeit erbrachte Teilzahlung in Höhe von € 11.973,90 gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO (nebst Zinsen) teilweise zurückgenommen hat, sind die durch diesen Teil der anfänglichen Klageforderung verursachten (Mehr-)Kosten von der Beklagten zu tragen. Deren Unterliegen beläuft sich demnach rechnerisch auf insgesamt € 51.973,90.

1. Sofern der Anlass zur Einreichung einer Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, bestimmt sich die Kostentragungspflicht gemäß § 269 Abs. 3 S. 3. 1. Halbsatz ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen.

Vorliegend entspricht es der Billigkeit, die Beklagte als (voraussichtlich/) unterliegende Partei mit den auf diesen Teil der originären Klageforderung entfallenden Kosten zu belasten.

2. Hinsichtlich der von der Beklagten auf die Vertragsstrafenforderung gezahlten € 10.000,00, wird für die Legitimität dieser Klageforderung auf die obigen Ausführungen unter lit. A. verwiesen.

Die Zinsforderung der Klägerin war insoweit zwar teilweise unschlüssig (der Klägerin standen nicht bereits Zinsen ab dem 08.08.2015, sondern erst ab dem 17.08.2015 zu), da Zinsen den Streitwert als bloße Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO nicht erhöhen, hat die Klägerin die Klage insofern aber ohne Kostenfolge zurücknehmen können.

3. Den auf die eingeklagten Abmahnkosten i.H.v. € 1.973,90 entfallenden Teil der Klageforderung hat die Beklagte freiwillig beglichen. Sie hat ihre Pflicht zur Abmahnkostenerstattung – wenn vielleicht nicht ohne rechtliche Bedenken -ausdrücklich anerkannt. Ihre Kostentragungslast folgt insofern aus ihrem Anerkenntnis.

Soweit die Klägerin originär keinen Zinszahlungsanspruch hatte (die Beklagte schuldete mangels einer ihr zur Zahlung der Abmahnkosten gesetzten Frist theoretisch nur Prozesszinsen ab dem 23.10.2015, wobei sie die Abmahnkosten bereits zuvor bezahlt hat), bleibt die Teilklagerücknahme für die Klägerin auch insofern ohne Kostenfolgen.

4. Eine Belastung der Klägerin mit auf die Teilzahlung der Beklagten entfallenden Kosten nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO kommt nicht in Betracht.

Die erstmalige Behauptung der Beklagten in deren nachgelassenem Schriftsatz vom 20.01.2016, sie habe der Klägerin die Überweisung der Abmahnkosten sowie eines Betrages in Höhe von € 10.000,00 bereits einen Tag vor der Klageeinreichung am 26.08.2015 verbindlich angekündigt und die Überweisung auch entsprechend veranlasst, rechtfertigt nicht die Annahme einer fehlenden Klageveranlassung durch die Beklagte. Auch insofern besteht daher kein Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Der von der Beklagten vorgelegten E-Mail vom 26.08.2015 lässt sich keine verbindliche Zahlungsankündigung entnehmen (vgl. Anlage B 3). Die Beklagte hat in ihrer E-Mail vom 26.08.2015 zwar ein schon zuvor unterbreitetes Angebot, € 10.000,00 zu zahlen und die für die erneute Abmahnung „erforderlichen“ Abmahnkosten zu übernehmen, aufrecht erhalten, sie hat die Höhe der als „erforderlich“ erachteten Abmahnkosten aber nicht spezifiziert. Zudem hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die avisierte Zahlung als Signal ihrer Einigungsbereitschaft zu verstehen sei und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage erfolge. Die Klägerin musste angesichts dessen nicht davon ausgehen, hinsichtlich eines Teilbetrages von € 11.973,90 auch ohne gerichtliches Vorgehen zu ihrem Recht zu kommen.

Hinzu kommt, dass sich die Beklagte am 26.08.2015 sowohl mit der von der Klägerin in deren drittem Abmahnschreiben bis spätestens 14.08.2015 geforderten Vertragsstrafenzahlung in Verzug befand, als auch innerhalb der ihr in diesem Schreiben bis zum 07.08.2015, 12:00 Uhr, gesetzten Frist (vgl. insofern Anlage K 10) keine Verpflichtung zur Abmahnkostenerstattung übernommen hat. Sie hat daher auch insoweit Anlass zur Klageeinreichung gegeben.

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