Kündigung ist keine irreführende geschäftliche Handlung

16. Mai 2018
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Hand steckt einen Brief mit der Aufschrift Kündigung in einen gelben Postkasten Urteil des LG Aachen vom 20.03.2018 (Az.: 41 O 51/17)

Eine irreführende geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG setzt unter anderem voraus, dass es sich um eine nachprüfbare Behauptung handelt, die sich bei der Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch herausstellt. Dagegen stellt das Vertreten einer Rechtsauffassung, wie beispielsweise bei einer Kündigung, eine nicht nachprüfbare Meinungsäußerung dar. Vor allem bei der Kündigung von Altbausparverträgen, die umstritten ist, kann nicht von einem eindeutigen Richtig oder Falsch ausgegangen werden.

Landgericht Aachen

Urteil vom 20.03.2018

Az.: 41 O 51/17

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung kommenden Betrages vorläufig vollstreckbar

Tatbestand

Der Kläger ist der C. Die Beklagte ist eine Bausparkasse mit Sitz in B.

Zu Ende des Jahres 2016 wandte sich die Beklagte in einer Mehrzahl von Fällen an Verbraucher, welche mit der Beklagten einen Bausparvertrag geschlossen hatten. So bot sie unter dem 22.11.2016 einem Verbraucher den Wechsel seines Altvertrages auf einen, von ihr zeitgemäß genannten Tarif E2 an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K1 zur Klageschrift.

Nachdem der Verbraucher auf dieses Schreiben nicht reagiert hat, wandte sich die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 24.01.2017 erneut an ihn und bedauerte, dass er das Angebot zu einem Tarifwechsel nicht angenommen habe. Sodann gab sie folgenden Hinweis:

„Ein Bausparvertrag ist kein bankübliches Sparkonto, Zweck des Bausparens ist vielmehr zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen.

Nutzt nun ein Teil der Bausparer seinen Bausparvertrag aus Renditegesichtspunkten erkennbar nur zur Geldanlage, so wirkt sich dies äußerst negativ zu Lasten der anderen Bausparer aus.

Die lang andauernde Niedrig- und mittlerweile Nullzinsphase, die zwischenzeitlich auch zu einer in der Vergangenheit für ausgeschlossen gehaltenen Negativverzinsung geführt hat, stellt für die B1 eine nicht vorhersehbare schwerwiegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse dar. Die Bausparkasse kann die hohen Guthabenzinsen mit ihren nach dem Bausparkassengesetz eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten auf den Kapitalmärkten nicht mehr erwirtschaften. Gleichzeitig nehmen die durch entsprechen Alttarife begünstigten Bausparer das Bauspardarlehen (zu dessen Erlangung der Bausparvertrag ursprünglich abgeschlossen wurde) zumeist nicht in Anspruch, wodurch der Bausparkasse auch die entsprechenden Darlehenszinseinnahmen fehlen.

Dieses deutliche Ungleichgewicht von Aufwand und Ertrag kann die B1, deren vordringliche Aufgabe die verantwortungsvolle Verwaltung und Steuerung des Bausparkollektivs ist, nicht hinnehmen. Es bedarf vielmehr nachhaltiger Korrekturmaßnahmen mit dem Ziel, eine Beschädigung unserer Bausparkasse und die damit verbundene Benachteiligung der gesamten Bausparergemeinschaft zu verhindern.“

Im weiteren Verlauf des Schreibens wies die Beklagte darauf hin, dass der Verbraucher entweder Tarifwechsel vornehmen oder sich seinen Bausparvertrag auszahlen lassen könne. Für den Fall, dass eine solche Maßnahme nicht bis zum 07.02.2017 getroffen werde, werde sie, die Beklagte, den Bausparvertrag kündigen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 24.01.2017 wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.03.2017 nahm die Beklagte dann die angekündigte Kündigung vor. Hierbei führte sie unter anderem aus:

„Da Sie unserer Aufforderung zur Vertragsanpassung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen sind, kündigen wir hiermit den Bausparvertrag zum

12.04.2017.

Wegen der Begründung unserer Kündigung verweisen wir auf die bereits geführte Korrespondenz.

Wir machen deutlich, dass ein Bausparvertrag kein bankübliches Sparkonto ist und nicht zur Geldanlage genutzt werden darf. Verhalten sich die Inhaber hoch verzinslicher, mit den aktuellen finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu vereinbarender Bausparverträge nicht dementsprechend, so schädigt dies nicht nur die Bausparkasse, sondern auch die gesamte Bausparergemeinschaft.

Um dies zu verhindern, haben wir auch Ihnen ein Angebot auf Vertragsanpassung zu aktuellen Marktverhältnissen unterbreitet. Da Sie dieses Vertragsanpassungsangebot nicht angenommen haben, sehen wir uns gezwungen, Ihren Bausparvertrag nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB aus wichtigem Grund bzw. nach § 313 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu kündigen.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 14.03.2017 wird Bezug genommen auf die Anlage K3 zur Klageschrift.

Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Er sieht in dem Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen die §§ 3 Abs. 1 i. V. m. 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 7 UWG. Darüber hinaus lägen Verstöße gegen § 3 Abs. 2 UWG und § 1 UKlaG in analoger Anwendung vor.

Er beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Vorstand, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, mit denen ein Bausparvertrag geschlossen wurde, zu behaupten, dass der Bausparvertrag lediglich aufgrund einer nach Vertragsschluss eingetretenen Niedrigphase des Leitzinses aus wichtigem Grund und/oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage gekündigt werden könne, wenn dies geschieht wie in Anlage K3 wiedergegeben,

II.

die Beklagte zu verurteilen, den Empfängern der Kündigungsschreiben mit dem in Anlage K3 wiedergegebenen Inhalt ein individualisiertes Berichtigungsschreiben zu senden, in dem die Verbraucher darüber informiert werden, dass eine Kündigung allein aufgrund einer nach Vertragsschluss eingetretenen Niedrigphase des Leitzinses aus wichtigem Grund und/oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage rechtswidrig und unwirksam ist,

III.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,

mit der Maßgabe, dass sowohl in den Passagen I. und II. die Worte „Niedrigphase des Leitzinses“ ersetzt werden durch die Worte „Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, hilfsweise zu I. das Wort „lediglich“ entfällt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für zu unbestimmt.

Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass sie zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt gewesen sei. Ferner meint sie, dass die Kündigung eine reine Rechtshandlung darstelle. Es fehle bei der gegebenen Begründung Tatsachen, über die eine Irreführung möglich sei. Zudem erhebt sie die Einrede der Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 27.02.2018.

Entscheidungsgründe

Die Klage, insbesondere der Klageantrag zu I. ist zulässig.

Der Kläger ist eine in die Liste nach § 3 UKlaG eingetragene Einrichtung. Dies berechtigt ihn, Ansprüche nach den §§ 3, 1, 2 UKlaG geltend zu machen. Gleiches gilt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG für Ansprüche nach den §§ 3 ff UWG. Dies ist zwischen den Parteien auch nicht streitig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klageantrag zu I. bestimmt genug.

Ein bestimmter Klageantrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist erforderlich, um den Streitgegenstand und den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnisse des Gerichtes festzulegen sowie die Tragweite des begehrten Verbotes zu erkennen und die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festzulegen (BGH GRUR 2011, 521 Rdnr. 9).

Der Unterlassungsanspruch verlangt eine konkrete Verletzungshandlung, für die Wiederholungs– oder Erstbegehungsgefahr die Voraussetzungen einer stattgebenden Unterlassungsklage sind. Dementsprechend muss der Klageantrag, sofern er sich nicht in zulässiger Weise auf ein Verbot der Handlung, so wie sie begangen worden ist, beschränkt (vgl. BGH GRUR 2001, 453, 454), grundsätzlich auf die konkrete Verletzungsform abstellen. Dies ist aber keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage, § 12 Rdnr. 2.43). Eine unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform liegt auch dann vor, wenn der Klageantrag die Handlung abstrakt beschreibt, sie aber mit einem „wie“-Zusatz konkretisiert (derselbe, ebenda, m. w. Nachweisen).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist der Klageantrag zu I. bestimmt genug. Er beschreibt verallgemeinernd das gewollte Verbot der Handlung und nimmt sodann zur Konkretisierung auf die Anlage K3 Bezug. Damit ist die Verletzungsform hinreichend bestimmt. Die Frage, ob gegen die so beschriebene Verletzungsform durch die Beklagte verstoßen worden ist, ist keine der Zulässigkeit, sondern eine der Begründetheit, s.o.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung teilweise Änderungen des Klageantragstextes vorgenommen hat, kann es an dieser Stelle (siehe aber unten) dahinstehen, ob insoweit eine Klageänderung vorliegt. Diese wird von der Kammer jedenfalls für sachdienlich erachtet, da mit Zulassung der Klageänderung der Streit der Parteien insgesamt behandelt werden kann.

Die Klage ist in der Sache aber ohne Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus § 3 UWG i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG nicht zu.

Dabei kann es dahinstehen, ob in dem Verhalten der Beklagten eine geschäftliche Handlung, die untersagt werden kann, liegt (zu Problematik siehe Köhler, Unzulässige geschäftliche Handlungen bei Abschluss und Durchführung eines Vertrages, WRP 2009, 898, 901).

Nicht geklärt werden muss darüber hinaus die Frage, ob hier die für das begehrte Unterlassungsgebot erforderliche Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr (vgl. hierzu: Derselbe, ebenda, 903) bejaht werden kann.

Ebenso wenig muss im Fall geklärt werden, ob der Beklagten ein Recht zur Vertragskündigung zustand.

Selbst wenn man nämlich zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass die Auffassung der Beklagten zur Kündigung unzutreffend war, so würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch wäre nämlich nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG, dass eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen worden ist (so: § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben und sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 UWG im Einzelnen genannten Umstände enthält.

Bedingung ist jedoch, dass es sich um nachprüfbare Behauptungen als irreführende Angaben handelt, die sich bei einer Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch erweisen können, über die man also eigentlich nicht streiten kann (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2012, I ZR 105/11; Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 15.11.2016, 4 O 106/16, Seite 13). Es kommen also nur nachprüfbare Behauptungen als irreführende Angaben in Betracht (vgl. Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage, § 5 Rdnr. 1.18). Keinesfalls kann es einem Unternehmen verwehrt werden, im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten (derselbe, ebenda). Eine als solche Rechtsansicht ist als Meinungsäußerung einer inhaltlichen Überprüfung nicht zugänglich. Ob sie sich als richtig erweist oder nicht, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf dass sich diese Rechtsansicht bezieht (derselbe, ebenda).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze kann im Fall nicht von einer irreführenden Angabe im Sinne des § 5 UWG ausgegangen werden. Die Frage, ob eine Bausparkasse sogenannte Altbausparverträge, für die sie einen hohen Zins zahlen muss, in der jetzigen Zinssituation kündigen darf, ist äußerst umstritten (vgl. nur Haertlein, Kündigung von Bausparverträgen wegen Störung der Geschäftsgrundlage, Betriebswirtschaftsrecht, Betriebs- Berater 2018, 259 ff), so dass von einem eindeutigen Richtig oder Unrichtig nicht ausgegangen werden kann. Hieraus folgt, dass eine irreführende Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG nicht vorliegt und somit ein Anspruch nach den §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG nicht gegeben ist.

Dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Kündigung erwähnt hat, es gebe Bausparverträge, welche „mit den aktuellen finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ nicht zu vereinbaren seien, ändert an dem dargestellten Ergebnis nichts. Hiermit wird allenfalls eine Begründung der Rechtsansicht, es gebe ein Kündigungsrecht vorgetragen, die so unbestimmt ist, dass sie ebenfalls keinen nachprüfbaren Tatsachenkern enthält.

Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch aus § 3 Abs. 2 UWG. Angesichts der streitigen Rechtsfrage zur Kündigung von Bausparverträgen in den hier maßgeblichen Fällen, kann hier von einer fehlenden unternehmerischen Sorgfalt nicht ausgegangen werden, wenn die Beklagte die ihr günstige Rechtsauffassung übernimmt.

Es liegt auch kein Fall des § 7 UWG vor.

Belästigend ist eine geschäftliche Handlung, die dem Empfänger aufgedrängt wird und die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem Inhalt als störend empfunden wird (vgl. BGH GRUR 2011, 747 Rdnr. 17). Jedoch fällt unter den Begriff der „Belästigung“ nicht der belästigende Inhalt einer Werbung, da § 7 UWG kein Instrument zur Kontrolle des Inhalts von Werbung (nunmehr geschäftliche Handlung) darstellt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 7 Rdnr. 19 mit weiteren Nachweisen).

Hier ist das Auftreten der Beklagten im Zusammenhang mit der Kündigung des Vertrages jedoch unspektakulär. Sie hat nach vorausgegangenem Schriftverkehr ihrem Geschäftspartner lediglich die Kündigung des Vertragsverhältnisses ausgesprochen, dies durch einfachen Brief. Darin kann keine Belästigung gesehen werden. Andernfalls würde man einen Vertragspartner unter Heranziehung der Vorschriften des UWG eine Vertragskündigung unmöglich machen.

Es besteht auch kein Anspruch nach § 1 UKlaG in analoger Anwendung.

Die Kammer kann keine planwidrige Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung des § 1 UKlaG zu erkennen.

Liegt, wie der Kläger meint, ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306 a BGB vor, kann der Kläger ohne Rückgriff auf einen Analogieschluss unmittelbar nach § 1 UKlaG vorgehen ( vgl.: BGH Urteil vom 8.3.2005-XI ZR 154/04, juris, Rdnr.28); Palandt/Grüneberg, BGB, 7.Aufl., § 306a, Rdnr.2).

Insoweit ist aber eine Entscheidungsbefugnis der Kammer nicht gegeben, da aufgrund der in NRW nach § 6 II UKlaG erlassenen Verordnung über gerichtliche Entscheidungen nach den §§ 1 und 2 UKlaG ( GVBl. 2002, 446) für Klagen nach § 1 UKlaG das Landgericht Köln zuständig ist.

Da nach alledem der Klageantrag zu I. unbegründet ist, ist auch der auf ihn fußende Klageantrag zu II. ohne Erfolg. Entsprechendes gilt für den geltend gemachten Auslagenerstattungsanspruch.

Darüber hinaus ist die Klage aber auch deshalb abzuweisen, weil Ansprüche des Klägers aufgrund Verbraucher schützender Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerbs verjährt sind.

Nach § 11 UWG verjähren Ansprüche nach den §§ 8, 9 und 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in sechs Monaten. Dabei beginnt die Verjährungsfrist, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Hier hatte der Kläger spätestens seit Formulierung seines Abmahnschreibens vom 19.05.2017 (Anlage K7) Kenntnis von dem nach seiner Auffassung unzulässigen Inhalt der Anlage K3 und somit von einem etwaigen Wettbewerbsverstoß der Beklagten. Zwar hat der Kläger alsbald danach, nämlich mit Schreiben vom 17.07.2017, hier bei Gericht am 20.07.2017 eingegangen, Klage auf Unterlassung gegen die Beklagte erhoben. Jedoch hat dieser Umstand nur zur Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung gemäß § 204 BGB hinsichtlich des damals angekündigten Klageantrages geführt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Hinweis des Gerichtes, dass die Formulierung in der Anlage K3 nicht in jedem Punkt identisch sei mit der abstrakten Formulierung der gewünschten Unterlassungshandlung, seine Klageanträge zu I. und II. dahingehend geändert, dass die Worte „Niedrigphase des Leitzinses“ ersetzt werden sollen durch die Worte „Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ (so nicht in K3 enthalten).

Mit der Neufassung hat der Kläger aber eine Änderung des Streitgegenstandes vorgenommen mit der Folge, dass die hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages eingetretene Hemmung der Verjährung sich nicht auf die neu formulierten Klageanträge bezieht. Dies hat zur weiteren Folge, dass hinsichtlich der Klageänderung Rechtsverfolgung erst in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2018 vorgenommen worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war aber aufgrund der oben dargestellten Laufzeit der Verjährungsfrist im Fall bereits Verjährung eingetreten, so dass, da die Beklagte sich hierauf beruft, die Klage auch aus diesem Grunde abweisungsreif ist.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die neu formulierten Anträge nicht von der abstrakten Formulierung des Klageantrages, wie er mit der Klageschrift vom 17. Juli 2017 vorgenommen worden ist, umfasst. Der Kläger hat mit letztgenannter Schrift eine unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform vorgenommen und damit den Streitgegenstand konkret beschrieben.

Eine unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform liegt nämlich auch dann vor, wenn der Klageantrag die Handlung abstrakt (wie hier) beschreibt, sie aber mit einem „wie“-Zusatz konkretisiert (vgl. BGH WRP 2011, 873 Rdnr. 17 – Köhler, a. a. O., § 12 Rdnr. 2.43). Die abstrakte Kennzeichnung hat dabei die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die als „kerngleiche“ Handlungen von dem Verbot erfasst sein sollen (derselbe, ebenda). Die Besonderheit des Falles liegt hier darin, dass der Kläger mit Klageschrift vom 17. Juli 2017 in der abstrakten Beschreibung seines Begehrens Bezug nimmt auf einen angeblich von der Beklagten verfassten Text, der sich so in der Anlage K3 nicht wiederfindet. In der Anlage K3 begründet die Beklagte das nach ihrer Auffassung vorhandene Kündigungsrecht nämlich nicht im Hinblick auf eine „lediglich“ „aufgrund einer nach Vertragsschluss eingetretenen Niedrigphase des Leitzinses“. Vielmehr wird in dem Fließtext auf aktuelle finanzwirtschaftliche Rahmenbedingungen hingewiesen. Hinsichtlich des Kündigungsrechts heißt es, dass die Beklagte dem Verbraucher ein Angebot auf Vertragsanpassung zu aktuellen Marktverhältnissen unterbreitet habe. Da dieses Vertragsanpassungsgebot nicht wahrgenommen werde, kündige die Beklagte den Bausparvertrag aus wichtigem Grund bzw. wegen Störung der Geschäftsgrundlage. Als Grund für die Kündigung wird in der Anlage K3 nicht angeführt, dass sich die Zinslandschaft verändert habe. Vielmehr wird das fehlende Eingehen auf das Vertragsanpassungsgebot als Kündigungsgrund angegeben.

Es ist ersichtlich, dass dem Kläger die Änderung des allgemeinen Zinsniveaus im Hinblick auf seine Klageabfassung zumindest bis zur mündlichen Verhandlung von besonderer Bedeutung war. Dies ergibt sich z. B. aus Blatt 7 der Klageschrift. Die für den Kläger vorhandene Wichtigkeit der Veränderung des Zinsniveaus folgt zudem aus den Ausführungen im Schriftsatz vom 29.11.2017. Der Kläger konkretisiert zwar durch die Bezugnahme auf die Anlage K3 das, was er untersagt haben will. Jedoch korrespondiert anders als in den Fällen BGH, Urteil vom 10.02.2011 – I ZR 183/04 und Urteil vom 02.06.2005 – I ZR 252/02, jeweils Juris, das abstrakt formulierte Unterlassungsgebot nicht mit dem konkret in Bezug genommenen Text. Der Hinweis auf aktuelle finanzwirtschaftliche Rahmenbedingungen geht deutlich weiter und ist wesentlich unkonkreter als der Text des ursprünglichen Klageantrages, der auf nach Vertragsschluss eingetretene Niedrigphase des Leitzinses Bezug nimmt. Da, wie bereits dargelegt, dem Kläger gerade die Diskussion um die Änderung des Leitzinses besonders wichtig war, führt die Auslegung des ursprünglichen Klageantrages in Verbindung mit der hierzu gegebenen Klagebegründung dazu, dass Streitgegenstand die abstrakte Formulierung der Verletzungshandlung sein sollte. Dies hat in der mündlichen Verhandlung dazu geführt, dass die Kammer auf ein mögliches Fehlen der Begehungsgefahr hingewiesen hat.

Die daraufhin erfolgte Änderung des Klageantrages stellt eine Klageänderung dar. Denn nunmehr wird ein anderer Streitgegenstand eingeführt, der sich konkret durch den „wie“-Zusatz auf die Anlage K3 bezieht. Damit wird aber ein anderer Text Gegenstand der Überprüfung des Gerichtes. Wie bereits dargelegt ist der Hinweis auf aktuelle finanzwirtschaftliche Rahmenbedingungen wesentlich weiter gefasst als der bloße Hinweis auf eine Niedrigzinsphase. Dieser neue Streitgegenstand ist aber erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2018 eingeführt und anhängig gemacht worden. Zu diesem Zeitpunkt war aber, wie bereits dargelegt, Verjährung eingetreten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 91, 709 ZPO.

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