Irreführung über Objektivität von Testveranstaltern
Bundesgerichtshof
Urteil vom 12.05.2022
Az.: I ZR 203/20
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart – 2. Zivilsenat – vom 5. November 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin hinsichtlich des Klageantrags zu 1.1 zu Lasten der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung und im Kostenpunkt wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Stuttgart – 37. Kammer für Handelssachen – vom 13. Januar 2020 teilweise abgeändert.
Der Klageantrag zu 1.1 wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Beklagte 53% und die Klägerin 47% zu tragen. Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 64% und die Beklagte 36% zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist die Berufsvertretung der Apotheker im Bezirk Nordrhein. Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke und darauf spezialisiert, Arzneimittel nach Deutschland zu liefern.
Im Jahr 2019 warb die Beklagte in verschiedenen Werbespots mit dem Slogan „S. -Apotheke – Die beste Online-Apotheke Deutschlands“. Am rechten Bildrand erschien das Logo „Webshop Awards Germany 2018 – 2019 Online Apotheke“ und am unteren Bildrand in sehr kleiner Schrift der Hinweis „Online-Verbraucher-Befragung in Deutschland im Zeitraum 15.05. bis 03.09.2018, durchgeführt von Q. , insgesamt 87.650 Bewertungen in 20 Kategorien. Mehr Informationen unter ‚www.webshopawards.de'“. Auf dieser Internetseite finden sich unter anderem die folgenden Erläuterungen:
In einer Online-Befragung, durchgeführt von Q. , wählen die Verbraucher in Deutschland jährlich die besten Handelsketten und Online-Shops in verschiedenen Kategorien. Qualitativ bewertet werden die Handelsketten nach folgenden Kriterien: Preisniveau, Aktionen und Angebote, Produktqualität, Zusammenstellung des Sortiments, Service, Fachkenntnisse Personal, Kundenfreundlichkeit Personal, Erscheinungsbild und Erfahrung, Atmosphäre, Vertrauenswürdigkeit. Die Ergebnisse werden ausgewertet und notariell überprüft.
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Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Werbung ab. Die Beklagte gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Im Juni und Juli 2019 warb die Beklagte erneut im Fernsehen entsprechend der nachfolgend eingeblendeten Anlage A mit dem Slogan „S. -Apotheke – Die beste Online-Apotheke Deutschlands“. Darunter befand sich nunmehr der durch einen roten Balken hervorgehobene Zusatz „Von Verbrauchern gewählt!“.
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Die Klägerin mahnte die Beklagte auch wegen dieser Werbung ab und forderte sie zur Zahlung einer Vertragsstrafe auf. Die Beklagte wies die Ansprüche zurück.
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Endverbrauchern mit der Angabe „Die beste Online-Apotheke Deutschlands“ zu werben, wenn dies wie in Anlage A dargestellt geschieht (Klageantrag zu 1.1), und/oder ohne darauf hinzuweisen, dass der Sitz der Beklagten in den Niederlanden ist (Klageantrag zu 1.2). Außerdem hat sie die Beklagte auf Zahlung der Vertragsstrafe und Erstattung ihrer Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung ist im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat die Revision zugelassen, soweit hinsichtlich des Klageantrags zu 1.1 zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung des Klageantrags zu 1.1 weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die angegriffene Werbung als irreführend und damit unlauter im Sinne von § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG angesehen. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 1 UWG verwendete Begriff des „Tests“ umfasse nach der gebotenen weiten Auslegung auch sogenannte Konsumententests, bei denen die subjektive Einschätzung von Verbrauchern im Vordergrund stehe. Der Durchschnittsverbraucher erwarte bei der Werbung mit einem Testergebnis, dass der Test die Anforderungen der Rechtsprechung an die Durchführung eines Tests erfülle und deshalb objektiv, neutral, sachkundig und repräsentativ durchgeführt worden sei. Es sei nicht belegt, dass das Testergebnis nicht seriös gewonnen worden sei; dies gehe zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin. Dasselbe gelte, soweit unklar bleibe, ob das Ergebnis der Verbraucherbefragung als repräsentativ gelten könne.
Allerdings sei der Test auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts nicht objektiv und neutral durchgeführt worden. Letzteres setze eine Unabhängigkeit des Testveranstalters voraus, die hier nicht gegeben sei. Der Testveranstalter verkaufe Werbepakete und die Unternehmen als Käufer der Werbepakte gingen selbstverständlich davon aus, durch den Kauf dieser Pakete ihre Chancen zu verbessern. Hinzu komme, dass mit der Werbung das Abstimmungsverhalten der Kunden und damit das Ergebnis der Verbraucherbefragung beeinflusst werden solle. Auf den genauen Inhalt der Werbepakete komme es nicht an. Entscheidend sei, dass der Testveranstalter seine Unabhängigkeit aufgebe, indem er kostenpflichtige Werbepakete anbiete. Die wettbewerbliche Relevanz und die Wiederholungsgefahr seien zu bejahen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Revisionszulassung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG nicht angenommen werden. Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, ist der noch streitgegenständliche Unterlassungsantrag gemäß § 563 Abs. 3 ZPO zur Abweisung reif.
1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über – nachfolgend aufgezählte – Umstände enthält (Fall 2); hierzu rechnen gemäß Nr. 1 auch solche über die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen.
§ 5 Abs. 1 UWG setzt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie falsche Angaben enthält und somit unwahr ist oder wenn sie in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation, selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf einen oder mehrere der nachstehend aufgeführten Punkte täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist und ihn in jedem Fall tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Zu den nachstehend aufgeführten Punkten zählen nach Art. 6 Abs. 1 Fall 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG unter anderem die Ergebnisse und wesentlichen Merkmale von Tests oder Untersuchungen, denen das Produkt unterzogen wurde.
2. Für den Erfolg des Rechtsmittels kommt es nicht darauf an, ob das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, dass die Herausstellung der „Webshop Awards Germany“ eine Angabe über die Ergebnisse eines Tests im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG darstellt. Zunächst kommt nach dem Vorbringen der Klägerin grundsätzlich auch ein Anspruch auf Unterlassung aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 1 UWG wegen des Vorliegens einer unwahren und irreführenden Tatsachenbehauptung in Betracht (dazu unter II 2 a). Jedenfalls aber kann eine irreführende geschäftliche Handlung auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht angenommen werden (dazu unter II 2 b).
a) Es kommt nicht darauf an, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 2 der Richtlinie 2005/29/EG) – anders als § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG) – nicht nur unwahre Tatsachenbehauptungen, sondern neben wahren Tatsachenbehauptungen unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen erfasst, die zur Täuschung des Durchschnittsverbrauchers geeignet sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2019 – I ZR 93/17, GRUR 2019, 754 Rn. 25 bis 29 = WRP 2019, 883 – Prämiensparverträge; Urteil vom 23. April 2020 – I ZR 85/19, GRUR 2020, 886 Rn. 41 = WRP 2020, 1017 – Preisänderungsregelung). Im Streitfall macht die Klägerin eine unwahre Tatsachenbehauptung geltend, die grundsätzlich von beiden Fallgruppen irreführender geschäftlicher Handlungen erfasst wird. Sie beruft sich darauf, die in der angegriffenen Werbung aufgestellte Behauptung der Beklagten, ihre Apotheke sei von Verbrauchern zur besten Online-Apotheke Deutschlands gewählt worden, sei unwahr, weil der damit erweckte Eindruck, das Wahlergebnis beruhe auf einer objektiven und neutralen Konsumentenbefragung, unzutreffend sei. Da die Klägerin ihre Ansprüche darauf stützt, die beanstandete Angabe sei zur Täuschung der Verbraucher geeignet, kann offenbleiben, ob auch unwahre Angaben im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG) zur Täuschung geeignet sein müssen oder ob bei ihnen das Erfordernis der Täuschungseignung entfällt (zum Meinungsstand vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 244/16, GRUR 2018, 950 Rn. 42 = WRP 2018, 1069 – Namensangabe; Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 216/17, GRUR 2019, 1202 Rn. 21 = WRP 2019, 1471 – Identitätsdiebstahl I). Diese Frage stellt sich nur in dem – tatsächlich wohl kaum vorkommenden und hier von der Klägerin auch nicht behaupteten – Fall, in dem eine unwahre Angabe nicht zur Täuschung der Verbraucher geeignet ist, weil diese ihre Unwahrheit erkennen.
Es kommt ferner nicht darauf an, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 2 der Richtlinie 2005/29/EG) einen abschließenden Katalog der Umstände enthält, über die zur Täuschung geeignete Angaben mit der Folge gemacht werden können, dass eine irreführende Handlung vorliegt (offenlassend BGH, GRUR 2018, 950 Rn. 41 – Namensangabe; GRUR 2019, 1202 Rn. 20 – Identitätsdiebstahl I, mwN). Eine geschäftliche Handlung, die eine im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG) unwahre Angabe enthält, kann unabhängig davon im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG (Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG) irreführend sein, ob diese Angabe einen der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 2 der Richtlinie 2005/29/EG) aufgeführten Umstände betrifft (vgl. BGH, GRUR 2018, 950 Rn. 41 – Namensangabe; GRUR 2019, 1202 Rn. 20 – Identitätsdiebstahl I). Bei § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG (Art. 6 Abs. 1 Fall 1 der Richtlinie 2005/29/EG) handelt es sich um einen völlig offenen Tatbestand (vgl. BGH, GRUR 2018, 950 Rn. 41 – Namensangabe; GRUR 2019, 754 Rn. 23 – Prämiensparverträge). Die in § 5 Abs. 1 UWG (Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG) enthaltene Aufzählung ist durch das Wort „oder“ eindeutig allein dem zweiten Fall, also dem der zur Täuschung geeigneten Angaben, zugeordnet. Es kommt daher nicht darauf an, ob es sich bei der von der Klägerin als unwahr und irreführend beanstandeten Behauptung der Beklagten, ihre Apotheke sei von Verbrauchern zur besten Online-Apotheke Deutschlands gewählt worden, um eine Angabe über das Ergebnis eines Tests (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 1 UWG) bzw. eines Tests oder einer Untersuchung (Art. 6 Abs. 1 Fall 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG) handelt.
b) Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann eine irreführende geschäftliche Handlung in Form einer unwahren und irreführenden Tatsachenbehauptung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 1 oder 2 UWG allerdings nicht angenommen werden.
aa) Eine Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2019 – I ZR 161/18, GRUR 2020, 299 Rn. 10 = WRP 2020, 317 – IVD-Gütesiegel; Urteil vom 25. Juni 2020 – I ZR 96/19, GRUR 2020, 1226 Rn. 14 = WRP 2020, 1426 – LTE-Geschwindigkeit, jeweils mwN). Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck die geschäftliche Handlung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Die Ermittlung der Verkehrsauffassung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung dahingehend, ob das Berufungsgericht den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat und die Beurteilung mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2020, 1226 Rn. 18 – LTE-Geschwindigkeit; BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, GRUR 2021, 746 Rn. 43 = WRP 2021, 604 – Dr. Z, jeweils mwN). Gemessen daran hält die Annahme einer irreführenden geschäftlichen Handlung durch das Berufungsgericht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
bb) Das angegriffene Urteil enthält bereits keine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage, welches Verständnis die beanstandete Werbung bei den damit angesprochenen Verkehrskreisen erweckt. Das Berufungsgericht hat insoweit lediglich ausgeführt, Voraussetzung für die Werbung mit dem Ergebnis eines Tests sei, dass die Anforderungen der Rechtsprechung an die Durchführung solcher Tests beachtet würden. Zu diesen Grundvoraussetzungen – deren Einhaltung der Verbraucher bei der Werbung mit einem Testergebnis erwarte – zähle insbesondere, dass der Test objektiv, neutral, sachkundig und repräsentativ durchgeführt worden sei. In dem in Parenthese gesetzten Hinweis auf die Erwartung der Verbraucher bei der Werbung mit einem Testergebnis dürfte trotz der im Übrigen eher auf die Aufstellung eines rechtlichen Obersatzes hindeutenden Formulierungen die Feststellung eines entsprechenden Verkehrsverständnisses zu sehen sein. Hierfür sprechen auch die nachfolgenden Ausführungen des Berufungsgerichts, denen zufolge die durchgeführte Konsumentenbefragung den in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen nicht in allen Punkten entspricht. Das genannte Verkehrsverständnis ist der revisionsgerichtlichen Prüfung daher zugrunde zu legen.
cc) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine fehlende Übereinstimmung zwischen dem durch die Werbung hervorgerufenen Verkehrsverständnis und den tatsächlichen Verhältnissen bejaht hat, vermag die Annahme einer Irreführung allerdings nicht zu tragen.
(1) Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, es fehle an der Unabhängigkeit des Testveranstalters, weil dieser Werbepakete verkaufe und die Unternehmen als Käufer der Werbepakete selbstverständlich davon ausgingen, durch den Kauf der Pakete ihre Chancen zu verbessern. Mittelbar sei dies ein Anreiz für das Testunternehmen, diejenigen Unternehmen zu bevorzugen, die mehr Werbepakete gekauft hätten, damit der Kaufanreiz auch bei der nächsten Aktion wieder bestehe. Hinzu komme, dass mit der Werbung das Abstimmungsverhalten der Kunden und damit das Ergebnis der Verbraucherbefragung beeinflusst werden solle. Ein Testveranstalter, der – wenn auch nur mittelbar – durch Werbung das Abstimmungsverhalten der Verbraucher bei der von ihm durchgeführten Befragung beeinflusse oder zu beeinflussen verspreche, sei nicht mehr neutral. Auf den in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten erläuterten exakten Inhalt der Werbepakete komme es nicht an, weil der Testveranstalter bereits mit dem Anbieten kostenpflichtiger Werbepakete seine Unabhängigkeit aufgebe. Diese Beurteilung kann keinen Bestand haben.
(2) Zwar können sich Zweifel an der Objektivität eines Tests oder einer Kundenbefragung dann ergeben, wenn (etwa mit Hilfe von Werbung) auf das Abstimmungsverhalten der Befragten oder das Abstimmungsergebnis Einfluss genommen werden soll. Das Berufungsgericht hat allerdings keine Feststellungen getroffen, die seine dahingehende Annahme tragen könnten.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Q. auf ihrer Internetseite erläutert, in einer von ihr durchgeführten Online-Befragung würden jährlich die besten Handelsketten und Online-Shops gewählt, wobei diese nach bestimmten Kriterien wie unter anderem Preisniveau, Produktqualität, Service und Kundenfreundlichkeit qualitativ bewertet würden. Um den Titel „Webshop Awards Germany“ zu tragen, müsse ein (Online-)Geschäft nominiert sein. Hierfür würden 380 Beurteilungen durch Kunden benötigt. Die Kunden könnten online oder in den Geschäften zur Wahl aufgerufen werden. Dabei helfe die Q. , indem sie Werbematerialien in den Ausführungen „Gold“, „Silber“ und „Bronze“ zur Verfügung stelle.
Aus diesen Erläuterungen ergibt sich, dass die von der Q. zur Verfügung gestellten Werbematerialien die teilnehmenden Unternehmen dabei unterstützen sollen, Kunden zur Wahl zu motivieren, um die für eine Nominierung erforderliche Anzahl an Beurteilungen zu erreichen. Anhaltspunkte dafür, dass die (im Übrigen auch nicht durch die Q. eingesetzten, sondern den Unternehmen für eine eigene Werbung angebotenen) Werbematerialien in irgendeiner Weise geeignet sein könnten, die dem Award zugrundeliegende qualitative Bewertung der teilnehmenden Unternehmen durch die Kunden und damit das Abstimmungsverhalten oder das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und sind auch sonst nicht erkennbar. Der entsprechenden, nicht näher begründeten Annahme des Berufungsgerichts fehlt es damit an einer sie rechtfertigenden Grundlage im Tatsachenstoff.
(3) Auch seine Annahme einer fehlenden Unabhängigkeit oder Neutralität des Veranstalters der Kundenbefragung hat das Berufungsgericht nicht ausreichend begründet. Insbesondere kann eine solche Annahme entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ebenfalls nicht (allein) daraus gefolgert werden, dass der Veranstalter den teilnehmenden Unternehmen Werbematerialien zur Verfügung stellt.
Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, der Verkauf von Werbematerialien sei mittelbar ein Anreiz für den Veranstalter, diejenigen Unternehmen zu bevorzugen, die mehr Werbepakete gekauft hätten, sind dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die diesen Schluss rechtfertigen könnten. Dienen die Werbematerialien lediglich dazu, Kunden zur Nominierung eines Unternehmens aufzurufen, ist nicht erkennbar, dass und in welcher Weise sich der Kauf dieser Materialien auf den Umgang des Testveranstalters mit den teilnehmenden Unternehmen auswirken könnte. Die Folgerung des Berufungsgerichts, ein Anreiz zur Bevorzugung ergebe sich daraus, dass die Unternehmen „selbstverständlich“ davon ausgingen, ihre Chancen durch den Kauf der Werbematerialien zu verbessern, wird von den tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Es ist bereits unklar, welche Chancen (etwa die auf eine Nominierung oder die auf eine bessere Bewertung) das Berufungsgericht hierbei im Blick gehabt hat. Auch erschließt sich nicht hinreichend, woraus sich der vom Berufungsgericht hergestellte Zusammenhang zwischen einer Erwartung der teilnehmenden Unternehmen, etwaige Chancen durch den Kauf der Werbematerialien zu verbessern, und einem Anreiz für den Veranstalter zur Bevorzugung derjenigen Unternehmen, die mehr (oder größere) Werbepakte erwerben, ergeben soll. Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, es gebe einen Anreiz zur Bevorzugung, „damit der Kaufanreiz auch bei der nächsten Aktion wieder besteht“, hat es auch diese Annahme nicht näher begründet. Es hat auch nicht erläutert, um was für eine „nächste Aktion“ es sich handeln könnte.
c) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen liegen auch jenseits der Erwägungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot aus § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG vor. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat insbesondere nicht geltend gemacht, dass das Berufungsgericht Parteivortrag übergangen hätte, aus dem sich über die vom Berufungsgericht behandelten Gesichtspunkte hinaus ein Hinweis auf das Vorliegen einer irreführenden Geschäftspraxis ergeben könnte.
III. Auf die Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern und der noch streitgegenständliche Klageantrag zu 1.1 abzuweisen, weil der Klägerin insoweit kein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG zusteht.
IV. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – Cilfit; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 – Doc Generici; Urteil vom 6. Oktober 2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33, 36 und 39 bis 49 – Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Auf die von der Revision als klärungsbedürftig angesehene Frage nach der Bedeutung des Begriffs des „Tests“ im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG und Art. 6 Abs. 1 Fall 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG kommt es mangels Vorliegens einer irreführenden geschäftlichen Handlung nicht an.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.