Keine Löschung eines Schufa-Eintrages und Scorewertberichtigung
Landgericht Wiesbaden
Urteil vom 19.09.2024
Az.: 3 O 156/24
Leitsatz
Zur Bestimmtheit eines Antrages auf Löschung eines Schufa Eintrages
Orientierungssatz
Soweit der Kläger auf „unrichtige“ Forderungen abstellt, so ist dieser Begriff bereits zu ungenau, nicht wirklich als Ausschlusskriteriium brauchbar und deshalb nicht umsetztbar. Da eine Festlegung aus dem Tenor heraus nicht vorgenommen werden kann, fehlt bezüglich dieses Antrages zudem auch das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, es wäre immer noch der Beurteilung der Beklagten überlassen, was diese als „unrichtig“ ansieht und was nicht. Das Gleiche gilt für die Bezeichnung „nicht offene Forderungen“, auch hier wäre erst einmal eine Interpretation erforderlich, was darunter überhaupt verstanden werden soll.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Löschung von Eintragungen unrichtiger oder nicht offener Forderungen geltend. Zudem möchte er eine Score-Bewertung erreichen, die ihn im allgemeinen Wirtschaftsverkehr als uneingeschränkt kreditwürdig ausweist.
Die Beklagte ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft in Deutschland. Aufgabe der Beklagten ist es, ihre Vertragspartner mit Auskünften bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von potenziellen oder bestehenden Kunden kreditrelevanter Geschäfte zu unterstützen. Hierfür unterhält die Beklagte eine Datenbank mit über 68 Millionen Datensätzen über in Deutschland wirtschaftlich aktive Personen.
Die Vertragspartner der Beklagten übermitteln der Beklagten regelmäßig relevante Daten aus Geschäftsverbindungen mit ihren Kunden (wie beispielsweise Informationen über zuverlässig oder unzuverlässig erfüllte Kredite). Die Beklagte speichert die ihr übermittelten Daten, um ihren Vertragspartnern wiederum Auskünfte erteilen zu können. Auskünfte erteilt die Beklagte jedoch nur, wenn die Vertragspartner ein berechtigtes Interesse geltend machen (wie beispielsweise beim Vorliegen eines Kreditantrags).
Die Prüfungs- und Löschungsfristen von Kreditauskunfteien sind durch Verhaltensregeln (Code of Conduct) verbindlich festgelegt. Sie wurden zwischen dem Verband „Die XXX e.V.“, dessen Mitglied die Beklagte ist, und den Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder nach Art. 40 Abs. 2 DS-GVO abgestimmt und auf Antrag des Branchenverbands nach Art. 40 Abs. 5 DS-GVO von der für den Verband zuständigen Aufsichtsbehörde in Nordrhein-Westfalen genehmigt.
Zwischenzeitlich hat der Verband „Die XXX e.V.“, dessen Mitglied die Beklagte ist, mit den Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder zudem eine neue Fassung des Code of Conduct abgestimmt. Der zuständige Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit genehmigte am 24. Mai 2024 den neuen Code of Conduct nach Artikel 40 Absatz 5 DS-GVO.
Die Beklagte speichert einen Eintrag über eine Zahlungsstörung des Klägers, die von der B:-Inkasso Dienst GmbH („B. Inkasso“) noch als offen gemeldet ist. Die Beklagte speichert darüber hinaus Informationen über eine zweite Zahlungsstörung des Klägers, die von der Inkasso C. GmbH & Co. KG („Inkasso C.“) gemeldet wurde. Beide Forderungen sind tituliert worden.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der fehlerhafte Score negative Auswirkungen auf seine Bonität habe. Die Beklagte habe es schuldhaft unterlassen sicherzustellen, dass dem Score nur zutreffende Informationen zugrunde liegen würden. Der Beklagten sei mit Schreiben vom 21.11.2023 mitgeteilt worden, dass der Kläger die Verbindlichkeiten gegenüber der B.-Investment GmbH mit überobligatorisch hohen Rückzahlungsbeträgen tilge. Die Beklagte habe dem gegenüber zu Unrecht angegeben, dass ihr Informationen vorliegen würden, dass Zahlungsstörungen im Verhältnis zur B.-Inkasso vorliegen würden. Die regelmäßige Zahlung sei auch gegenüber der Beklagten ausdrücklich bestätigt worden. Einer Aufforderung, die diesbezüglichen Eintragungen zu löschen, sei die Beklagte insoweit jedoch nicht nachgekommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, sämtliche unrichtige und nicht offene Forderungen gegen den Kläger betreffende Eintragungen über den Kläger aus deren Datenbank zu löschen;
2. die Beklagte zu verurteilen, deren Score für den Kläger dergestalt zu korrigieren, dass dieser im allgemeinen Wirtschaftsverkehr als uneingeschränkt kreditwürdig anzusehen ist;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 713,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Anträge zu 1) und 2) bereits unzulässig seien, da sie zu unbestimmt seien. Zudem fehle hinsichtlich des Antrags zu 2) auch schon das Rechtsschutzbedürfnis.
Zudem stehe dem Kläger kein Anspruch auf Löschung der Daten zu. Die Beklagte speichere zutreffend Informationen über 2 schwerwiegende Zahlungsstörungen bezüglich des Klägers, die auch jeweils tituliert worden sind. Es habe hier also offensichtlich Zahlungsstörungen gegeben, über die die Kunden der Beklagten einen Anspruch auf Information hätten. Die Rechtmäßigkeit ergebe sich aus Art. 6 I e) oder f) DS-GVO. Die Speicherung erfolge auf Grund des berechtigten Interesses der Vertragspartner der Beklagten, der Allgemeinheit und der Beklagten selbst. Hierbei könne auch auf § 31 II Nr. 1 BDSG zurückgegriffen werden. Für die beantragte Anpassung des Scores sei bereits keine Anspruchsgrundlage aus der DS-GVO ersichtlich. Es handele sich zudem um Meinungsäußerungen der Beklagten, so dass diese nicht zu berichtigen seien. Die Berechnung der Score-Werte sei zudem zutreffend und beruhe auf wissenschaftlich anerkannten Verfahren. Er diene dem Schutz der Kreditwirtschaft und auch den Kunden vor übermäßiger Verschuldung. Soweit tatsächlich mittlerweile die Forderung insgesamt beglichen wurde, ist die Beklagte der Auffassung, diese noch 3 Jahre speichern zu dürfen, um sie dann taggenau zu löschen (hier 18.10.2025). Die Speicherung der Daten sei zudem für die Prüfung der Kreditwürdigkeit des Klägers von erheblicher Bedeutung, denn ein nachlässiges Zahlungsverhalten könne ein Anzeichen dafür sein, dass auch in Zukunft Zahlungsschwierigkeiten auftreten könnten. Dieses Interesse gelte gerade auch bei titulierten Forderungen. Alleine die Erledigung einer offenen Forderung könne noch nicht zur Löschung der Eintragung führen, vielmehr werde auch die Tatsache der vollständigen Erfüllung der Leistungspflicht entsprechend vermerkt. Der Kläger habe auch nicht geltend gemacht, dass er besondere Nachteile durch die Speicherung erleiden würde, die ausnahmsweise eine vorzeitige Löschung erforderlich machen würden.
Entscheidungsgründe
Das Landgericht A. ist auf Grund des Streitwertes von 7.000,00 € gem. §§ 23 1, 71 I GVG sachlich und gem. §§ 12, 17 ZPO auf Grund des Sitzes der Beklagten in Stadt A. auch örtlich zuständig.
Der Antrag zu 1) ist bereits unzulässig, weil nicht genau ersichtlich ist, was von Seiten der Beklagten gelöscht werden sollte. Soweit der Kläger auf „unrichtige“ Forderungen abstellt, so ist dieser Begriff bereits zu ungenau, nicht wirklich als Ausschlusskriterium brauchbar und deshalb nicht umsetzbar. Da eine Festlegung aus dem Tenor heraus nicht vorgenommen werden kann, fehlt bezüglich dieses Antrags zudem auch das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, es wäre immer noch der Beurteilung der Beklagten überlassen, was diese als unrichtig“ ansieht und was nicht. Das gleiche gilt für die Bezeichnung „nicht offene Forderungen“, auch hier wäre erst einmal eine Interpretation erforderlich, was darunter überhaupt verstanden werden soll.
Die Unbestimmtheit erstreckt sich auch auf den Antrag zu 2), da nicht ersichtlich ist, was für einen Score der Kläger hierbei anstrebt, der ihn als unbeschränkt kreditwürdig dastehen lassen solle. Für die Frage der Kreditwürdigkeit kann sicherlich nicht nur auf einen von der Beklagten berechneten Wert zurückgegriffen werden. Ab welchem Wert Kreditwürdigkeit vorliegen sollte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Eine Auslegung der Anträge dahingehend, dass es um die Löschung bestimmter Einträge gehen sollte und ohne diese der Score neu berechnet werden solle, ist vorliegend ebenfalls nicht möglich, da auch der vom Kläger nur sehr eingeschränkt dargestellt Sachverhalt hierfür keine weiteren Ansatzpunkte liefert.
Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Anträge ausgehen sollte, so ergibt sich in keinem Fall ein Löschungsanspruch. Die Voraussetzungen gem. Art. 17 DS-GVO sind nicht gegeben. Vielmehr ist die Speicherung und Verwendung der Informationen über den Kläger gem. Art. 6 DS-GVO berechtigterweise vorgenommen worden.
Nach dem unbestrittenen, wesentlich konkreteren Vortrag der Beklagten sind die Informationen, die über den Kläger gespeichert und verarbeitet werden, in der Sache zutreffend. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass die gespeicherten Informationen inhaltlich falsch wären. Zudem erfolgt die Verarbeitung der Daten durch die Beklagte zunächst im Eigeninteresse der Beklagten, als allgemeine Grundlage des Geschäftsmodells der Beklagten. Die Beklagte ist auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Kunden dazu verpflichtet, die ihr zugänglichen Informationen, die kreditrelevant sein können, gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Gem. Art. 6 DS-GVO können auch rein finanzielle Interessen als berechtigte Interessen im Sinne der Norm angesehen werden. Die Speicherung zu diesem Zweck ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden ohne eine entsprechende Datengrundlage nicht erfüllen könnte.
Darüber hinaus dient die Speicherung auch und insbesondere den Interessen der Vertragspartner der Beklagten als potentielle Kreditgeber der Allgemeinheit. Denn sie bildet die Datengrundlage für erbetene Auskünfte diesem umgrenzten Personenkreises unter Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zu einem Kreditnehmer beispielsweise regelmäßig vorliegen wird. Dass das Interesse der potentiellen Kunden der Beklagten dabei nicht nur berechtigt, sondern auch von der europäischen und innerstaatlichen Rechtsordnung als besonders schützenswert angesehen wird, ist insbesondere an den zur Umsetzung des Art. 8 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ersichtlich, die die Vergabe von Verbraucherkrediten unter die Voraussetzung einer u.a. auf Daten wie die der Beklagten basierenden Kreditwürdigkeitsprüfung stellt. Dabei ist nachvollziehbar, dass gerade auch das Zahlungsverhalten in früherer Zeit für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit und die Abwägung der jeweiligen Risiken vor großer Relevanz ist.
Die Auskünfte sind auch erforderlich, um die Informationsdisparität zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern auszugleichen. Ansonsten wären Kreditgeber ausschließlich auf die Eigenangaben der Kreditsuchenden angewiesen, die nicht grundsätzlich eine objektive Beurteilung gewährleisten würden. Zudem dient die Frage der Kreditwürdigkeit nicht nur dem Einzelinteresse, sondern auch der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft und dem Schutz des Verbrauchers vor Überschuldung.
Dem gegenüber ist ein Überwiegen der Interessen des Klägers vorliegend weder dargetan, noch ersichtlich. Alleine die Behauptung, die Eintragungen würden der Bonität des Klägers schade, genügt hierfür nicht. Der Umstand, dass gegen den Kläger Forderungen tituliert werden mussten, hat einen unmittelbaren Bezug zu seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit. Der Kläger möchte so gestellt werden wie eine Person, gegen die niemals eine Forderung tituliert werden musste. Auf diesem Weg würde aber der unzutreffende Eindruck erweckt werden, dass über den Kläger und sein Zahlungsverhalten keine negativen Tatsachen bekannt wären, was so eben gerade nicht stimmt. Die Beklagte müsste dann eine objektiv falsche Auskunft erteilen. Hierauf kann der Kläger keinen Anspruch haben.
Das Interesse für eine weitere Speicherung in der Zukunft ist auch nicht dadurch entfallen, dass eine der Forderungen mittlerweile komplett getilgt wurde. Zum einen besteht eine weiterhin noch offene Forderung, zum anderen ist für die Prognose der Kreditwürdigkeit und der Bewertung eines entsprechenden Risikos nicht nur eine momentane Betrachtung sinnvoll, sondern gerade auch das Zahlungsverhalten in der Vergangenheit. Somit kann nicht zeitgleich mit dem Erlöschen der Forderung auch eine Löschung der Eintragung verlangt werden.
Auch eine besondere Schutzwürdigkeit im Einzelfall hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Vielmehr ist zur persönlichen Situation des Klägers nichts bekannt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Speicherung und Verwertung der Daten des Klägers diesen in gleicher Weise belastet, wie jede andere Person auch, die über entsprechende Einträge bei der Beklagten verfügt. Dass dies im wirtschaftlichen Leben durchaus auch negative Auswirkungen haben kann, ergibt sich aus der Natur der Sache, stellt folglich keine besondere Härte dar, die ausnahmsweise einmal eine Abweichende Entscheidung zur Frage der Löschung vor Ablauf der entsprechenden Löschungsfristen der Beklagten rechtfertigen könnte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.