Kein Anspruch auf Löschung eines Negativeintrags trotz geringer Summe
Oberlandesgericht München
Hinweisbeschluss vom 19.11.2024
27 U 2473/24 e
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 17.06.2024, Az. 092 O 2439/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.12.2024.
3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert im Berufungsverfahren auf 6.000,00 € festzusetzen. Binnen vorgenannter Frist können die Parteien auch zum Streitwert des Berufungsverfahrens Stellung nehmen.
Entscheidungsgründe
I.
1. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und erreicht den nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Wert der Beschwer. Die Berufung ist ferner gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung lässt hinreichend erkennen, welche Gründe der Kläger den Erwägungen des Landgerichts entgegensetzt.
2. Die Berufung ist aber offensichtlich unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Entscheidungserhebliche Rechtsfehler im Sinne des § 520 Abs. 3 ZPO sind nicht ersichtlich und werden von der Berufung auch nicht aufgezeigt. Zu Recht ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Löschung des Negativeintrags aus Art. 17 Abs. 1 d), a) oder c) Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) bzw. Neuermittlung seines Score-Wertes ohne Berücksichtigung des streitgegenständlichen Eintrags sowie Erstattung von Rechtsanwaltskosten nicht zusteht. Das Vorbringen und die in der Berufungsbegründung geäußerte Rechtsauffassung des Klägers hierzu gebieten keine andere Beurteilung. Zu den Berufungsangriffen ist Folgendes anzumerken:
a) Als Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Löschung des Eintrags kommt ausschließlich Art. 17 Abs. 1 d), a) oder c) DS-GVO in Betracht, da für das unionsweit abschließend geregelte und vereinheitlichte Datenschutzrecht ein Anwendungsvorrang gilt (vgl. BVerfG, NJW 2020, 314 Rn. 34, 41; OLG Brandenburg, ZD 2023, 748 Rn. 11, 16). Danach setzt ein Anspruch auf Löschung entweder eine von Anfang an unrechtmäßige oder eine erst später durch Zeitablauf unrechtmäßig gewordene Verarbeitung von Daten voraus. Die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 d), a) oder c) DS-GVO sind hier nicht gegeben.
aa) Der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO ist eröffnet, da seitens der Beklagten perso-nenbezogene Daten des Klägers (Art. 2 Abs. 1 DS-GVO i. V. m. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO) verwendet werden. Es fehlt nicht an dem notwendigen Bezug zu einer natürlichen Person (vgl. hierzu EuGH, NJW 2018, 767 Rn. 35).
bb) Die Speicherung und Verwendung der Informationen über den Kläger ist gemäß Art. 6 DS-GVO berechtigterweise vorgenommen worden.
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DS-GVO enthält eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann (vgl. EuGH, NJW 2024, 417 Rn. 73). Im Streitfall ist die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten allein nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO zu beurteilen. Der Europäische Gerichtshof hat zu Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO entschieden, dass diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass eine Verarbeitung nur dann als zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich im Sinne der Vorschrift angesehen werden kann, wenn diese Verarbeitung innerhalb der Grenzen dessen erfolgt, was zur Verwirklichung dieses berechtigten Interesses unbedingt notwendig ist und wenn sich aus einer Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen unter Würdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der von der Verarbeitung betroffenen Personen gegenüber dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten nicht überwiegen (vgl. EuGH, NJW 2024, 417 Rn. 88 m. w. N.). Nach dieser Bestimmung ist die Verarbeitung personenbezogener Daten daher unter drei kumulativen Voraussetzungen rechtmäßig: Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein, und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen (vgl. EuGH, NJW 2024, 417 Rn. 75).
cc) Ausgehend hiervon erfolgte hier die Verarbeitung durch die Beklagte zur Wahrung ihrer eige-nen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen des Klägers dem entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO). Die vom Landgericht insoweit vorgenommen Abwägung begegnet keinen Bedenken.
Ein Überwiegen berechtigter Interessen des Klägers ist nicht ersichtlich.
(1) Soweit der Berufungsführer rügt, dass das Landgericht die Annahme als wahr unterstellt habe, dass der Kläger von der Titulierung Kenntnis hatte, bekämpft die Berufung die Auffassung des Landgerichts ohne Erfolg. Die Würdigung des Landgerichts erschöpft den einschlägigen Sachverhalt, ist nachvollziehbar und widerspruchsfrei und verstößt dabei weder gegen die Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. Zweifel an der Beweiswürdigung ergeben sich aus dem Ersturteil insoweit nicht. Die Würdigung des Erstgerichts ist bei Beachtung aller Gesichtspunkte plausibel und überzeugend. Die Abwägung des Landgerichts ist nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, dass gegen den Kläger nach Erlass eines Mahnbescheids am 29.11.2021, dieser zugestellt am 02.12.2021, in der Folge am 21.12.2021 durch das Amtsgericht Hünfeld ein Vollstreckungsbescheid erlassen wurde, der ausweislich eines auf dem Vollstreckungsbescheid angebrachten Vermerks dem Kläger am 24.12.2021 zugestellt wurde (Anlage B 3), und dem der Umstand, dass der Kläger vorgetragen hatte, weder den Mahnbescheid noch den Vollstreckungsbescheid zugestellt bekommen zu haben, nicht entgegensteht. Das Landgericht hat insoweit seinem Urteil den Sachvortrag der Beklagten zur titulierten Forderung als unstreitigen Sachvortrag zugrunde gelegt. Dieses ist für den Senat nach §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 622, 623). Der Kläger hat die genannten Feststellungen des Landgerichts nicht im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrags gerügt. Der Senat hat gemäß § 314 ZPO von der Richtigkeit des erstinstanzlichen Tatbestandes, der auch Tatbestandsfeststellungen erfasst, die sich in den Entscheidungsgründen finden, auszugehen, soweit dessen Beweiskraft reicht (vgl. BGH, NJW 1997, 1931; MüKoZPO/Musielak, 6. Auflage 2020, ZPO § 314 Rn. 3; Zöller/Feskorn, 35. Auflage 2024, ZPO § 314 Rn. 5). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, zeigt die Berufung vor dem Hintergrund, dass der Zustellungsvermerk auf dem Vollstreckungsbescheid den vollen Beweis erbringt, dass der Titel dem Kläger zugestellt wurde (vgl. BGH, NJW 2006, 150 Rn. 12), nicht auf.
(2) Der Kläger dringt, soweit er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, weil sich das Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht in der Pflicht gesehen habe, dem Beweisantritt des Klägers in Gestalt des Zeugen im Schriftsatz vom 22.04.2024 nachzugehen, auch insofern mit seiner Berufung nicht durch. Damit der Senat die Kausalität einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) prüfen kann, muss im Einzelnen – wenn auch nicht notwendig im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verfahrensrüge – bereits in der Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO) angegeben werden, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Erstgerichts geführt hätte (vgl. BGH, NJW-RR 2020, 573 Rn. 14; BGH, NJW 2016, 2890 Rn. 11; Musielak/Voit/Ball, 21. Auflage 2024, ZPO § 520 Rn. 32). Ein entsprechender Vortrag ist der Berufungsbegründung vom 06.08.2024 hinsichtlich der vom Kläger beanstandeten Nichteinvernahme des von ihm benannten Zeugen nicht zu entnehmen. Dieses Vortrags bedurfte es, da – was hier nicht der Fall ist – die vom Kläger gerügte Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht unmittelbar und zweifelsfrei aus dem bisherigen Prozessstoff ersichtlich ist (vgl. BGH, NJW-RR 2020, 573 Rn. 14; BGH, NJW 2016, 2890 Rn. 11 m. w. N.).
(3) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unterliegt der Verantwortliche (vgl. Art. 4 Nr. 7 DSGVO), der die tatsächliche Entscheidungsgewalt hat, den Anforderungen an automatisierte Entscheidungen aus Art. 22 DS-GVO (vgl. Radtke, MMR 2024, 156). Der Europäische Gerichtshof (vgl. EuGH, NJW 2024, 413 Rn. 40 ff.) geht zwar davon aus, dass die Erstellung und Übermittlung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Bonität einer natürlichen Person („Score“) bereits die automatisierte Entscheidung im Sinne des Art. 22 Abs. 1 DS-GVO sein kann, obgleich der Gerichtshof die Scoreberechnung nur unter der Voraussetzung den Vorgaben des Art. 22 DS-GVO unterwirft, dass die Entscheidung über einen Vertragsschluss vom Score „maßgeblich abhängt“ (vgl. EuGH, NJW 2024, 413 Rn. 40, 48, 62, 73 und Marsch/Kratz, NJW 2024, 392 Rn. 6). Soweit der Kläger vortragen lässt, dass er seit dem 15.07.2024 auf der Suche nach einer Mietwohnung sei und „potenzielle Vermieter“ allein aufgrund des -Scores eine Vermietung abgelehnt hätten, verkennt der Kläger aber, dass – ungeachtet des Umstands, dass die Beklagte einer Parteieinvernahme des Klägers nicht zugestimmt hat – sein Vortrag nicht substantiiert ist, um die von ihm avisierte Beweisaufnahme vorzunehmen.
(4) Unbehelflich ist auch die Rüge des Klägers, dass das Landgericht „die vermeintliche lange Dauer zwischen Titulierung und Tilgung“ des nach Auffassung des Klägers „äußerst geringen Betrages“ im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO gebotenen Abwägung zu Lasten des Klägers gewertet habe. Ohne Erfolg bleibt auch der weitere Einwand des Klägers, dass die Beklagte den Kläger nicht per Smartphone-Push-Nachricht über Änderungen in ihrem zum Kläger geführten elektronischen Datenbestand informiert habe.
Zwar sind die Information über die Zahlungsstörung und den Ausgleich nach erfolgter Einmeldung personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO, da sie sich auf den Kläger als identifizierte und identifizierbare natürliche Person beziehen. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers durch die Beklagte ist aber nach umfassender Interessenabwägung gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO rechtmäßig. Die Verarbeitung durch die Beklagte erfolgte zur Wahrung ihrer eigenen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen des Klägers dem entgegenstehen. Das Interesse des Klägers als Verbraucher ergibt sich aus der ungehinderten Teilnahme am alltäglichen wirtschaftlichen Verkehr sowie dem Schutz seiner personenbezogenen Daten (vgl. LG Koblenz, Urteil vom 22.10.2024 – 9 O 118/24, BeckRS 2024, 29186 Rn. 28). Die Vermittlung eines falschen Eindrucks von sich sowie eine darauf basierende unrichtige Bonitätsanalyse, namentlich mit Blick auf die vom Kläger behauptete spätere Kenntnis von der Titulierung der Forderung, hat der Kläger, der als Betroffener die im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO vorzunehmenden, konkreten Interessenabwägung zugrunde zu legenden Interessen selbst darlegen muss (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 33; Paal/Pauly/Frenzel, 3. Auflage 2021, DS-GVO Art. 6 Rn. 31), nicht dargetan (s. o.).
Demgegenüber steht die Verarbeitung personenbezogener Daten, die dem berechtigten Interesse des Geschäftsmodells der Beklagten dient. Die Beklagte schließt Verträge mit Unternehmen, die Leistungen anbieten, die jedenfalls auch kreditorischer Natur sein können. Entgelte erhält sie von ihren Kunden für die Möglichkeit, von ihr für kreditrelevant gehaltene Informationen über deren potenzielle Kunden zu erlangen. Da alle Interessen im Sinne des Art. 6 DS-GVO berechtigt sein können, die rechtlicher, persönlicher, ideeller, aber auch rein wirtschaftlicher Natur sind, stellt auch das rein geschäftliche Interesse der Beklagten an der Speicherung grundsätzlich ein derartiges berechtigtes Interesse dar (vgl. EuGH, NJW 2024, 417 Rn. 83; BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 49. Edition, Stand: 01.08.2024, DS-GVO Art. 6 Rn. 68). Die Speicherung zu diesem Zweck ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden bezüglich den Kläger betreffende Anfragen mangels vollständiger Datengrundlage sonst nicht erfüllen kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 25; LG Koblenz, Urteil vom 22.10.2024 – 9 O 118/24, BeckRS 2024, 29186 Rn. 29). Darüber hinaus dient die Speicherung auch den Interessen der Kunden der Beklagten als potenzielle Kreditgeber oder Vertragspartner des Klägers. Denn sie bildet die Datengrundlage für erbetene Auskünfte dieses umgrenzten Personenkreises unter Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zum Kläger regelmäßig vorliegen wird. Dass das Interesse der Kunden der Beklagten nicht nur berechtigt, sondern auch von der – europäischen wie auch innerstaatlichen – Rechtsordnung als besonders schützenswert angesehen wird, ist insbesondere aus Art. 18 der Richtlinie (EU) 2023/2225 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Oktober 2023 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 2008/48/EG ersichtlich, die die Vergabe von Verbraucherkrediten unter die Voraussetzung einer u.a. auf Daten wie der Beklagten basierenden Kreditwürdigkeitsprüfung stellt (vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der RL 2008/48/EG OLG Köln, NZI 2022, 565 Rn. 22; OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 26; LG Koblenz, Urteil vom 22.10.2024 – 9 O 118/24, BeckRS 2024, 29186 Rn. 30). Das Betreiben einer Auskunftei über bonitätsrelevante Umstände zur Unterstützung von Vertragspartnern bei der Beurteilung der Bonität, das ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 DS-GVO darstellt (vgl. EuGH, NJW 2024, 417 Rn. 83), macht auch die Verarbeitung des konkret gegenständlichen Datensatzes erforderlich. Das Zahlungsverhalten des Klägers ist auch nach dem vollständigen Ausgleich der Forderung für die Beurteilung der Bonität des Klägers von Bedeutung (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 27). Der streitgegenständliche Eintrag verdeutlicht, dass der Kläger die dem Eintrag zugrundeliegende Forderung ursprünglich nicht – wie vertraglich geschuldet – beglichen hat, die Forderung deshalb tituliert werden musste und selbst nach erfolgter Titulierung die Zahlungsforderung nicht unmittelbar von ihm beglichen wurde. Ein solches Zahlungsverhalten des Klägers, bei dem der Kläger über mehrere Monate seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem in Rede stehenden Vertragsverhältnis zum gegenständlichen Eintrag nicht nachkam, ist für die Beurteilung seiner Bonität von Bedeutung, da der streitgegenständliche Eintrag potenzielle Vertragspartner des Klägers zu einer sorgfältigen Prüfung seiner Bonität veranlasst. Die Speicherung und Mitteilung von Daten zu einem Vollstreckungstitel gibt Rückschlüsse auf die frühere Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Schuldners. Die Speicherung bereits getilgter Forderungen seitens der Beklagten erfolgt auch nicht anlasslos, sondern beruht auf dem vom Kläger selbst zu verantwortenden Vollstreckungstitel (vgl. LG Koblenz, Urteil vom 22.10.2024 – 9 O 118/24, BeckRS 2024, 29186 Rn. 31).
Der Annahme der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung steht nicht entgegen, dass der der Beklagten gemeldete Forderungsbetrag 385,00 € bzw. 389,00 € beträgt. Aus der Höhe der Forderung lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Information zur Bonitätsbewertung ungeeignet wäre. Es kann bei der Bonitätsbewertung keine Geringfügigkeitsschwelle angesetzt werden, da auch das Zahlungsverhalten hinsichtlich kleinerer Beträge bei statistischer Betrachtung Aussagen über die Wahrscheinlichkeit des künftigen Zahlungsverhaltens eines Schuldners zulässt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.03.2024 – 19 U 161/22, S. 8). Kleinere Beträge können insbesondere in der Zusammenschau mit möglichen anderen Umständen statistische Relevanz entfalten. Insbesondere können mehrere Kleinbeträge in der Summe größere statistische Relevanz entfalten als ein einzelner größerer Betrag. Eine derartige Bewertung könnte die Beklagte jedoch nicht vornehmen, wenn ihr die Speicherung von Datensätzen hinsichtlich kleinerer Beträge verwehrt wäre (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.03.2024 – 19 U 161/22, S. 8).
Auch der Einwand des Klägers, dass es ein Leichtes für die Beklagte gewesen wäre, den Kläger mittels Push-Nachricht auf das Smartphone über Änderungen des Datenbestandes zu informieren, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Der Kläger hat zwar als betroffene Person gemäß Art. 15 DS-GVO das Recht, von der Beklagten eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob bzw. welche ihn betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und eine Kopie dieser Daten zu erhalten. Der Rechtmäßigkeitstatbestand des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO wird zudem von der prozeduralen Verpflichtung des Verantwortlichen flankiert, den Betroffenen über seine (überwiegenden) Interessen zu informieren, Art. 13 Abs. 1 lit. d) DS-GVO bzw. Art. 14 Abs. 2 lit. b) DS-GVO. Daneben hat der Betroffene gemäß Art. 21 Abs. 1 S. 1 DS-GVO ein Widerspruchsrecht gegen eine auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f) DS-GVO gestützte Verarbeitung von ihn betreffenden personenbezogenen Daten (vgl. BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, DS-GVO Art. 6 Rn. 66). Vor dem Hintergrund, dass für die von Art. 13 und 14 DS-GVO umfassten Informationen keine speziellen Formerfordernisse gelten (vgl. BeckOK DatenschutzR/Schmidt-Wudy, DS-GVO Art. 13 Rn. 85 und DS-GVO Art. 14 Rn. 85), ist es im Rahmen der Interessenabwägung aber nicht maßgeblich, dass dem Kläger, der nicht substantiiert dargetan hat, über ein Smartphone zu verfügen, entsprechende Informationen nicht auf elektronischen Wege mittels Pusch-Nachricht zur Verfügung gestellt wurden.
b) Aufgrund der Rechtmäßigkeit der Übermittlung und der fortdauernden Speicherung der Daten hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Neuermittlung seines Score-Wertes ohne Berücksichtigung des streitgegenständlichen Eintrags. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache steht dem Kläger fernerhin kein Anspruch auf Zahlung der außergerichtlich entstandenen Kosten für die anwaltliche Rechtsverfolgung und kein Anspruch auf Zinsen zu.
c) Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorlie-gen. Gründe im Sinne des § 543 ZPO stehen dem Beschlussverfahren nicht entgegen. Grundsätzliche Bedeutung ist insbesondere nicht deshalb anzunehmen, weil im Revisionsverfahren eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV notwendig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 03.11.2022 – III ZR 308/20, BeckRS 2022, 33427 Rn. 2). Es liegt auch kein Fall der Divergenz vor, da der Senat mit seinem vorliegenden Beschluss von der bekannten obergerichtlichen Rechtsprechung nicht abweicht. Entscheidendes Kriterium ist insoweit, dass – was vorliegend nicht der Fall ist – in der Entscheidung des Senats ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten – tragenden – abstrakten Rechtssatz abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 73/16, BeckRS 2018, 9324 Rn. 10 m. w. N.).
II.
Aus den dargelegten Gründen hat die Berufung unter keinem Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg. Der Senat beabsichtigt daher, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Nach Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen o. g. Frist zu prüfen. Im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gemäß Nr. 1222 S. 2 KV zum GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0.