OLG Köln zu Influencer-Werbung

09. April 2021
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Eine blonde Frau sitzt vor einer Kamera und testet Kosmetikprodukte Urteil des OLG Köln vom 19.02.2021, Az.: 6 U 103/20

Das OLG Köln hat festgestellt, dass Instagram-Beiträge einer Influencerin, die mit sogenannten „Tap-Tags“ versehen sind, als geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG einzustufen sind, da das Posten der streitgegenständlichen Beiträge vorwiegend der Förderung von Absatzzwecken diene. Die Influencerin finanziere ihre Tätigkeit durch Gegenleistungen von Unternehmen und hoffe durch das Posten auch auf künftige Kooperationen mit Unternehmen, weshalb eine Förderung von Absatzzwecken anzunehmen sei. Da in diesem Fall eine zu Werbezwecken erfolgte Veröffentlichung vermutet wird, hätten die streitgegenständlichen Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden müssen, auch wenn die Influencerin für die Beiträge keine Gegenleistung erhalten hat.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 19.02.2021

Az.: 6 U 103/20

 

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.07.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 33 O 138/19 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Unterlassungsansprüche durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 35.000 € leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten..

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Die Beklagte ist Bloggerin, die überwiegend im Bereich Mode und Lebensstil tätig ist, in jüngerer Zeit auch zu politischen und gesellschaftlichen Themen Beiträge verbreitet. Sie hat ein eigenes Profilkonto auf Sozialen Mediendiensten, darunter Instagram und YouTube. Auf YouTube und Instagram hat sie jeweils eine hohe sechsstellige Anzahl von Kanal-Abonnenten und Seitenaufrufen, beschäftigt einen Manager, unter dessen Firmenadresse sie auch erreichbar ist und hat jedenfalls in der Vergangenheit Kooperationsverträge mit Unternehmen wie D. unterhalten. Die Beklagte beschäftigt sich hauptberuflich mit Blogs und erzielt jährlich sechsstellige Umsätze. Auf ihrem Instagram-Account veröffentlichte sie unter anderem im Juli 2018 mehrere Fotos von sich, die Modeartikel und -accessoires zeigten und mit elektronischen Markierungen („tags“) versehen waren, aus denen der Name der Hersteller von Bekleidung oder der Erbringer von Dienstleistungen wie Fotoshootings oder Körperstyling hervorging. Beim Anklicken der Markierung wurde der Nutzer auf die jeweiligen Profilseiten dieser Unternehmen geführt. Der Kläger mahnte die Beklagte wegen mehrerer Bilddarstellungen auf Instagram im Juli 2018 ab, die Beklagte versprach im August 2018 gegenüber dem Kläger, es zu unterlassen,

„auf Instagram Posts zu veröffentlichen, auf denen Produkte zu kommerziellen Zwecken im Bild des Posts getagged (d.h. mit sog. sprechenden Links versehen) sind, ohne den kommerziellen Zweck des jeweiligen Posts, soweit sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen des Posts ergibt, beispielsweise durch die Verwendung des Hinweises ‚Werbung‘ oder ähnlicher Hinweise, zu verdeutlichen …“.

Sie versprach für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung einer durch den Kläger festzusetzenden, gerichtlich überprüfbaren Vertragsstrafe, wobei der Kläger einen Betrag von 5.100,- Euro für jede Zuwiderhandlung gefordert hatte. Die Beklagte erklärte zudem, dass sich die Unterlassungserklärung auch auf kerngleiche Handlungen beziehe. Die Beklagte nahm die solchermaßen modifizierte Unterlassungserklärung an (Anl. K4 und K6).

Im Februar 2019 mahnte der Kläger insgesamt neun Motive als Verstöße gegen diese Unterwerfungserklärung ab. Nach einem Schriftwechsel mit dem Kläger zahlte die Beklagte 1.800,- Euro nebst angefallener Anwaltsgebühren.

Die dem streitgegenständlichen Unterlassungsantrag zugrundeliegende weitere Abmahnung betrifft Veröffentlichungen auf Instagram, die am 2. Oktober 2019 abrufbar waren (Anl. K 10-12).

Auf dem ersten Posting ist die Beklagte vor dem Hintergrund einer Waldlandschaft zu sehen. Der Text nimmt Bezug auf die von der Beklagten getragene Kleidung, unter anderem eine Leder-Shorts und eine Teddy-Jacke und formuliert: „Look 1 oder Look 2? Was würdet ihr eher tragen? Im Herbst liebe ich auf jeden Fall Alles aus Faux Leder und Kuschligem Teddy-Material“. Klickt oder tippt man auf das Bild, erscheinen Tags, die zu den Instagram-Profilen der Hersteller der getragenen Kleidung führen. Klickt oder tippt man auf diese Tags, wird die Weiterleitung aktiviert. Neben der in der Anlage K10 enthaltenen Abbildung enthielt das Posting ein weiteres Foto, auf der die Beklagte als „Look 2“ andere Bekleidung trägt.

Auf dem zweiten Posting zeigt die Beklagte mit dem danebenstehenden Text „mal eine ernst guckende Diana“. Diesem Text folgen mehrere @-Verknüpfungen zu den Namen von Unternehmen oder Dienstleistern, die das Foto angefertigt, das Make-Up des Unternehmens I. und das Styling verantwortet haben sowie dem Namen eines Lifestylemagazins, das der Beklagten einen Preis verliehen und aus diesem Anlass das in dem Post sichtbare Foto veröffentlicht hat. Die Verknüpfungen führen wiederum zu den genannten Unternehmen und Dienstleistern. Ein Hinweis auf die Preisverleihung fehlt in dem Posting.

Auf dem dritten Posting ist die Beklagte mit einem Dirndl, Haarschmuck, einer Handtasche und Halskette auf dem Münchener Oktoberfest 2019 zu sehen. Der danebenstehende Text formuliert: „Bye bye #Oktoberfest. Ich hatte einfach eine so schöne Zeit. Danke @h.-trachten und @x. für das traumhafte Outfit (Herzsymbol). Nächstes Jahr komme ich auf jeden Fall wieder vorbei (Emoticon) #pressereise.“ Klickt oder tippt man auf das Bild, erscheinen wiederum Tags, die zu den im Text genannten Unternehmen führen.

Der Kläger forderte die Beklagte unter dem 9.10.2019 vergeblich zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 10.200,- Euro und zur Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen von mindestens 6.000,- Euro für einen künftigen Verstoß auf (Anl. K 13). Die Beklagte ließ ausführen, dass sämtliche Kleidungsstücke von ihr selbst erworben wurden, lediglich das Dirndl und die Handtasche zu Posting 3 seien ihr unverlangt von den angegebenen Unternehmen H. und X. zugesendet worden. Eine Unlauterkeit ergebe sich insoweit allenfalls aus dem Begleittext und der mittelbaren Verlinkung der Shop-Webseiten der Unternehmen, die der Kläger jedoch nicht moniert habe und die zudem nicht kerngleich zu den in die Unterlassungserklärung vom Juli 2018 aufgenommenen Verletzungsformen seien. Die Beklagte ließ erklären, dass sie sich „im Hinblick auf den vorzitierten Begleittext“ aus dem dritten Posting gleichwohl bei Meidung einer vom Kläger festzusetzenden Vertragsstrafe verpflichte, es zu unterlassen, auf Instagram Posts zu veröffentlichen, auf denen Produkte aus kommerziellen Gründen getaggt seien, ohne den kommerziellen Zweck des Posts zu kennzeichnen, wenn dies wie in dem hier streitigen dritten Post geschehe (Anl. K 14). Die Beklagte zahlte 1/3 der geforderten Abmahnkosten in Höhe von 1.029,35 Euro.

Der Kläger hat gemeint, dass die Beklagte durch die Posts gegen § 5a Abs. 6 UWG, § 6 TMG und §§ 58, 7 Abs. 3 RStV verstoßen habe. Eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG liege vor, wenn ein „werblicher Zusammenhang“ zwischen den Abbildungen und kommerziellen Interessen der von der Darstellung begünstigen Unternehmen sowie der Beklagten selbst bestehe. Aus der Vertaggung folge auch die Werbeabsicht. Die bezüglich des dritten Posts abgegebene Unterlassungserklärung hat der Kläger wegen der Beschränkung auf Posts mit entsprechenden Begleittexten für nicht ausreichend gehalten.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, in sozialen Medien, beispielsweise in dem sozialen Medium „Instagram“ unter Abbildung einer Person (z.B. unter der Bezeichnung „dianazurloewen“) kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, indem dies geschieht durch Veröffentlichung von Beiträgen wie folgt:

mit der Abbildung einer Person (z.B. unter der Bezeichnung „dianazurloewen“) = 1. Ansicht,

nach Aufruf der ersten Ansicht durch einen Klick des Anzeigens des Namens von einem oder mehreren Unternehmen (oder Marken) auf der gleichen Seite= 2. Ansicht

und

durch einen weiteren Klick auf die eingeblendeten Namen der Unternehmen (oder Marken), deren Namen bei der 2. Ansicht ins Bild gekommen sind, Weiterleitung auf den jeweiligen Account der Unternehmen / des Unternehmens = 3. Ansicht,

ohne die erste oder zweite Ansicht als kommerzielle Veröffentlichung zu kennzeichnen, insbesondere zu werben:

a. mit der Abbildung der Beklagten in kurzer schwarzer Hose und rosafarbener Jacke mit Umhängetasche in einem lichten Waldstück stehend, offensichtlich Herbstlandschaft = 1. Abbildung = Anlage K 10.1 (Urteilsanhang)

Klick – gleiche Abbildung mit den Namen

„T._accessoires“

„E.“

„G.“

„P.“ = 2. Abbildung = Anlage K 10.2 (Urteilsanhang)

2. Klick- direkte Weiterleitung auf die jeweiligen Internetseiten der genannten Firmen „T.“, „E.“, „G.“ und „P.“ = 3. Abbildung = Anlage K 10.3 (Urteilsanhang)

b. mit der Abbildung der Beklagten im weiten grauen Pullover und weißen Rock = 1. Abbildung = Anlage K 11.1 (Urteilsanhang)

Klick auf die gleiche Abbildung zeigt diese mit den Namen:

„o.“

„i.“

„u.-photo“

„j“= 2. Abbildung = Anlage K 11.2 (Urteilsanhang)

der 2. Klick führt direkt zu den Internetseiten der benannten Unternehmen = 3. Abbildung = Anlage K 11.3 (Urteilsanhang)

c. mit der Abbildung der Beklagten im Dirndl, ersichtlich auf dem Münchener Oktoberfest = 1. Abbildung = Anlage K 12.1 (Urteilsanhang)

Nach dem Klick gleiche Abbildung mit den Namen

„T._Accessoires“

„h.trachten“

„x.“ = 2. Abbildung = Anlage K 12.2 (Urteilsanhang)

ein weiterer Klick führt zu den Internetseiten dieser Unternehmen = 3. Abbildung = Anlage K 12.3 (Urteilsanhang),

wenn dies geschieht wie in den nachfolgenden Anlagen K 10.1 – K 12.3 wiedergegeben:

[Abbildungen]

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.200 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.10.2019 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass mit den verlinkten Unternehmen (T., E., G., T2., I. und J./B.) hinsichtlich der Posts oder im zeitlichen Zusammenhang hierzu keinerlei Kooperationen bestanden hätten. Sie hat gemeint, die Posts und die darin befindlichen Tags seien allein redaktionell motiviert. Die Bekleidungsstücke seien von der Beklagten selbst gekauft und bezahlt worden, die Tags im zweiten Post dienten der Quellenangabe und Urheberbenennung des Fotografen. Soweit für den dritten Post Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung gestellten worden seien, seien keine zusätzlichen Entgelte gezahlt worden. Die Kette des Unternehmens T. sei von ihr selbst erworben worden. Daher seien weder der Unterlassungsanspruch begründet noch eine Vertragsstrafe verwirkt. Wegen des dritten Posts entfalle die Wiederholungsgefahr aufgrund der abgegebenen Unterwerfungserklärung. Da die Unlauterkeit sich allenfalls aus dem Begleittext ergeben könne, fehle es an der Kerngleichheit eines Verstoßes.

Im Übrigen wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage für zulässig und begründet gehalten. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG. Eine geschäftliche Handlung liege sowohl in der Aufmerksamkeitswerbung zugunsten der in den Posts genannten und vertaggten Unternehmen als auch in der Förderung des eigenen Unternehmens der Beklagten, die unter anderem Werbedienstleistungen in Form von Posts gegen Entgelt anbiete. Dass diese Betätigung auf Gewinnerzielung angelegt sei, folge aus der Höhe ihrer Umsätze, der Anzahl ihrer Follower sowie der Beschäftigung eines eigenen Managers. Die Beklagte präsentiere sich als potentielle Werbepartnerin von Unternehmen. Gegenüber der kommerziellen Wirkung trete der redaktionelle Inhalt der Posts zurück. Für eine hauptsächlich kommerzielle Motivation spreche zum einen, dass die Weiterleitungsmöglichkeit zu den begünstigten Unternehmen eine werbewirksame Warenpräsentation darstelle, die einem Warenkatalog gleiche, zum anderen die einseitig lobende Besprechung der getragenen Produkte im ersten und dritten Post. Im zweiten Post sei zwar die Mitteilung über einen gewonnenen Preis im Ansatz redaktionell, doch sei es für diese Mitteilung nicht erforderlich, auch die Namen von Make-Up-Stylisten zu nennen, denn diese Tätigkeit habe zu dem Gewinn des Preises nicht beigetragen. Eine Schlechterstellung der Beklagten als Bloggerin gegenüber der Werbefinanzierung von redaktionellen Unternehmen sei nicht ersichtlich, denn Modezeitschriften verfolgten durch ihre Berichte nicht die Absicht, potenzielle Werbepartner anzuziehen, zumal hierfür klassische Anzeigen genutzt würden. Durch eine Werbekennzeichnung von Influencer-Posts auch drohe keine Verwirrung der Verbraucher, weil gerade durch die hier gezeigte Vermischung von Lebenserzählungen und Produktpräsentationen redaktionelle und werbliche Interessen untrennbar vermischt würden, so dass den häufig jugendlichen Nutzerinnen und Nutzern eine klare Kennzeichnung geboten werden müsse. Die Nichtkenntlichmachung sei geeignet, geschäftliche Entscheidungen der Adressaten zu provozieren, weil die Adressaten angeregt würden, die Links zu betätigen und dadurch auf die kommerziellen Angebote von Unternehmen gelenkt würden, was im Falle ordnungsgemäßer Kennzeichnung als Werbung möglicherweise nicht zu einem entsprechenden Klickverhalten der Nutzerschaft führen würde. Die Wiederholungsgefahr liege hinsichtlich aller drei Posts vor, bei den ersten beiden, weil die Beklagte trotz früherer Unterwerfung erneut unlauter gehandelt habe, beim dritten Post, weil Postings ohne Begleittext, in denen die Beklagte Beleidung oder Make-Up zur Schau stellt und die entsprechenden Unternehmen taggt, kerngleich zu entsprechenden Postings ohne Begleittext seien.

Auch die Vertragsstrafe sei in Höhe von 10.200,- Euro verwirkt. Die streitgegenständlichen Posts verstießen gegen die Unterwerfungserklärung aus dem Jahre 2018, auch wenn nur die damaligen Posts im Rahmen wirtschaftlicher Kooperationen mit den begünstigen Unternehmen standen, während es für die streitgegenständlichen Posts an solchen Vereinbarungen fehlen würde. Auch diesbezüglich werde eine Werbung verschleiert und damit das Charakteristische der vertraglichen Unterwerfung erfüllt. Die Vertragsstrafe von 10.200,- Euro sei auch der Höhe nach angemessen, weil die Beklagte mehrfach gegen eine Unterwerfung verstoßen habe und aus diesem Verhalten erhebliche Einnahmen erziele, so dass eine spürbare Sanktion erforderlich sei, um sie zum vertragstreuen Verhalten anzuhalten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, dass bereits die Annahme, dass eine geschäftliche Handlung vorliege, unzutreffend sei und gegen die Wertungen der in Art. 5 GG geschützten Kommunikationsfreiheit verstoße. Diene eine Handlung vorrangig anderen als kommerziellen Zwecken, so sei eine bloß reflexartige Begünstigung kommerzieller Interessen nicht genügend, um eine geschäftliche Handlung zu vermuten. Zum einen äußere sich die Beklagte zunehmend auch zu politischen und gesellschaftlich brisanten Themen und nutze dabei ihr Image bei den Nutzern auch dazu, gesellschaftlich wichtige Kommunikation zu betreiben. Die Beklagte befriedige mit ihren Posts das Informationsinteresse an ihren persönlichen Präferenzen. Dem angesprochenen Verkehr sei bewusst und bekannt, dass Bloggerinnen Werbeverträge und Kooperationen mit Unternehmen unterhielten, daher sei die fehlende Kennzeichnung solcher Verbindungen nicht relevant für geschäftliche Entscheidungen. Dem angesprochenen Verkehr in sozialen Medien komme es darauf an, Bloggerinnen als authentische Vermittler von Inhalten auch über den persönlichen Lebensstil wahrzunehmen. Die Nutzer würden insoweit kommerzielle Zwecke auch ohne besondere Kennzeichnung erkennen. Ein modifizierter Regelungsvorschlag des Bundesjustizministeriums zu § 5a Abs. 6 UWG aus dem November 2020 lasse erkennen, dass eine geschäftliche Handlung nicht vermutet werden dürfe, wenn der Handelnde für den Inhalt weder ein Entgelt noch eine ähnliche Gegenleistung erhalten habe. Auch die Vertragsstrafe sei nicht verwirkt, denn ein Verstoß gegen die Unterwerfungserklärung liege nur vor, wenn bezahlte Tags nicht gekennzeichnet würden. In einem nachgelassenen Schriftsatz behauptet die Beklagte, dass mit Ausnahme der im ersten Posting getragenen und ihr unverlangt zugesandten Ohrringe die jeweils gezeigten Kleidungsstücke und Accessoires von ihr selbst oder von Familienmitgliedern mit eigenen Mitteln erworben worden seien. Dazu legt sie zum Teil Quittungen vor. Zum zweiten Posting habe es ein von einer Zeitschrift im Rahmen einer Preisverleihung an die Beklagte arrangiertes und ausgestaltetes Modeshooting gegeben. Keiner der beteiligten Ausstatter habe Einfluss auf die Posts genommen. Der vertaggte Hinweis auf den Fotografen habe der Urhebernennung gedient, der Make-Up-Artist sei für einen Modekonzern tätig und setze regelmäßig Make-Up der vertaggten Marke ein. Beim dritten Posting sei die Beklagte wie andere Medienvertreter auch von den vertaggten Unternehmen anlässlich einer Pressereise eingeladen worden. In keinem der drei Posting-Konstellationen seien Entgelte für das konkrete Vertaggen gezahlt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LG Köln vom 21.7.2020, Az. 33 O 138/19 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Er hält daran fest, dass die Unlauterkeit daraus folge, dass Links in Form von Tags zu den begünstigten Unternehmen gesetzt wurden und meint, die Bereitschaft dies zu tun, spreche für eine Kooperation mit den Unternehmen. Dabei sei es gleichgültig, ob die Kooperation bereits bestand oder – wie im Falle des Motivs 3 von der Beklagten angedeutet – spontan zustande gekommen sei. Der Beklagte hält daran fest, dass der kommerzielle Charakter der Posts zum Geschäftsmodell von Influencern und auch der Beklagten gehörten, weil sie ihrerseits auch das Verhalten ihrer Follower auswerteten und für die Zwecke der Selbstvermarktung als Werbefiguren einsetzten. Die streitgegenständlichen Posts dienten nicht einer wissenschaftlichen, politischen oder verbraucherpolitischen Auseinandersetzung, sondern einzig der Präsentation von Modeartikeln und -themen. Durch die Kennzeichnungspflicht werde der Beklagten ihre Kommunikation nicht untersagt, so dass auch kein Eingriff in ihre Meinungsfreiheit vorliege. Die von der Beklagten vorgetragenen Ausführung dazu, dass Ausrüstungsgegenstände von ihr selbst finanziert worden seien, bestreitet der Kläger und rügt Verspätung.

Auch insoweit wird im Übrigen auf die Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

II.

Die rechtzeitig eingelegte und fristgerecht begründete, mithin zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist sowohl im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch als auch im Hinblick auf den Vertragsstrafenanspruch begründet.

A. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG.

1. Die Aktivlegitimation des Klägers ist mit den vom Landgericht formulierten Erwägungen anzunehmen. Gewichtige Einwände hiergegen bringt die Beklagte nicht vor. Sie äußert lediglich den Verdacht, der Kläger überziehe zahlreiche Influencer mit Klagen und handele vorrangig aus Gewinnerzielungsinteressen. Letzteres ist wenig plausibel angesichts des Umstandes, dass Verbände gerade für die Abmahnung in der Regel nur Kostenpauschalen fordern dürfen. Dass der Kläger aus solchen Pauschalen Gewinne erzielt, ist nicht ersichtlich, so dass auch der Verdacht eines Missbrauchs nicht plausibel ist (vgl. BGH GRUR 2019, 966 Rn. 30 f. – Umwelthilfe). Allein der Umstand, dass der Kläger gegen zahlreiche Influencer vorgeht, spricht ebenso wenig für einen Missbrauch (vgl. Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 8c Rn. 18 mwN.). Bei der stark individualisierten und wenig organisierten Influencerszene erweist sich nachvollziehbar ein konzentriertes Vorgehen auf wenige Musterfälle als nicht genügend.

2. Der Unterlassungsanspruch ist durch die Einbeziehung der drei hauptsächlich angegriffenen Motive hinreichend bestimmt. Im Kern erfasst er einen aus drei Akten bestehenden Kommunikationsvorgang. Angegriffen wird nicht isoliert die Kommunikation durch betextete Abbildungen über Modethemen, sondern die Verbindung dieser Kommunikation mit einem durch Anklicken erreichbaren Unternehmensauftritt, dieser letzte Schritt ist aufgespalten in zwei Akte, nämlich die Sichtbarmachung des Unternehmens- oder Produktnamens durch Anklicken sowie die dadurch ermöglichte weitere Handlung, nämlich das Betätigen des Links mit der Folge einer Weiterleitung auf die Unternehmenspage. Im Kern werden diese kombinierten Kommunikationsakte als unlauter angesehen, wenn sie nicht als kommerziell motiviert gekennzeichnet sind. Die Einbeziehung von drei Motiven verdeutlicht die Handlungen. Alle drei Motive enthalten die zuvor beschriebenen Kommunikationsakte.

3. Die Anwendungsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 UWG, nämlich das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, liegt vor. Nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung dadurch gekennzeichnet, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen dem konkret beleuchteten Verhalten und der Absatzförderung entweder desjenigen, der handelt oder eines Dritten besteht.

Soweit die Beklagte anmerkt, dass das hier in Rede stehende Verhalten redaktioneller oder informierender Natur ist, steht dies einer Bewertung als geschäftlicher Handlung allerdings nicht entgehen. Schon der Umstand, dass der Tatbestand der redaktionell getarnten Werbung auch mit lauterkeitsrechtlichen Vorschriften überprüfbar ist, spricht dafür, dass Presse, Rundfunk und sonstige journalismusnahe Tätigkeiten der UWG-Kontrolle nicht entzogen sind, wenn ihre Tätigkeit mittelbar durch Werbung finanziert wird (vgl. Obergfell in Ulmer-Eilfort/Obergfell, Verlagsrecht, 2. Aufl. 2021, Rn. 906). Da die Beklagte vorliegend unstreitig ihre Tätigkeit durch die Gegenleistung von Unternehmen, seien es Kooperationen (die jedenfalls für die Vergangenheit eingeräumt wurden), Einladungen und Gratisprodukten finanziert, fördert sie jedenfalls ihr eigenes Unternehmen (KG GRUR 2019, 543 Rn. 22; Schöwerling/Siegel, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl. 2021, § 2 UWG Rn. 17), und zwar auch dadurch, dass sie auf künftige Kooperationen durch ihre Bloggertätigkeit im produktnahen Bereich hofft. Die Beklagte hat selbst eingestanden, dass sie in Bezug auf ein im ersten Posting getragenen Accessoires später eine Kooperation mit dem betreffenden Unternehmen eingegangen ist.

Soweit durch die Produktdarstellung in Posts Unternehmensinteressen gefördert werden, liegt eine geschäftliche Handlung auch bereits vor, wenn keine explizite Förderabsicht nachweisbar ist. Allein der objektive Zusammenhang, also die tatsächliche Förderung oder Begünstigung kommerzieller Zwecke, genügt hierfür. Das ist eindeutig, wenn für eine Veröffentlichung ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung gezahlt wird. Fehlt es – wie hier an dem konkreten Nachweis einer solchen Entgeltzahlung – kommt es darauf an, ob eine Veröffentlichung vorwiegend der Information oder ob sie vorwiegend der Förderung von Absatzzwecken dient. Im Bereich der Influencerhandelns haben die Gerichte – schon weil der diesbezügliche konkrete Nachweis schwierig ist – das Überwiegen geschäftlicher Zwecke anhand von Indizien bestimmt. Dazu gehören insbesondere in das Foto eingebettete Tags mit Verlinkung zu Herstellerseiten (KG Berlin, Urt. v. 8.1.2019, MMR 2019, 175, 176 Rn. 16, 23; KG Berlin, Beschl. v. 27.7.2018, MMR 2019, 114, 116 Rn. 24; LG Itzehoe, Urt. v. 23.11.2018, MMR 2019, 186 Rn. 29; LG Karlsruhe, Urt. v. 21.3.2019, BeckRS 2019, 3975 Rn. 29; LG München I, K&R 2019, 426 – Cathy Hummels; insoweit anders OLG München MMR 2020, 772 Rn. 28 – Cathy Hummels, Revision anhängig unter I ZR 126/20), aber auch eine hohe Anzahl an Followern (LG Osnabrück v. 12.6.2018 – 14 O 135/18, MD 2018, 600).

Diese Kriterien sind vorliegend erfüllt. Sämtliche streitgegenständlichen Motive sind vertaggt, die Zahl der Follower ist erheblich, die Beklagte wird in einem Ranking der erfolgreichsten Influencerinnen geführt.

Gegen eine geschäftliche Handlung spricht nicht, dass die Postings auch das Informationsinteresse der Follower an ihrem Leben und ihren Modeinteressen befriedigt. Zwar hat das OLG München die vorgenannte Kriterien zum Anlass genommen, im dort zu entscheidenden Fall eine geschäftliche Handlung zu verneinen, weil „Informationen zu … verwendeten Produkten, inklusive der angebrachten Tags und Links, … genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum ‚redaktionellen‘ Teil (eines) Posts“ gehören (OLG München MMR 2020, 772 Rn. 29). Das OLG München meint insbesondere, dass eine solche Verbindung von Informationen mit dem Interesse an einer indirekten Finanzierung durch Werbung medientypisch sei und auch etwa bei Modezeitschriften nicht dazu führe, dass der redaktionelle Inhalt von Produktbeschreibungen zu verneinen sei.

Die Bedürfnisse einer mittelbaren Werbefinanzierung in anderen Medien führt nach Ansicht des Senats allerdings nicht dazu, dass die Annahme einer geschäftlichen Handlung fehlt. Die Beklagte hat im hier zu beurteilenden Fall eingeräumt, dass es ihr in ihren Blogs darum geht, ein möglichst authentisches Bild ihrer Lebensumstände und Modeinteressen zu vermitteln, sie andererseits aber auch Kooperationen mit Unternehmen jedenfalls unterhalten hat und mit ihren Postings auch Unterstützung von Unternehmen, etwa mit dem Motiv 3 – Oktoberfest, entgegennimmt. Gerade deshalb bleibt unklar, ob die redaktionellen oder die kommerziellen Interessen überwiegen oder ob sie geradezu vermischt werden. Das aber ist die Grundkonstellation, die zur Anwendung des lauterkeitsrechtlichen Tatbestands der getarnten Werbung führt und die zur Anwendbarkeit des UWG führen. Daher entscheidet erst die konkrete Ausgestaltung des Posts darüber, ob kommerzielle oder redaktionelle Interessen überwiegen. Das entspricht dem im UWG geltenden Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt. Auch Presse und Rundfunk wird die Werbefinanzierung nur dann und insoweit gestattet, als eine klare Trennung zwischen Programm und kommerzieller Kommunikation vorgenommen wird. Das Trennungsgebot gilt auch für Äußerungen auf Internetdiensten (Boehme-Neßler, ZUM 2001, 551, 547, 554) und in sozialen Medien.

5. Die drei streitgegenständlichen Postings erfüllen die Unlauterkeitskriterien des § 5a Abs. 6 UWG, weil eine Vermutung für eine kommerzielle Zwecksetzung besteht, es an einer Kennzeichnung dieser kommerziellen Zwecksetzung fehlt und die unterlassene Kennzeichnung auch Relevanz für die geschäftliche Entscheidung angesprochener Verbraucher hat.

a) Die Beklagte hat nicht bestritten, dass es an einer Kennzeichnung fehlt. Soweit sie andeutet, dass ihre Follower darum wüssten, dass Blogger auf Instagram häufig durch Werbekooperationen finanziert werden, schließt dieses allgemeine Wissen nicht aus, dass Kooperationen sowie entgeltfinanzierte Inhalte nach den gesetzlichen Vorgaben zu kennzeichnen wären. Die fehlende Kennzeichnung ist aber auch nicht entbehrlich, weil der werbliche Charakter eindeutig aus dem Umfeld der Veröffentlichung folgt. Insbesondere sind selbst followerstarke Profile auf Instagram nicht stets kommerziell motiviert (so aber wohl im Ergebnis OLG München MMR 2020, 772 Rn. 36). Auch der Vortrag der Beklagten widerspricht dieser pauschalen Annahme. Die Beklagte gesteht zu, dass ihre Follower Wert auf Authentizität legen, die in der Tat ein entscheidender Erfolgsfaktor für Influencer ist. Gerade der Eindruck, dass Follower einen Einblick in die durch Werbeeinflüsse und Entgeltfinanzierung unbeeinflusste private, also letztlich „ehrliche“ Lebensführung erhalten, führt dazu, dass die Follower eine Haltung entwickeln, die sie gegenüber werbefinanzierten und daher gerade typischerweise wegen der Bezahlung geäußerten Vorlieben nicht entwickeln (vgl. LG Karlsruhe, BeckRS 2019, 3975, Rn. 30, 34). Auch die Beklagte legt auf diese Authentizität Wert, wenn sie vorträgt, in jüngerer Zeit verstärkt politisches Engagement über ihre Vorbildfunktion zu kommunizieren. Follower erwarten zu Recht, dass ein solches Engagement nicht kommerziell motiviert oder beeinflusst ist. Man würde dem Charakter von Instagram als soziales Medium nicht gerecht werden, würde man alle Profile als kommerziell motiviert ansehen.

b) Eine kommerzielle Motivation erfordert zusätzlich zu der objektiven Förderung von Absatzinteressen, die für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung genügt, eine Werbeabsicht, die nach Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ohne weiteres vorliegt, wenn die konkrete Information durch Dritte direkt finanziert wurde, was hier allerdings nicht als bewiesen anzusehen ist.

aa) Im Rahmen des § 5a Abs. 6 UWG ist der Nachweis der Werbeabsicht anhand von Indizien festzustellen. Vorliegend hat die Beklagte lediglich in Bezug auf Motiv 3 eingeräumt, dass im Zusammenhang mit der Präsentation von Mode und Accessoires eine unentgeltliche Zurverfügungstellung erfolgte. Zu Motiven 1 und 2 hat sie lediglich darauf hingewiesen, mit den begünstigten Unternehmen keine Kooperationen zu unterhalten.

In der bisherigen Rechtsprechung ist noch nicht abschließend geklärt, welche Indizien vorliegen müssen, um eine kommerzielle Absicht von Instagram-Postings zu vermuten mit der Folge, dass die Blogbetreiberin diese Vermutung zu widerlegen hätte.

Zum Teil lassen die Gerichte diejenigen Indizien genügen, die auch zu der Annahme einer geschäftlichen Handlung führen, nämlich hohe Followerzahl und Einbettung von Tags, die zu Unternehmensseiten führen (s.o.). Dieser Ansicht ist auch das Landgericht im hier zu entscheidenden Fall gefolgt. Zum Teil wird zusätzlich gefordert, dass im Falle von Produktdarstellungen ohne redaktionellen Anlass die Vermutung kommerzieller Motivation dadurch beseitigt werden kann, dass Profilbetreiber nachzuweisen haben, die dargestellten Produkte mit eigenen Mitteln erworben zu haben (KG GRUR 2019, 543 Rn. 70, 72). Eine liberalere Auffassung vertritt das OLG München (OLG München MMR 2020, 772 Rn. 28). Das Gericht verneint bereits das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung bei bloßer Produktdarstellung, weil „das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, … nicht aus(reicht), um einen objektiven Zusammenhang zwischen den Publikationen und der Absatzförderung anzunehmen“. Aus dieser Zusammenstellung folgt, dass die Frage auch die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf das Merkmal der kommerziellen Absicht betrifft. Hieran knüpft auch der von der Beklagten in der Berufungsinstanz vorlegte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht vom 4.11.2020 (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Staerkung_Verbraucherschutz_Wettbewerbs-_und_Gewerberecht.html) an. Dort wird eine Neufassung des § 5a Abs. 6 UWG vorgeschlagen, wonach „(b)ei einer Handlung ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens … nur dann ein kommerzieller Zweck anzunehmen (ist), wenn der Handelnde ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält“. Nach diesem Vorschlag hätte der Kläger vorzutragen und zu beweisen, dass die Postings der Beklagten bezahlt waren.

Die Regelung des Referentenentwurfs stellt noch kein geltendes Recht dar, ist also für die Lösung des Falles nicht heranzuziehen. Die dort gewählte Grundannahme ist aber nach Auffassung des Senats nicht angemessen. Zum einen liegt sie derzeit nur Nr. 11 der sog. Blacklist, also dem Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG zugrunde. § 5a Abs. 6 UWG verlangt für das Vorliegen getarnter Werbung dagegen nicht nur den Nachweis einer Entgeltzahlung. Auch die insoweit maßgebliche Vorgabe in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG geht davon aus, dass eine irreführende Praktik eines Unternehmers vorliegt, „wenn er den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt“. Daher kann der Nachweis einer kommerziellen Absicht auch aus anderen Umständen als der Zahlung eines direkten Entgelts gefolgert werden. Bereits deshalb ist fraglich, ob der Vorschlag im Referentenentwurf richtlinienkonform wäre.

Aus Sicht des Senats kann weder pauschal gefolgert werden, dass ein auch geringer redaktioneller Anlass bereits das kommerzielle Interesse ausschließt, noch dass allein bei Nachweis eines konkreten Entgelts die Unlauterkeit anzunehmen wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass § 5a Abs. 6 UrhG eine Vermutung zugunsten einer überwiegenden kommerziellen Absicht nur ausschließt, wenn einerseits sowohl eine konkrete Entgeltzahlung als auch ein mittelbarer Vorteil seitens des begünstigen Unternehmens ausscheidet, andererseits keine einseitige und übermäßige Herausstellung des objektiv begünstigten Unternehmens vorliegt.

Diese Wertung berücksichtigt zwar, dass auch die soziale Kommunikation über Instagram-Accounts dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegt. Sie trägt aber ebenso dem Umstand Rechnung, dass auch im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 GG Abstufungen dergestalt möglich, dass vorwiegend der Unterhaltung dienende Beiträge einen geringeren Schutz genießen als Beiträge, die journalistisch-redaktioneller Natur sind und gerade dadurch auch der kollektiven Meinungsbildung dienen (z.B. BVerfGE 34, 269, 283; BVerfGE 97, 228, 257; BVerfGE 101, 361, 391; BVerfGE 120, 180 Tz. 65). Damit steht es im Einklang, dass das informative Gewicht der Beiträge einer sozialen Kommunikation auch eine Rolle bei der Beweislastverteilung spielt.

Einerseits ist dem Blogger also der Nachweis zu gestatten, dass und inwiefern die von ihm präsentierten Produkte und Accessoires mit eigenen Mitteln beschafft wurden (KG GRUR 2019, 543 Rn. 70), andererseits ist zu gewichten, ob und in welchem Maße die zu den Bilddarstellungen gesetzten Texte einen Informationsgehalt haben und ob die Links zu den davon objektiv begünstigten Unternehmen redaktionell veranlasst und in der vorgenommenen Form auch erforderlich sind, um den redaktionellen Anlass zu erfüllen. Auf diese Weise wird dem Gefährdungspotential Rechnung getragen, das gerade die soziale Kommunikation für Verbraucherinteressen in sich trägt. Die Kennzeichnungsgebote für kommerzielle Kommunikationen soll nämlich den Verbraucher vor einer Irreführung über die eigentliche Motivation einer Kommunikation schützen, aber auch wirtschaftliche Einflüsse auf die inhaltliche Kommunikation begrenzen (BGHZ 110, 278, 287 = GRUR 1990, 611, 615 – Werbung im Programm). Der ursprünglich für Rundfunk und Presse entwickelte Grundsatz ist auch bei der sozialen Kommunikation in Diensten wie Instagram beachtlich. Gerade durch die Vermischung privater Kommunikation mit der dadurch angestrebten Entwicklung eines für die Unternehmenskommunikation attraktiven Images der Protagonisten ist eine klare Trennung zwischen kommerziellen und inhaltlichen Botschaften vorzunehmen. Auch die von der Beklagten in der Berufung beigefügten Beispiele aus dem Pressebereich zeigen, dass dort jeweils Kennzeichnungen von Anzeigen vorgenommen wurden, sind also kein Beispiel dafür, dass von der Beklagten etwas verlangt wird, was nicht auch im Bereich der klassischen Massenkommunikation gilt und zu befolgen ist. Die Kennzeichnungspflicht verbietet eine Vermischung redaktioneller und werblicher Kommunikation nicht, sie erfordert nur die Herstellung von Transparenz, bei einer Vermischung also die Kennzeichnung als Werbung. Die Befürchtungen der Beklagten, dass ihre Tätigkeit durch eine solche Pflicht insgesamt begrenzt oder beeinträchtigt werden könnte, sind insoweit unbegründet (so allgemein zu Werbebegrenzungen im Rundfunk EuGH GRUR Int. 2004, 242 Rn. 72). Sie darf auf die streitgegenständliche Weise kommunizieren, muss aber bei fehlendem Eigenerwerb und bei fehlendem redaktionellen Anlass die Kommunikation als kommerziell motiviert kennzeichnen.

bb) Die Beklagte hat die Vermutung eines kommerziellen Zwecks ihrer Kommunikation nicht entkräftet.

(1) Bei Motiv 1 erschöpft sich der Informationsgehalt des Beitrags darin, die zu einem bestimmten Anlass gezeigte Kleidung samt Accessoires (Tausche, Kette) zu zeigen und eine Vorliebe für bestimmte Kleidungsstücke zu äußern. Die Verlinkung weist auf die Herkunft der Kleidungsstücke hin. Der Text lobt die Kleidung ihrem Typ nach („liebe ich Alles aus Faux Leder und Kuschligem Teddy-Material“). Damit ist der redaktionelle Inhalt gering, aber durchaus vorhanden. Geht man davon aus, dass ein Informationsinteresse auch an einer Herkunftsquelle für die gezeigte Kleidung besteht, dass eine übermäßig lobende Besprechung der Kleidung nicht erfolgt, so bleibt für einen werbenden Überschuss der Umstand, dass die Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass sie die Bekleidung mit eigenen Mitteln erworben hat. Zwar hat die Beklagte für drei der vertaggten Accessoires behauptet und zum Teil auch mit Quittungen nachzuweisen versucht, dass ein Erwerb mit eigenen Mitteln stattgefunden hat. Jedenfalls für die Ohrringe, die im ersten Posting gezeigt und mit einem Tag versehen wurden, hat die Beklagte allerdings eingeräumt, dass ihr dieser Gegenstand ohne Gegenleistung von dem durch den Tag angezeigten Unternehmen T. zur Verfügung gestellt wurde. Die Frage, ob die für die weiteren Gegenstände angebotenen Erwerbsnachweise genügen, kann daher dahingestellt bleiben. Auch die Zurverfügungstellung geringwertiger Gegenstände indiziert eine kommerzielle Absicht eines Postings. Die zugunsten von Rundfunkverantwortlichen für sog. „Produktplatzierungen“ bestehende Privilegierung geringwertiger Produktionsbeihilfen ist auch die hier streitgegenständliche Kommunikation nicht anwendbar. Daher hätte das im ersten Posting gezeigte Bild nicht ohne werbliche Kennzeichnung bleiben dürfen.

(2) Bei Motiv 2 ist der äußere Anlass für das Posting die Verleihung eines Preises an die Beklagte. Dieser Anlass wird in dem Motiv nicht mitgeteilt. Auch die Herkunft des Fotos aus einer anderen Zeitschrift wird nicht offensichtlich. Es bleibt als Informationsgehalt der Text, wonach die Beklagte „mal ernst guckt“. Darüber hinaus folgen mehrere Hinweise auf Ausstatter und Dienstleister, die an der Gestaltung des Fotos mitgewirkt haben. Die Beklagte hat hierzu eingeräumt, dass sämtliche Dienstleistungen ohne Gegenleistung zur Verfügung gestellt wurden. Vor dem Hintergrund, dass auch der redaktionelle Anlass des Bildes, die Preisverleihung, in dem Posting überhaupt nicht erwähnt wird, bleibt ein überschießender werblicher Inhalt, der dazu führt, dass auch dieses Motiv zu kennzeichnen war.

(3) Bei Motiv 3 dankt die Beklagte denjenigen, die zu dem Foto beigetragen haben. Das Lob ist einseitig und überschwänglich. Dass Ausrüstungsgegenstände hier von Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden, ist unstreitig und wurde auch von der Beklagten eingeräumt. Auch hier überwiegt daher der werbliche Charakter.

(4) Insgesamt liegt wird die Vermutung einer zu Werbezwecken erfolgenden Veröffentlichung auch nicht dadurch erschüttert, dass die Beklagte zu allen drei Motiven behauptet, weder ein Entgelt für die Postings erhalten zu haben noch eine Verpflichtung zur Vertaggung gegenüber den betroffenen Unternehmen eingegangen zu sein, weil die Vermutung zugunsten einer kommerziellen Motivation auch unterhalt dieser Schwelle greift.

c) Vorliegend besteht auch die Gefahr, dass Verbraucher aufgrund der fehlenden Kennzeichnung eine Entscheidung treffen, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten. Bei redaktioneller Werbung liegt diese Entscheidung bereits darin, dass Verbraucher dem Inhalt eine Bedeutung als authentische redaktionelle Mitteilung zumessen, obgleich der Werbecharakter überwiegt. § 5a Abs. 6 UWG schützt Verbraucherinnen vor solchen Täuschungen. Der Verbraucher soll stets wissen, ob er ein Angebot zur Kenntnis nimmt, weil es in redaktioneller Unabhängigkeit gewählt wurde oder ob eine einseitige, weil werbende Äußerung vorliegt. Gerade im Bereich der sozialen Kommunikation ist der Schutz authentischer Äußerungen zentral, damit der Rezipient Klarheit über den Zweck einer Veröffentlichung hat und daraufhin entscheiden kann, ob er sie näher zur Kenntnis nimmt oder nicht.

6. Die Wiederholungsgefahr folgt aus dem Verletzungstatbestand. Eine Unterwerfung hat die Beklagte abgelehnt.

B. Auch der Anspruch aus der Vertragsstrafe wurde verwirkt. Die Beklagte hat sich gegenüber dem Kläger verpflichtet, es zu unterlassen, im sozialen Netzwerk Instagram Posts zu veröffentlichen, auf denen Produkte zu kommerziellen Zwecken im Bild des Posts getaggt sind, ohne den kommerziellen Zweck des jeweiligen Posts, soweit sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen des Posts ergibt, zu verdeutlichen.

1. Die der Unterwerfungserklärung zugrundeliegenden Motive betrafen jeweils Darstellungen von Modeoutfits mit Taggings. Der Typus dieser Motive entspricht den streitgegenständlichen Motiven.

a) Das erste Motiv in der Unterwerfungserklärung betraf die Erwähnung eines bestimmten Schuhs und enthält einen Tag zu der Händlergruppe Deichmann. Dieses Motiv entspricht dem Motiv 1 im vorliegenden Rechtsstreit. Jeweils beschränkt sich die Mitteilung auf ein Lob der Ware und ihre Bequemlichkeit.

b) Beim zweiten und dritten Motiv geht es ebenfalls um die Präsentation von Kleidung, die ursprünglich nicht als Werbung gekennzeichneten Motive wurden später als Werbung gekennzeichnet.

c) Die diesbezüglich von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung enthält jeweils die wesentlichen Merkmale eines Kennzeichnungsgebots für getaggte Modedarstellungen. Ob eine konkrete Kooperation mit Unternehmen besteht, war weder Gegenstand der Unterlassungserklärung noch kommt es hierauf an. Da es auch vorliegend um Darstellungen dieser Art geht, liegt eine kerngleiche Verletzungshandlung vor. Daher ist die Vertragsstrafe insoweit verwirkt.

2. Die Höhe der Vertragsstrafe ist angesichts der mehrfachen Verstöße und mit der vom Landgericht gegebenen Begründung angemessen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision erfolgt, weil in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung Uneinigkeit über die Frage besteht, welche Voraussetzungen erforderlich sind, um die Vermutung einer kommerziellen Motivation bei der sog. Influencerwerbung bestehen.

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