Preisvergleichswerbung bei gebrauchter Kleidung

18. Juni 2021
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Verschiedene Preise stehen auf einem Blatt und werden teilweise durchgestrichen Beschluss des KG Berlin vom 25.03.2021, AZ.: 5 U 15/20

Preisvergleichswerbung ist nicht zulässig, wenn für den Durchschnittsverbraucher nicht erkennbar ist, auf welchen Preis sich der reduzierte Preis genau bezieht, auf einen früheren Preis des Werbenden selbst, auf eine Herstellerpreisempfehlung oder den am Markt verlangten Preis. Weiterhin ist es irreführend, wenn die in der Werbung angegebenen „Neupreise“ sich nicht auf die tatsächlich am Markt verlangten Preise beziehen, sondern geschätzte Preise des Werbenden sind. Zuletzt ist es auch irreführend, wenn bei der Angabe der Zusammensetzung der Textilien, die Materialien nicht in dem Anteil in dem Kleidungsstück entsprechenden Reihenfolge aufgelistet sind.

Kammergericht Berlin

Beschluss vom 25.03.2021

Az.: 5 U 15/20

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Dezember 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 15 O 50/18 – in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Februar 2020 bei einem Streitwert von 15.000,00 EUR durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

A.

Der Kläger, die […], nimmt die Beklagte, die unter der Adresse www.[…].com einen Onlineshop unterhält, über den sie unter anderem gebrauchte Bekleidung vertreibt, und von ihr vertriebene Gebrauchtwaren zudem über die Online-Verkaufsplattform […] zum Kauf anbietet, zum einen auf Unterlassung verschiedener Angaben zum Preis der von ihr angebotenen Produkte im eigenen Onlineshop und zum anderen auf Unterlassung von Angaben in Anspruch, die sie auf der Online-Verkaufsplattform […] zu den (Roh)stoffen, aus denen die von ihr angebotene Bekleidung gefertigt ist, macht. Darüber hinaus macht der Kläger einen Anspruch auf Erstattung einer Kostenpauschale geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der in der ersten Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die in dem am 20. Dezember 2019 verkündeten Urteil des Landgerichts Berlin – 15 O 50/18 – in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Februar 2020 getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:

Das Landgericht hat der Klage gerichtet auf (1.) es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, (a.) für den Gebrauch gebrauchter Kleidung mit dem Hinweis „bis zu 90 % unter dem Neupreis“ zu werben, wenn dies geschieht wie in der Anlage K3 wiedergegeben, und/oder (b.) für den Verkauf von gebrauchter Kleidung dem eigenen Verkaufspreis einen höheren durchgestrichenen Verkaufspreis gegenüber zu stellen, wenn der höhere durchgestrichenen Preis erläutert wird mit „* von uns geschätzter Neupreis für diesen Artikel“, wenn dies geschieht wie in der Anlage K3 wiedergegeben; und/oder (c.) in Zusammenhang mit dem Verkauf gebrauchter Bekleidung auf eine Preisersparnis mit dem Hinweis „-X Prozent“ zu werben, wenn dies geschieht, wie in der Anlage K3 wiedergegeben; und/oder in Zusammenhang mit dem Verkauf gebrauchter Bekleidung auf eine Preisersparnis mit dem Hinweis „X € gespart“ zu werben, wenn dies geschieht, wie in der Anlage K14 wiedergegeben, sofern sich die beworbene Preisersparnis auf einen „geschätzten Neupreis“ bezieht; (d.) gebrauchte Textilbekleidung mit widersprüchlichen Angaben zur textilen Zusammensetzung zu bewerben, wie in der Anlage K7 und/oder Anlage K8 und/oder Anlage K9 geschehen – hilfsweise mit der Maßgabe, dass „widersprüchliche Angaben“ durch „nicht übereinstimmende und/oder unvollständige Angaben“ ersetzt wird – mit dem Hauptantrag stattgegeben. Es hat die Beklagte ferner auf den Klageantrag zu (2.) verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 267,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. März 2018 zu zahlen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimierten Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG zu.

Die vom Kläger beanstandeten Preisangaben erwiesen sich nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG irreführend und nach § 6 Abs. 2 UWG unzulässig preisvergleichend.

Der von dem Angebot der Beklagten in ihrem Online-Shop angesprochene durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher verstehe die Aussage „bis zu 90 % unter dem Neupreis“ dahin, dass mit dem „Neupreis“ der objektiv feststellbare Einzelverkaufspreis der jeweils angebotenen Ware angesprochen sei. Hierbei könne es sich um eine unverbindliche Preisempfehlung des Lieferanten oder einen tatsächlich am Markt gebildeten, unter Umständen gewichteten Durchschnittspreis oder auch um eine Preisspanne handeln, wobei die Verkehrserwartung in Ansehung der weiteren Angabe „geschätzter Neupreis“ in die Richtung eines Durchschnittspreises oder der an einer Preisspanne orientierten Preisangabe gehe. Auch bei einer Schätzung des „Neupreises“ setze der Verbraucher allerdings voraus, dass der Preisangabe entsprechende tatsächliche Ermittlungen zum Marktpreis zugrunde lägen. Diesen Erwartungen werde die Beklagte nach eigenen Angaben nicht gerecht. Vielmehr habe die Beklagte selbst geltend gemacht, dass der tatsächliche Neupreis der von ihr angebotenen Ware im Nachhinein nicht zuverlässig zu ermitteln sei, so dass der von der Beklagten angegebene Neupreis letztlich „aus der Luft gegriffen“ sei. Die Werbung mit einer auf einen nicht nachvollziehbar ermittelten Neupreis als Bezugsgröße gestützten Preisvergleich stelle sich als irreführend dar. Nichts anderes gelte, soweit die Beklagte dem von ihr geforderten Preis mit der Formulierung „…€ gespart“ oder „…% gespart“ den von ihr benannten Neupreis gegenüberstelle. Die vorgenannten Angaben erfüllten zudem den Tatbestand einer unzulässigen vergleichenden Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG. Könne die Beklagte einen belastbaren Vergleichspreis nicht ermitteln, müsse sie sich dieser Angaben enthalten.

Das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG werde ferner durch die vom Kläger beanstandete widersprechende Kennzeichnung der textilen Zusammensetzung der von der Beklagten angebotenen Kleidungsstücke in den „Artikelmerkmalen“ einerseits und in der „Artikelbeschreibung (Details)“ andererseits bei der Online-Verkaufsplattform eBay verletzt.

Der Beklagten habe es freigestanden, bei […] in der Rubrik „Artikelmerkmale“ gar keine Angaben zum Material zu machen oder im Bereich eines Platzhalters „machen Sie Ihre Angaben“ eine eigene Beschreibung der textilen Zusammensetzung der von ihr angebotenen Kleidung einzubringen oder aber den Oberbegriff „Mischgewebe“ zu wählen, wenn die angebotenen Textilien nicht nur aus einem einzigen textilen Rohstoff bestünden. Da die Artikelmerkmale eine wichtige Orientierungshilfe für den Verbraucher bei […] und Datenbasis für die Plattform-interne Suchmaschine seien, genüge es auch nicht, lediglich den anteilig größten Bestandteil zu nennen.

Die für den Unterlassungsanspruch weiter erforderliche Wiederholungsgefahr werde durch die bereits geschehene Verletzungshandlung indiziert. Diese sei mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch nicht ausgeräumt worden.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 267,50 EUR folge aus § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG (a.F.).

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Klage zulässig sei. Die Klageanträge zu 1. a) bis c) würden dem Bestimmtheitserfordernis gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht gerecht. Sie verwiesen sämtlich auf die Anlage K3, in der die angegriffenen Angaben nicht ohne weiteres aufzufinden seien. Bei dieser Sachlage sei ein Streit über den Umfang der die Beklagte treffenden Unterlassungspflicht im Zwangsvollstreckungsverfahren vorprogrammiert und werde der Gerichtsvollzieher darauf verwiesen, „jeweils selbst herauszusuchen, gegen welchen konkreten Teil der Anlage die Beklagte angeblich verstoßen haben soll“.

Hinzu komme, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Geltendmachung der mit den Klageanträgen zu Ziffer 1. b) und c) verfolgten Unterlassungsansprüche fehle. Die Klageanträge zu Ziffer 1. a) bis c) hätten sämtlich dasselbe Ziel, den von dem Kläger beanstandeten Preisvergleich zu untersagen, zum Gegenstand. Danach werde das mit den Anträgen zu 1. b) und c) verfolgte Rechtsschutzziel bereits vom Klageantrag zu 1. a) erfasst. Nach der Rechtsprechung zu kerngleichen Verletzungshandlungen fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage, wenn die zugrundeliegende Verletzungshandlung in den Kernbereich eines bereits bestehenden rechtskräftigen Unterlassungstitels falle. Diese Grundsätze müssten auch für die gleichzeitige Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gelten, die jeweils auf das Verbot einer kerngleichen Verletzungshandlung zielten. Das Landgericht habe die Klage daher auch aus diesem Grund jedenfalls wegen der Klageanträge zu 1. b) und c) als unzulässig abweisen müssen.

Das landgerichtliche Urteil sei ferner in materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerhaft. Im Ergebnis werde der Beklagten die vergleichende Preiswerbung für gebrauchte Bekleidung verboten, obwohl die Gegenüberstellung des Neupreises und des Second-Hand-Preises dem Verbraucher eine der wichtigsten Orientierungshilfen für seine Kaufentscheidung biete. Werde verlangt, dass der angegebene Neupreis objektiv feststellbar und verifizierbar sei, würde der Beklagten eine Werbung mit einer Preisgegenüberstellung unmöglich gemacht, obwohl eine solche Werbung im Second-Hand-Handel allgemein üblich sei. Da der Verbraucher daran gewöhnt sei, dass im Bereich des Gebrauchtwarenhandels der Preis der Neuware und der Preis der gebrauchten Ware einander gegenübergestellt würden, sei eine solche Werbung auch nicht geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Fehlvorstellung über die Preiswürdigkeit des Gebrauchtwarenangebotes herbeizuführen.

Auch eine Werbung mit Streichpreisen sei – entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung – zulässig, solange mitgeteilt werde, um welche Art von Preis es sich bei den Streichpreisen handele. Dies sei hier geschehen, da die Beklagte darauf verwiesen habe, dass es sich bei den durchgestrichenen Preisen um einen „geschätzten Neupreis“ handele.

Im Ausgangspunkt zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass der mit der Werbung der Beklagten angesprochene Verbraucher bei Angabe eines auf einer Schätzung beruhenden Neupreises annehme, dass dieser vom Verkäufer unter Berücksichtigung einer Preisspanne ermittelt worden sei. Hierdurch werde allerdings keine Fehlvorstellung über die Verlässlichkeit der Neupreisangabe ausgelöst. Vielmehr sei dem preisbewussten Verbraucher, der sich Gebrauchtwaren zuwende, bekannt, dass der Neupreis der Ware kaum zuverlässig zu ermitteln sei. Jedenfalls habe es das Landgericht (verfahrensfehlerhaft) unterlassen, über „die Verkehrsauffassung eines Verbrauchers auf dem Gebrauchtwarenmarkt“ Beweis zu erheben.

Der mit der Werbung der Beklagten angesprochene Verbraucher werde zudem durch den Hinweis darauf, dass die Beklagte ihren Preisgegenüberstellungen einen „geschätzten Neupreis“ zugrunde lege, darauf hingewiesen, dass der Neupreis tatsächlich nicht feststellbar und damit auch nicht verifizierbar sei. Bei den Verbrauchern werde daher keine Fehlvorstellung über die Verlässlichkeit des angegebenen Neupreises ausgelöst. Die Beklagte habe ferner hinreichend deutlich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Angaben zum Neupreis um eine Schätzung handele, da ihr Onlineshop übersichtlich gestaltet sei. Vor diesem Hintergrund könnten die vom Kläger beanstandeten Angaben zu dem beim Erwerb der von der Beklagten angebotenen Gebrauchtware zu erzielenden Preisvorteil sämtlich nicht als irreführend beanstandet werden.

Das Landgericht habe ferner zu Unrecht angenommen, dass die vom Kläger beanstandeten Angaben zu den Materialien, aus denen die von der Beklagten angebotene Kleidung gefertigt sei, irreführend seien. Gebrauchte Waren seien vom Anwendungsbereich der Textilkennzeichnungsverordnung (VO [EU] Nr. 1007/2011) nicht erfasst. Seien danach bei Gebrauchtwaren keine konkreten Angaben zur Beschaffenheit von Textilien erforderlich, scheide auch eine Irreführung über solche Angaben im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 1 UWG aus.

Hinzu komme, dass die von […] vorgegebene Auswahl an Artikelmerkmalen die für das Auffinden des Artikels bei einer Artikelsuche maßgeblich seien, nicht zulasse, dass in der Kategorie „Material“ mehr als eine Textilfaser angegeben werde. Auch ein „Platzhalter“ zur Aufnahme von Angaben nach Wahl des Anbieters sei auf der Verkaufs-Plattform von […] – entgegen der Annahme des Landgerichts – nicht vorgesehen. Nichts anderes gelte für die Angabe „Mischgewebe“, die in dem von […] vorgegebenen Dropdown-Menü nicht enthalten sei. Das Landgericht gehe daher insoweit (verfahrensfehlerhaft) von einer falschen Tatsachengrundlage aus.

Der Annahme des Landgerichtes, der zufolge die Benennung nur einer Textilfaser in der Rubrik „Artikelmerkmale“ bei gleichzeitiger Angabe verschiedener Textilfasern im Feld „Artikelbeschreibung“ irreführend sei, sei nicht zu folgen. Zwar suche der Verbraucher häufig im Suchfeld von […] oder anderen Online-Shops nach einer bestimmten Textilfaser. Allerdings gingen die wenigsten Verbraucher davon aus, dass ein Produkt aus nur einem Material bestehe. Vielmehr sei es üblich, dass Kleidung aus mehreren Materialien bestehe und entspreche daher der Verbrauchererwartung, wenn ihm im Bereich des Feldes Artikelmerkmale lediglich der Hauptbestandteil eines Kleidungsstückes präsentiert werde und Näheres der Artikelbeschreibung zu entnehmen sei.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 13. Mai 2020.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

B.

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist nach § 511 Abs. 1 ZPO statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, §§ 517, 519 ZPO, sowie den Anforderungen des § 520 ZPO genügend begründet worden.

Der Senat hat diese Begründung zur Kenntnis genommen und die gegen die landgerichtliche Entscheidung angeführten Argumente beraten. Im Ergebnis dieser Beratung beabsichtigt der Senat, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil diese – wie er einstimmig meint – keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache zugleich keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – die mit weiteren Kosten verbunden wäre – nicht geboten ist.

II. Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall. Das Landgericht hat vielmehr mit Recht angenommen, dass die vom Kläger erhobene Klage zulässig und die Beklagte zur Unterlassung der vom Kläger als unlauter beanstandeten geschäftlichen Handlungen sowie zur Zahlung der Kostenpauschale verpflichtet ist. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen in der von der Beklagten angegriffenen Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die von der Beklagten erhobenen Berufungsrügen geben lediglich Anlass zu folgenden Ausführungen:

Werbung mit Preisangaben

1. Gegen die Zulässigkeit der Klageanträge zu 1. a) bis c) bestehen entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine Bedenken.

a) Der Unterlassungsantrag zu 1. a) bis c) ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Umstand, dass der Kläger zur Verdeutlichung der von ihm als unlauter angegriffenen, dem Online-Shop der Beklagten entnommenen Preisangaben auf verschiedene umfangreiche Screenshots Bezug genommen hat, ändert hieran nichts.

aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – allerdings nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 – I ZR 267/15, Rn. 23, juris – Cordoba I; Urteil vom 20. Dezember 2018 – I ZR 104/17, Rn. 12, juris – Museumsfotos; Urteil vom 05. Oktober 2017 – I ZR 184/16, Rn. 10, juris – Betriebspsychologe, jeweils mwN).

Eine hinreichende Bestimmtheit ist für gewöhnlich gegeben, wenn eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung oder die konkret angegriffene Verletzungsform antragsgegenständlich ist und der Klageantrag zumindest unter Heranziehung des Klagevortrags unzweideutig erkennen lässt, in welchem konkreten Verhalten die Grundlage und der Anknüpfungspunkt des Wettbewerbsverstoßes und damit des Unterlassungsgebots liegen soll (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2018 – I ZR 118/16, Rn. 16, juris – Hohlfasermembranspinnanlage II, m. zahlreichen wN).

bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Klageanträge zu 1. a) bis c) hinreichend bestimmt gefasst.

(1) Gegenstand des Klageantrags zu 1. a) ist eine dem Internetauftritt der Beklagten entnommene werbende Angabe, die der Kläger in dem vorgenannten Antrag wörtlich wiedergegeben hat. Mit der Bezugnahme auf die als Anlage K3 vorgelegten Screenshots hat der Kläger ferner deutlich gemacht, in welchem Kontext diese Angabe von der Beklagten verwendet wird. Danach kann nicht zweifelhaft sein, welche konkrete geschäftliche Handlung (§ 3 Abs. 2 UWG) Gegenstand des von dem Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruches ist. Dem Klagevorbringen ist ferner unzweideutig zu entnehmen, dass die im Klageantrag zu 1. a) wiedergegebene Angabe vom Kläger in erster Linie mit Blick darauf beanstandet wird, dass sich der dem Gebrauchtwarenangebot der Beklagten gegenübergestellte Neupreis nach eigenen Angaben der Beklagten nicht zuverlässig feststellen lässt. Damit ist dem Bestimmtheitserfordernis Genüge getan.

(2) Mit dem Klageantrag zu 1. b) wendet sich der Kläger dagegen, dass die Beklagte den von ihr für eine Ware aufgerufenen Preisen einen durchgestrichenen Preis gegenüberstellt, wenn als durchgestrichener Preis – der von der Beklagten gegebenen Erläuterung entsprechend – ein von ihr geschätzter Neupreis gegenüberstellt wird. Mit der vom Kläger gewählten Formulierung ist die beanstandete Verletzungshandlung bereits für sich genommenen hinreichend klar umschrieben. Der Gegenstand dieses Unterlassungsanspruchs wird zudem durch Inbezugnahme von Screenshots, die die konkrete Gestaltung der beanstandeten werblichen Angabe zeigen, klar definiert.

(3) Vom Klageantrag zu 1. c) sind schließlich zwei weitere, dem Onlineshop der Beklagten entnommene Angaben erfasst, mit denen die Beklagte die Preisersparnis herausstellt, die der potentielle Kunde bei Erwerb der von ihr angebotenen Ware erzielen kann. Auch dieser Klageantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO:

Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass das jeweilige Warenangebot der Beklagten jeweils mit der Angabe „- [es folgt eine Zahl, die der Kläger mit dem Platzhalter „x“ umschreibt] %“ versehen ist, hat er die Art und Weise, in der die Beklagte von dieser Angabe Gebrauch macht, durch Bezugnahme auf Screenshots ihres Internetauftrittes hinreichend konkretisiert. Aus seinem Klagevorbringen wird zudem deutlich, dass „Stein des Anstoßes“ auch insoweit der Umstand ist, dass die Beklagte die von ihr beworbene Preisersparnis ausgehend von einem nicht zuverlässig feststellbaren Neupreis errechnet hat. Dem hat der Kläger in dem Klageantrag zu 1. c) mit der Formulierung Rechnung getragen: „sofern sich die beworbene Preisersparnis auf einen ‚geschätzten Neupreis‘ bezieht“. Mit Rücksicht auf das Klagevorbringen ist davon auszugehen (§§ 133, 157 BGB), dass diese Präzisierung für beide im Antrag zu Ziffer 1. c) genannten Angaben zur Preisersparnis gelten soll.

Soweit der Kläger schließlich beanstandet, dass die Beklagte in ihrem Onlineshop die bei dem Erwerb einer angebotenen Ware zu erzielende Preisersparnis außerdem mit dem Hinweis „[Angabe eines konkreten Betrages, den der Kläger mit dem Platzhalter „x“ umschreibt] € gespart“ bewirbt, wird auch insoweit durch Bezugnahme auf einen Screenshot deutlich gemacht, in welchem Kontext diese Angabe beanstandet wird, und zeigt auch hier der Zusatz „sofern sich die beworbene Preisersparnis auf einen ‚geschätzten Neupreis‘ bezieht“ auf, dass vom Kläger die Bezifferung einer Preisersparnis ausgehend von einem nicht zuverlässig festzustellenden Neupreis der jeweiligen Ware beanstandet wird.

(4) Die vorgenannten Klageanträge werden entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung auch nicht dadurch undeutlich, dass der Kläger mit den in Bezug genommenen Screenshots einen größeren Ausschnitt des Onlineshops der Beklagten abgebildet hat. Vielmehr lassen sich die beanstandeten (und der Beklagten bekannten) Verletzungshandlungen in Ansehung ihrer präzisen Umschreibung im jeweiligen Verbotsantrag unbeschadet dessen unschwer identifizieren. Da die Bestimmung der Reichweite des beantragten und vom Landgericht ausgesprochenen Unterlassungsgebots im Falle einer vom Kläger behaupteten Zuwiderhandlung gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges obliegt (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 5 W 1100/20, GRUR-RS 2020, 33999 Rn. 16, beck-online), besteht auch nicht die von der Beklagten beschworene Gefahr, dass sich ein Gerichtsvollzieher im Zwangsvollstreckungsverfahren mit der Notwendigkeit konfrontiert sieht, eine etwaige Verletzungshandlung mit den von dem Kläger in Bezug genommenen Screenshots abzugleichen.

b) Anders als die Beklagte meint, steht dem Kläger auch das für die gerichtliche Durchsetzung der Klageanträge zu 1. b) und c) erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite.

aa) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt allgemein, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Jedoch kann Rechtsuchenden nur unter ganz besonderen Umständen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte verwehrt werden. Grundsätzlich haben sie einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 – I ZR 210/18, Rn. 27, juris – Vorwerk; Urteil vom 21. September 2017 – I ZR 58/16, Rn. 37, juris – Sicherung der Drittauskunft, mwN).

bb) Danach besteht im Streitfall ein Rechtsschutzbedürfnis nicht nur für den Unterlassungsantrag zu 1. a), sondern auch für die Unterlassungsanträge zu 1. b) und c).

Zwar sind die Klageanträge zu 1. a) bis c) nach Vorstehendem sämtlich auf ein Verbot der Werbung mit einer Preisersparnis gerichtet, die die Beklagte unter Bezugnahme auf einen „geschätzten Neupreis“ errechnet hat. Es steht dem Kläger jedoch frei, die von ihm beanstandete konkrete Verletzungsform (den auf den in Bezug genommenen Screenshots wiedergegebenen Ausschnitt aus dem Onlineshop der Beklagten und die dort enthaltenen Werbeaussagen) unter mehreren Gesichtspunkten anzugreifen und diese Angriffe zum Gegenstand eigenständig formulierter Klageanträge zu machen (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 – I ZR 210/18, Rn. 28, juris – Vorwerk; Urteil vom 13. September 2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 25 – Biomineralwasser; Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 5 W 1100/20, GRUR-RS 2020, 33999 Rn. 15, beck-online). Der Frage danach, ob eine mögliche Verletzungshandlung den Kern des so umschriebenen Unterlassungsgebots berührt, ist erst im Zwangsvollstreckungsverfahren nachzugehen (vgl. Senat, a.a.O. Rn. 17).

2. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der von ihm als unlauter beanstandeten Preisangaben verlangen kann.

a) Gegen die (Klagebefugnis und) Aktivlegitimation des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bestehen keine Bedenken. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung auch nicht.

b) Das Landgericht hat die vom Kläger beanstandete Gegenüberstellung des von der Beklagten für gebrauchte Kleidung verlangten Preises mit einem „geschätzten Neupreis“ und die Werbung mit einer hierauf bezogenen Preisersparnis ferner mit Recht als irreführend im Sinne von §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 UWG angesehen.

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über – nachfolgend aufgezählte – Umstände enthält (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 – I ZR 210/18, Rn. 55, juris – Vorwerk; Urteil vom 25. Juni 2020 – I ZR 96/19, Rn. 14, juris – LTE Geschwindigkeit). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird, enthält.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine irreführende geschäftliche Handlung vorliegt, kommt es auf die Vorstellung des verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers an. Erforderlich ist, dass die geschäftliche Handlung geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 – I ZR 200/17, Rn. 67, juris – Das beste Netz; Urteil vom 28. April 2016 – I ZR 23/15, GRUR 2016, 1073 Rn. 27 – Geo-Targeting, mwN).

bb) Gemessen an diesen Maßstäben ist die von dem Kläger beanstandete Werbung bei der gebotenen Betrachtung des Gesamteindrucks, den sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 182/14, Rn. 10, juris – Durchgestrichener Preis II; Urteil vom 24. September 2013 – I ZR 89/12, Rn. 15, juris – Matratzen Factory Outlet) geeignet, bei einem relevanten Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine Fehlvorstellung über die Preiswürdigkeit der im Onlineshop der Beklagten unterbreiteten Angebote für den Erwerb gebrauchter Bekleidung zu wecken.

(1) Eine Werbung mit einer Preisgegenüberstellung oder einer Preisherabsetzung ist allerdings für sich genommen lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden (Helm/Sonntag/Burger in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2019, § 59 Irreführende geschäftliche Handlungen und Unterlassungen [§§ 5, 5a UWG] Rn. 352).

(2) Aus der Werbung muss sich jedoch klar und deutlich ergeben, um was für einen Preis es sich handelt, der dem eigenen (aktuellen) Preis gegenübergestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 182/14, Rn. 9, juris – Durchgestrichener Preis II; Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09, Rn. 22, juris – Original Kanchipur; MüKoUWG/Busche, 3. Aufl. 2020 Rn. 451, § 5 Rn. 451). Stellt der Werbende einen Preisvergleich nicht mit einem eigenen zu einem früheren Zeitpunkt verlangten Preis, sondern mit einem anderen als dem von ihm zuvor verlangten Preis an, muss dies regelmäßig näher erläutert werden (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 182/14, Rn. 13, juris – Durchgestrichener Preis II).

(3) Die Gegenüberstellung des eigenen Preises mit fremden Preisen wie einer unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung oder Preisen von Wettbewerbern setzt ferner voraus, dass wahrheitsgemäß auf ernstliche Preisvorstellungen des Herstellers oder von Konkurrenten Bezug genommen wird. Danach ist eine Bezugnahme auf eine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung nur dann zulässig, wenn der Vergleichspreis für die betreffende Ware auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 03. März 2016 – I ZR 110/15, Rn. 27, juris – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon; Urteil vom 27. November 2003 – I ZR 94/01, Rn. 17, juris – Mondpreise, jeweils mwN; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 3.85). Auch eine Werbung mit Preisen der Konkurrenz ist nur dann zulässig, wenn sie sich auf Preise für vergleichbare Waren oder Dienstleistungen bezieht, die von dem Wettbewerber tatsächlich verlangt werden oder verlangt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – I ZR 175/11, Rn. 21 und 34, juris – Kostenvergleich bei Honorarfactoring; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 3.100; MüKoUWG/Busche, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 472).

(4) Schließlich ist ein Preisvergleich irreführend, wenn er dem angesprochenen Verkehr nur eine scheinbare Objektivität und Marktübersicht vorspiegelt, ihm aber tatsächlich keine nachprüfbare Tatsachenbasis zugrunde liegt (vgl. BGH, Urteil vom 02. Mai 1996 – I ZR 108/94, Rn. 17, juris; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 3.100; MüKoUWG/Busche, 3. Aufl. 2020, § 5 Rn. 473; Toussaint in: Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 3. Aufl. 2020, § 5 Rn. 644).

cc) Diesen Anforderungen, die auch für die hier in Rede stehende Werbung mit einer Preisersparnis im Vergleich zu einem (geschätzten) Neupreis der von der Beklagten angebotenen gebrauchten Kleidung Geltung beanspruchen, wird die von dem Kläger mit dem Klageantrag zu 1. a) beanstandete Preiswerbung der Beklagten – „bis zu 90% unter dem Neupreis“ – im Einklang mit der Würdigung des Landgerichtes nicht gerecht.

(1) Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Landgerichts, der mit der Werbung der Beklagten angesprochene Verbraucher fasse die mit dem Klageantrag zu 1. a) angegriffene Preiswerbung in Ansehung des Gesamtkontextes, in den sie von der Beklagten ausweislich des von dem Kläger als Anlage K3 vorgelegten Screenshots gestellt worden ist, als Hinweis darauf auf, dass die von der Beklagten für einzelne Waren aufgerufenen Preise bis zu 90% unter dem (früheren) objektiv feststellbaren Einzelverkaufspreis derjenigen Ware, die die Beklagte nunmehr als Gebrauchtware anbietet, liege.

(a) Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Adressat der Preiswerbung der Beklagten, auf dessen Verständnishorizont abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 05. November 2020 – I ZR 204/19, Rn. 11, juris – Sinupret, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16, Rn. 27, juris – Tiegelgröße; Urteil vom 02. Oktober 2003 – I ZR 150/01, BGHZ 156, 250-256, Rn. 13 – Marktführerschaft), versteht den Hinweis auf den „Neupreis“ einer Ware im Einklang mit der Beurteilung des Landgerichts als Hinweis auf denjenigen Einzelverkaufspreis, den der Markt (einer Auswertung des konkreten Marktgeschehens zufolge) für diese Ware hergibt oder (bei zu einem früheren Zeitpunkt auf den Markt gebrachter Saisonware) hergegeben hat.

Zwar kann der mit der Werbung der Beklagten angesprochene Verbraucher den Begriff des Neupreises – wie bereits das Landgericht hervorhebt – sowohl als Hinweis auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, als auch als Hinweis auf einen tatsächlich am Markt erzielten Preis auffassen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19. September 2003 – 6 U 36/03, WRP 2008, 1273, Rn. 18 nach juris; Helm/Sonntag/Burger in Gloy/Loschelder/Danckwerts, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2019, § 59 Irreführende geschäftliche Handlungen und Unterlassungen [§§ 5, 5a UWG] Rn. 353), und stellt der Verbraucher bei einer Werbung, die – wie hier – nicht auf einen Eigenpreisvergleich, sondern auf einen Vergleich mit dem allgemein auf dem am Markt für vergleichbare Neuware verlangten Preisen zielt, in Rechnung, dass der angegebene „Neupreis“ den für entsprechende Neuwaren aufzuwendenden Betrag nur näherungsweise abbilden wird.

Gleichwohl erwartet der durchschnittlich informierte Verbraucher, dessen Verständnishorizont das von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG geforderte Gebot der „Preiswahrheit“ Rechnung tragen soll (Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 5 Rn. 3.23), dass auch der Angabe eines derartigen Vergleichspreises eine valide Tatsachengrundlage zugrunde liegt.

Der von einer Werbung mit Vergleichspreisen oder mit einer Preisherabsetzung angesprochene preisbewusste Verbraucher interessiert sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung vor allem deshalb für das zu einem vergleichsweise günstigen Preis angebotene Produkt, weil er annimmt, dass der angegebene Vergleichspreis den Marktverhältnissen entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1999 – I ZR 131/97, Rn. 29, juris – ehemalige Herstellerpreisempfehlung). Der von einer Werbung mit Vergleichspreisen angesprochene Verkehr setzt daher grundsätzlich voraus, dass der Vergleichspreis auf einer ernsthaften Kalkulation angemessener Verbraucherpreise beruht (BGH, Urteil vom 03. März 2016 – I ZR 110/15, Rn. 27, juris – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon; Urteil vom 14. November 2002 – I ZR 137/00, Rn. 20, juris – Preisempfehlung für Sondermodelle; Urteil vom 15. September 1999 – I ZR 131/97, Rn. 25, juris – ehemalige Herstellerpreisempfehlung; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 5 Rn. 3.85) oder dass der Vergleichspreis – soweit das tatsächliche Marktgeschehen abgebildet werden soll – den tatsächlich von Mitbewerbern (in der Vergangenheit) verlangten Einzelverkaufspreis wiedergibt (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2008 – I ZR 122/06 Rn. 20, juris – 20% auf alles; Urteil vom 15. Dezember 1999 – I ZR 159/97, Rn. 27, juris – Preisknaller; Urteil vom 29. Oktober 1998 – I ZR 163/96, Rn. 15, juris – Teppichpreiswerbung; Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG, § 5 Rn. 3.110).

(b) Dass die Beklagte den Neupreis in ihrem Onlineshop – nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, die der Senat seiner Entscheidung nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen hat – am Ende jeder Angebotsseite mit einem Sternchen-Hinweis, wie folgt erläutert hat: „* Von uns geschätzter Neupreis für diesen Artikel“ (LGU 5 im letzten Absatz), führt – anders als die Beklagte geltend macht – nicht zu einem abweichenden Verkehrsverständnis.

(aa) Zunächst ist hervorzuheben, dass sich der vorgenannte Sternchen-Hinweis zwar auf die auf den einzelnen Angebotsseiten des Onlineshops eingestellten Warenangebote, nicht aber auf die vom Kläger mit dem Klageantrag zu 1. a) angegriffenen Angabe auf der Startseite des Onlineshops bezieht, die ausweislich des vom Kläger vorgelegen Screenshots nicht mit einem entsprechenden Hinweis versehen ist, so dass insoweit bereits nicht sichergestellt ist, dass der mit der auf der Startseite herausgestellten Angabe „bis zu 90% unter dem Neupreis“ konfrontierte Verbraucher zu dem erst über eine andere Seite des Intertauftritts abrufbaren Sternchen-Hinweis einen inhaltlichen Bezug herstellt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21. September 2017 – I ZR 53/16, Rn. 26, juris – Festzins Plus).

(bb) Unabhängig hiervon setzt der von der Werbung der Beklagten angesprochene Verbraucher auch bei einem „geschätzten Neupreis“ voraus, dass die von der Beklagten vorgenommene Schätzung auf den tatsächlichen Marktverhältnissen und damit auf einer tragfähigen und nachprüfbaren Tatsachengrundlage fußt. Zwar wissen die angesprochenen Verkehrskreise bei der Werbung mit einem „Schätzpreis“, dass es sich nicht um einen exakten Preis handelt (Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 15.01.2021), Rn. 966). Die Angabe eines Vergleichspreises stellt allerdings auch dann, wenn diesem eine Schätzung zugrunde liegt, eine Tatsachenbehauptung dar, von der der angesprochene Verkehr annimmt, dass sie auf der Grundlage valider Anhaltspunkte aufgestellt und verifizierbar ist.

Dies gilt selbst dann, wenn man mit der Beklagten annähme, dass einem Verbraucher, der sich entweder, weil er besonders preisbewusst ist, oder, weil es ihm darauf ankommt, das eigene Konsumverhalten nachhaltig zu gestalten, häufig Gebrauchtwaren zuwendet, bekannt ist, dass sich der Neupreis einer gebrauchten Ware mitunter nicht zuverlässig bestimmen lässt. Denn der Verbraucher setzt bei einem Händler, der eine Vielzahl von Waren einer Gattung – hier gebrauchte Kleidung – anbietet, die er nach seiner Eigendarstellung ankauft und vor der Weiterveräußerung einer Qualitätskontrolle unterzieht, und der für sich in Anspruch nimmt, den Neupreis der von ihm angeboten Ware – zumindest Näherungsweise – bestimmen zu können, auch diesbezüglich eine bessere Übersicht über den relevanten Markt und hinsichtlich der Preisgestaltung von Herstellern und Händlern vergleichbarer Neuware einen gewissen Informationsvorsprung voraus.

(c) Soweit die Beklagte andeuten will, der mit ihrer Werbung angesprochene Verbraucher stelle in Rechnung, dass der Vergleichspreis, den die Beklagte ihren eigenen Preisen gegenüberstellt, möglicherweise nicht belastbar ist, ist dies mit ihrer eigenen Darstellung, derzufolge die von ihr angegebenen Preise als wertvolle Orientierungshilfe für die Beurteilung der Preiswürdigkeit ihres eigenen Angebotes dienten, nicht in Einklang zu bringen. Vielmehr hätte die Angabe des geschätzten Neupreises für den Verbraucher bei dieser Sachlage keinerlei relevanten Informationsgehalt.

Ein derartiges Verständnis der Bedeutung der vom Kläger angegriffenen Angabe ließe zudem den Umstand außer Betracht, dass der Preis neben Qualität und Vertragsbedingungen das zentrale Instrument des Wettbewerbs und damit auch für den Verbraucher von besonderer Bedeutung ist (Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG; 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 3.22). Nicht umsonst stellen die Beklagte – und nach ihrer Darstellung auch ihre Mitbewerber – in ihrer Werbung die Preiswürdigkeit des eigenen Angebotes anhand eines Vergleichs zu dem von ihnen angenommenen Neupreis der Ware heraus.

(2) Der von der Beklagten vermissten Beweiserhebung über das für die Beurteilung der Werbung der Beklagten maßgebliche Verkehrsverständnis bedurfte (und bedarf) es nicht.

(a) Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung, sondern Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens. Im Allgemeinen bedarf es daher keines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses, wenn die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Eine Beweiserhebung ist auch dann nicht stets geboten, wenn die Richter von der in Rede stehenden Werbung selbst nicht angesprochen werden. Das erforderliche Erfahrungswissen kann das Gericht vielmehr auch dann haben, wenn die entscheidenden Richter nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen (BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 34/12, Rn. 19, juris m. zahlreichen wN – Runes of Magic II; Urteil vom 13. September 2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314-339, Rn. 32 – Biomineralwasser). Es genügt vielmehr, dass das Gericht die Wirkung der Werbung auf die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund seiner Fachkenntnisse selbst beurteilen kann (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – I ZR 218/12, Rn. 29, juris – Nordjob-Messe).

(b) Gemessen an diesen Maßstäben konnte und kann die für die Beurteilung der Werbung der Beklagten maßgebliche Verkehrsauffassung hier sowohl durch das Landgericht als auch durch die ständig mit Wettbewerbssachen befassten Mitglieder des Berufungssenats ermittelt werden.

(3) Die Werbung der Beklagten mit der Angabe „bis zu 90% unter dem Neupreis“ wird der nach Vorstehendem bei den angesprochenen Verkehrskreisen geweckten Erwartung nicht gerecht.

(a) Insoweit ist zunächst hervorzuheben, dass die Beklagte in Reaktion auf die Abmahnung des Klägers mit ihrer E-Mail vom 13. November 2017 (Anlage K 13) in dem dort formulierten Textvorschlag für eine mögliche künftige Erläuterung des „Neupreises“ angegeben hat, dass der von ihr zum Zwecke des Preisvergleichs angesetzte Neupreis weder dem „tatsächlichen Herstellerpreis-Verkaufspreis“, noch einer „unverbindliche[n] Preisempfehlung“, noch einem „tatsächlich am Markt ermittelten Durchschnittspreis“ entspricht.

(b) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, die der Senat seiner Entscheidung nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen hat, hat die Beklagte ferner eingeräumt (§ 138 Abs. 3 ZPO), dass ihren Neupreisangaben nicht (stets) tragfähige durch eine Marktrecherche gestützte Erhebungen zu dem ursprünglich für die von ihr angebotenen Kleidungsstücken verlangten Neupreis zugrunde liegen (LGU 10 im zweiten Absatz).

Dem entspricht, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger in Reaktion auf dessen Abmahnung mit ihrer E-Mail vom 13. November 2017 (Anlage K 13) zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihr nicht möglich sei, „bei gebrauchten Artikeln die Originalpreise anzugeben“, und sie keine Möglichkeit habe, „die Originalpreise für die Vergangenheit abzufragen“. Die Beklagte hat ferner angegeben, dass „die Vorbesitzer [zudem regelmäßig] die Etiketten mit der Artikelnummer aus den Kleidungsstücken [entfernten]“, so dass sie „nicht nachvollziehen [könne], um welchen Artikel es sich genau handelt. Dies mach[e] auch eine Recherche des Originalpreises über den Hersteller unmöglich.“ An dieser Darstellung hält die Beklagte ausweislich der Klageerwiderung (dort S. 2; Band I/Blatt 40f d.A.) auch im vorliegenden Verfahren fest. Danach hat sich die Beklagte nach eigener Darstellung – entgegen der Verkehrserwartung – bei der Bestimmung des ihrem Preisvergleich zugrundeliegenden Neupreises nicht an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientiert.

(c) Soweit die Beklagte geltend macht, die der Angabe „bis zu 90 % unter dem Neupreis“ zugrundeliegenden Preise beruhten auf ihrer eigenen Berechnung, lässt ihr Vortrag nicht erkennen, dass sie diese auf einer validen und objektiv nachprüfbaren Tatsachengrundlage angestellt hätte, die der Orientierung an seriös kalkulierten Herstellerpreisempfehlungen oder den von Mitbewerbern tatsächlich verlangten Preisen für ein neues Kleidungsstück gleichzusetzen wäre.

Vielmehr fußt die Kalkulation der als Vergleichspreis angesetzten Neupreise nach Darstellung der Beklagten in ihrem E-Mail-Schreiben vom 13. November 2017 (Anlage K 13), auf Überlegungen, in die „übliche Preiszusammenhänge wie die Preispolitik des Herstellers, die Qualität der Materialien und die Nachfrage nach den Produkten des Herstellers“ einbezogen worden seien. Mit Schriftsatz vom 27. August 2018 (dort S. 9; Band I/Blatt 92f) macht die Beklagte sodann geltend, dass „neben der allgemeinen Wertigkeit von Bekleidungsstücken des gleichen Herstellers […] insbesondere geprüft [werde], in welchem Preissegment sich andere Bekleidungsstücke dieses Herstellers üblicherweise befinden“. Die Bedeutung dieser Kriterien für die Bestimmung eines an die tatsächlichen Marktverhältnisse auch nur angenäherten Preises und ihre Belastbarkeit ist für einen Außenstehenden weder zu greifen, noch – mangels Offenlegung der der Preisberechnung zugrundeliegenden Methodik – nachprüfbar.

(4) Die nach vorstehendem enttäuschte Erwartung des Verbrauchers, der von der Beklagten zum Zwecke des Preisvergleichs angeführte „Neupreis“ entspreche den tatsächlichen Marktverhältnissen und beruhe auf einer soliden Datenbasis, führt im Einklang mit der Würdigung des Landgerichts zu einer Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise über die Preiswürdigkeit des ihnen von der Beklagten unterbreiteten Angebots.

Hinzu kommt, dass die Beklagte dem angesprochenen Verkehr mit der Angabe „bis zu 90% unter Neupreis“ eine auf objektiver Grundlage und einer Marktübersicht gewonnene Vergleichsgrundlage vorspiegelt, obwohl eine solche nach eigenen Angaben der Beklagten tatsächlich gar nicht zu gewinnen ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 2 U 52/07, Rn. 33, juris).

(5) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei branchenüblich, dass im Gebrauchtwarenhandel und insbesondere beim Vertrieb gebauchter Kleidung mit einer Gegenüberstellung des eigenen Preises für die Gebrauchtware und einem (nicht näher unterlegten) Neupreis der Ware geworben werde. Für die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten als unlauter anzusehen ist, kommt es nicht maßgeblich auf eine einschlägige Branchenübung oder die in der Branche akzeptierten Verhaltenskodizes an. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Verhalten nach normativen Maßstäben als unlautere geschäftliche Handlung anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 09. September 2010 – I ZR 157/08, Rn. 13 – 16 juris – FSA-Kodex I; Urteil vom 07. Februar 2006 – KZR 33/04 –, BGHZ 166, 154-165, Rn. 19 – Probeabonnement; Urteil vom 08. November 1990 – I ZR 48/89, Rn. 24, juris – Wettbewerbsrichtlinien der Privatwirtschaft; Keller in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, 4. Aufl. 2016, UWG § 2 Rn. 187a).

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UWG steht eine geschäftliche Handlung (nur dann) im Einklang mit der unternehmerischen Sorgfalt, wenn sie „anständigen Marktgepflogenheiten“ entspricht. Sollte es – wie der Kläger in Abrede stellt – zutreffen, dass eine vergleichende Werbung mit nicht auf einer validen Tatsachengrundlage ermittelten Neupreisen im Gebrauchtwarenhandel allgemein üblich ist, handelte es sich nicht um „anständige Markgepflogenheiten“, sondern um eine rechtlich nicht zu berücksichtigende Unsitte, die nicht zur Entlastung der Beklagten führt (BGH, Urteil vom 30. März 1971 – I ZR 130/69, Rn. 36, juris – Schlankheitskur; Urteil vom 20. Mai 1960 – I ZR 93/59, Rn. 39f, juris – Eintritt in Kundenbestellung; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 2 Rn. 136).

dd) Das Landgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass auch die vom Kläger angegriffene Werbung mit einem durchgestrichenen Preis, der nach der von der Beklagten gegebenen Erläuterung dem „geschätzten Neupreis“ entspricht (Klageantrag zu 1. b) irreführend und damit unlauter im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 UWG ist.

(1) Werden Preise für ein Angebot durchgestrichenen Preisen gegenübergestellt, so muss sich aus der Werbung klar und deutlich ergeben, worum es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 182/14, Rn. 9, juris – durchgestrichener Preis II; Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09, Rn. 22, juris – Original Kanchipur m. zahlreichen wN).

(2) Diesen Anforderungen wird die Preiswerbung der Beklagten entgegen der von ihr vertretenen Auffassung nicht gerecht.

(a) Es kann offenbleiben, ob die der Werbung mit dem durchgestrichenen Preis am Ende der jeweiligen Seite des Online-Shops nachgestellte Auflösung zu dem neben dem durchgestrichenen Preis angebrachten Sternchen mit Rücksicht auf ihre optische Gestaltung und Platzierung dazu geeignet ist, den Adressaten des Angebots der Beklagten mit hinreichender Deutlichkeit vor Augen zu führen, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis nicht um den eigenen früheren Preis der Beklagten, sondern um einen „geschätzten Neupreis“ handelt. Denn auch ein etwa hinreichend deutlich angebrachter Hinweis darauf, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um den „geschätzten Neupreis“ handele, wird den Anforderungen, die an die Transparenz der dem Verbraucher zu gebenden Erläuterung, worum es sich bei dem durchgestrichenen Peis handelt, zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09, Rn. 22, juris – Original Kanchipur; Urteil vom 12. Dezember 1980 – I ZR 158/78, Rn. 23, juris mwN – Testpreiswerbung), nicht gerecht.

(b) Dies folgt bereits daraus, dass der mit der Werbung der Beklagten angesprochene Verbraucher dem Begriff des „geschätzten Neupreises“ eine andere Bedeutung beimisst, als ihm nach der im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten gegebenen Erläuterung tatsächlich zu kommen soll. Hinzu kommt, dass die Beklagte in ihrer Werbung nicht offenlegt, wie (d.h. auf welcher Tatsachengrundlage und unter Anwendung welchen Rechenmodells) sie den „geschätzten Neupreis“ ermittelt hat, so dass dem Verbraucher diejenigen Informationen vorenthalten werden, die es ihm erlaubten, die Preiswürdigkeit des Angebotes der Beklagten selbst zu überprüfen. Schließlich birgt der bloße Hinweis auf einen „geschätzten Neupreis“ – wie der Kläger zutreffend geltend macht – die – hier naheliegende – Gefahr, dass die Beklagte mit Preisen wirbt, die nicht den tatsächlichen Marktverhältnissen entsprechen und daher auch am Markt nicht durchsetzbar (gewesen) sind. Auch hierdurch werden die von der Werbung der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise über die Preiswürdigkeit des Angebotes der Beklagten irregeführt (BGH, Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09, Rn. 22, juris – Original Kanchipur).

ee) Die Beklagte wendet sich schließlich vergeblich dagegen, dass das Landgericht auch die Werbung mit einer Preisherabsetzung um „- x %“ und/oder mit der Angabe „ x € gespart“ (Klageantrag zu 1. c) als irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 UWG angesehen hat.

(1) Eine Werbung mit Preisherabsetzungen ist nur zulässig, wenn sie klar und bestimmt ist und insbesondere unmissverständlich erkennen lässt, auf welchen Preis sich die vom Werbenden herausgestellte Preisherabsetzung bezieht (Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 3.126), da dem Publikum anderenfalls unter Umständen eine tatsächlich nicht vorhandene Preisaktivität vorgespiegelt wird (vgl. MüKoUWG/Busche, 3. Aufl. 2020, § 5 Rn. 445).

Dies setzt nicht nur voraus, dass die Werbung mit einer Preisherabsetzung eindeutig erkennen lässt, ob sich der reduzierte Preis auf einen früheren Eigenpreis des Werbenden, auf den vom Hersteller empfohlenen Preis oder auf einen allgemein am Markt verlangten Preis bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1980 – I ZR 10/78, Rn. 12, juris – Preisgegenüberstellung III, OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 1997 – 2 U 215/96, Rn. 51, juris), sondern auch, dass der Preis auf den sich die Herabsetzung beziehen soll, klar definiert und eindeutig ist (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1980 – I ZR 158/78, Rn. 23, juris – Testpreiswerbung).

(2) Diesen Anforderungen genügen die vom Kläger insoweit angegriffenen Angaben im Einklang mit der Beurteilung des Landgerichts nicht.

Es kann offenbleiben, ob die vom Kläger in Bezug genommene Gestaltung des Onlineshops aus Sicht des mit der Preiswerbung angesprochene Durchschnittsverbrauchers mit der gebotenen Deutlichkeit erkennen lässt, dass sich sowohl die Angabe „- x %“ als auch die Angabe „x € gespart“ auf einen Preis beziehen soll, der von der Beklagten als „geschätzter Neupreis“ bezeichnet worden ist, so dass hinreichend klar wird, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt.

Denn dem von der Beklagten in Bezug genommenen „geschätzten Neupreis“ kommt aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise – wie der Senat bereits ausgeführt hat – weder eine klar definierte Bedeutung zu, noch beruht seine Festlegung auf objektiven und verifizierbaren Kriterien, so dass sich der Verkehr auf der Grundlage des von der Beklagten angestellten Preisvergleichs kein klares Bild von der beworbenen Preiswürdigkeit des Angebots der Beklagten und die bei Erwerb der Ware tatsächlich zu erzielende Preisersparnis machen kann.

c) Wegen der zentralen Bedeutung des Preises einer Ware für die Kaufentscheidung liegt auch die nach §§ 3 Abs. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 UWG erforderliche wettbewerbsrechtliche Relevanz der nach Vorstehendem irreführenden Preisangaben ohne weiteres vor (BGH, Urteil vom 20. November 2008 – I ZR 122/06, Rn. 24, juris – 20% auf alles).

d) Das Vorliegen der nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG für den Unterlassungsanspruch weiter erforderlichen Wiederholungsgefahr wird durch die bereits geschehene unlautere Wettbewerbshandlung der Beklagten indiziert (BGH, Urteil vom 12. März 2020 – I ZR 126/18, BGHZ 225, 59-90, Rn. 80 nach juris mwN – WarnWetter-App). Sie ist mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch nicht ausgeräumt worden.

3. Ob die von dem Kläger mit den Klageanträgen zu 1. a) bis c) außerdem eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG begründen, kann der Senat offenlassen. Herauf kommt es nach Vorstehendem nicht entscheidend an.

Angaben zur textilen Zusammensetzung

1. Die Klage ist auch mit dem Klageantrag zu 1. d) (Hauptantrag) zulässig. Der Antrag genügt insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform (Darstellung der Angebote der Beklagten auf der Online-Verkaufsplattform […] in Anlage K7 bis K9) wird hinreichend deutlich, welche Beschreibung der von der Beklagten über diese Plattform zum Verkauf angebotenen Ware der Kläger in Bezug auf ihre textile Zusammensetzung als widersprüchlich angreifen will (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018 – I ZR 73/17, Rn. 21, juris – Jogginghosen). Hinzu kommt, dass der Kläger mit der bei der Auslegung des Klageantrages heranzuziehenden Begründung herausgestellt hat, dass der Antrag auf das Verbot uneinheitlicher Angaben zur textilen Zusammensetzung eines Kleidungsstücks zielt, wenn sich der Anbietende – wie hier – bei der Gestaltung seines Angebots nicht an den Vorgaben der Textilkennzeichnungsverordnung orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16, Rn. 16, juris – Tiegelgröße).

2. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der von ihm als unlauter beanstandeten Angaben zur textilen Zusammensetzung der von ihr bei […] angebotenen Kleidungsstücke verlangen kann.

a) Gegen die (Klagebefugnis und) Aktivlegitimation des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bestehen auch insoweit keine Bedenken.

b) Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass den mit den Angeboten der Beklagten bei […] angesprochenen Verkehrskreisen mit der vom Kläger angegriffenen Gestaltung der Angebote in der Gesamtschau der dort gemachten Angaben ein widersprüchliches und damit irreführendes Bild im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG von der textilen Zusammensetzung der von der Beklagten über eBay angebotenen gebrauchten Kleidung vermittelt wird.

aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung sind irreführende Angaben über die textile Zusammensetzung der von ihr angebotenen Kleidung grundsätzlich dazu geeignet, einen Unterlassungsanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das allgemeine Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG auszulösen.

(1) Da die Beklagte gebrauchte Kleidungsstücke zum Kauf anbietet, gelten die Kennzeichnungspflichten der Textilkennzeichnungsverordnung für sie gemäß Nr. 13 des Anhangs V der VO (EU) 1007/2011 (TextilKennzVO) grundsätzlich nicht (vgl. LG Münster, Beschluss vom 06. Mai 2020 – 22 O 31/20, Rn. 10, juris). Die von der Beklagten gemachten Angaben können daher nicht schon wegen eines Verstoßes gegen die Textilkennzeichnungsverordnung als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 – I ZR 7/15, Rn. 14, juris – Textilkennzeichnung) als unlauter beanstandet werden.

(2) Ist der Anwendungsbereich der Textilkennzeichnungsverordnung in Bezug auf die von der Beklagten angebotenen Waren nicht eröffnet, stellt sich die von der Beklagten aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis zwischen einem Unterlassungsanspruch aus § 3a UWG wegen Verstoßes gegen die Textilkennzeichnungsverordnung und einem Unterlassungsanspruch, der aus dem allgemeinen Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG hergeleitet wird, hier schon nicht. Vielmehr kann für die Beurteilung der Lauterkeit oder Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten ohne weiteres auf § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG zurückgegriffen werden. Dies folgt – wie der Kläger zutreffend hervorhebt – bereits aus Erwägungsgrund 19 der Textilkennzeichnungsverordnung, demzufolge irreführende Geschäftspraktiken, bei denen u.a. falsche Angaben gemacht werden, die den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, von der Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) und damit – jedenfalls – von dem diese Richtlinie insoweit umsetzenden Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG erfasst werden sollen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 27. April 2017 – 2 U 132/16, Rn. 58, juris).

(3) Aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 24. März 2016 – I ZR 7/15, juris – Textilkennzeichnung) folgt nichts Gegenteiliges. Vielmehr betrifft die vorgenannte Entscheidung die Frage danach, ob die Nichtbeachtung von Kennzeichnungsvorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung bei einer Werbung für Textilerzeugnisse, die grundsätzlich in den sachlichen Anwendungsbereich der Textilkennzeichnungsverordnung fallen, aber zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung (noch) nicht greifen, gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen im Sinne von § 5a UWG beanstandet werden kann (BGH, a.a.O., Rn. 20, juris). Nur dies hat der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung verneint. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorhergehenden Urteil vom 04. Dezember 2014 (– I-2 U 28/14, GRUR-RR 2015, 154), einen generellen Anwendungsvorrang der Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung gegenüber dem von § 5a UWG geregelten Verbot des Vorenthaltens wesentlicher Informationen angenommen hat (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 47 – 50, nach juris), gilt diese Würdigung, zu der der Bundesgerichtshof in der nachfolgenden Revisionsentscheidung nicht Stellung genommen hat, nur für den Fall, dass der sachliche Anwendungsbereich der Textilkennzeichnungsverordnung grundsätzlich eröffnet ist. Auch aus dieser Entscheidung kann daher für den Streitfall, in dem es um ein Angebot gebrauchter und daher schon nicht vom sachlichen Anwendungsbereich der Textilkennzeichnungsverordnung erfasster Textilien geht, nichts hergeleitet werden.

bb) Die von der Beklagten für die ihre Angebote bei […] gewählte Artikelbeschreibung ist auch nach Auffassung des Senats dazu geeignet, bei einem relevanten Teil der mit der Artikelbeschreibung der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise eine Fehlvorstellung über die textile Zusammensetzung der angebotenen Kleidungsstücke auszulösen.

(1) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthält, zu denen Vorteile, Risiken, Beschaffenheit oder die Ergebnisse von Tests zählen. Eine Irreführung liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 – I ZR 96/19, Rn. 14, juris – LTE-Geschwindigkeit). Eine Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG ist ferner gegeben, wenn eine Angabe mehrdeutig und deshalb unklar ist (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 182/14, Rn. 16, juris – Durchgestrichener Preis II; Urteil vom 08. März 2012 – I ZR 202/10, Rn. 17, juris – Marktführer Sport). Schließlich begründen auch in sich widersprüchliche Angaben die Gefahr einer Irreführung (Diekmann in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 5 UWG (Stand: 15.01.2021), Rn. 167; LG Bochum, Urteil vom 03. Juli 2013 – I-13 O 55/13, Rn. 28, juris).

(2) Ausweislich der vom Kläger zum Gegenstand des Klageantrages zu 1. d) gemachten Screenshots (Anlage K7 bis K9) stimmen die von der Beklagten unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ gemachten Angaben zu dem Material, aus dem das angebotene Kleidungsstück besteht, nicht mit denjenigen Angaben überein, die die weitere unter der Überschrift „Details“ gegebene Artikelbeschreibung enthält. Während die Beklagte unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ jeweils nur eines der Materialien angegeben hat, aus denen das angebotene Kleidungsstück gefertigt ist, weist die Artikelbeschreibung unter „Details“ jeweils mehrere unterschiedliche textile Bestandteile aus.

(3) Das Landgericht hat angenommen, die mit dem Angebot der Beklagten auf […] angesprochenen Verkehrskreise, die sich nach Eingabe bestimmter Stichworte in die Suchfunktion bei […] die zu den von ihnen vorgegebenen Suchkriterien passenden Angebote anzeigen lassen, ließen sich grundsätzlich von der Erwartung leiten, dass die vom Anbieter unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ gemachten Angaben zum Material zutreffend sind und unter dem Stichwort „Details“ keine abweichenden Informationen zur textilen Zusammensetzung eines bei […] angebotenen Kleidungsstücks vorgehalten werden. Weise das Angebot stattdessen unterschiedliche Angaben zur textilen Zusammensetzung eines Kleidungsstücks auf, bleibe aus Sicht des angesprochenen Verkehrs offen, welche Angaben letztlich gelten sollen.

(4) Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Beklagten greifen im Ergebnis nicht durch.

(a) Die Beklagte wendet sich zunächst ohne Erfolg gegen die vom Landgericht getroffene und für den Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindende Feststellung, nach der es ihr freigestanden habe, unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ zu den für die Herstellung der Textilien verwendeten Materialien „eigenformulierte Angaben“ zu machen oder dort als Oberbegriff „Mischgewebe“ einzugeben, wenn die Textilien nicht nur aus einem einzigen textilen Rohstoff bestehen.

Etwaige Unrichtigkeiten der tatbestandlichen Feststellungen, zu denen – wie hier – auch tatsächliche Feststellungen in den Entscheidungsgründen zählen (BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 – I ZR 120/19, Rn. 64, juris – Clickbaiting; Urteil vom 16. Mai 2019 – III ZR 176/18, Rn. 17, juris; Urteil vom 10. Januar 2017 – II ZR 94/15, BGHZ 217, 224 Rn. 31, juris), können in der konkret vorliegenden Fallgestaltung nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (BGH, Urteil vom 15. August 2019 – III ZR 205/17, Rn. 38, juris; Urteil vom 16. Mai 2019 – III ZR 176/18, Rn. 17 juris; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 529 Rn. 2). Die Partei kann daher im vorliegenden Berufungsverfahren nicht mit Erfolg unter Hinweis auf das erstinstanzliche Vorbringen geltend machen, das angefochtene Urteil gebe den der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt unrichtig wieder (Musielak/Voit/Ball, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 529 Rn. 6; OLG Stuttgart, Urteil vom 26. Juni 2017 – 10 U 62/16, Rn. 54, juris). Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat die Beklagte nicht gestellt.

Im Übrigen begründen auch keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung. Vielmehr weisen bereits die von der Beklagten in erster Instanz als Anlagen zu den Akten gereichten Screenshots zu dem Auswahlverfahren, das ein Verkäufer auf der Verkaufsplattform […] bei der Festlegung der „Artikelmerkmale“ anlässlich der Freischaltung eines Angebotes durchläuft, darauf hin, dass in der Kategorie „Material“ auch vom Verkäufer eigenständig formulierte Angaben gemacht werden können, wenn es dort heißt: „Suchen oder eigene Angabe“. Nichts anderes ist dem als Anlage BK 8 zu den Akten gereichten Screenshot zu entnehmen. Schließlich weist die Anlage BK 9 für die von der Beklagten selbst gewählte Angabe „Mischgewebe“ die Option „Hinzufügen“ aus, so dass nahe liegt, dass in der Kategorie „Material“ entgegen der Darstellung der Beklagten auch nicht nur die von […] vorgeschlagenen Begriffe ausgewählt werden können.

(b) Das Landgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass die mit dem Angebot der Beklagten bei […] angesprochenen Verkehrskreise voraussetzen, dass die unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ gemachten Angaben zu dem für die Herstellung der von ihr angebotenen gebrauchten Kleidungsstücke verwendeten Material, mit den weiteren unter „Details“ gemachten Angaben zur textilen Zusammensetzung des angebotenen Kleidungsstückes aufeinander abgestimmt und in der Sache miteinander in Übereinstimmung zu bringen sind.

(aa) Allerdings sind die von dem Angebot der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen, grundsätzlich daran gewöhnt, dass ihnen auf der Online-Verkaufsplattform […] unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ nur eine schlagwortartige Beschreibung der angebotenen Ware präsentiert wird, und setzt der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher daher nicht stets voraus, dass die ihm unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ präsentierten Angaben zu dem für die Herstellung einer Ware verwendeten Material abschließend sind. Vielmehr wird der Durchschnittsnutzer der Online-Verlaufsplattform […] bei der Beurteilung der Bedeutung, die der Materialangabe unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ zukommt, grundsätzlich die Möglichkeit in Rechnung stellen, dass ihm unter dem Stichwort „Details“ eine präzisere Beschreibung der stofflichen Zusammensetzung der Ware präsentiert wird, sofern diese nicht nur aus einem einzigen Werkstoff besteht.

Dies gilt auch (und insbesondere) für Kleidungsstücke. Denn dem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher ist bekannt, dass diese häufig aus mehreren Textilfasern bestehen; er ist ferner daran gewöhnt, dass in der Werbung für ein solches Produkt zunächst diejenige Textilfaser herausgestellt wird, die für seine textile Zusammensetzung prägend ist. Der durchschnittlich informierte Verbraucher nimmt die Auflistung mehrerer Materialien in der Detailbeschreibung eines Textilerzeugnisses daher grundsätzlich nicht als Widerspruch zu einer hervorgehobenen Nennung eines (Haupt)-Bestandteils, sondern als ergänzende Erläuterung der textilen Zusammensetzung wahr.

(bb) Werden bei dem Angebot eines Kleidungsstücks – wie hier – unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ nicht schon alle Textilfasern benannt, die bei der Herstellung eines Kleidungsstückes Verwendung gefunden haben, sondern wird nur eine einzige Textilfaser als – wie die Beklagte erstinstanzlich ausdrücklich geltend gemacht hat (Schriftsatz vom 27. August 2018, dort S. 13, Band I/Blatt 96 d. A.) – für die Fertigung des angebotenen Kleidungsstückes hauptsächlich verwendeter Roh- bzw. Werkstoff herausgestellt, geht die Verkehrserwartung jedoch dahin, dass sich der Anbieter auch bei der präziseren Darstellung der Zusammensetzung der Textilfasern, aus denen das Kleidungsstück gefertigt ist, unter der Überschrift „Details“ an die insoweit übliche Vorgehensweise hält, und sich das unter „Artikelmerkmale“ genannte Material auch in der Detailbeschreibung des Angebotes als der die textile Zusammensetzung prägende Hauptbestandteil wiederfindet. Ist dies nicht der Fall, kann der Verbraucher weder zuverlässig feststellen, ob die bei ihm durch die Angabe unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ geweckte Erwartung, das dort genannte Material stelle – wenn nicht den einzigen, so doch zumindest – den Hauptbestandteil des angebotenen Textilerzeugnisses dar, zutreffend ist, noch kann er – wie das Landgericht mit Recht hervorhebt – erkennen, welche Angabe diesbezüglich gelten soll.

(cc) Es ist allgemein üblich und entspricht daher dem Erwartungshorizont der angesprochenen Verkehrskreise, dass bei einer Auflistung mehrerer Textilfasern, aus denen ein Kleidungsstück oder sonstige Textilien gefertigt sind, an erster Stelle diejenige Faser genannt wird, die den größten Anteil eines aus mehreren Materialien hergestellten Textilerzeugnisses ausmacht, und sich an diese Materialangabe Angaben zu den weiteren Materialien nach Maßgabe ihres prozentualen (Gewichts-)Anteils in absteigender Reihenfolge anschließen (vgl. hierzu Art. 9 Abs. 1 der Textilkennzeichnungsverordnung).

Enthält die nähere Beschreibung der textilen Zusammensetzung eines aus mehreren Textilfasern gefertigten Kleidungsstücks keine Bezifferung des prozentualen Anteils, zu dem der Hauptbestandteil und die übrigen Materialien in dem mit dem Angebot beworbenen Textilerzeugnis enthalten sind, setzt der angesprochene Verkehr nach Vorstehendem zumindest eine Auflistung der verschiedenen Textilfasern in absteigender Reihenfolge und damit voraus, dass der unter „Artikelmerkmale“ hervorgehobene Hauptbestandteil auch in der Detailbeschreibung an erster Stelle steht.

(c) Dieser Erwartung werden die vom Kläger angegriffenen Angaben der Beklagten ausweislich der insoweit in Bezug genommenen Screenshots von den einschlägigen Angebotsseiten bei […] nicht gerecht. Die von der Beklagten unter der Überschrift „Details“ gegebene nähere Beschreibung der textilen Zusammensetzung der von ihr angebotenen Kleidungsstücke lässt aus Sicht des von dem Angebot der Beklagten angesprochenen durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der der Produktbeschreibung die bei einer Recherche bei […] zu erwartende Aufmerksamkeit entgegenbringt, nicht erkennen, ob das unter der Überschrift „Artikelmerkmale“ genannte Material tatsächlich für die textile Zusammensetzung des Kleidungsstücks prägend ist.

Vielmehr wird das von der Beklagten nach ihrer eigenen Darstellung hauptsächlich für die Herstellung des jeweiligen Kleidungsstücks verwendete und daher unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ aufgeführte Material in der Detailbeschreibung der Angebote weder als solches kenntlich gemacht, noch trägt die in die – nach eigener Darstellung der Beklagten individuell gestaltbare (LGU 8 im vorletzten Absatz des Tatbestandes und Schriftsatz der Beklagten vom 9. April 2018, dort S. 4; Band I/Blatt 42 d. A.) – Produktbeschreibung unter dem Stichwort „Details“ aufgenommene Aufzählung der verschiedenen, für die Herstellung des jeweiligen Kleidungsstücks verwandten Materialien der Verkehrserwartung Rechnung, nach der die Textilfaser mit dem größten Gewichtsanteil bei einer Aufzählung mehrerer unterschiedlicher Fasern an erster Stelle steht.

Bei dem in Anlage K 7 abgebildeten Angebot eines Herrenpullovers weist die Beklagte nach eigener Darstellung unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ als Hauptbestandteil des Kleidungsstücks das Material „Kaschmir“ aus, wohingegen in der Detailbeschreibung das Material „Baumwolle“ an erster Stelle steht. Bei dem in der Anlage K 8 abgebildeten Angebot eines Kleides ist das nach Darstellung der Beklagten hauptsächlich für die Herstellung dieses Kleidungsstückes verwendete Material unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ mit „Synthetik“ angegeben; die Detailbeschreibung weist das Material „Synthetik“ indes an letzter Stelle aus. Bei dem in der Anlage K 9 abgebildeten Angebot einer Damenbluse soll das unter „Artikelmerkmale“ aufgeführte, hauptsächlich für die Herstellung verwendete Material nach Darstellung der Beklagten der dort in der Rubrik „Material“ genannte Werkstoff „Elasthan“ sein; dieser Werkstoff ist in der Detailbeschreibung allerdings erst an zweiter Stelle aufgeführt.

(d) Die vorbeschriebene Gestaltung der Angebotsseiten bei […] führt dazu, dass die Angaben der Beklagten zur textilen Zusammensetzung der von ihr angebotenen gebrauchten Kleidungsstücke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise in sich widersprüchlich sind. Während die Nennung nur eines Materials unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Erwartung weckt, dass hiermit – wenn nicht die einzige, so zumindest – die hauptsächlich zur Herstellung des Kleidungsstücks verwendete Textilfaser benannt worden ist, weist die unter der Überschrift „Details“ gegebene Produktbeschreibung darauf hin, dass das unter dem Stichwort „Artikelmerkmale“ genannte Material tatsächlich nicht die Textilfaser mit dem höchsten (Gewichts-)Anteil ist.

Danach stellt sich die vom Kläger unter dem Gesichtspunkt einer hinsichtlich der Angaben zur textilen Zusammensetzung in sich unstimmigen Gestaltung der bei […] eingestellten Angebote gebrauchter Kleidung angegriffene geschäftliche Handlung der Beklagten im Ergebnis im Einklang mit der Würdigung des Landgerichts als irreführend gemäß §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG dar.

c) Die nach Vorstehendem irreführende Gestaltung der Angebote der Beklagten ist auch von geschäftlicher Relevanz im Sinne von §§ 3 Abs. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 UWG, da sie mit der Zusammensetzung von Textilien ein Merkmal der angebotenen Leistung betrifft, das für die Marktgegenseite von zentraler Bedeutung ist (Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.182).

d) Da die Beklagte mit dem Angebot gebrauchter Kleidung bei […] geschäftlich gehandelt und gegen § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG verstoßen hat, begründet auch dieser Wettbewerbsverstoß eine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 UWG (BGH, Urteil vom 12. März 2020 – I ZR 126/18, BGHZ 225, 59-90, Rn. 80 nach juris – WarnWetter-App).

Kostenpauschale

Konkrete Einwendungen dagegen, dass das Landgericht dem Kläger einen Anspruch auf Erstattung der von ihm geltend gemachten Kostenpauschale nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in der bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung zuerkannt hat (jetzt: § 12 Abs. 3 UWG n. F.), erhebt die Beklagte mit der Berufungsbegründung nicht. Hiergegen bestehen auch keine Bedenken.

C.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch machen die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil unter Zulassung der Revision erforderlich. Die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die zitierte obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt. Auch sonstige Gründe, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebieten, liegen nicht vor.

Der Senat beabsichtigt daher, die Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Aufgrund vorstehender Erwägungen regt der Senat eine Rücknahme der Berufung an. Im Falle einer Rücknahme der Berufung können Gerichtsgebühren gespart werden (Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0 gem. Nr. 1222 KV).

Die beabsichtigte Wertfestsetzung folgt der unbeanstandet gebliebenen erstinstanzlichen Wertfestsetzung und beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 39 Abs. 1, 40, 47 Abs. 1, 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass er weiteren – streitigen – Vortrag nur nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 ZPO zulassen dürfte. Gründe für die Zulassung wären daher ggf. glaubhaft zu machen. Ferner weist der Senat darauf hin, dass weiterer Vortrag zurückgewiesen werden könnte, wenn sich der Rechtsstreit dadurch verzögert und ein Entschuldigungsgrund für den unterbliebenen Vortrag in der Berufungsbegründung nicht glaubhaft gemacht ist (§§ 530, 296 Abs. 1, 4 ZPO).

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