Streitwert 1.000,- € bei einer einzigen unerlaubten Werbemail
Landgericht München II
Beschluss vom 12.05.2017
Az.: 6 T 1583/17
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin vom 24.04.2017 gegen den Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Starnberg vom 3.4.2017 wird zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klägerin, eine Anwaltskanzlei, machte mit ihrer Klage einen Anspruch auf Unterlassung gewerblicher Ansprache per E-Mail geltend. Sie hatte am 22.2.2017 eine „Einladung“ zu einem gebührenpflichtigen Seminar erhalten. Auf die Anlage … 1 wird Bezug genommen. Das Amtsgericht setzte mit Beschluss vom 3.4.2017 den Streitwert auf € 1.000,- fest. Hiergegen wendet sich die sich selbst vertretende Klägerin mir ihrer Beschwerde vom 24.4.2017. Sie verfolgt unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH eine Festsetzung des Streitwertes auf € 3000,-.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der Unterlassungsanspruch gegen die unverlangte Übersendung von Werbung ist anhand des Interesses des Klägers zu schätzen, künftige Belästigungen und Kosten zu vermeiden. Das Unterlassungsinteresse gegenüber unerwünschter Werbung per E-Mail wird sehr unterschiedlich (Spanne zwischen 100 € bis über 10.000,- €) bewertet, vgl. u.a. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, Rz 5549. Die Festsetzung eines hohen Streitwertes kann dabei insbesondere angezeigt sein, wenn es sich beim Beworbenen gleichzeitig um einen Mitbewerber handelt, Schneider/Herget, a.a.O. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ansonsten ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen und bei der Schätzung zu beachten, dass neben der Belästigung im Einzelfall durch das notwendige Durchlesen, Sortieren und Löschen auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen berücksichtigt werden kann. Gleichwohl kann es aus Sicht des Beschwerdegerichts nicht wesentliche Aufgabe der Streitwertfestsetzung sein, entsprechende Abschreckungseffekte zu erzielen, so aber offenbar Schneider/Herget, Rz. 5351. Dies muss vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten sein. So hat auch der BGH, VI ZR 65/04 ausgeführt, dass ein volkswirtschaftlicher Gesamtschaden irrelevant sei. Auf den vorliegenden Fall übertragen, bedeutet dies: Dem Absender ist einerseits bewusst, dass er sich einer massenhaft auftretenden, von den Betroffenen mindestens als belästigend empfundenen Vorgehensweise bedient. Auch ist der berufliche Bereich der Klägerin betroffen, die sicherlich als Anwaltskanzlei auch regelmäßig elektronisch kommuniziert.
Andererseits handelt es sich um lediglich eine einzige E-Mail. Anders als in manchen von der Rechtsprechung deutlich höher bewerteten Fällen ist vorliegend auch nicht ersichtlich, dass durch die E-Mail eine die Belästigung perpetuierende SMS ausgelöst wurde.Vor allem ist der Umfang der E-Mail als gering einzustufen. Der Aufwand, die Mail auf Ihre Relevanz zu überprüfen und sie zu löschen, hält sich damit in engen Grenzen.
Bei wertender Gesamtbetrachtung ist das Interesse des Klägers vorliegend für diesen konkreten Einzelfall mit 1000,- € zu schätzen.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, vgl. § 68 III GKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde sind nicht gegeben. Insbesondere kann aus der Entscheidung des BGH I ZR 218/07 nicht auf einen Regelstreitwert von 6000,-€ geschlossen werden. Der maßgebliche Aufwand (s.o. Ziff. II) für das Sichten und Aussortieren der Mail war in dem vom BGH zu entscheidenden Fall ersichtlich höher, da dort ein 15-seitiger Newsletter übersendet wurde. Die Entscheidung des BGH VI ZR 65/04 schließt ebenfalls eine anderweitige Entscheidung, die dem jeweiligen konkreten Einzelfall Rechnung trägt, nicht aus.