Verarbeitung von sensiblen Daten im Asylverfahren erlaubt

10. Februar 2022
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Würfel mit DSGVO-Aufschrift und Paragraphenzeichen auf einer Tastatur Beschluss des VG Berlin vom 17.01.2022, Az.: 3 L 664/21 A

Ein Bundesamt, das einem Asylantragssteller im Zuge eines den Flüchtlingsstatus betreffenden Widerrufsverfahrens eine Mitwirkungsaufforderung erteilt, darf in dessen Rahmen sensible personenbezogene Daten verarbeiten. Dies gilt auch in Fällen, bei denen der Adressat aufgefordert wird, Belege einer Konversion zu einer anderen Religion oder Engagements in einer Glaubensgemeinde vorzulegen. Die Mitwirkungsaufforderung und die anschließende Verarbeitung der Daten sind mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung vereinbar. Im Einzelnen betonte das Gericht, dass es dem Bundesamt ohne die Verarbeitung dieser Daten kaum möglich wäre, eine Prüfung von Widerrufsvoraussetzungen vorzunehmen. Folglich sind die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 Buchst. g) DSGVO gegeben.

Verwaltungsgericht Berlin

Beschluss vom 17.01.2022

Az.: 3 L 664/21 A

 

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der iranische Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Aufforderung zur Beantwortung von Fragen sowie gegen die Androhung eines Zwangsgelds in einem den Flüchtlingsstatus betreffenden Widerrufsverfahren.

Der Antragsteller reiste als Minderjähriger im Jahr 2016 nach Deutschland ein und stellte – vertreten durch den Arbeiterwohlfahrt Landesverband e.V. – mit Schreiben vom 1. Februar 2016 einen förmlichen Asylantrag. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung gab er im Wesentlichen an, dass er sich im Iran zum Christentum hingewendet und vor diesem Hintergrund Probleme bekommen habe. Auf weitere Nachfrage, ob er im Iran seinen Glauben leben würde und wenn „ja“ wie, antwortete der Antragsteller „Ich denke nicht, dass ich dort mit meinem Glauben weiterleben kann. Ich würde dort bestimmt festgenommen“. Auf die Frage, wie oft er in die Kirche gehe, antwortete der Antragsteller: „Ich bin noch nicht in die Kirche gegangen, weil ich immer Angst habe, dass mir was passiert. In der Unterkunft leben viele Moslems, die könnten mich ja verfolgen. […].“

Mit Bescheid vom 23. Mai 2017 erkannte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) die Flüchtlingseigenschaft zu. Nach dem zugrunde liegenden Entscheidervermerk habe der Antragsteller glaubhaft vorgetragen, vom muslimischen zum christlichen Glauben konvertiert zu sein. Aus dem Sachvortrag ergebe sich eine im Grundsatz als christlich zu interpretierende Wertehaltung, die dem Antragsteller inne zu wohnen scheine. Auch wenn diese nicht als vollumfänglich zu bewerten sei, habe er glaubhaft eine innere Abneigung und Ablehnung der Lehren des Islams bezeugt. Weiterhin sei die Ernsthaftigkeit des Engagements für die neue Religion bei ihm glaubhaft. Er müsse bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit staatlicher Verfolgung rechnen.

Mit Schreiben vom 22. März 2021 teilte das Bundesamt dem Antragsteller mit, dass derzeit die in seinem Asylverfahren getroffene positive Entscheidung überprüft werde und bat ihn in diesem Zusammenhang eine Reihe Fragen schriftlich bis zum 26. April 2021 zu beantworten, beispielsweise, wie sich sein im Anerkennungsverfahren geltend gemachtes Interesse an der christlichen Religion seit der Schutzzuerkennung im Jahr 2017 entwickelt habe oder ob er versuche, andere Personen vom christlichen Glauben zu überzeugen. Zudem bat ihn das Bundesamt darum, Belege für eine zwischenzeitliche Konversion zum Christentum sowie für ein etwaigens Engagement in einer Kirchengemeinde vorzulegen.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2021 – zugestellt am 23. Oktober 2021 – forderte das Bundesamt ihn dazu auf, die betreffenden Fragen bis zum 13. November 2021 zu beantworten. Gleichzeitig drohte das Bundesamt dem Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von 500,– Euro an.

Hiergegen hat der Antragsteller am 8. November 2021 Klage (VG 3 K 665/21 A) erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er ist der Auffassung, dass ihn keine dementsprechende Mitwirkungsverpflichtung treffe, weil ihm das Bundesamt allein aufgrund einer glaubhaft angenommenen Vorverfolgung die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt habe. Im Übrigen seien die ihm aufgegebenen Mitwirkungshandlungen mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung unvereinbar.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage – VG 3 K 665/21 A – anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

II.

Der Einzelrichter hat – nach Anhörung der Beteiligten – mit Beschluss vom heutigen Tage den Rechtsstreit wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer zurück übertragen (vgl. § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG).

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 20. November 2019 – VG 33 L 467.19 A –, juris Rn. 14 m.w.N.; VG Berlin, Beschluss vom 20. Juli 2020 – VG 23 L 272/20 A –, juris Rn. 4 m.w.N.) und auch im Übrigen zulässig. Soweit sich der Antrag gegen die Vollziehbarkeit der gegen ihn gerichteten Aufforderung richtet, steht dem nicht § 44a VwGO entgegen, weil sich die Mitwirkungsaufforderung im Sinne von § 44a Satz 2, Alt. 1 VwGO aufgrund der verfügten Zwangsgeldandrohung vollstrecken lässt (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 13. August 2021 – 1 A 5518/19 –, juris Rn. 62 m.w.N.). Gegen die Vollziehbarkeit der Zwangsmittelandrohung ist der Antrag in gleicher Weise statthaft und zulässig (vgl. § 18 Abs. 1 VwVG; BVerwG, Beschluss vom 30. August 1996 – 7 VR 2/96 –, juris Rn. 15).

Der Antrag ist allerdings unbegründet, denn bei der hierbei gebotenen Abwägung überwiegt das gesetzlich angeordnete öffentliche Vollziehungsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Der angefochtene Bescheid erweist sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) als rechtmäßig. Die erhobene Anfechtungsklage – VG 3 K 665/21 A – wird aller Voraussicht nach erfolglos bleiben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Aufforderung zur Mitwirkung und Vorlage der Urkunden ist § 73 Abs. 3a AsylG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 AsylG. Nach § 73 Abs. 3a AsylG ist der Ausländer nach Aufforderung durch das Bundesamt persönlich zur Mitwirkung bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Widerrufs oder der Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter verpflichtet, soweit dies für die Prüfung erforderlich und dem Ausländer zumutbar ist. Nach § 15 Abs. 2 AsylG ist der Ausländer persönlich verpflichtet, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen (Nr. 1) und alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen (Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Für die Prüfung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen ist die Mitwirkung eines Betroffenen dann erforderlich, wenn kein einfacheres und besser geeignetes Mittel zur Prüfung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen auf Seiten des Bundesamtes vorhanden ist. Es müssen gewisse objektiv überprüfbare Anhaltspunkte bestehen, dass eine persönliche Mitwirkung zu für die Widerrufsprüfung relevanten Erkenntnissen führen kann (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 13. August 2021 – 1 A 5518/19 –, juris Rn. 68 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

Nach den Maßstäben der Anerkennungsentscheidung sind die auf die weitere Entwicklung der Glaubensüberzeugung des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Fragen für den Fortbestand seines Schutzstatus relevant. Entgegen seiner Ansicht hat ihm das Bundesamt nicht allein aufgrund einer glaubhaft angenommenen Vorverfolgung die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Vielmehr ergibt sich aus dem zugrunde liegenden Entscheidervermerk, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft auch deswegen zuzuerkennen sei, weil er glaubhaft eine innere Abneigung und Ablehnung der Lehren des Islams bezeugt habe und weiterhin die Ernsthaftigkeit des Engagements für die neue Religion bei ihm glaubhaft sei. Ob sich für diese Gefahrenprognose ein hinreichender Anhalt dem Anhörungsprotokoll entnehmen lässt, ist unerheblich, denn maßgeblich ist diesbezüglich allein die Einschätzung des Bundesamtes. Soweit nämlich – wie hier – das Bundesamt die Zuerkennung von sich aus ausgesprochen hat, ist ebenso nur von den Verhältnissen im Zeitpunkt des Ergehens des bestandskräftigen Zuerkennungsbescheides auszugehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2003 – BVerwG 1 C 15/02 –, juris Rn. 8). Dabei ist die Frage, ob ein Bekenntnis des Antragstellers zum Christentum nachträglich entfallen ist oder sich signifikant abgeschwächt hat, für die Widerrufsvoraussetzung des „Nicht-mehr-Vorliegens“ der Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 73 Abs. 1 AsylG sowie eines Wegfalls der Umstände im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie) relevant.

Die Mitwirkungshandlung des Antragstellers ist erforderlich. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, auf welchem anderen Wege sich das Bundesamt diesbezüglich relevante Erkenntnisse verschaffen könnte (vgl. hierzu auch VG Hamburg, Urteil vom 13. August 2021 – 1 A 5518/19 –, juris Rn. 69 ff. m.w.N.).

Ebenso ist dem Antragsteller die geforderte Mitwirkungshandlung zumutbar. Dies ist dann der Fall, wenn sie ihm möglich und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. So liegen die Dinge hier, denn der Antragsteller selbst stellt nicht in Abrede, dass er die gestellten Fragen ohne Weiteres schriftlich beantworten und die geforderten Unterlagen einreichen kann. Insbesondere stellt die Aufforderung weder eine unzulässige staatliche Ausforschung seiner Gedanken- und Gefühlswelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 14. September 1989 – 2 BvR 1062/87 –, juris) noch einen unzulässigen Eingriff in seine Glaubens- und Gewissensfreiheit im Sinne von Art. 4 GG dar. Denn nach der gerichtlichen Erkenntnislage sind Konvertiten im Iran nur dann dem Risiko der Verfolgung ausgesetzt, wenn sie durch die öffentliche Ausübung ihres Glaubens die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden erregen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 9. März 2021 – VG 3 K 196/18 A –, juris Rn. 33 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund beziehen sich die gestellten Fragen auch im Wesentlichen auf äußere Umstände der Religionsausübung und betreffen mithin auch weniger den Kern- als eher den Randbereich der beiden Grundrechte mit vergleichsweiser niedriger Eingriffsintensität (vgl. dazu auch VG Hamburg, Urteil vom 13. August 2021 – 1 A 5518/19 –, juris Rn. 73).

Anders als der Antragsteller meint, liegt kein Verstoß gegen Art. 9 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 (ABl. L 119 S. 1) zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO –) vor. Nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person untersagt. Allerdings gilt diese Vorschrift nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. g) DSGVO unter anderem dann nicht, wenn die Verarbeitung auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist.

Dies ist vorliegend der Fall. So ordnet sowohl das nationale- (vgl. 73 Abs. 1 AsylG) wie auch das Unionsrecht (vgl. Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f Qualifikationsrichtlinie) und das Völkerrecht (vgl. Art. 1 C Genfer Flüchtlingskonvention) an, dass ein zuerkannter internationaler Schutzanspruch zu widerrufen oder zurückzunehmen ist, wenn dessen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies setzt wiederum dementsprechende Ermittlungen voraus, weil für die Voraussetzungen eines Widerrufs das Bundesamt darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 – BVerwG 10 C 7/11 –, juris Rn. 10).

Die genannten Regelungen stehen auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel, weil es dem beweisbelasteten Bundesamt andernfalls kaum möglich wäre, eine Prüfung vorzunehmen. Die Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen stellt gleichsam das Spiegelbild der Prüfung zur Zuerkennung der der Flüchtlingseigenschaft zu treffender Feststellung der Bedeutung bestimmter Glaubensbetätigungen für die religiöse Identität des Schutzsuchenden dar. Dabei haben Behörden und Gerichte keine inhaltliche „Glaubensprüfung“ vorzunehmen. Sie setzen sich bei der erforderlichen Prüfung der Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit weder mit Inhalten von Glaubenssätzen auseinander, noch setzen sie ihre eigene Wertung zu Inhalt und Bedeutung eines Glaubenssatzes an die Stelle derjenigen des Einzelnen oder der Kirche oder Glaubensgemeinschaft oder formulieren eigene Standpunkte in Sachen des Glaubens. Sie entscheiden auch nicht über die Legitimität religiöser Glaubensüberzeugungen und die Art und Weise ihrer Bekundung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. April 2020 – 2 BvR 1838/15 –, juris Rn. 31; siehe auch EuGH, Urteil vom 5. September 2012 – Rs. C-71/11 und C-99/11 – juris). Zudem ist auch die Auskunft des Antragstellers im Hinblick auf diesen Fluchtgrund nicht nur „eine weitere“ (vgl. hierzu Fleuß in BeckOK AuslR, 30. Ed. 1. Juli 2021, AsylG § 73 Rn. 60b), sondern eher wesentliche Erkenntnisquelle, um die Prüfung auf einer hinreichenden Grundlage vornehmen zu können. Entsprechendes gilt auch für die geforderten Unterlagen seines kirchlichen Engagements; auch wenn die Frage, ob und bejahendenfalls welche Aspekte einer Glaubensüberzeugung oder Glaubensbetätigung in einem hinreichenden Maße für die religiöse Identität des individuellen Schutzsuchenden prägend sind oder nicht, und die damit angesprochene Prüfung, nicht zu den eigenen Angelegenheiten der Kirchen oder Religionsgemeinschaften gehören (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. April 2020 – 2 BvR 1838/15 –, juris Rn. 30).

Auch wahrt die Aufforderung den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz, weil die Mitwirkungsaufforderung nur soweit geht, wie sie für die Prüfung erforderlich ist und eine dementsprechende Aushöhlung mithin auch nicht zu befürchten ist (vgl. dazu Kampert in Sydow, DSGVO, 2. Aufl., 2018 Art. 9 Rn. 38). Die Maßnahme steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel, weil die Betroffenen die Möglichkeit haben, gegen die Mitwirkungsaufforderung gesonderten Rechtsschutz zu beantragen. Schließlich besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse für eine dementsprechende Mitwirkungsaufforderung, weil die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylG oder eine Rücknahme nach § 73 Abs. 3 AsylG vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat (vgl. § 73 Abs. 2a AsylG) und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen ist, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG).

Rechtsgrundlage der Zwangsgeldandrohung in Höhe von 500,– Euro sind §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 1b, 11, 13 VwVG. Diese lässt sich weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlich beanstanden. Sie dient dazu, die von Gesetzes wegen sofort vollziehbare Mitwirkungsverpflichtung durchzusetzen. Diese war hier auch vor allem deswegen erforderlich, weil der Antragsteller auf das Schreiben des Bundesamtes vom 22. März 2021 nicht geantwortet hatte und der Zweck der Regelung gerade darin liegt, dass der anerkannt Schutzberechtigte nicht das Aufhebungsverfahren durch eine unterlassene Mitwirkung verzögern kann (vgl. BT-Drs. 19/5590, S. 6).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 VwGO in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hierzu nimmt das Gericht auf die obigen Ausführungen Bezug (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2018 – 2 BvR 1122/18 –, juris Rn. 16). Allein aus dem Rückübertragungsbeschluss des Einzelrichters nach § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG wegen grundsätzlicher Bedeutung folgt noch keine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, weil eine dementsprechende Rückübertragung nur dann ausgeschlossen ist, wenn sich die Beantwortung der zu entscheidenden Frage nicht aus der Rechtsprechung der Kammer ergibt (vgl. siehe auch Schulz-Bredemeier in Huber/Mantel AufenthG, 3. Aufl. 2021, AsylG § 76 Rn. 7; Seeger in BeckOK AuslR, 31. Ed. 1. Oktober 2021, AsylG § 76 Rn. 10), was vorliegend nicht der Fall war, weil die Kammer über die Rechtmäßigkeit einer Mitwirkungsaufforderung nach § 73 Abs. 3a AsylG bislang noch nicht zu entscheiden hatte.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 80 AsylG).

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