Vertragsdokumentengenerator zulässig: kein Verstoß gegen RDG

14. September 2021
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Laptop mit Abbidung eines Buchs und eines Dokuments mit einer Hand, die darauf schreibt Pressemitteilung Nr. 171/2021 des BGH zum Urteil vom 09.09.2021, Az.: I ZR 113/20

Der BGH hat entschieden, dass der digitale Vertragsdokumentengenerator eines juristischen Verlags keine Rechtsdienstleistung darstellt und mithin zulässig ist. Die Tätigkeit des Verlags bestehe in der Bereitstellung der Software, die anhand standardisierter Vertragsklauseln und typischen Sachverhalten Rechtsdokumente erstellt. Hierbei werde sie jedoch nicht in einem konkreten Fall eines Anwenders tätig. Darüber hinaus könne der Nutzer erkennen, dass die Software nicht zur rechtlichen Prüfung seines Falls diene.

Bundesgerichtshof

Pressemitteilung Nr. 171/2021 zum Urteil vom 09.09.2021

Az.: I ZR 113/20

 

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein juristischer Fachverlag einen digitalen Rechtsdokumentengenerator betreiben darf, mit dem anhand eines Frage-Antwort-Systems und einer Sammlung abgespeicherter Textbausteine Vertragsdokumente erzeugt werden.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltskammer. Die Beklagte ist ein juristischer Fachverlag. Sie stellt im Internet einen digitalen Generator zur Erstellung von Verträgen und anderen Rechtsdokumenten bereit, die Kunden im Rahmen eines Abonnements oder im Wege des Einzelkaufs erwerben können. Hierzu werden dem Kunden verschiedene Fragen gestellt, die er – überwiegend im Multiple-Choice-Verfahren – beantworten muss. Anhand der Antworten werden mithilfe einer Software aus einer Sammlung von Textbausteinen Vertragsklauseln generiert, die zu einem Vertragsentwurf zusammengestellt werden.

Die Klägerin sieht in der digitalen Erstellung eines individuellen Vertragsdokuments eine wettbewerbswidrige Rechtsdienstleistung und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Unterlassungsantrag abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe des digitalen Rechtsdokumentengenerators ist keine nach § 3a UWG unlautere Handlung, weil sie keine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1, § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) darstellt. Die Tätigkeit der Beklagten besteht darin, mithilfe der programmierten und im Internet bereitgestellten Software Vertragsdokumente anhand der Vorgaben der Nutzer zu erstellen. Dabei wird sie nicht in einer konkreten Angelegenheit des Nutzers tätig. Sie hat die Software auf der Grundlage von denkbaren typischen Sachverhaltskonstellationen programmiert, zu denen sie im Vorgriff auf die vorgegebenen Antworten standardisierte Vertragsklauseln entwickelt hat. Die über den üblichen Fall hinausgehenden individuellen Verhältnisse des Anwenders finden – ähnlich wie bei einem Formularhandbuch – bei der Erstellung des Vertragsdokuments keine Berücksichtigung. Der Nutzer erwartet daher auch keine rechtliche Prüfung seines konkreten Falls.

Vorinstanzen:

LG Köln – Urteil vom 8. Oktober 2019 – 31 O 35/19

OLG Köln – Urteil vom 19. Juni 2020 – 6 U 263/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 2 Abs. 1 RDG

Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

§ 3 RDG

Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

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