Kommentar

Zur Verletzung von inländischen Kennzeichenrechten durch „ausländische“ Domainnamen

20. Juni 2016
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Blaue Domainendungen mit Männchen Kommentar zum Urteil des BGH vom 28.04.2016, Az.: I ZR 82/14

Im Rahmen der Domainvergabe besteht der Grundsatz, dass jeder Domainname unter einer Top-Level-Domain nur einmal vergeben werden kann. Unternehmen möchten im Rahmen von Domains auch genau unter ihrer Geschäftsbezeichnung aufgefunden werden. Hat ein Dritter zwar unberechtigterweise die entsprechende .de-Domain registriert, kann auf Unterlassung und Löschung geklagt werden. Doch wie gestaltet sich ein solcher Anspruch bei anderen Top-Level-Domains wie z.B. .es, .us oder .org?

Was ist passiert?

Die Klägerin, die als ProfitBricks GmbH seit 2010 im Handelsregister eingetragen ist, tritt im Internet unter den Domainnamen profitbricks.com und profitbricks.de auf und hat auch entsprechende Unionsmarken eintragen lassen.

Die Beklagte ist seit 2010 Inhaberin der Domains profitbricks.es, profitbricks.org, profitbricks.us, profitbrick.com und profitbrick.de, wobei die letzteren beiden Domains – ohne das „s“ des Unternehmensnamens – von der Beklagten zum Kauf angeboten werden. Unter keiner der Domains werden Inhalte vorgehalten; lediglich unter profitbrick.com erfolgte eine Weiterleitung auf eine weitere Internetseite, auf der E-Mail Anbieter aufgeführt und über einen Link aufrufbar waren.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen und in der Absicht registriert, sich diese von der Klägerin abkaufen zu lassen. Darin sei eine Verletzung Ihrer Markenrechte, Ihres Unternehmenskennzeichens und ihrer Namensrechte zu sehen.

Der Beklagte hingegen sah in der Registrierung der Domains keine Verletzung der Rechte der Klägerin, insbesondere keine Benutzung im geschäftlichen Verkehr und auch kein Angebot von Waren oder Dienstleistungen, weswegen der geltend gemachte Anspruch nicht bestand.

Das Berufungsgericht hat den Unterlassungs- und Löschungsanspruch der Klägerin bejaht. Hiergegen wandte sich der Beklagte mit der Revision an den Bundesgerichtshof.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Die vom Beklagten eingelegte Revision hatte Erfolg: der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil von Ende April 2016 (Urteil vom 28. April 2016 – I ZR 82/14), dass der Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung oder Löschung gegen den Inhaber der mit der Geschäftsbezeichnung versehenen Domains hat.

Begründet wurde die Entscheidung wie folgt: im Hinblick auf die Verwendung der Domain profitbrick.com als E-Mail-Referenzierungsdienst bestehen die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nicht, da kein Handeln im geschäftlichen Verkehr feststellbar ist. Zwar bestehen hierfür keine hohen Anforderungen, allerdings muss dieses Handeln im geschäftlichen Verkehr positiv festgestellt werden, was nicht erfolgt ist. Allein aus der Registrierung einer .com Domain oder aus der Absicht, diese Domain zu veräußern, kann keine markenrechtlich relevante Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr begründet werden.

Selbiges gilt für die Weiterleitung der Domain auf eine Internetseite, auf der E-Mail Anbieter aufgeführt sind. Zwar kann eine solche Verlinkung, wenn sie gegen Bezahlung erfolgt, eine entsprechende Benutzung im geschäftlichen Verkehr begründen; etwaige Feststellungen wurden jedoch vom Berufungsgericht nicht getroffen.

Die von der Klägerin begehrten Unterlassungs- und Löschungsansprüche gegen die Domains profitbrick.de und profitbrick.com sind ebenfalls nach Ansicht des Karlsruher Gerichts nicht gegeben, da es insoweit an der erforderlichen Interessenbeeinträchtigung fehlt. Die Domains sind aus einer fehlerhaften Schreibweise einer bereits registrierten Domain gebildet; diese hindert den Namensinhaber jedoch nicht daran, seinen Namen in der richtigen Schreibweise als Internetadresse weiter zu benutzen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Klägerin bereits Inhaberin der korrekt geschriebenen Domains ist. Eine etwaige Verwechslungsgefahr reicht für sich nicht dafür aus, um eine Interessenbeeinträchtigung zu begründen.

Für die weiteren Domains profitbricks.es und profitbricks.us fehlt es nach dem BGH an einer Beeinträchtigung der konkreten, schutzwürdigen Interessen des Namensträgers durch Gebrauch seines Namens unter der fremden, länderspezifischen Top-Level-Domain. Ein pauschaler Vortrag zur unternehmerischen Ausdehnung und Ausrichtung reicht für die Annahme eines schutzwürdigen Interesses daran, gerade in Spanien und den USA unter ihrem Unternehmenskennzeichen und den entsprechenden, länderspezifischen Top-Level-Domains auffindbar zu sein, nicht aus, insbesondere wenn zugleich pauschal dargelegt wird, vorwiegend auf dem europäischen Markt tätig zu sein. Vielmehr bedürfte es eines konkreten Vortrags, auch dort werbend oder operativ tätig zu sein oder eine entsprechende Tätigkeit vorzubereiten.

Schließlich wurde auch hinsichtlich der Domain profitbricks.org keine erhebliche Beeinträchtigung konkreter, schutzwürdiger Interessen gesehen; allein die Tatsache, dass Mitbewerber ebenfalls unter dieser Top-Level-Domain erreichbar seien, könne keine Beeinträchtigung begründen. Der Verkehr erwarte zudem gerade nicht, dass Unternehmen, die unter der TLD .de und .com erreichbar seien, auch unter der TLD .org aufgefunden werden.

Fazit

Der Bundesgerichtshof verlangt für die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen eines Inhabers von Namens- bzw. Kennzeichenrechten gegen den Inhaber einer gleichnamigen Domain mit ausländischen, länderspezifischen Top-Level-Domains ein konkretes, schutzwürdiges Interesse. Dies muss konkret dargelegt und bewiesen werden, und nicht lediglich pauschal behauptet werden, da andernfalls ein entsprechender Anspruch nicht erfolgreich durchgesetzt werden kann. Da dies im vorliegenden Fall mangels entsprechenden Vortrags nicht vom Berufungsgericht festgestellt werden konnte, wies der BGH die entsprechenden Ansprüche im Ergebnis ab.

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