Irreführende Werbung eines Webdesigners

01. August 2014
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
1672 mal gelesen
0 Shares
Urteil des OLG Düsseldorf vom 03.06.2014, Az.: I-20 U 66/13

Wirbt ein Webdesigner und Webhoster mit unternehmenseigenen Servern in einem eigenen Rechenzentrum, obwohl er selbst nicht der Betreiber dieses Rechenzentrums ist, so sind die Werbeaussagen irreführend und damit wettbewerbswidrig. Die angesprochenen Verkehrskreise gehen in diesem Fall davon aus, dass ihre Daten den unmittelbaren Zugriffsbereich ihres Vertragspartners nicht verlassen.

Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses genügt bereits der ernsthafte Versuch des Absatzes gleichartiger Dienstleistungen, ein Absatzerfolg ist nicht erforderlich.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 03.06.2014

Az.: I-20 U 66/13

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. März 2012 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger ist Inhaber der am 21. Juli 1998 angemeldeten und am 9. Dezember 1998 für „Fassaden- oder Dacheindeckungsplatten“ eingetragenen, nachstehend wiedergegebenen deutschen Geschmacksmuster Nummer 49… und 49…, die ihm die vormalige Inhaberin W. F. GmbH & Co. KG mit Wirkung vom 22. September 2008 übertragen hat:

49…

49…

Die Beklagte hat die vorbezeichneten Geschmacksmuster mit einer gegen die damalige Inhaberin W. F. GmbH & Co. KG gerichteten Löschungsklage angegriffen, die keinen Erfolg hatte. Nach dem Urteil „Dacheindeckungsplatten“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2008, 153) weisen die Klagegeschmacksmuster die erforderliche Neuheit und Eigenart auf. Eine weitere, von der Firma H. vor dem Landgericht Köln erhobene Löschungsklage, 31 O 730/09, hatte ebenfalls in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung „U.“ die nachstehend wiedergegebene Fassaden- oder Dacheindeckungsplatte aus Schiefer, die sie in verschiedenen Formaten anbietet. Die Platte war bereits Gegenstand des gegen die N. T. Nachf. B. GmbH, einer Lizenznehmerin der Beklagten, gerichteten Verfahrens I-20 U 34/04, in dem der Senat die dortige Beklagte nach Aufhebung einer ersten abweisenden Entscheidung durch den Bundesgerichtshof wegen einer Verletzung der Klagegeschmacksmusters verurteilt hat.

Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht die Beklagte zur Auskunft für die Zeit ab dem 23. September 2008 verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach festgestellt, wobei die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr in Höhe von drei Prozent des Umsatzes sowie zur Herausgabe der durch die Lizenzierung an Dritte erlangten Entgelte verpflichtet sei. Eine Aktivlegitimation des Klägers bezüglich noch der W. F. GmbH & Co. KG zustehender Rechte hat es verneint. Zur Begründung der zusprechenden Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe wegen der Verletzung seiner Geschmacksmuster Anspruch auf Auskunft und Schadensersatz. Aufgrund der im Verhältnis der Beklagten zur W. F. GmbH & Co. KG im Löschungsverfahren ergangenen Entscheidung stehe die Rechtsgültigkeit der Klagegeschmacksmuster fest, der Kläger sei insoweit Rechtsnachfolger der W. F. GmbH & Co. KG. Die Beklagte habe alle prägenden Bestandteile der Klagegeschmacksmuster übernommen, den hieraus resultierenden Beweis des ersten Anscheins in Bezug auf die subjektive Komponente der Nachahmung habe die Beklagte nicht erschüttert. Dass für einen im Wege der Lizenzanalogie berechneten Schaden ein Lizenzsatz von drei Prozent angemessen sei, zeigten die Lizenzverträge der Klägerin mit den Firmen B. und E.. Soweit die Beklagte selbst Lizenzen vergeben habe, sei sie ungerechtfertigt bereichert.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, das Klagegeschmacksmuster sei nicht rechtsgültig, es sei weder neu noch eigentümlich. So habe die Firma S. L. T. S. bereits Mitte der 80er Jahre die als Anlage B 6 vorgelegte ecksymmetrisch abgerundete Schieferplatte als „Spezial-Fischschuppe“ vertrieben. Gleiches gelte für den als Anlage B 7 und B 8 in Prospektform vorgelegten, von der spanischen Firma C. O. produzierten „Assulo-Bogenschnitt“ der Firma T.-B. sowie eine von der Firma E. vertriebenen Faserzementplatte, deren Abbildung sie als Anlage B 9 und B 10 vorgelegt habe. Eine ecksymmetrisch abgerundete Dachplatte zeige im Übrigen auch die Figur 1 des deutschen Gebrauchsmusters 256… vom 10. Mai 1967. Das vom Landgericht angenommene Merkmal der Ausbildung von Fersen im Übergang zur Eckabrundung sei den hinterlegten Abbildungen gar nicht zu entnehmen; auch der Bundesgerichtshof erwähne dieses Merkmal nicht. Mit dem Einwand der Nichtigkeit des Geschmacksmusters sei sie nicht aufgrund der Abweisung der Löschungsklage ausgeschlossen. Eine solche Annahme sei mit der Intention des Gesetzgebers, den Bestand des Geschmacksmusters stets an der materiellen Rechtslage auszurichten, nicht zu vereinbaren. Doch selbst wenn von der Rechtsgültigkeit des Klagegeschmacksmusters auszugehen seien sollte, sei sein Schutzbereich jedenfalls so eng, dass ihr – der Beklagten – Muster nicht in hineinfalle; es rufe einen anderen Gesamteindruck hervor. Ihr Muster verfüge über ausgeprägte Fersen, die eine Disharmonie begründeten, während beim Klagegeschmacksmuster die Fersen allenfalls angedeutet und eher unauffällig seien, weshalb dieses – wie vom Bundesgerichtshof ausgeführt – einen symmetrischgleichförmigen und damit harmonischen Eindruck vermittele. Im Übrigen sei eine Lizenzgebühr von drei Prozent in Anbetracht der geringen Gewinnmarge überhöht. Es sei bereits erstinstanzlich bestritten worden, dass der Vertrag mit der Firma B. überhaupt durchgeführt werde. Der Vertrieb durch die Firma E. sei wirtschaftlich bedeutungslos.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22.03.2012 (Az. 14c O 248/11) aufzuheben und die Klage abzuweisen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, jedoch mit der Maßgabe, dass

a) Im Wege der teilweisen Klageänderung die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger zu bezahlen

(1) 125.053,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 01.02.2009,

(2) 548.035,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 01.02.2010,

(3) 524.448,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 01.02.2011,

(4) 560.492,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 01.02.2012,

(5) 155.678,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 01.05.2012,

b) festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, zu Händen des Klägers

(1) allen über den gemäß vorstehend a) bezifferten Schaden hinausgehenden Schaden zu erstatten, welcher dem Kläger ab dem 23. September 2008 durch die Begehung der unter Ziffer I.1. des Tenors des angefochten Urteils bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird,

wobei für die Schadensberechnung nach der Methode der Lizenzanalogie festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die unter Ziffer I.1. des Tenors des angefochten Urteils bezeichneten Handlungen an den Kläger eine angemessene Lizenzgebühr in Höhe von 3 % des durch die Begehung dieser Handlungen erzielten Umsatzes zu bezahlen, welche kalenderjährlich zum 31.12. abzurechnen und zum 31.01. des Folgejahres fällig sowie mit 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.02. des Folgejahres zu verzinsen ist;

(2) das Erlangte, insbesondere alle Entgelte, herauszugeben, das die Beklagte durch Handlungen gemäß Ziffer I.2. des Tenors des angefochtenen Urteils in der Zeit ab dem 23.09.2008 erhalten hat.

Der Senat hat den Kläger nach Stellung des vorgenannten Antrags im Termin vom 2. Oktober 2012 darauf hingewiesen, dass hiermit eine Festlegung auf die Schadensberechnungsmethode der Lizenzanalogie einhergehen dürfte und dies im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 20. November 2012 dahingehend ergänzt, dass er für eine Festlegung des Lizenzsatzes im Rahmen der Schadensersatzfeststellung kein Feststellungsinteresse sehe.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Berufung zurückzuweisen, jedoch mit der Maßgabe, dass

festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, zu Händen des Klägers

allen Schaden zu erstatten, welcher dem Kläger ab dem 23. September 2008 durch die Begehung der vorstehend unter Ziffer I.1. (LGU 2) bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird,

wobei für die Wahl der günstigsten Schadensberechnungsmethode festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger

a) eine Lizenzgebühr in Höhe von 3 % des durch die Begehung der bezeichneten Handlungen erzielten Umsatzes zu bezahlen, welche kalenderjährlich zum 31. Dezember abzurechnen und zum 31. Januar des Folgejahres fällig sowie mit 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. Februar des Folgejahres zu verzinsen ist;

und

b) 100 % der Differenz herauszugeben zwischen dem Umsatz, den die Beklagte durch die Begehung der vorstehend unter Ziffer I.1. (LGU 2) bezeichneten Handlungen erzielt hat, und den Kosten, die den unter Ziffer I.1. (LGU 2) bezeichneten Handlungen unmittelbar zuzurechnen sind, welche (die Differenz) welche kalenderjährlich zum 31. Dezember fällig sowie mit 5 % ab dem 1. Januar des Folgejahres zu verzinsen ist;

das Erlangte, insbesondere alle Entgelte, herauszugeben, das die Beklagte durch Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I.2. (LGU 2) in der Zeit ab dem 23. September 2008 erhalten hat.

hilfsweise, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass

festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist,

allen Schaden zu erstatten, welcher dem Kläger ab dem 23. September 2008 durch die Begehung der vorstehend unter Ziffer I.1. (LGU 2) bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

das Erlangte, insbesondere alle Entgelte, herauszugeben, das die Beklagte durch Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I.2. (LGU 2) in der Zeit ab dem 23. September 2008 erhalten hat.

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zu Recht habe das Landgericht der Beklagten den Einwand der Nichtigkeit der Klagegeschmacksmuster verwehrt. Die Entscheidung im Löschungsverfahren binde insoweit den Verletzungsrichter. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung „Betonstahlmattenwender“ (GRUR 1988, 444), dort habe der Bundesgerichtshof nur klargestellt, dass der Verletzungsrichter bei der Auslegung des Klagepatents in Bezug auf die Verletzungsfrage völlig frei sei. Im Übrigen habe sich das Oberlandesgericht Köln in dem von der Firma H. angestrengten Löschungsverfahren ausführlich auch mit den neuen Entgegenhaltungen auseinandergesetzt und eine Neuheitsschädlichkeit der „Spezialfischschuppe T.“ verneint. Der „Assulo-Bogenschnitt“ sei bereits Gegenstand des Verfahrens gegen die Firma T.-B. gewesen. Platten nach Maßgabe der Anlagen B 9, B 10, B 11 und B 15 seien niemals hergestellt oder vertrieben worden, die stilisierte Darstellung eckgerundeter Platten stimme mit den nebenstehenden Verlegungsbildern nicht überein. Im Zeitpunkt der Anmeldung der Klagegeschmacksmuster seien die stilisierten Darstellungen bereits vergessen gewesen. Nicht umsonst sei die Firma E. seine Lizenznehmerin. Auch in den Verlegeanleitungen sowie den Regeln für die Deckung mit Schiefer des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks aus dieser Zeit finde sich nirgends ein Hinweis auf ecksymmetrisch abgerundete Platten. Eine Verletzung könne daher nicht verneint werden. Das Klagegeschmacksmuster weise – ebenso wie die angegriffene Ausführungsform – zwei Fersen (Merkmal 6) auf; der die Eckabrundung bildende Kreisbogen schneide die Längsseiten. Dass das Urteil des Bundesgerichtshofs „Dacheindeckungsplatten“ die Fersen nicht erwähne stehe einer entsprechenden Feststellung nicht entgegen. Die insoweit bestehenden Unterschiede führten in Anbetracht der besonderen Bedeutung der symmetrischen Eckabrundung, die sich deutlich vom vorbekannten Formenschatz abhebe, nicht aus dem Schutzbereich der Klagegeschmacksmuster hinaus. Auch wenn die Fersen beim Klagegeschmacksmuster „eher unauffällig“ seien, wie der Senat im Verfahren gegen die Firma T.-B. ausgeführt habe, so seien doch alle prägenden Merkmale übernommen. Eine Lizenzgebühr von drei Prozent sei in Anbetracht der Vorteile seiner Gestaltung angemessen, die von ihm vorgelegten Verträge habe die Beklagte erstinstanzlich nicht bestritten. Die Beklagte erziele im Übrigen durchaus Gewinnmargen in Höhe von 25 Prozent. Es bestehe bereits jetzt ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Feststellung, da er sie für Ausübung des ihm zustehenden Rechts, die für ihn günstigste Schadensberechnung zu wählen, benötige.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2012 mit den Parteien erörtert, dass er die Frage der Bindungswirkung der im Löschungsverfahren ergangenen Entscheidung nicht für streitentscheidend erachte. Die sich gegenüberstehenden Muster seien wegen der divergierenden Ausgestaltung der Fersen und der Abrundung nicht identisch, weshalb dem vorbekannten Formenschatz jedenfalls im Rahmen der Bestimmung des Schutzbereichs der Klagegeschmacksmuster entscheidende Bedeutung zukommen könne.

Der Senat hat die beiden Klagegeschmacksmuster im Online-Register des Deutschen Patent- und Markenamtes in Augenschein genommen und zur Frage der Existenz und des Vertriebs der von der Beklagten als vorbekannt angeführten Formen Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20. November 2012 – ergänzt durch Beschluss vom 14. Mai 2013 – durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzungen vom 19. März und 14. Mai 2013 Bezug genommen. Die Akten des Kölner Verfahrens 31 O 730/09 / 6 U 111/11, bei denen sich die Geschmacksmusterakte befindet, sowie des Verfahrens gegen die N. T. Nachf. B. GmbH vor dem Senat, I – 20 U 34/04, sind auf Antrag des Klägers beigezogen worden und lagen im Termin am 14. Mai 2013 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 149 ff. d. GA., wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet; die angegriffene Gestaltung verletzt die Klagegeschmacksmuster nicht. Ob es in Bezug auf den Hauptantrag schon am erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt, kann von daher offenbleiben. Das für die Feststellungsklage in § 256 ZPO geforderte rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung des den Gegenstand des Verfahrens bildenden Rechtsverhältnisses ist keine Prozessvoraussetzung in dem Sinne, dass dem Gericht beim Fehlen dieses Interesses eine Sachprüfung und ein Sachurteil schlechthin verwehrt ist. Das Nichtvorhandensein des Feststellungsinteresses steht nur einer dem Kläger günstigen Sachentscheidung entgegen (BGH, NJW 1958, 384; NJW 2004, 766; Musielak/Foerste, ZPO, 10. Aufl., § 256 Rn. 7; Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., § 256 Rn. 7).

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 42 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 GeschmMG, die von der Beklagten vertriebene Schieferplatte „U.“ verletzt die klägerischen Geschmacksmuster 49… und 49… nicht. An seiner im Verfahren gegen die N. T. Nachf. B. GmbH, I – 20 U 34/04, vertretenen Auffassung hält der Senat in Anbetracht des zwischenzeitlich bekannt gewordenen, vorbekannten Formenschatzes nicht fest.

Die Beklagte ist allerdings mit dem Einwand fehlender Neuheit und Eigentümlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 GeschmMG a. F. aufgrund der rechtskräftigen Abweisung ihrer gegen die Rechtsvorgängerin des Klägers gerichteten Löschungsklage ausgeschlossen. Durch die rechtskräftige Abweisung der Löschungsklage ist im Verhältnis der Parteien eine eigenständige, für sie gültige materielle Rechtslage geschaffen worden, die der Rechtsgültigkeit des Geschmacksmusters entspricht.

Auch für die Beurteilung der Wirkungen im Löschungsverfahren ergangener gerichtlicher Entscheidungen ist der in den §§ 322, 325 ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke heranzuziehen. Der Sinn dieser Regelung liegt in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteienstreits, der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden soll (BGH, GRUR 2010, 231 Rn. 18 – Legostein). Daher entspricht es dem Normzweck der §§ 322, 325 ZPO im vorliegenden kontradiktorischen Verfahren der Parteien, beliebige Wiederholungen des Streits über ein und denselben Streitstoff auszuschließen (vgl. BGH GRUR 1993, 969, 971 – Indorektal II). Dass es im vorangegangenen Löschungsverfahren nicht um die Durchsetzung eines individuellen Anspruchs ging, ändert daran nichts. Das konkrete, auf einen bestimmten Löschungsgrund gestützte Löschungsverlangen ist einem prozessualen Streitgegenstand hinreichend vergleichbar, um die entsprechende Anwendung des nebisinidem-Gebots zu rechtfertigen. Der Umstand, dass gegebenenfalls eben der Löschungsgrund, der dem weiteren Streit der Parteien entzogen sein soll, Gegenstand einer erneuten Überprüfung im Amtslöschungsverfahren ohne Beteiligung derselben Parteien werden kann, steht der Anwendbarkeit dieses Gebots im konkreten Parteienverhältnis nicht entgegen, denn auch ein im Verhältnis zweier Parteien prozessual geprüfter und rechtskräftig verneinter Klagegrund – etwa ein Wettbewerbsverstoß der beklagten Partei und ein darauf gestütztes Unterlassungsbegehren – kann aufgrund der Klage einer anderen Partei einer erneuten Überprüfung unterzogen werden (BGH GRUR 1993, 969, 971 – Indorektal II). Dagegen spricht nicht die Intention des Gesetzgebers, den Bestand des Geschmacksmusters an der materiellen Rechtslage auszurichten. Die rechtskräftige Abweisung der Löschungsklage entfaltet ihre Wirkung nur im Verhältnis der Parteien; Klagen oder Einwendungen Dritter werden hierdurch nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, GRUR 2010, 231 Rn. 20 – Legostein).

Die Bindungswirkung erstreckt sich jedoch nur auf den Bestand, nicht aber auf den Schutzumfang des Geschmacksmusters (vgl. BGH, GRUR 1971, 597, 599 – Schienenschalter II, zum Gebrauchsmusterrecht). Auch die Gründe eines klageabweisenden Urteils im Nichtigkeitsverfahren beziehungsweise Löschungsverfahren sind für den Verletzungsrichter nicht bindend (BGH, GRUR 1988, 444, 445 – Betonstahlmattenwender). Der vorbekannte Formenschatz kann daher im Verletzungsprozess uneingeschränkt berücksichtigt werden, gleich ob es sich um neue oder im Löschungsverfahren bereits vorgelegte Entgegenhaltungen handelt, und zu Verneinung der Verletzung führen, solange das angegriffene Muster mit dem Klagegeschmacksmuster nicht identisch ist (BGH, GRUR 1971, 597, 599 – Schienenschalter II).

Eine Identität der Muster ist nicht gegeben. Im Geschmacksmusterrecht kommt es allein auf den jeweiligen Gesamteindruck an; die – ohnehin immer mit Ungenauigkeiten behaftete – Merkmalsgliederung ist nicht entscheidend. In letzter Konsequenz kann daher jeder vom menschlichen Auge wahrnehmbare Unterschied einen abweichenden Gesamteindruck begründen. Die sich vorliegend gegenüberstehenden Muster weisen deutlich wahrnehmbare Unterschiede auf. Die Schieferplatte „U.“ zeigt eine deutlich geringere Krümmung der Eckabrundung und verfügt dementsprechend über ausgeprägte Fersen, während die Fersen bei den Klagegeschmacksmustern – wie bereits in dem vom Kläger selbst hierzu zitierten Senatsurteil vom 23. März 2010, I – 20 U 34/04, ausgeführt – eher unauffällig ausgebildet sind.

Mit der angegriffenen Gestaltung hat die Beklagte die Klagegeschmacksmuster nicht entgegen § 38 Abs. 1 Satz 1 GeschmMG benutzt. Für die Verletzungsprüfung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG kommt es darauf an, ob der Gesamteindruck des angegriffenen Musters mit dem Gesamteindruck des eingetragenen Musters übereinstimmt. Hieran fehlt es im Streitfall. Das Geschmacksmuster ist nach dem Gesetz so, wie es eingetragen ist, dem angegriffenen Muster gegenüberzustellen. Bei der Bestimmung des Gesamteindrucks sind nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede der Muster zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 20 – Untersetzer; GRUR 2013, 285 Rn. 30 – Kinderwagen II).

Die angegriffene Gestaltung fällt nicht in den Schutzbereich der beiden Klagegeschmacksmuster. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs eines Klagemusters ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters zu berücksichtigen, § 38 Abs. 2 Satz 2 GeschmMG. Zwischen dem Gestaltungsspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Musters besteht eine Wechselwirkung. Eine hohe Musterdichte und ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers können zu einem engen Schutzumfang des Musters mit der Folge führen, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen, während umgekehrt eine geringe Musterdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers einen weiten Schutzumfang des Musters zur Folge haben können, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 31 – Kinderwagen II).

Der Schutzumfang des Klagemusters wird auch durch seinen Abstand zum vorbekannten Formenschatz bestimmt. Je größer der Abstand des Klagemusters zum vorbekannten Formenschatz ist, desto größer ist der Schutzumfang des Klagemusters zu bemessen. Der bereits vor der Umsetzung der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen durch das Geschmacksmusterreformgesetz anerkannte Grundsatz, dass der Schutzumfang eines Geschmacksmusters von dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz abhängt, gilt nach wie vor. Der Schutzumfang wird daher durch die Musterdichte einerseits und die Ausnutzung des Gestaltungsspielraums durch den Entwerfer und den dadurch erreichten Abstand vom Formenschatz andererseits bestimmt (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 32 – Kinderwagen II).

Der Gesamteindruck der Klagegeschmacksmuster wird durch folgende Merkmale geprägt:

(1) die Platten weisen die Form eines gleichseitigen Vierecks auf (Grundform) welches im Wesentlichen als Quadrat ausgebildet ist;

(2) eine Ecke des Quadrats

(a) umschließt einen Winkel von etwa 90° und

(b) ist als die Rundung eines kreisförmigen Abschnitts ausgebildet (Eckabrundung);

(3) der Scheitelpunkt der Eckabrundung ist eckmittig angeordnet;

(4) der von der Eckabrundung umschlossene Winkel (Eckwinkel) wird symmetrisch von einer gedachten Diagonalen halbiert (winkelhalbierende Diagonale);

(5) die winkelhalbierende Diagonale durchläuft den Mittelpunkt der Platte;

(6) die Treffpunkte, an denen der Kreisbogen der Eckabrundung, der einen gegenüber einer vollkommenen Eckabrundung (Viertelkreis) leicht vergrößerten Radius hat, die den Eckwinkel umschließenden Viereckseiten schneidet, bilden Schnittpunkte (sogenannte Fersen).

Der ästhetische Gesamteindruck der Muster wird dabei maßgeblich durch das Zusammenspiel der zwei, in den Merkmalen (1) bis (5) beschriebenen Gestaltungselemente geprägt. Zum einen weisen die Steine die Grundform eines gleichseitigen Vierecks in Form eines Quadrats auf, dessen eine Ecke abgerundet ist. Zum anderen bildet diese Eckabrundung den Ausschnitt eines Kreisbogens. Die Rundung verläuft symmetrisch zu einer gedachten eckhalbierenden Diagonalen. Die Kombination dieser Elemente verleiht dem Gesamtbild einen symmetrischgleichförmigen und damit harmonischen Eindruck (BGH, GRUR 2008, 153 Rn. 28 – Dacheindeckungsplatten).

Demgegenüber bleibt das Vorhandensein der „Fersen“ (Merkmal 6) eher unauffällig. Der Senat hat die Klagegeschmacksmuster in der Sitzung vom 2. Oktober 2012 im Online-Register des Deutschen Patent- und Markenamtes in Augenschein genommen und seine bereits im Urteil vom 23. März 2010, I – 20 U 34/04, vertretene Auffassung bestätigt gefunden. Nichts anderes ergibt sich aus den Lichtbildern der Geschmacksmusterakte, die Teil des später beigezogenen Kölner Verfahrens 31 O 730/09 sind. Bei genauer Betrachtung ist zwar aufgrund eines leichten Knicks im Bereich der Übergänge von der Eckabrundung in die Längsseiten erkennbar, dass der Kreisbogen der Eckabrundung schneidet; „ins Auge springen“ die Fersen jedoch nicht.

Bei der Gestaltung von Decksteinen besteht funktionsbedingt mit Rücksicht auf eine größtmögliche Materialausbeute und die Fachregeln des Dachdeckerhandwerks ein verhältnismäßig enger Gestaltungsspielraum (BGH, GRUR 2008, 153 Rn. 33 – Dacheindeckungsplatten). Vor diesem Hintergrund ist die gegebene Musterdichte als hoch zu bewerten. Neben der klassischen Schuppenschablone (nachstehend links) existiert seit 1950 eine in der Grundform quadratische Bogenschnittschablone, die bereits eine – wenn auch asymmetrisch – abgerundete Ecke und eine deutlich ausgeprägte Ferse aufweist (nachstehend Mitte) (vgl. BGH, GRUR 2008, 153, 154 – Dacheindeckungsplatten). Auch Platten mit symmetrisch abgerundeter Ecke waren bekannt. So zeigt die Figur 1 des deutschen Gebrauchsmusters 256… vom 10. Mai 1967 einen Deckstein mit quadratischer Grundform und vier symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen abgerundeten Ecken, bei der eine Ecke zum Einhängen in die Dachsparren nach unten abgewinkelt ist (Anlage BK 7; nachstehend rechts). Ein Hinweis auf die Offenlegung des Musters ist unter Wiedergabe der Abbildung in der Zeitschrift „Deutsches Dachdecker-Handwerk“, Heft vom 15. Dezember 1967, auf Seite 1378 erfolgt, die Teil des beigezogen Kölner Verfahrens 31 O 730/09 ist.

Der Senat ist nach der Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass im Anmeldezeitpunkt der Klagegeschmacksmuster den Fachkreisen auch quadratische Dach- oder Fassadenplatten mit nur einer symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen abgerundeten und drei rechtwinkligen Ecken bekannt gewesen sind.

Es ist bewiesen, dass die in den Anlagen B 10, B 11 und B 15 (jeweils dritte Spalte rechts) zeichnerisch dargestellte, nachstehend wiedergegebene Faserzementplatte von der Firma E. mehrfach beworben und von ihr sowie von der Firma F. tatsächlich in hinreichendem Maße vertrieben worden ist.

Die als Anlagen B 10, B 11 und B 15 in Kopie vorgelegte, identisch gestaltete Werbeanzeige ist mehrfach in der Fachzeitschrift „Deutsches Dachdecker-Handwerk“ erschienen und zwar in den Heften vom 18. Dezember 1964, 20. Februar 1965, 20. März 1965, 20. Juli 1965, 5. November 1965 und 20. November 1965, wie sich aus den beim beigezogenen Kölner Verfahren 31 O 730/09 befindlichen Originalausgaben ergibt.

Dabei erkennt der Verkehr, dass es sich bei der in der rechten Spalte zeichnerisch wiedergegebenen Platte nicht um die in der nebenstehenden Verlegeanordnung verwandte Bogenschnittschablone handelt. So haben die vernommenen Dachdeckermeister G., A., K. und B. die Unterschiede der Platten sofort erkannt. Die Bogenschnittschablone von E. verfügt nicht nur über einen eindeutig asymmetrischen Bogen, sondern auch über eine ganz markante Ferse. Derart kann eine Zeichnung nicht misslingen. Der Verkehr geht folglich davon aus, dass ein von der klassischen Bogenschnittschablone abweichendes Erzeugnis mit einer symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen abgerundeten Ecke dargestellt werden sollte, welches lediglich einer falschen Verlegeanordnung zugeordnet worden ist. Derartige Fehler kommen in der Werbung vor.

Die symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen gerundete Faserzementplatte ist zudem tatsächlich vertrieben worden. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Aussagen der Zeugen G., A., K. und B., die als Dachdeckermeister unabhängig voneinander mit Platte gearbeitet haben, und des Zeugen W., eines Baustoffhändlers.

Der Zeuge G. hat bekundet, die Platte im väterlichen Betrieb in den 1960er und 70er kontinuierlich verarbeitet zu haben. Bezogen hätten sie Platten, die von der Firma E. und F. angeboten worden seien, über den Dachdeckereinkauf. Der Zeuge A. hat ausgesagt, diese Platten mit symmetrischer Rundung im Format 20 x 20 bis Mitte der 1970er Jahre für Wände, Schornsteine und Gauben verwandt zu haben. Die Platte sei universal – also für Rechts-/ und Linksdeckung sowie Wabenform – einsetzbar gewesen. Sie hätten circa 2.000 Platten im Jahr verarbeitet, bezogen hätten sie sie von F..

Der Zeuge K. hat bekundet, etwa 1968 sei ein Außendienstmitarbeiter von E. vorbeigekommen, der eine neue Platte vorgestellt habe, die in der Richtung rechts und der Richtung links habe verlegt werden können. Der E.-Mitarbeiter habe ihnen das so erklärt, dass man die Platte bei der gedachten Diagonalen zusammenklappen könne (achssymmetrisch), so dass man sie wirklich von beiden Seiten decken könne. Sie sei genauso wie die in der Anlage B 10 in der dritten Reihe rechts wiedergegebene beschaffen gewesen. Die symmetrische Rundung habe sich aus der Geraden heraus entwickelt und nicht etwa schon in der Nähe der Ecken begonnen. Sie hätten dann die Platte in der Folgezeit überwiegend auf senkrechten Flächen an Gauben, Schornsteinen oder kleineren Türmen verbaut. Bezogen hätten sie Platten von E. und F., je nach Kundenwunsch. Die E.-Platten seien eher glatt gewesen, die von F. hätten eine strukturierte Oberfläche gehabt, vergleichbar einer Apfelsinenschale.

Der Zeuge B. hat bekundet, sein Elternhaus sei 1967 eingedeckt worden. Damals sei er fünf Jahre alt gewesen. Im Jahr 2003 habe er die damals aufgebrachten Platten selbst entfernt und das Dach neu eingedeckt. Bei den von ihm entfernten Platten habe es sich um quadratische Faserzementplatten im Format 30 x 30 gehandelt, entsprechend der schematischen Darstellung in Werbung, bei denen die Gerade übergangslos in die Rundung übergegangen sei. Derartige Platten seien ihm aus seiner Lehrzeit von 1977 bis 1980 bekannt; sie hätten damals Restbestände dieser Platten an Kaminen oder Gauben verbaut, also an Flächen, wo man schnell zwischen Rechts-/ und Linksverlegung wechseln müsse. Am Haus seiner Eltern seien die Platten allerdings zur Eindeckung des gesamten Daches verwandt worden.

Der Zeuge W., ein Mitarbeiter des Baustoffhändlers M.-B. Vertriebs GmbH in A., hat ausgesagt, die Firma M. habe eine Palette mit Platten wie den beworbenen von der Firma E. gekauft. Es habe keine Nachfrage nach dieser gegeben, die Platte sei auch nicht aktiv beworben worden. Er erinnere sich daran auch nur deswegen, weil er Anfang der 70er Jahre für eine Inventur zuständig gewesen sei, in der die Platten, die bereits Ausblühungen gezeigt hätten, aus dem Angebot genommen worden seien und Herr M. nach einen Schuldigen für diese Fehlinvestition von etwa 1.000,00 DM gesucht habe.

Das Gericht glaubt den Zeugen. Ihre Aussagen waren detailreich, klar und frei von Widersprüchen. Anhaltspunkte für Falschaussagen sieht der Senat nicht. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber des Zeugen W., die Firma M., ebenfalls vom Kläger in Anspruch genommen wird, vermag eine Qualifizierung seiner Aussage als unglaubhaft nicht zu rechtfertigen. Zudem deckt sich seine Aussage hinsichtlich der Existenz der Platte mit der der übrigen Zeugen. Die Zeugen zeigten keinerlei Unsicherheit hinsichtlich der genauen Form. So bestand für sie alle kein Zweifel, dass die neben der Zeichnung befindliche Verlegeanordnung eine andere Platte zeigt. Auch haben die Zeugen A., K. und B., denen auf Wunsch des Klägervertreters die Abbildung Bl. 607, das Lichtbild einer Bogenschnittschablone, aus dem Kölner Verfahren 31 O 730/09 vorgehalten worden ist, sofort erkannt, dass die Abbildung eine andere Platte zeigt und die Unterschiede benannt.

Besonders eindringlich waren die Aussagen der Zeugen K. und B.. Der Zeuge K. hat anschaulich geschildert, wie er als „Seiteneinsteiger“ nach der Heirat der Tochter eines Dachdeckermeisters zu diesem Beruf gekommen ist und sich darüber geärgert hat, dass die vorhandenen Platten entweder nur rechts oder nur links verlegt werden konnten, weshalb sie auf Baustellen immer eine hinreichende Zahl beider Plattenformen hätten mitführen müssen. Eine solche Sicht ist nicht ungewöhnlich für Seiteneinsteiger, die oftmals Dinge, die ein junger Lehrling nicht hinterfragt und deswegen auch später als gegeben hinnimmt, einer kritischen Betrachtung unterziehen. Vor diesem Hintergrund hat sich der von ihm geschilderte Besuch des Außendienstmitarbeiters von E. in sein Gedächtnis eingebrannt.

Es spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage, dass der E.-Platte kein Erfolg beschieden war. Die Begeisterung eines einzelnen Dachdeckers, wie des Zeugen K., der aufgrund seines ungewöhnlichen Werdegangs offener für Neuerungen war, bewirkt noch keinen Erfolg. Von den am Herkommen orientierten Betrieben wurde die Platte nicht oder nur sehr eingeschränkt genutzt, wie insbesondere die Aussage des Zeugen W. belegt, wonach die „runde Ecke“ nicht ankam. Es besteht auch kein Widerspruch zur schriftlichen Erklärung des Zeugen K., Anlage B 18. Grund für seine dort geäußerte Zurückhaltung gegenüber dem E.-Produkt war nicht die Gestaltung, sondern allein das Vorhandensein eines – abgesehen von der Oberfläche – gleichgestalteten Produkts der Firma F., deren Lager sich in der Nähe befand.

Der Zeuge B. hatte einen besonderen, persönlichen Bezug zu dem von ihm geschilderten Bauvorhaben, da es sich um sein Elternhaus handelte, dessen ursprüngliche Eindeckung er im Alter von fünf Jahren miterlebt hatte. Für einen kleinen Jungen ist eine Baustelle ein herausragendes Erlebnis, welches sich in das Gedächtnis eingräbt, insbesondere wenn man durch eine eigene „wichtige“ Aufgabe wie die Versorgung der Dachdecker mit Getränken in dieses eingebunden gewesen ist. Entscheidend ist jedoch, dass der Zeuge später als gestandener Dachdecker das Haus selbst neu eingedeckt hat. Arbeiten am eigenen Objekt bleiben ohnehin besser in Erinnerung als die üblichen Aufträge für Dritte. Dies erst recht, wenn es sich dabei um eine Wiederbegegnung mit Erinnerungen aus der Kindheit handelt. Dieses Erleben hat der Zeuge dem Senat eindringlich vermittelt. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keinen Zweifel, dass dem Zeugen die genaue Form der von ihm 2003 selbst vom Dach entfernten Platten in Erinnerung geblieben ist, was bei einem fremden Bauvorhaben wohl nicht der Fall gewesen wäre.

Anders als der Kläger meint, erschüttert die geschilderte Verwendung der fraglichen Platten auf einem Dach, das mit 55 Grad relativ steil ist, und ein darin liegender Regelverstoß die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen B. nicht. Es ist bekannt, dass manche Gewerke in der Praxis nicht regelkonform ausgeführt werden. Soweit der Kläger meint, der Aussage des Zeugen B. Hinweise auf eine asymmetrische Krümmung des E.-Musters entnehmen zu können, hat er die Aussage missverstanden. Der Zeuge hat betont, dass die Ecke der von ihm entfernten Platten vollkommen abgerundet war, während er im E.-Muster zwei Fersen zu erahnen glaubte.

Das Fehlen einer separaten Verlegerichtlinie des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks erklärt sich aus dem Fehlen einer breiter angelegten, aktiven Vermarktung, wozu der Zeuge W. bekundet hat, und der nur punktuelle, insgesamt wohl eher geringe Erfolg der Platte. In Anbetracht des geringen Markterfolgs der Platte bestand für eine Richtlinie noch kein Anlass.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Geschmacksmusteranmeldung DE 40… der E. AG vom 14. Mai 2005 verwiesen hat, rechtfertigt auch dies den Rückschluss auf die Nichtexistenz der in Werbung Anlage B 10 dargestellten Platte nicht. Zum einen zeigt die Geschmacksmusteranmeldung eine Platte mit zwei Fersen und unterscheidet sich damit von der früheren Gestaltung. Zum anderen kommt es auch bei Firmen vor, dass nicht alle Tätigkeiten dokumentiert und mit der Zeit, insbesondere durch das Ausscheiden der damit befassten Mitarbeiter, vergessen werden. Dies zumal es sich bei dem Produkt um einen wirtschaftlichen Misserfolg gehandelt hat. Von daher besagt auch der Umstand, dass die E. AG jetzt Lizenznehmerin des Klägers ist, nichts.

Ein weiterer Beleg für die Existenz der E.-Platte gemäß den Anlagen B 10/B 15 liefert im Übrigen die Aussage des Zeugen G., der bekundet hat, als Zwölfjähriger seinen Vater auf einer Geschäftsreise nach Spanien begleitet zu haben. Sein Vater habe eine dem E.-Muster entsprechende Schieferplatte anbieten und diese in Spanien herstellen lassen wollen. Zu diesem Zweck habe er derartige Schieferplatten im Format 30 x 30 fertigen lassen, von denen sie sicher 100 nach Spanien mitgenommen hätten. Sie hätten dort zwei Produzenten angefahren. Wenn ihm der Name „A.“ vorgehalten werde, könne dies der Name gewesen sein. Das Geschäft sei jedoch nicht zustande gekommen, die von denen Spaniern geforderten Mengen hätten sie nicht abnehmen können.

Der Senat glaubt dem Zeugen G.. Auch seine Aussage war detailreich, klar und frei von Widersprüchen, Anhaltspunkte für eine Falschaussage bestehen nicht. Allein der Umstand, dass die Firma des Zeugen als Abnehmer der Beklagten ebenfalls vom Kläger angeschrieben worden ist und möglicherweise von ihm in Anspruch genommen werden wird, vermag eine Bewertung seiner Aussage als unglaubhaft nicht zu rechtfertigen. Der Senat hatte einen guten Eindruck von dem Zeugen, der eindringlich geschildert hat, dass diese Reise für ihn als Zwölfjährigen ein großes Erlebnis gewesen ist, welches sich in sein Gedächtnis eingegraben hat. Der Zeuge, der mit dem väterlichen Betrieb aufgewachsen ist, hatte auch ein genaues Bild der seinerzeit mitgenommenen Platten vor Augen. So vermochte er auf den Vorhalt des Klägervertreters, der ihm die Schieferplatte gemäß der Anlage BB 26 – K 32 hat vorlegen lassen, sofort die Unterschiede der Platten zu benennen. Bei den seinerzeit mitgeführten Platten habe es sich nicht um einen vollen Rundschnitt gehandelt. Die Platten hätten erst einen geraden Abschnitt gehabt, an dem dann – ohne Tropfkanten (Fersen) – die Rundung angesetzt habe; die Platten seien symmetrisch ausgebildet gewesen. Auch ist der Zeuge – trotz der Versuche des Klägervertreters, ihn zu verunsichern – bei seiner Aussage geblieben, es habe sich um 100 Platten gehandelt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch dies ein Beleg für die Wahrheitsliebe des Zeugen und nicht der bloße Versuch, die Aussage des Zeugen B., er habe 60 bis 70 dieser Platten bei der spanischen Firma „A.“ gesehen, zu bestätigen. Der Zeuge B., dessen Aussage dem Zeugen zuvor vorgehalten worden war, hat gerade bekundet, er nehme an, dass die Platten dort – also in Spanien – gefertigt und nicht aus Deutschland mitgebracht worden seien.

Soweit der Kläger die Aussage des Zeugen G. mit dem Argument in Zweifel zu ziehen versucht, es sei nicht ersichtlich, warum die Firma G. 1983/84 auf die E.-Form zurückgegriffen haben wolle, zu diesem Zeitpunkt sei die E.-Werbung bereits 18 bis 20 Jahre alt gewesen, stellt er sich in Widerspruch zu seinem eigenen Vortrag. So hat der Kläger im Schriftsatz vom 14. März 2013 auf Seite 20 (Bl. 372 d. GA.) selbst vorgetragen, in den 1960er und 1970er Jahren habe der viel preisgünstigere Asbestzement“Schiefer“ eine überragende Marktbedeutung gehabt, erst in den 1980er Jahren sei es dem Naturschiefer im Bereich der Dach- und Fassadeneindeckung gelungen, wieder Boden gut zu machen. In dieser Zeit sei auch der asymmetrische Bogenschnitt im Bereich der Schieferdeckung Thema gewesen. Dies deckt sich mit den Ausführungen in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Dacheindeckungsplatten“ (BGH, GRUR 2008, 153, 154), wonach die bei Faserzementplatten bereits seit 1950 bekannte Bogenschnittschablone seit etwa 1980 auch im Bereich der Schieferdeckung zum Einsatz kommt. Wenn aber in den 1980er Jahren im Zuge der Renaissance der Naturschieferdeckung die bereits seit 30 Jahre bekannte (asymmetrische) Bogenschnittschablone übernommen werden ist, leuchtet nicht ein, weshalb nicht gerade in dieser Zeit auch andere aus dem Bereich der Faserzementplatten bekannte Gestaltungen übernommen worden sein sollen.

Nach dem Vorbild der Schieferplatte „G.“ sind zur Überzeugung des Senats ab 1985 von der spanischen Firma C. O. Schieferplatten wie die nachstehend links wiedergegebene hergestellt und jedenfalls vor Mitte 1998 mit dem Katalog Anlage B 8 beworben worden, aus dessen im Termin vom 19. März 2013 übergebenen Exemplar die nachstehend rechts vergrößert wiedergegebene Abbildung stammt. Zu den Abnehmern gehörte unter anderem an die Firma T.-B..

Der Zeuge B. hat ausgesagt, er sei 1983/84 zusammen mit seinem Vater bei der Firma A. in G. gewesen, wo er 60 bis 70 quadratische Platten der Firma G. gesehen habe, deren eine Ecke symmetrisch abgerundet gewesen sei. A. habe diese Platten nicht herstellen wollen und ihnen die 60 bis 70 Stück überlassen, mit denen sie sich dann an die Firma C. gewandt hätten. Wegen des hohen Ausschusses bei dem asymmetrischen Bogenschnitt hätten sie etwa 1985 mit dem Kauf dieser symmetrischen Bogenschnittplatten begonnen und sie ein bis zwei Jahre lang abgenommen. Diese Platte habe – anders als die U.-Platte – keine Fersen gehabt. Der Verkauf in Deutschland habe sich aber schwierig gestaltet. Ab 1990 habe sie dann erneut derartige Platten ohne Fersen als „Spezialfischschuppe“ über ihr Tochterunternehmen T. S.A. von C. bezogen. Es seien jährlich etwa 15.000 Quadratmeter dieser Platten geliefert worden.

Der Senat glaubt dem Zeugen B.. Dabei ist er sich bewusst, dass der Zeuge, dessen Aussage ebenfalls detailreich, klar und in sich stimmig war, ein nicht unerhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens hat. Der Zeuge ist nicht nur der Geschäftsführer der Firma T.-B., er war im Verfahren I – 20 U 34/04 auch selbst Beklagter. Auch nimmt der Kläger das Tochterunternehmen T. S. A. der Firma T.-B. in Anspruch. Die Aussage des Zeugen B. deckt sich jedoch in wesentlichen Punkten mit den glaubhaften Aussagen der Zeugen G., P., R. A. und F..

Der Zeuge G. hat bekundet, als Zwölfjähriger zusammen mit seinem Vater Schieferplatten nach E.-Muster zur spanischen Firma A. verbracht zu haben. Die vom Kläger insoweit beanstandete zeitliche Differenz zwischen den Aussagen B. und G. besteht nicht. Der im Zeitpunkt seiner Vernehmung 40 Jahre alte Zeuge G. kann 1972 geboren und dementsprechend im Jahr 1984 zwölf Jahre alt gewesen sein.

Der Zeuge P. von der Firma C. O. hat bekundet, bei seinem Eintritt in das Unternehmen 1996 seien alle im Katalog B 8 in Form weißer Aussparungen dargestellten Platten angeboten worden. Er wisse das, weil er die Platten damals selbst geschnitten habe, heute sei er Leiter des Steinbruchs. Die Platte in der mittleren Reihe ganz rechts werde als „Halbmond“ bezeichnet, es handele sich um ein Quadrat mit einer abgerundeten Ecke. Von diesem habe es anfangs drei Ausführungen gegeben, mit einer Abrundung rechts, einer Abrundung links und einer halbmondförmigen Abrundung, die symmetrisch ausgebildet gewesen sei. Der Katalog werde in dieser Form etwa seit 1996 verwandt. Einer ihrer Abnehmer sei die T. S. A. gewesen.

Entgegen der nachterminlichen Stellungnahme des Klägers erlaubt die Verwendung des Begriffs „Halbmond“ (spanisch „Media Luna“) nicht den Rückschluss, die Ecken der von der Firma C. gefertigten Platten seien sämtlich asymmetrisch gerundet gewesen. Der Zeuge hat ausdrücklich klargestellt, dass neben zwei asymmetrischen Ausgestaltungen auch eine symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen gerundete hergestellt und vertrieben worden ist, nachdem ihm die Frage mittels eines gefalteten Papierblattes verdeutlich worden war. Dass in Spanien alle drei Gestaltungen gefertigt werden, belegt im Übrigen die vom Kläger selbst als Anlage BB 35 vorgelegte Produktübersicht der Firma N. S. L., bei der neben den als „Media-Luna derecha“ (Halbmond rechts) und „Media-Luna izquierda“ (Halbmond links) bezeichneten asymmetrischen Formen auch eine als „Uni“ bezeichnete symmetrische Gestaltung zeigt. Gerade diese kommt, wenn sie keine Fersen aufweist, dem Bild eines Halbmondes am nächsten. Auch in dem als Anlage BB 34 vorgelegten Auszug aus einem spanischen Schieferlexikon werden die asymmetrischen Formen nicht einfach als „Media-Luna“, sondern – je nach Ausrichtung – als „Media-Luna derecha“ und „Media-Luna izquierda“ bezeichnet.

Der Zeuge R. A., der nicht wie der Zeuge P. aus der Fertigung, sondern aus dem Verkauf stammt, hatte zwar Schwierigkeiten, die Frage nach der Symmetrie der Abrundung zu verstehen. Er hat aber bekundet, die Darstellung im Katalog sei eine in jeder Hinsicht korrekte Verkleinerung der Halbmondplatte. Diese ist, wie aus der vorstehenden Vergrößerung ersichtlich, vollkommen symmetrisch abgerundet. Soweit der Kläger eine gewisse Asymmetrie zu erkennen vermeint, mag dies auf Unzulänglichkeiten bei der Kopie von Anlage B 8 zurückzuführen sein. Der Zeuge R. A. hat bekundet, dass der Katalog in dieser Form seit 15 bis 20 Jahren verwendet werde. Ihr Hauptabnehmer für Deutschland sei die Firma T.. Insgesamt sei dies aber nur ein kleiner Teil ihres Geschäfts, etwa 10 bis 15 Lastwagen im Jahr. Von deren Ladungen entfielen etwa 40 Prozent auf die Halbmond-Platten.

Auch die Aussage des Zeugen F. bestätigt den Zeugen B.. Dieser hat bekundet, die Firma T.-B. habe ihm Anfang oder Mitte der 90er Jahre eine „Spezialfischschuppe“ mit einem geraden Abschnitt vor der symmetrischen Rundung angeboten; hiervon hat der Zeuge drei Exemplare im Termin präsentiert. Die Platten seien jedoch kein Erfolg gewesen. Er persönlich habe sie schön gefunden, aber schon seine Gesellen hätten sich nicht mit ihnen anfreunden können. Er habe diese Platten vielleicht an fünf bis acht Fassaden bundesweit eingesetzt. Diese Aussage deckt sich mit der schriftlichen Erklärung des Zeugen, Anlage B 20, wo er ebenfalls ausgeführt hat, die Platten von der Firma T.-B. erhalten zu haben. Eine Verwendung der „T. Spezialfischschuppe“ hat der Zeuge nie behauptet. Auch für eine bloße Gefälligkeitsaussage spricht nichts.

Der Zeuge B. hat zudem die als Anlage BK 3 zur Akte gereichte, symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen gerundete Schieferplatte im Format 25 x 25 vorgelegt, deren fotografische Ablichtung vorstehend neben der Abbildung aus dem Katalog der Firma C. O. wiedergegebenen ist, und hierzu bekundet, die Platte von einem Hausdach in R. entnommen zu haben, das nach Angabe des Hauseigentümers 1992 mit Platten der Firma T.-B. eingedeckt worden sein soll. Zwar ist der Zeuge B. insoweit nur Zeuge vom Hörensagen. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, weshalb der Hauseigentümer ihn insoweit angelogen oder weshalb er bei einem solchen für einen Privatmann besonderen Ereignis Erinnerungsdefizite gehabt haben sollte. Die Entnahme ist als Anlage BK 2 fotodokumentiert. Die Platte weist Verfärbungen und einen Bewuchs mit Flechten auf und muss folglich viele Jahre auf dem Dach gelegen haben, auch wenn ihr genaues Alter auf diese Weise nicht festzustellen ist. Dabei erfasst der Bewuchs auch den Rand, weshalb es sich nicht um eine umgearbeitete, allein zum Zwecke der Beweisführung geschaffene Platte handeln kann. Die Abweichungen von der Idealform liegen im Bereich der Fertigungstoleranzen des spröden Werkstoffs Schiefers und sind deswegen auch vom Kläger zu Recht nicht als Abweichungen beanstandet worden.

Der Umstand, dass der Zeuge B. in seinem eigenen Verfahren I – 20 U 34/04 erstmals in Vorbereitung der erneuten Berufungsverhandlung vor dem erkennenden Senat zu dieser eigenen Verwendung vorgetragen hat, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Der Zeuge hatte ersichtlich geglaubt, sich bereits mit dem allgemein anerkannten vorbekannten Formenschatz erfolgreich verteidigen zu können und eines erst aufzuarbeitenden und beweisbedürftigen Vortrags zu dieser eigenen Gestaltung nicht zu bedürfen, eine Auffassung, die zunächst auch das Landgericht und der erkennende Senats geteilt haben. Erst der Bundesgerichtshof hat den Klagegeschmacksmustern die erforderliche Eigenart gegenüber dem allgemein bekannten Formenschatz zugebilligt. Im neu verhandelten Berufungsverfahren war der Zeuge dann mit diesem Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Soweit die Firma T.-B. für die Verwendung des später gelöschten Universal-Gebrauchsmusters an die Beklagte Lizenz gezahlt hat, steht auch dies der zuvor erfolgten Verwendung einer symmetrisch abgerundeten Platte nicht entgegen. Das U.-Muster hat – im Gegensatz zur vorbekannten Form – ausgeprägte Fersen.

Da somit die Verwendung quadratischer Platten mit einer symmetrisch zur Diagonalen abgerundeten Ecke bereits bewiesen ist, braucht nicht festgestellt zu werden, ob auch die „T. Spezialfischschuppe“ in ihrer in Anlage B 6 wiedergegebenen Gestalt in erheblichem Umfang vertrieben worden ist oder ob es sich im Wesentlichen um eine Reihe von Einzelanfertigungen auf Kundenwunsch gehandelt hat, wie vom Landgericht Köln im Verfahren 31 O 730/09 festgestellt (dort „Lotharteiler Fischschuppe“, Anlage K 9). Von der „Bogenschnitt-Schablone J.-B.“, die der Zeuge J. über zwei bis drei Jahre auch in einer symmetrischen Form verkauft haben will, ist kein aussagekräftiges Muster zur Akte gelangt, weshalb die Frage, ob es sich auch insoweit um relevanten Formenschatz handelt, ohnehin unbeantwortet bleiben muss.

Die vorgenannten, in geschmacksmusterrechtlicher Hinsicht identischen Fassaden- und Dacheindeckungsplatten „E.“ und „C.“, die im Folgenden als symmetrischer Rundbogenschnitt bezeichnet werden, gehören zu dem im Anmeldezeitpunkt relevanten Formenschatz. Nach § 5 Satz 1 GeschmMG ist ein Muster dann offenbart, wenn es bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, es sei denn, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Sektors im normalen Geschäftsverlauf vor dem Anmeldetag des Musters nicht bekannt sein konnte. Die Übergangsbestimmung in § 72 Abs. 2 GeschmMG sieht die Anwendung alten Rechts lediglich hinsichtlich der Voraussetzungen der Schutzfähigkeit vor. Für Verletzungsfrage und somit auch für Bestimmung des Schutzumfangs in Abhängigkeit vom vorbekannten Formenschatz gilt hingegen das Geschmacksmustergesetzes vom 12. März 2004.

Die neue Rechtslage unterscheidet nur geringfügig von der alten, wobei die Unterschiede vorliegend nicht relevant sind. Schon nach altem Recht galten alle Formen als bekannt, die im Anmeldezeitpunkt in Gestalt von Mustern, Modellen oder deren Abbildungen vorlagen, es sei denn, dass diese den einschlägigen inländischen Fachkreisen weder bekannt waren noch bei zumutbarer Beachtung der auf dem einschlägigen oder benachbarten Gewerbegebiet vorhandenen Gestaltungen bekannt sein konnten, wobei erwartet werden konnte, dass die inländischen Fachkreise auch die relevanten Auslandsmärkte in ihre Beobachtungen einbeziehen (BGH, GRUR 1969, 90, 94/95 – Rüschenhaube). Zu diesen gehörte der bedeutende Schieferexporteur Spanien.

Zu den Fachkreisen gehören diejenigen Personen, die innerhalb des maßgeblichen Wirtschaftszweigs mit der Mustergestaltung sowie der Entwicklung oder Herstellung mustergemäßer Erzeugnisse befasst sind (BGH, GRUR 2012, 1253 Rn. 19 – Gartenpavillon). Zum normalen Geschäftsverlauf der Fachkreise jedes Wirtschaftszweigs zählen Maßnahmen der Marktbeobachtung, um die Konkurrenzlage und neue Tendenzen bei der Entwicklung der eigenen Erzeugnisse zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2012, 1253 Rn. 21 – Gartenpavillon).

Danach kann an einer Kenntnisnahme durch die Fachkreise vorliegend kein Zweifel bestehen, da die quadratische, symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen gerundete Fassaden- und Dacheindeckungsplatte zum Sortiment mehrerer Firmen gehört hat. So ist die E.-Platte in den Jahren 1964 und 1965 in der Zeitschrift „Deutsches Dachdecker-Handwerk“ mehrfach beworben worden. Das „Deutsches Dachdecker-Handwerk“ ist eine Fachzeitschrift des relevanten Abnehmerkreises, von der anzunehmen ist, dass die Hersteller sie gewissenhaft durchsehen, um sich über die Entwicklungen der Konkurrenten anhand ihrer Werbung zu informieren. Von daher stellt schon allein die Bewerbung eine Offenbarung des Musters dar. Die Platte ist aber auch von E. vertrieben worden. Das Handeln eines derart bedeutenden Anbieters kann den einschlägigen Fachkreisen bei einer zumutbarer Beachtung des Marktes nicht über Jahre verborgen bleiben, selbst wenn dem Erzeugnis der wirtschaftliche Durchbruch versagt geblieben ist.

Soweit die von der Firma G. nach dem E.-Muster gefertigten Schieferplatten von der spanischen Firma A. Interessenten wie dem Geschäftsführer der Firma T.-B. gezeigt worden sind, stellt im Übrigen selbst dies eine Offenbarungshandlung im Sinne des § 5 GeschmMG dar. Bei Mustern, die von einem Hersteller potentiellen, ebenfalls zu den Anbietern gehörenden Geschäftspartnern ohne Verpflichtung zur Verschwiegenheit gezeigt werden, besteht immer die Möglichkeit einer Kenntnisnahme der Fachkreise im normalen Geschäftsablauf.

Letztendlich wird ein dem Muster entsprechendes Erzeugnis aber auch seit 1985 von der spanischen Firma C. O. hergestellt und vertrieben, unter anderem über Firma T.-B. in Deutschland. Ein entsprechender Katalog wurde vor dem Prioritätszeitpunkt jedenfalls in Spanien verbreitet.

Vor dem Hintergrund dieses fortgesetzten Vertrieb des symmetrischen Rundbogenschnitts durch den spanischen Hersteller C. O. ist für die Annahme, das Muster sei im Anmeldezeitpunkt vergessen gewesen, kein Raum. Aber auch die E.-Platte war im Verkehr noch präsent. Fachzeitschriften werden archiviert und im Hinblick auf interessante Gestaltungen von den Herstellerfirmen ausgewertet. Insoweit besteht kein Unterschied zum Registerbestand des Deutschen Patent- und Markenamtes. Die Platte war zudem Teilen der mit dem Produkt befassten Kreise erinnerlich, wie die Aussagen der Zeugen belegen.

Zum vorbekannten Formenschatz, wie er nunmehr bewiesen ist, halten die Klagegeschmacksmuster nur einen geringen Abstand. Für die Frage, welchen Abstand das Klagemuster zum vorbekannten Formenschatz einhält, kommt es nicht auf einen Vergleich einzelner Merkmale des Klagemusters mit einzelnen Merkmalen vorbekannter Muster an. Maßgeblich ist vielmehr der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster, der darüber entscheidet, wie groß die Ähnlichkeit des Klagemusters mit dem vorbekannten Formenschatz ist (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 34 – Kinderwagen II).

Danach kommt der vorbekannte Formenschatz den Klagegeschmacksmustern sehr nahe. Die den symmetrischgleichförmigen und damit harmonischen Eindruck prägenden Merkmale (1) bis (5) finden sich in identischer Form auch bei dem symmetrischen Rundbogenschnitt, der Gegenstand der Beweisaufnahme war. Auch der wird durch das Zusammenspiel der in den Merkmalen beschriebenen Gestaltungselemente geprägt: der Grundform eines gleichseitigen Vierecks in Form eines Quadrats, dessen eine Ecke abgerundet ist, und der den Ausschnitt eines Kreisbogens bilden Eckabrundung, die symmetrisch zu einer gedachten eckhalbierenden Diagonalen verläuft. Von dieser Form unterscheiden sich die Klagegeschmacksmuster lediglich durch das Vorhandensein zweier eher unauffälliger Fersen, die den Gesamteindruck nicht in relevanter Weise mitprägen. Sein Schutzbereich ist daher sehr klein und im Wesentlichen auf identische Nachahmungen beschränkt.

Vor diesem Hintergrund erweckt das angegriffene Muster „U.“ der Beklagten einen anderen Gesamteindruck als die Klagegeschmacksmuster. Entscheidend ist allein – wie bereits ausgeführt – der jeweilige Gesamteindruck, nicht die formale Abarbeitung der Merkmalsgliederung. Trotz der Verwirklichung der Merkmale (1) bis (5) in sprachlicher Hinsicht und der Ähnlichkeiten beim Merkmal (6) – eine Identität scheitert an einem gegenüber dem Radius einer vollkommen Abrundung hier erheblich vergrößerten Radius der Eckabrundung – weicht der vermittelte Eindruck hinreichend deutlich von dem Klagegeschmacksmuster ab.

Insoweit ist auf das Verständnis des „informierten Benutzers” abzustellen, einer Person, die das Produkt, welches das Geschmacksmuster verkörpert, zu dem für dieses Produkt vorgesehenen Zweck benutzt (EuG, GRUR Int 2011, 746 Tz. 51 – Sphere Time). Dabei setzt die Bezeichnung „informiert“ voraus, dass der Benutzer, ohne dass er ein Entwerfer oder technischer Sachverständiger wäre, verschiedene Geschmacksmuster kennt, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt, dass er gewisse Kenntnisse in Bezug auf die Elemente besitzt, die diese Geschmacksmuster für gewöhnlich aufweisen, und dass er diese Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit benutzt (EuGH, GRURInt 2012, 43 Tz. 59 – PepsiCo).

Der informierte Benutzer, der Kenntnis davon hat, dass sich die Klagegeschmacksmuster des Streitfalls vom vorbekannten Formenschatz lediglich durch die unauffälligen, nur bei eingehender Betrachtung als leichter Knick wahrnehmbaren Fersen unterscheiden, weiß, dass er auf die genaue Ausprägung dieses Detail zu achten hat. Er erkennt, dass die Klagegeschmacksmuster in der Formensprache des symmetrischen Rundbogenschnitts verharren und lediglich – möglicherweise zur Verbesserung der Abtropffähigkeit oder der Ausrichtbarkeit – mit zwei Fersen versehen worden ist, die so unauffällig gehalten worden sind, dass sie den symmetrischgleichförmigen und harmonischen Eindruck der Grundform nicht beeinträchtigen, der maßgeblich auch vom weichen, fließenden Randverlauf im Bereich der abgerundeten Ecke lebt.

Dass angegriffene Muster „U.“ bedient sich hingegen einer anderen Formensprache. Hier ist der Radius des Kreisbogens wesentlich größer als der einer vollkommenen Abrundung. Entsprechend ist das den Eckschnitt bildende Segment des Vollkreises wesentlich kleiner als bei den Klagegeschmacksmustern. Je kleiner das Kreissegment ist, desto mehr nähert sich aber der Schnitt einer (die Viereckseiten im 45-Grad-Winkel schneidenden) Geraden an. Bedingt hierdurch trifft der Kreisbogen beim Muster „U.“ in einem wesentlich stumpferen Winkel auf die Viereckseiten; es entstehen ausgeprägte und markante Fersen. Der weiche, fließende Randverlauf wird unterbrochen; ein disharmonisches Element tritt hinzu. Dieses erinnert an die klassische Bogenschnittschablone. Würde deren rechte untere Hälfte an der (von links unten nach rechts oben verlaufenden) Diagonalen gespiegelt, erhielte man im Grunde das angegriffene Muster. Die Dacheindeckungsplatte „U.“ steht somit zwischen der klassischen Bogenschnittschablone und dem symmetrischen Rundbogenschnitt, während sich die Klagegeschmacksmuster formensprachlich eng an den symmetrischen Rundbogenschnitt anlehnen, ein Unterschied, der vor dem Hintergrund des kleinen Schutzbereichs einen abweichenden Gesamteindruck begründet.

Da die Klagegeschmacksmuster nicht verletzt worden sind, bestehen auch keine Ansprüche auf Auskunft und Verzinsung der Gerichtskosten.

Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht kein Anlass, die Voraussetzungen des § 156 ZPO sind nicht erfüllt. Das nachterminliche Vorbringen der Beklagten hat der Senat nicht berücksichtigt. Eines Hinweises, wie vom Kläger erstmals im nachterminlichen Schriftsatz vom 11. Juni 2013 angeregt, bedurfte es nicht. Die Beklagte hat ihre Berufung nicht allein auf die Nichtigkeit der Klagegeschmacksmuster, sondern von Anfang an für den Fall, dass sie mit diesem Einwand ausgeschlossen sein sollte, auch auf das Fehlen einer Verletzung bei einem sehr engen Schutzbereich gestützt. Der Senat hat im Rahmen der Erörterung im ersten Termin klargestellt, dass er die sich gegenüberstehenden Muster wegen der abweichenden Fersengestaltung nicht für identisch und damit die Frage des vorbekannten Formenschatzes als für den Schutzbereich relevant erachtet. Dies ist vom Kläger auch verstanden worden. So führt er in seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 auf Seite 19 (Bl. 371 d. GA.) aus, er gehe davon aus, dass der erkennende Senat Beweis erhebe, um der Frage nach dem Schutzumfang der Klagegeschmacksmuster nachzugehen.

Mit der Benennung der Zeugen S. und D. erstmals im Schriftsatz vom 6. Mai 2013, die unverzüglich vorbereitend geladen wurden, aber – was auch der Kläger nicht Abrede stellt – aufgrund einer Vorstands- beziehungsweise einer Geschäftsleitersitzung verhindert waren, ist der Kläger nach § 530 in Verbindung mit § 296 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Angriffs- und Verteidigungsmittel des Berufungsbeklagten sind innerhalb der Berufungserwiderungsfrist vorzubringen. Mit Verfügung vom 12. Juli 2012 ist dem Kläger Frist zur Berufungserwiderung bis zum 27. August 2012 gesetzt worden. In der Frist hat der Kläger seine Erwiderung auch vorgelegt, in der er sich mit dem Vorbringen der Beklagten zum vorbekannten Formenschatz auseinandersetzt, ein Beweisangebot hierzu ist damals jedoch nicht erfolgt. Nach § 296 Abs. 1 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Eine Zulassung des Beweisangebots würde einen weiteren Termin erfordern. Der Kläger hat die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt. Der Beweisgegner darf nicht abwarten, ob dem Beweispflichtigen die Führung des Beweises gelingt, bevor er gegenbeweislich Zeugen benennt. Es erschließt sich dem Senat auch nicht, weshalb es primär Sache der Beklagten gewesen sein soll, diese Zeugen zu benennen. Es steht jeder Partei frei, die Zeugen zu benennen, von deren Aussage sie sich etwas verspricht. Ein Beweis der Marktpräsenz eines Erzeugnisses kann ohne Weiteres auch über die Abnehmer geführt werden, nicht nur über den Hersteller, der unter Umständen gar nicht mit dem Beweisführer kooperieren möchte. Gerade bei Sachverhalten, die vom Beweisführer keiner konkreten Person, sondern nur allgemein einer Firma zugeordnet werden können, kommt es auf die Kooperationsbereitschaft der Firma an, die allein die als Zeugen in Betracht kommenden Mitarbeiter ermitteln kann. Im Streitfall war die Beklagte daher keinesfalls auf die Zeugen der Firma E. verwiesen. Es war allein Sache des Klägers, solche Zeugen zu benennen, wenn er sich etwas davon verspricht.

Die verspätete Benennung seitens des Klägers war für die Verhinderung der Zeugen kausal. Hätte der Kläger die Zeugen rechtzeitig benannt, dann wären sie bereits in Ausführung des Beweisbeschlusses vom 20. November 2012 im Dezember 2012 geladen worden und hätten entsprechende Dispositionen treffen können. Auch hätte für ihre Vernehmung dann nicht nur der Termin am 14. Mai, sondern auch der am 19. März 2013 zur Verfügung gestanden. Eine Verhinderung am 19. März behauptet auch der Kläger nicht. Zudem hätte einer Verhinderung der Zeugen durch die Einschiebung eines weiteren Termins Rechnung getragen werden können, ohne dass es zu einer Verzögerung des Rechtsstreits gekommen wäre.

Der Ausschluss folgt auch aus § 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO, der im Berufungsverfahren nach § 525 ZPO mindestens subsidiär anwendbar ist (BGH, NJW 1987, 501, 502). Gemäß § 282 Abs. 1 ZPO hat jede Partei in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Die Vorschrift findet Anwendung, wenn innerhalb der Instanz mehrere Verhandlungstermine stattgefunden haben und das Vorbringen nicht bereits im ersten Termin erfolgt ist (BGH, NJW 1992, 1965). Danach hätte der Kläger die Zeugen spätestens im Termin am 2. Oktober 2012 benennen müssen, in dem der Senat klargestellt hat, dass er zum vorbekannten Formenschatz Beweis erheben wolle. Die frühzeitige Benennung gegenbeweislicher Zeugen gehört zu einer sorgfältigen Prozessführung. Soweit § 296 Abs. 2 ZPO abweichend von Absatz 1 eine grobe Nachlässigkeit des Säumigen erfordert, ist auch diese gegeben. Grob nachlässig handelt eine Prozesspartei, wenn sie ihre Prozessförderungspflicht in besonders hohem Maße vernachlässigt, wenn sie also dasjenige unterlässt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei als notwendig hätte einleuchten müssen (BGH, NJW 1987, 501, 502). Das Unterlassen der Zeugenbenennung stellt eine Verletzung der Prozessförderungspflicht in besonders hohem Maße dar. Dass der Kläger keinen Grund zum Zuwarten hatte, wurde bereits ausgeführt.

Soweit der Kläger im nachterminlichen Schriftsatz vom 11. Juni 2013 nunmehr noch den E.-Mitarbeiter B. K. als Zeugen benennt und sich die Benennung der ehemaligen E.-Mitarbeiter M. und H. vorbehält, ist er hiermit bereits nach §§ 525, 296a ZPO ausgeschlossen. Das Beweisangebot ist nicht von dem gewährten Schriftsatznachlass gedeckt, denn es bezieht sich nicht auf neues Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 10. Mai 2013, wozu der Nachlass gewährt worden war. Ein Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht auch insoweit nicht. Der Kläger hätte den Namen des Zeugen K. bei einer rechtzeitigen Benennung der Zeugen S. und D. frühzeitig erfahren, da ihm die Firma E. im Nachgang zur Ladung der Zeugen den Namen dieses Zeugen von sich aus als der Person mitgeteilt hat, die – im Gegensatz zu den Zeugen S. und D. – Angaben aufgrund eigener Wahrnehmung machen könne. In jedem Fall aber hätte er ihn bei einer alsbaldigen Vernehmung der Zeugen S. und D. erfahren, so dass dieser Zeuge jedenfalls zum Termin am 14. Mai 2013 hätte geladen werden können. Für die (potentiellen) weiteren Zeugen M. und H. gilt nichts anderes.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen beantwortet. Insbesondere ist auch die Frage, ob im Verletzungsprozess Formenschatz berücksichtigt werden darf, der bereits Grundlage der Löschungsklage war, durch die zitierte Entscheidung „Betonstahlmattenwender“ geklärt. Im Übrigen erschöpft sich der Fall im Tatsächlichen, ein auf einer Beweiserhebung beruhendes abweichendes Ergebnis rechtfertigt eine Revisionszulassung nicht. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Streitwert wird in Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung für die erste Instanz auf 5.000.000,00 Euro und für das Berufungsverfahren auf 2.500.000,00 Euro festgesetzt, da die im Berufungsverfahren zunächst vorgenommene Bezifferung des Schadensersatzanspruchs für die Zeitraum vom 23. September 2008 bis zum 31. März 2012 mit 1.913.706,00 Euro zeigt, die ursprüngliche Streitwertschätzung untersetzt war.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a