Keine Urheberrechtsverletzung durch Anhängen an fremde Produktbilder bei Amazon

25. April 2014
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Urteil des LG Köln vom 04.12.2013, Az.: 28 O 347/13

Derjenige, der sich an eine fremde Produktbeschreibung und die darin enthaltenen Bilder auf Amazon anhängt, verstößt nicht gegen das Urheberrecht, da er die Lichtbilder nicht in eigener Person öffentlich zugänglich macht. Vielmehr nutzt er lediglich eine andernorts erfolgte öffentliche Zugänglichmachung für eigene Angebotszwecke. Es fehlt daher an einer täterschaftlichen Verletzung. Für eine solche wäre die Kontrolle über das Bereithalten des Bildes erforderlich.

Landgericht Köln

Urteil vom 04.12.2013

Az.: 28 O 347/13

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 09.08.2013 – 28 O 347/13 – wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Antragsgegner zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand

Die Parteien handeln mit KFZ-Zubehör. Die unter S handelnde Antragsgegnerin bot im Juli 2013 über die Internethandelsplattform amazon.de ein bestimmtes Standlicht/Tagfahrlicht an wie aus Anlage ASt 4, Bl. 11 d.A., ersichtlich.

Dieses Angebot erstellte die Antragsgegnerin seinerzeit nicht neu sondern derart, dass sie sich durch Verwendung der Amazon Standard Identifikationsnummer (ASIN) an ein bereits bestehendes Angebot für dieses Produkt „anhängte“. Dadurch erhielt ihr Angebot dieselbe Form und in Hinblick auf Produktbezeichnung, Produktbild und Produktbeschreibung denselben Inhalt wie das bereits existierende Angebot eines Dritten. Geändert wurden lediglich der Hinweis „Verkauf und Versand durch“, der nunmehr auf die Antragsgegnerin lautete, sowie die Angaben zu Preis und Versandkosten.

An der diesem Angebot beigefügten Produktfotografie stehen dem Antragsteller die ausschließlichen Nutzungsrechte zu. Diese hatte er kurz vor der Entdeckung der hier streitgegenständlichen Verwendung des Lichtbildes von dem Lichtbildner erworben. Der Antragsteller hat weder dem Antragsgegner Nutzungsrechte eingeräumt, noch dieses selbst bei Amazon als Produktfotografie eingestellt, noch einem Dritten das Recht eingeräumt, das Bild über amazon.de zu veröffentlichen.

Nachdem eine vorgerichtliche Abmahnung erfolglos geblieben war, erwirkte der Antragsteller am 09.08.2013 eine einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer, mit welcher der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist, das streitgegenständliche Lichtbild öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen.

Nachdem die Antragsgegnerin hiergegen Widerspruch erhoben hat, beantragt der Antragsteller,

die einstweilige Verfügung vom 09.08.2013 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, nicht passiv legitimiert zu sein. Sie sei nicht Täterin der Urheberrechtsverletzung: sie habe das Lichtbild weder auf den Server von Amazon hochgeladen und damit vervielfältigt noch habe sie es öffentlich zugänglich gemacht habe, da das Bild bereits öffentlich zugänglich gewesen sei und sich nicht in ihrem Verfügungsbereich befunden habe. Vielmehr entscheide allein der Erstersteller des Angebots bzw. Amazon darüber, ob das Bild der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Insoweit habe sie sich die Veröffentlichung auch nicht zu eigen gemacht, denn aus dem Angebotsgestaltung sei ersichtlich, dass unterschiedliche Anbieter existieren, die nicht jeweils eigene Produktseiten vorhalten, woraus sich ergebe, dass der Ersteller des Angebots und der Verkäufer nicht zwangsläufig identisch sein müssten. Mangels Kenntnis von einer etwaigen Rechtsverletzung hafte sie auch nicht als Mittäterin oder Teilnehmerin. Schließlich scheide auch eine Störerhaftung aus. Insoweit fehle es bereits an einem adäquat kausalen Beitrag zu der Verletzungshandlung. Denn das Produktbild sei öffentlich zugänglich, unabhängig davon, ob sich die Antragsgegnerin an das bereits existierende Angebot anhängt oder nicht. Zudem bestünden auch keine Prüfpflichten für die Antragsgegnerin in Hinblick darauf, ob die Bilder von dem Ersteinsteller des Angebotes mit Zustimmung des urheberrechtlich Berechtigten auf die Amazon-Plattform hochgeladen worden sind. Weder sei die Funktion des Anhängens auf Rechtsverletzungen angelegt, noch sei dem einzelnen Händler eine proaktive Prüf- und Überwachungspflicht in Hinblick auf die Rechteverhältnisse möglich und zumutbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung war aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen. Die Kammer ist nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage der Auffassung, dass es aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes an dem für Erlass und Bestätigung der einstweiligen Verfügung erforderlichen Verfügungsgrund fehlt.

I.

Der Begriff „Verfügungsgrund“ bezeichnet das besondere Rechtschutzbedürfnis der antragstellenden Partei an der Erlangung eines Vollstreckungstitels im summarischen Verfahren der einstweiligen Verfügung. Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Angelegenheit derart dringlich ist, dass dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, auf den Weg des Klageverfahrens verwiesen zu werden und er auf einen sofortigen gerichtlichen Titel angewiesen ist. Das Bestehen eines Verfügungsgrundes wird im Urheberrecht nicht vermutet; § 12 Abs. 2 UWG ist nicht entsprechend anwendbar. Die besonderen Umstände, die eine Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung rechtfertigen, sind deshalb im Einzelfall festzustellen. Entscheidend ist dabei, ob sich bei Berücksichtigung aller Umstände und der Interessen der Parteien ergibt, dass der antragstellenden Partei die mit der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens bis zum erstinstanzlichen Urteil immer verbundene Verzögerung nicht zugemutet werden kann (OLG Karlsruhe v. 08.07.2009, 6 U 61/09, OLGR 2009, 591).

1. Da es sich bei dem einstweiligen Verfügungsverfahren um ein summarisches Eilverfahren handelt, ist anerkannt, dass es sich nicht zur Klärung schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Fragen eignet. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Verfahren wegen der behaupteten Verletzung von Urheberrechten ist deshalb, dass die Beurteilung der Verletzungsfrage im Einzelfall keine besonderen Schwierigkeiten macht. Eine Unterlassungsverfügung kommt daher bei entsprechender Interessenabwägung in der Regel nur in Betracht, wenn keine gewichtigen Zweifel an der Schutzrechtsverletzung gemäß § 97 UrhG bestehen (KG Berlin v. 25.03.94, 5 U 215/94, vgl. auch OLG Karlsruhe v. 08.07.2009, 6 U 61/09, OLGR 2009, 591).

2. Derartige Zweifel bestehen vorliegend jedoch. Die Parteien streiten sich maßgeblich um die Frage, ob die Antragsgegnerin auf der Grundlage des im Wesentlichen unstreitigen Sachverhaltes für die erfolgte Verletzung des ausschließlichen Rechts des Antragstellers zur öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbildes urheberrechtlich verantwortlich ist. Diese Frage ist in rechtlicher Hinsicht schwierig zu beantworten und nicht nur bislang nicht höchstrichterlich entschieden sondern vom Bundesgerichtshofs in der etwas anders gelagerten Sachverhaltsgestaltung des „Framings“ verneint und dem EUGH zur Vorabentscheidung vorgelegt worden über die Frage, ob die Verletzung eines unbenannten, also nicht ausdrücklich kodifizierten Verwertungsrechtes in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund gilt in Hinblick auf die rechtliche Beurteilung das Folgende:

a) Die Antragsgegnerin hat das Lichtbild nicht in eigener Person öffentlich zugänglich gemacht und ist daher nicht Täterin einer Urheberrechtsverletzung nach § 19a UrhG.

Bei den handlungsbezogenen Verletzungstatbeständen, wie sie das Urheberrecht auszeichnen, haftet als Täter einer Schutzrechtsverletzung nur, wer deren Tatbestandsmerkmale selbst, in mittelbarer Täterschaft oder in Mittäterschaft erfüllt (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 [Rn. 13] – Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 1018 = WRP 2011, 1469 [Rn. 18] – Automobil-Onlinebörse; zum Kennzeichenrecht vgl. BGH, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 [Rn. 44] – Basler Haar-Kosmetik; BGH, Beschluss vom 10.05.2012 – I ZR 57/09 [Rn. 3]). Im Streitfall müsste die Antragsgegnerin – nach der Fassung des gegen sie beantragten und erlassenen Verbots – die Produktfotografie mithin selbst der Öffentlichkeit zum Abruf von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich gemacht haben (§ 19a UrhG). Ein solches Zugänglichmachen setzt voraus, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende Schutzobjekt eröffnet wird (OLG Köln, 6 U 73/12 vom 14.09.2012; vgl. BGH GRUR 2009, 845 [Rn. 27] – Internet-Videorecorder; BGHZ 185, 291 = GRUR 2010, 628 = WRP 2010, 916 [Rn. 19] – Vorschaubilder). Der Tatbestand des § 19a UrhG erfordert nach der Rechtsprechung des BGH, dass Dritten der Zugriff auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk eröffnet wird, das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindet (EUGH-Vorlage des BGH vom 16.05.2013, I ZR 46/12 – Die Realität; vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Rn. 27 = WRP 2009, 1001 – Internet-Videorecorder I; Urteil vom 20. Mai 2009 – I ZR 239/06, GRUR 2009, 864 Rn. 16 = WRP 2009, 1143 – CAD-Software; Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 Rn. 19 = WRP 2010, 916 – Vorschaubilder I; Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 39/08, GRUR 2011, 56 Rn. 23 = WRP 2011, 88 – Session-ID). Die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite (im Wege des „Framing“) stellt danach grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen dar, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt (EUGH-Vorlage des BGH vom 16.05.2013, I ZR 46/12 – Die Realität).

Danach ist für die täterschaftliche Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung eine Kontrolle über das Bereithalten des Lichtbildes erforderlich, an der es vorliegend fehlt. Die Antragsgegnerin, die sich lediglich an ein bestehendes Angebot auf der Internetplattform amazon angehängt hat, macht das Lichtbild nicht in eigener Person öffentlich zugänglich sondern nutzt lediglich eine bereits andernorts erfolgte öffentliche Zugänglichmachung für eigene Angebotszwecke. Ob das Bild öffentlich zugänglich bleibt, entzieht sich ihrer Kontrolle. Die Entscheidung hierüber liegt allein bei Amazon bzw. ggfs. dem Ersteller des ersten Angebotes, an das sich die Antragsgegnerin angehängt hat.

b) Die Antragsgegnerin würde auch dann nicht zum Täter der Rechtsverletzung nach § 19a UrhG, wenn sie sich das Lichtbild zu eigen gemacht hätte. Das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens wird nicht verletzt, wenn der für einen Internetauftritt Verantwortliche nur den – tatsächlich unzutreffenden – Eindruck erweckt, er halte selbst das Werk zum Abruf bereit. Der Tatbestand einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung wird allein durch die Vornahme der Nutzungshandlung erfüllt und nicht dadurch, dass deren Merkmale vorgetäuscht werden (EUGH-Vorlage des BGH vom 16.05.2012, I ZR 46/12 – Die Realität).

c) Als Mittäter oder Teilnehmer einer fremden Verletzungshandlung nach § 19a UrhG haftet die Antragsgegnerin deshalb nicht, weil es an einem gemeinsamen Tatplan bzw. dem bedingten Vorsatz hinsichtlich der Rechtsverletzung eines anderen fehlt.

d) Die die Antragsgegnerin haftet auch nicht als Störerin für die Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmacung durch einen Dritten.

aa) Hierauf ist der Antrag bereits nicht gerichtet. Dieser enthält die als selbständigen Streitgegenstand zu qualifizierende Verletzungsform nicht. Eine Störerhaftung hat der Antragsteller nicht in prozessual beachtlicher Weise unter Wahrung der Dringlichkeit zum Gegenstand seines Verfügungsantrags gemacht. Denn der Antrag zielt nach seiner sprachlichen Fassung auf das Verbot des öffentlichen Zugänglichmachens des geschützten Lichtbildes in täterschaftlicher Begehungsform, nicht der bloßen Ermöglichung von Rechtsverletzungen Dritter. Der Antragsteller hat sein Begehren zwar hilfsweise auch auf diesen, von einer Haftung als Täter wesentlich abweichenden Gesichtspunkt gestützt (vgl. S. 5 der Antragsschrift), aber nicht deutlich gemacht, dass und wie er seinen Antrag für den Fall einer bloßen Störerhaftung der Antragsgegnerin beschränkt. Weil es sich bei der Haftung als Täter und als Störer um zwei voneinander zu unterscheidende Anspruchsgründe handelt, konnte nur der Antragsteller diese Beschränkung durch Stellung eines Hilfsantrags vornehmen (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 2061 = WRP 2010, 912 [Rn. 35 f.] – Sommer unseres Lebens). Dieser war auch nicht etwa nach § 938 Abs. 1 ZPO entbehrlich. Denn nur wirtschaftlich geht es dabei um ein „minus“, prozessual jedoch um ein „aliud“ (OLG Köln vom 14.09.2012, 6 U 73/12).

bb) Eine Störerhaftung ist aber auch der Sache nach nicht gegeben sein.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 45] – Kinderhochstühle im Internet; BGH, GRUR 2012, 651 = WRP 2012, 1118 [Rn. 21] – regierungoberfranken.de). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGHZ 148, 13 [17] = GRUR 2001, 1038 = WRP 2001, 1305 – ambiente.de; BGH, GRUR 2012, 651 = WRP 2012, 1118 [Rn. 21] – regierungoberfranken.de). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Prüfung und Verhinderung oder Beseitigung der durch den Dritten drohenden Rechtsverletzung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGHZ 148, 13 [17f.] = GRUR 2001, 1038 = WRP 2011, 1305 – ambiente.de; BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 2061 = WRP 2010, 912 [Rn. 19] – Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 [Rn. 51] – Basler Haar-Kosmetik; GRUR 2012, 651 = WRP 2012, 1118 [Rn. 23] – regierungoberfranken.de). Eine Pflicht zur Prüfung und zur Abwendung einer Rechtsverletzung kann sich auch aus dem Gesichtspunkt des gefahrerhöhenden Verhaltens ergeben (BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890 = WRP 2007, 1173 [Rn. 22, 36] – Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 [Rn. 60] – Basler Haar-Kosmetik m.w.N.).

Schon die Frage des adäquatkausalen Verursachungsbeitrages ist insoweit vorliegend fraglich, weil die Rechtsverletzung unabhängig davon ist, ob sich die Antragsgegnerin an das bestehende Angebot anhängt oder nicht. Allerdings kann jedes weitere Angebot zu einer Schadensvertiefung führen, weshalb insoweit Adäquanz angenommen werden kann.

Indessen nutzt die Antragsgegnerin ein von Amazon zur Verfügung gestelltes System, das nicht per se die Gefahr von Rechtsverletzungen in sich trägt. Die Antragsgegnerin durfte daher grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Nutzungsbedingungen eingehalten werden und die Nutzung rechtmäßig erfolgt. Eine proaktive Prüfpflicht traf sie nicht. Eine solche wird man erst annehmen können, wenn nach Hinweis auf die Rechtsverletzung keine Maßnahmen zu deren Beseitigung getroffen werden, wie Löschung des Angebots oder Bildes durch Einwirkung auf Amazon. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Amazon selbst, die das Verfahren zur Verfügung stellt und fördert, lediglich nach vorherigem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der Lichtbildnutzung haftet, wenn das Lichtbild nicht unverzüglich entfernt wird. Dann kann aber derjenige, der das Lichtbild erst von Amazon erhält um sein Angebot entsprechend den Vorgaben Amazons zu erstellen, nicht weitergehend haften.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin indes nach Zugang der Abmahnung, die damit erst Verhaltenspflichten ausgelöst hat, unmittelbar reagiert und bei Amazon die Löschung des Lichtbildes erreicht.

e) Es kann aber mit den Erwägungen des BGH in der Vorlage an den EUGH vom 16.05.2012, I ZR 64/12, eine täterschaftliche Verletzung eines unbenannten Verwertungsrechtes des Antragstellers vorliegen. Der BGH geht insoweit davon aus, dass das ausschließliche Recht zur öffentlichen Wiedergabe des Werkes in unkörperlicher Form gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 UrhG bei dem Urheber liege. Satz 2 enthalte insoweit lediglich beispielhafte Aufzählungen und sei nicht abschließend sondern im Lichte europäischer Richtlinien auszulegen.

Der BGH fragt sich daher bezogen auf das sogenannte Framing, ob die Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie sein kann, auch wenn die Wiedergabe nicht für ein neues Publikum und mittels eines unterschiedlichen Verfahrens erfolgt. Hierzu tendiert der BGH, denn:

„Auch derjenige, der – wie im vorliegenden Fall – ein auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachtes fremdes Werk im Wege des „Framing“ zum integralen Bestandteil seiner eigenen Internetseite macht, erleichtert Nutzern seiner Internetseite nicht nur den Zugang zu dem auf der ursprünglichen Internetseite vorgehaltenen Werk. Vielmehr macht er sich das fremde Werk durch eine solche Einbettung in seine eigene Internetseite zu eigen. Er erspart sich damit das eigene Bereithalten des Werkes, für das er die Zustimmung des Urhebers benötigte. Ein solches Verhalten ist nach Ansicht des Senats bei wertender Betrachtung als öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG einzustufen, die einer gesonderten Erlaubnis des Urhebers bedarf. Einem solchen Nutzer kommt – anders als demjenigen, der lediglich einen Hyperlink setzt, und ebenso wie demjenigen, der einen Deep Link setzt und dabei eine vom Berechtigten eingerichtete technische Schutzvorrichtung umgeht – die vom Gerichtshof hervorgehobene zentrale Rolle bei der Werkvermittlung zu (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 42 – SGAE/Rafael; GRUR 2012, 156 Rn. 195 – Football Association Premier League und Murphy; GRUR 2012, 593 Rn. 82 – SCF/Marco Del Corso). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Blick auf das Hauptziel der Richtlinie 2001/29/EG, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit zu ermöglichen, für die Nutzung ihrer Werke unter anderem bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten, weit zu verstehen ist und daher unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren jede Übertragung geschützter Werke umfasst (EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 186 und 193 – Football Association Premier League und Murphy; EuGH, GRUR 2013, 500 Rn. 20 und 23 – ITV Broadcasting/TVC).

Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Betrachter des Internetangebots erkennt, dass der Betreiber der betrachteten Seite das geschützte Werk nicht selbst vorhält. Es ist wohl auch nicht ausschlaggebend, ob der Betreiber dieser Seite – wie im vorliegenden Fall – zu Erwerbszwecken handelt. Entscheidend ist vielmehr aus der Sicht des Senats, dass sich der Betreiber das geschützte Werk durch Einbetten in seine Internetseite zu eigen macht. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob das Werk auf der ursprünglichen Internetseite mit Zustimmung des Berechtigten vorgehalten wird. Eine Zustimmung zu einer bestimmten Form einer öffentlichen Wiedergabe erschöpft nicht das Recht in Bezug auf davon zu unterscheidende selbständige Handlungen, die ebenfalls eine öffentliche Wiedergabe darstellen (EuGH, GRUR 2013, 500 Rn. 23 – ITV Broadcasting/TVC).“

Auch wenn es sich vorliegend nicht um Framing handelt, können die Erwägungen des BGH übertragbar sein. Denn die Antragsgegnerin greift zu eigenen Zwecken auf ein fremdes Lichtbild zu und macht sich dieses für ihr Angebot zu eigen. Jedes weitere Angebot erleichtert Dritten den Zugriff auf das Lichtbild und ist somit zumindest potentiell zur Schadensvertiefung geeignet. Dass das Lichtbild automatisch hinzugefügt wird, entlastet die Antragsgegnerin ebenfalls nicht, denn das schließlich generierte Angebot nutzt er zu eigenwerblichen Zwecken, weshalb es ihm zuzurechnen ist.

Es kommt mithin in Betracht, dass die Antragsgegnerin ein unbenanntes Verwertungsrecht als Täterin verletzt hat. Allerdings fehlt es im Unterschied zum Framing vorliegend an einer aktiven Einbettung des Lichtbildes durch die Antragsgegnerin. Diese hat lediglich ein von Amazon zur Verfügung gestelltes Verfahren genutzt, in dem ihrem Angebot ein Bild beigestellt worden ist. Würde man hierin ein eigenständige Verletzungshandlung erkennen, würde man die Haftung deutlich verschärfen im Vergleich zur eigentlich in Betracht kommenden Störerhaftung, die proaktive Prüfpflichten nur ausnahmsweise anerkennt (s.o.).

3. Es stellen sich damit im vorliegenden Fall schwierige materielle Rechtsfragen zur Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin für die streitgegenständliche Rechtsverletzung. Diese Fragen betreffen einerseits die kritisch zu bewertende Frage, ob die Antragsgegnerin als Täterin das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung verletzt hat oder an der entsprechenden Tat eines Dritten als Teilnehmerin beteiligt war bzw. für eine solche Tat als Störerin haftet. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Antragsgegnerin – wenn schon nicht das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung – möglicherweise ein unbenanntes, also nicht ausdrücklich kodifiziertes, Verwertungsrecht des Antragstellers täterschaftlich verletzt hat. Diese Frage hat der BGH dem EUGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, wobei sich zusätzlich die Frage stellt, ob die dortige Sachverhaltskonstellation der hiesigen in allen Facetten vergleichbar ist und die rechtlichen Folgerungen mithin übertragbar wären.

Eine Schutzrechtsverletzung kommt damit allenfalls in Betracht, wenn man § 15 UrhG in richtlinienkonformer Auslegung ein unbenanntes Vewertungsrecht entnehmen würde, zu dessen Bestand gerade ein Vorlageverfahren an den EUGH schwebt und weiterhin anzunehmen wäre, dass auch der vorliegende, sich von dem Vorabentscheidungsverfahren unterscheidende Sachverhalt ein solches unbenanntes Verwertungsrecht verletzen würde. In einer solchen Situation, in der die Frage der Rechtsverletzung nur unsicher beantwortet werden kann, kommt eine Unterlassungsverfügung unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsgegnerin nicht in Betracht. Der Antragsteller mag eine Klärung der Rechtsfrage im Hauptsacheverfahren erreichen. Eine abschließende Beurteilung aller angesprochenen Fragen ist im Rahmen eines Verfügungsverfahrens zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, aber allenfalls unter erheblichen Schwierigkeiten möglich. Das auf eine besonders schnelle Entscheidung zur Schaffung einer vorläufigen Regelung ausgerichtete einstweilige Verfügungsverfahren eignet sich für die Klärung derart komplexer und grundsätzlicher Rechtsfragen indes nicht.

4. Die einstweilige Verfügung erscheint schließlich auch unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nicht zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig im Sinne des § 940 ZPO. Hierdurch wird der Antragsteller nicht rechtschutzlos gestellt. Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass er seine vermeintlichen Ansprüche in einem kurzfristig durchführbaren Hauptsacheverfahren geltend machen kann. Hinzu kommt, dass die aufzuhebende einstweilige Verfügung den Antragssteller lediglich in einem Einzelfall schützt und nicht auch Rechtsverletzungen durch weitere Dritte verhindert, die aber wegen des von Amazon zur Verfügung gestellten Systems wahrscheinlich sind. Dies hätte der Antragsteller erreichen können, indem er gegen Amazon vorgeht und auf diese Weise die „Quelle“ der Rechtsverletzungen verschließt. Dies ist jedoch nicht geschehen. Entsprechend ist die durch die Aufhebung der einstweiligen Verfügung bei dem Antragsteller eintretende Interessenbeeinträchtigung als gering anzusehen.

5. Hinzu kommen Zweifel in tatsächlicher Hinsicht. Insoweit ist problematisch, dass dem Antragsteller die ausschließlichen Nutzungsrechte von dem Lichtbildner erst kurz vor der hier streitgegenständlichen Verletzungshandlung eingeräumt worden sind, Anlage ASt 2, Bl. 8 d.A. Unklar ist, wann der Lichtbildner das Foto erstellt hat und ob er oder ein Dritter mit seiner Zustimmung das Lichtbild bereits zuvor bei amazon hochgeladen hat. Hierzu verhält sich die eidesstattliche Versicherung Anlage ASt 3, Bl. 10 d.A. nicht. Sollte das der Fall sein, würde sich hieran die Frage anschließen, welche Auswirkungen ein zwischenzeitlicher Wechsel der ausschließlichen Berechtigung auf die durch den ursprünglichen Rechteinhaber zuvor erteilte Zustimmung zur Nutzung bei Amazon hat.

Dies ist gemäß § 33 UrhG ohne Auswirkungen. Zuvor erteilte einfache Nutzungsrechte bestehen als Beschränkung des Rechts fort, jedenfalls wenn sie wie üblich als dingliche und nicht lediglich schuldrechtliche Rechte eingeräumt wurden. In diesem Fall wäre daher ein Nutzungsrecht der Antragsgegnerin anzunehmen. Der Antragsteller müsste daher weiter darlegen und glaubhaft machen, wann die Lichtbilder erstellt worden sind und dass auch der Ersteller selbst keine Rechte zur Nutzung bei Amazon erteilt hat. Insoweit ist die rechtswidrige Nutzung derzeit nicht glaubhaft gemacht. Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast für ein Nutzungsrecht grundsätzlich bei dem Nutzenden. Da sich der Antragsteller vorliegend lediglich auf ein abgeleitetes Nutzungsrecht beruft, muss er aber zumindest im Wege der sekundären Darlegung dartun, dass dieses von ihm erworbene Recht nicht durch vorherige Rechtseinräumungen bereits in seinem Umfang beschränkt war.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

III.

Streitwert: 6.000,00 Euro.

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