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facebook-Button „Gefällt mir“ stellt keinen Wettbewerbsverstoß dar

28. März 2011
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Blau-weißes "Like-Zeichen" von Facebook

Eigener Leitsatz:

Installiert ein Onlineanbieter den facebook-Button „Gefällt mir“ auf seiner Webseite, liegt darin kein Wettbewerbsverstoß vor. Zwar werden durchaus Daten von eingeloggten facebook-Nutzern, die die betreffende Webseite besuchen, an facebook weitergeleitet, auch wenn diese den „Gefällt mir“ – Button nicht anklicken, entscheidend ist aber, dass es an einem Wettbewerbsverstoß fehlt. Die Vorschriften zum Datenschutz dienen anders als Verbraucherschutzvorschriften zum Internethandel lediglich dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen und gerade nicht dazu, für ein lauteres Verhalten am Markt zu sorgen.

Landgericht Berlin

Beschluss vom 14.03.2011

Az.: 91 O 25/11

Tenor:

1. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu tragen.

3. Der Wert des Verfahrens wird auf EUR 10.000,00 festgelegt.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

I.
Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht durch Vorlage entsprechender screenshots, dass sie unter der Internetseite … unter anderem auch Sterntaufen vertreibt und dass der Antragsgegner unter der Seite … seinerseits einen Onlinehandel mit den gleichen Geschenken betreibt, wobei er einen Gefällt-mir-Button der Plattform facebook installiert hat.

Dieser Button setzt die Installation eines iframes von facebook voraus und bewirkt, dass jedenfalls Daten von eingeloggten facebook-Nutzern, die die Seite des Antragsgegners besuchen, an facebook übertragen werden, auch wenn der button nicht betätigt wird. Inwieweit Daten von nicht eingeloggten facebook-Nutzern oder von Nichtmitgliedern von facebook übertragen werden, ist unklar.

Eine Information über die Datenerhebung aufgrund des Buttons enthält die Seite des Antragsgegners nicht.

Die Antragstellerin mahnte den Antragsgegner mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Februar 2011 deswegen ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Februar 2011 lehnte der Antragsgegner die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die unterbliebene Unterrichtung der Besucher der Seite des Antragsgegners über Art, Umfang und Zweck der erhobenen personenbezogenen Daten stelle einen Wettbewerbsverstoß dar.

Die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner zur Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung gerichtlich festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr im Internet den Kauf von Sterntaufen anzubieten und dabei den facebook-Button „Gefällt mir“ auf seiner Seite … zu verwenden, wenn er dabei die Besucher der Seite nicht zugleich ausdrücklich auf die damit verbundene Datenübertragung an facebook informiert, wenn dies wie in Anlage AS 6 dargestellt geschieht.

II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, weil der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr.1, 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, 4 Nr. 11 UWG, 13 TMG gegen den Antragsgegner zusteht.

Nach den genannten Vorschriften stünde der antragstellenden Mitbewerberin des Antragsgegners um Kunden für Sternentaufen dann ein Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner zu, wenn dessen Verstoß gegen § 13 TMG als Verstoß gegen eine Marktverhaltensvorschrift zu bewerten wäre.

Dies ist indes nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGH in GRUR 2000,Seite 1059 – Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGH in GRUR 2000, Seite 1076 – Abgasemissionen und in GRUR 2010, Seite 656 – Zweckbetrieb). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (Köhler/Bornkamm, UWG, 29.Auflage, § 4 Randnummer 11.35c). Nach diesen Grundsätzen ist die Vorschrift des § 13 TMG nicht als Marktverhaltensvorschrift zu qualifizieren. Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Diensteanbieter „den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist“. Im Kern dienen die Vorschriften zum Datenschutz wie auch der § 13 TMG anders als Verbraucherschutzvorschriften zum Internethandel dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen und nicht dazu, für ein lauteres Verhalten am Markt zu sorgen. So hat das OLG Hamburg in seiner Entscheidung vom 9.Juni 2004 zu 5 U 186/03 entschieden, dass die Vorschrift des § 28 Abs.4 Satz 2 BDSG, wonach der Versender eines Werbeschreibens die Empfänger darüber zu belehren hat, dass sie einer Verwendung ihrer Daten widersprechen können, keine Marktverhaltensregel sei, weil es sich um eine Datenschutzbestimmung handele.

Insofern kommt es nicht mehr darauf an, ob die Verwendung des Buttons überhaupt geeignet ist, den Wettbewerb im Sinne des § 3 UWG mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.
Der Streitwert war nach der Angabe der Antragstellerin auf EUR 10.000,00 für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung festzusetzen. Gemäß § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen. Maßgeblich für die Schätzung ist bei einer auf Unterlassung von Wettbewerbsverletzungen gerichteten Klage das Interesse, das der Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Dieses Interesse wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber angesichts des drohenden Schadens (wie Umsatzeinbußen, Markverwirrungs- und Rufschaden) bestimmt. Dabei sind die Unternehmensverhältnisse bei dem Verletzer und dem Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen den Parteien in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht, die Auswirkungen künftiger Verletzungshandlungen nach Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, insbesondere durch die bereits begangene Verletzungshandlung und die Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen (Kammergericht vom 6.Mai 2008 zu 5 W 154/08 mit weiteren Nennungen).

Ein gewichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses nach vorstehenden Grundsätzen bildet nach ständiger Rechtsprechung des Kammergerichts die Angabe des Streitwerts in der Klage- bzw. Antragsschrift; denn diese Angabe erfolgt grundsätzlich noch unbeeinflusst vom Ausgang des Rechtsstreits. Sie kann daher der Streitwertfestsetzung regelmäßig zugrunde gelegt werden, es sei denn, dass sich aus den Umständen die Fehlerhaftigkeit der Angabe ergibt. Die Streitwertangabe enthebt das Gericht daher nicht der Notwendigkeit, diese anhand der Aktenlage und sonstiger Gegebenheiten unter Berücksichtigung seiner Erfahrung und in vergleichbaren Fällen erfolgter Wertfestsetzungen selbständig nachzuprüfen. (vgl. Kammergericht in KG-Report 1998, 170, 171).

Vorstehende Grundsätze gelten entsprechend für Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wobei nach der neueren Rechtsprechung des Kammergerichts der Verfahrenswert regelmäßig mit zwei Dritteln eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens bemessen werden kann (vgl. zur Begründung im Einzelnen Kammergericht in WRP 2005, 368, m.w.N.).

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