Zur Rundfunkgebührenpflicht bei nicht ausschließlich privat genutzten Computern

02. Juli 2010
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Eigener Leitsatz:

Computer mit Internetzugang gelten als Rundfunkempfangsgeräte im Sinne des Rundfunkgebührenstaatsvertrags und sind somit gebührenpflichtig. Es sind jedoch keine weiteren Rundfunkgebühren zu entrichten, wenn für ein und das selben Grundstück oder zusammenhängende Grundstücke bereits ein Rundfunkempfangsgerät bei der GEZ angemeldet ist. Dies gilt auch dann, wenn dort Geräte im gewerblichen und zugleich privatem Bereich genutzt werden.

Oberverwaltungsgericht Koblenz

Urteil vom 17.06.2010

Az.: 7 A 10416/10.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit …

wegen Rundfunkgebühren

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2010, an der teilgenommen haben …

für R e c h t erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 12. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für einen gewerblich genutzten Rechner (Personal Computer – PC -) mit Internetzugang.

Er hat im Erdgeschoss desselben Hauses, in dem sich seine private Wohnung im ersten Obergeschoss befindet, einen Büroraum eingerichtet, den er für seine Tätigkeit als Webdesigner und Herausgeber eines Online-Skimagazins nutzt. In dem Büroraum steht ein an das Internet angeschlossener PC. In seiner Privat­wohnung befinden sich ein Radio und ein Fernsehgerät, für die er Rundfunk­gebühren bezahlt.

Im Oktober 2008 meldete er ein Radio, das er in seinem Büroraum zum Empfang bereitgehalten hatte, ab, nachdem er es wegen eines Defekts entsorgt hatte. Zugleich erklärte er, für seinen PC mit Internetzugang lehne er die Zahlung einer Rundfunkgebühr ab, da er den Rechner nicht zum Empfang von Rundfunk­sendungen nutze, sondern zur Veröffentlichung seiner Publikationen, zu Recherchen, Onlinebanking und Kommunikation. Außerdem falle sein PC unter die Gebührenfreiheit für Zweitgeräte.

Mit Gebührenbescheid vom 1. August 2009 setzte der Beklagte für den Zeitraum von November 2008 bis April 2009 für den PC des Klägers Rundfunkgebühren in Höhe von 34,08 € zuzüglich eines Säumniszuschlags von 5,11 € fest. Dem Wider­spruch des Klägers gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2009 hinsichtlich der Festsetzung des Säumniszuschlags statt, im Übrigen wies er ihn zurück.

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. Januar 2010 den Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbeschei­des aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei für seinen gewerblich genutzten PC mit Internetzugang nicht rundfunkgebüh­renpflichtig, unabhängig davon, ob ein solcher PC überhaupt eine Rundfunkge­bührenpflicht auslösen könne. Denn jedenfalls seien die Voraussetzungen der Gebührenfreiheit für neuartige Rundfunkempfangsgeräte ‑ wie solche Rechner ‑ als Zweitgeräte nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag  ‑ RGebStV – gegeben. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift reiche es aus, dass neben dem gewerblich genutzten PC auf demselben Grundstück andere Rundfunkempfangsgeräte – wie hier in der Privatwohnung des Klägers – zum Empfang bereitgehalten würden. Nicht erforderlich sei, dass diese ebenfalls im nicht ausschließlich privaten Bereich genutzt würden. Anderenfalls hätte Satz 2 des § 5 Abs. 3 RGebStV auch keinen Regelungsinhalt.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts setze die Gebührenfreiheit für ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät als Zweitgerät nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV voraus, dass nicht nur dieses, sondern auch das gebührenpflichtige Erstgerät gewerblich genutzt werde. Der Wortlaut dieser Vorschrift schließe eine solche Auslegung keineswegs aus. Umgekehrt spreche insbesondere die Gesetzessystematik gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts. In § 5 Abs. 1 und 2 RGebStV komme als ein Grundprinzip des Rundfunkgebührenrechts die konsequente Trennung privater und nicht privater Teilnehmerverhältnisse zum Ausdruck. Eine Verquickung durch die Anrechnung privater Rundfunkempfangsgeräte auf solche, die zu gewerb­lichen Zwecken zum Empfang bereitgehalten würden, sei daher nicht haltbar. Außerdem werde dadurch, dass § 5 Abs. 3 RGebStV nicht auf Abs. 1 der Vor­schrift verweise und damit keine Verbindung zu dessen Regelungsgehalt für den Privatbereich herstelle, hinreichend deutlich, dass das Vorhandensein eines Geräts im privaten Bereich auf demselben Grundstück nicht ausreichen könne. Ein solches Verständnis entspreche ferner dem Willen des Gesetzgebers, wie der Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatvertrag, durch den § 5 Abs. 3 RGebStV neu eingeführt worden sei, zu entnehmen sei. Dieser Wille werde auch unmissverständlich dokumentiert in einem Protokoll vom 7. Oktober 2008 über ein Treffen der Rundfunkkommission der Länder auf der Ebene der Rundfunkrefe­renten. Schließlich führe die Auffassung des Verwaltungsgerichts dazu, dass die Rundfunkgebührenpflicht vom bloßen Zufall abhänge, was vom Gesetzgeber erkennbar nicht beabsichtigt gewesen sei. Zöge beispielsweise ein Mieter mit einem gewerblich genutzten PC mit Internetzugang in ein Hochhaus ein, so wäre er der Ansicht des Verwaltungsgerichts zufolge hierfür nicht gebührenpflichtig, wenn andere Rundfunkteilnehmer in diesem Haus herkömmliche Geräte zum Empfang bereithielten.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 12. Januar 2010 die Klage abzuweisen.

Der Kläger bittet,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schrift­sätze der Beteiligten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchs­bescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag – RGebStV – vom 31. August 1991 (vgl. Landesgesetz RP vom 10. Dezember 1991, GVBl. RP, S. 369) in der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 8./15. Oktober 2004 (vgl. Landesgesetz RP vom 14. März 2005, GVBl. RP S. 63) hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Gebühr zu entrichten. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Rechner (Personal Computer – PC -) mit Internetzugang ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne des  Rundfunkgebührenstaatsvertrags (vgl. Urteil vom 12. März 2009 – 7 A 10959/08.OVG -; ebenso: BayVGH, Urteil vom 19. Mai 2009 – 7 B 08.2922 -; OVG NRW, Urteil vom 26. Mai 2009 – 8 A 2690/08 -; alle in juris).

Der Rechner mit Internetzugang im Büroraum des Klägers unterfällt jedoch der Gebührenfreiheit für Zweitgeräte nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV.

Danach ist für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu ent­richten, wenn (1.) die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammen­hängenden Grundstücken zuzuordnen sind und (2.) andere Rundfunkempfangs­geräte dort zum Empfang bereitgehalten werden.

Die Rundfunkgebührenfreiheit für einen Rechner mit Internetzugang im nicht aus­schließlich privaten Bereich nach dieser Vorschrift greift bereits dann ein, wenn der Rundfunkteilnehmer in demselben Haus, in dem sich der Büroraum oder das Arbeitszimmer mit dem Rechner befindet, in den ausschließlich privat genutzten Räumen seiner Wohnung andere Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereit hält. Es ist nicht erforderlich, dass neben dem Rechner auch die anderen Rund­funkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich vorhanden sind (im Ergebnis ebenso: HessVGH, Beschluss vom 30. März 2010 – 10 A 2910/09 -, juris, und ein Teil der erstinstanzlichen Gerichte, vgl. zuletzt: VG Würzburg, Urteil vom 29. April 2010 – W 3 K 10.142 -, juris, sowie VG Hamburg, Urteil vom 28. Januar 2010 – 3 K 2366/08 -, juris, m.w.N.; a.A.: VG Augsburg, Urteil vom 16. März 2009 ‑ Au 7 K 08.1306 -, juris; VG Minden, Urteil vom 10. November 2009 – 12 K 1230/09 -, juris, m.w.N.; Eicher/Schneider, NVwZ 2009, 741 [744 f.]).

1. Hierfür spricht insbesondere der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV.

a) Die darin verwendete Formulierung "wenn … 2. andere Rundfunkempfangs­geräte dort zum Empfang bereitgehalten werden" enthält bezüglich der "anderen Rundfunkempfangsgeräte" – im Gegensatz zu den am Anfang der Vorschrift angesprochenen neuartigen Rundfunkempfangsgeräten – keinen Zusatz "im nicht ausschließlich privaten Bereich" oder eine vergleichbare Beschränkung auf nicht ausschließlich privat genutzte Geräte. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch nicht aus dem Wort "dort" in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV, da sich diese Orts­angabe ersichtlich nicht auf das Tatbestandsmerkmal "im nicht ausschließlich privaten Bereich" am Anfang der Vorschrift bezieht, sondern auf das unmittelbar vor Nr. 2 in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RGebStV geregelte räumliche Erfordernis, dass die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grund­stücken zuzuordnen sind (im Ergebnis ebenso HessVGH, a.a.O., Rn. 25).

b) Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV ist allerdings entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts (im Anschluss an VG Braunschweig, Urteil vom 15. Juli 2008 – 4 A 149/07 -, juris) nicht so klar und eindeutig, dass ein anderes Verständnis der Vorschrift von vornherein ausgeschlossen wäre. Es erscheint jedenfalls nicht unvertretbar, die Worte "im nicht ausschließlich privaten Bereich" zu Beginn des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV, da sie vor die Regelungen in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 RGebStV gesetzt sind, mit dem Beklagten als ein gleichsam vor die Klammer gezogenes Tatbestandsmerkmal zu verstehen, das auch für die in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV genannten "anderen Rundfunk­empfangsgeräte" gilt (vgl. VG Augsburg, a.a.O., Rn. 38; Eicher/Schneider, NVwZ 2009, 741 [744 f.]). Wenngleich eine solche Auslegung der Norm noch nicht die Grenzen des Wortlauts überschreitet, so legt der Wortlaut dennoch aus den dargelegten Gründen die oben genannte gegenteilige Auffassung nahe.

2. Die vom Beklagten angeführten gesetzessystematischen Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Einschätzung.

a) Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag bestimmt in § 5 Abs. 1 eine Gebühren­freiheit für Zweitgeräte, die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV nicht für Zweitgeräte in solchen Räumen und Kraftfahrzeugen gilt, die zu anderen als privaten Zwecken genutzt werden. Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 RGebStV enthält eine zusätzliche Privilegierung für neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich, die insoweit auch eine Einschränkung der allgemeinen Regelung des Ausschlusses von der Rundfunkgebührenfreiheit für nicht ausschließlich privat genutzte (herkömmliche) Geräte in § 5 Abs. 2 RGebStV bedeutet. Es kann dahin­stehen, inwieweit es sich bei der aus § 5 Abs. 1 und 2 RGebStV ergebenden Trennung in einen privaten und einen nicht privaten Bereich, der von der Zweit­gerätefreiheit grundsätzlich ausgeschlossen ist, um ein grundlegendes Prinzip des Rundfunkgebührenstaatsvertrags handelt. Denn ein solches Prinzip ist jedenfalls für neuartige Rundfunkempfangsgeräte in § 5 Abs. 3 RGebStV insoweit auf­gegeben worden, als diese als Zweitgeräte trotz ihrer nicht ausschließlich privaten Nutzung – unter bestimmten weiteren Umständen – gebührenfrei sind. Aus der allgemeinen Regelung der Gebührenfreiheit für Zweitgeräte in § 5 Abs. 1 und 2 RGebStV lässt sich daher nichts für das Verständnis der selbständigen Sonder­regelung des § 5 Abs. 3 RGebStV für neuartige Rundfunkempfangsgeräte her­leiten, insbesondere nicht, dass es sich bei den dort genannten "anderen Rund­funkempfangsgeräten" – den Erstgeräten – um solche aus dem nicht privaten Bereich handeln muss.

b) Umgekehrt lässt sich allerdings entgegen der Annahme der Vorinstanz gegen die vom Beklagten vertretene Auffassung nicht einwenden, sie hätte zur Folge, dass § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV keinen Regelungsinhalt mehr hätte. Die Gebührenfreiheit für ein Zweitgerät nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV setzt neben einem Rechner im nicht ausschließlich privaten Bereich "andere Rundfunkemp­fangsgeräte" voraus. Unabhängig von der hier zwischen den Beteiligten strittigen Frage, ob diese anderen Geräte ebenfalls im nicht ausschließlich privaten Bereich vorhanden sein müssen, handelt es sich bei ihnen jedenfalls um herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte (vgl. LT-Drs. 14/3721, S. 27 f.). § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV regelt demgegenüber den Fall, dass keine anderen – herkömmlichen -, sondern ausschließlich neuartige Rundfunkempfangsgeräte auf ein und demsel­ben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zum Empfang bereit­gehalten werden, und begrenzt die Gebührenpflicht für die Gesamtheit dieser Geräte auf eine Rundfunkgebühr.  Dieser Fall wird von § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV auch in der Auslegung des Beklagten nicht erfasst, sodass § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV, selbst wenn man ihr folgte, einen eigenständigen Regelungsgehalt und Anwendungsbereich hätte.

3. Den Gesetzesmaterialien ist ein verlässlicher Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers bezüglich der hier in Rede stehenden Frage nicht zu entnehmen.

a) In der Begründung des Landesgesetzes zum Achten Rundfunkänderungs­staatsvertrag heißt es zur Neufassung des § 5 RGebStV (vgl. LT-Drs. 14/3721, S. 27 f.):

"Absatz 3 enthält Bestimmungen im Hinblick auf neuartige Rundfunk­empfangsgeräte und trägt damit der Konvergenz der Medien Rechnung. Das PC-Moratorium in § 5a hatte bisher nur Teilaspekte erfasst. Damit bleibt weiterhin der umfassende Gerätebegriff nach § 1 Abs. 1 An­knüpfungspunkt für die Rundfunkgebührenpflicht. Grundsätzlich hat sich für die Gebührenpflicht der Rundfunkempfangsgeräte im Sinne des § 1 Abs. 1 im nicht privaten Bereich deshalb keine Änderung ergeben. Der neu einge­fügte Absatz 3 regelt aber als Ausnahme die Rundfunkgebührenpflicht für sogenannte "neuartige" Rundfunkempfangsgeräte für den nicht ausschließ­lich privaten Bereich. Die Regelung verfolgt das Ziel einer umfassenden Zweitgerätebefreiung für bestimmte neuartige Geräte. Neben den als typisches Beispiel genannten neuartigen Geräten (Rechner, die Rundfunk­programme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) fallen hierunter auch tragbare Telefone (Handy), die Hörfunk- oder Fernsehprogramme empfangen können. Die neuartigen Rundfunk­empfangsgeräte sind im nicht ausschließlich privaten Bereich von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, soweit sie ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und für die dort bereitgehaltenen anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte bereits Rundfunkgebühren entrichtet werden. Nur wenn dort keine entspre­chenden herkömmlichen Rundfunkgeräte zum Empfang bereitgehalten werden, ist für die Bereithaltung von neuartigen Geräten, die Hörfunk­empfang ermöglichen, eine Grundgebühr und für solche, die Fernseh­empfang ermöglichen, zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. (…)"

Der vorliegende Fall, dass neben einem neuartigen Rundfunkempfangsgerät im nicht privaten Bereich auf demselben Grundstück andere – herkömmliche – Rund­funkempfangsgeräte im ausschließlich privaten Bereich bereitgehalten werden, wird in der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich angesprochen. Ein etwaiger Wille des Gesetzgebers, dass die anderen Rundfunkempfangsgeräte ebenso wie die neuartigen Geräte im nicht privaten Bereich vorhanden sein müssen, lässt sich aus der Gesetzesbegründung nicht herleiten. Ihr ist lediglich zu entnehmen, dass eine Ausnahme von der Rundfunkgebührenpflicht für neuartige Rundfunk­empfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich geregelt werden sollte und die Regelung eine umfassende Zweitgerätebefreiung als Ziel verfolgt. Ein verlässlicher Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers bezüglich der Frage, ob für die Gebührenfreiheit der neuartigen Rundfunkempfangsgeräte im nicht privaten Bereich als Zweitgeräte auch die herkömmlichen Erstgeräte stets im nicht privaten Bereich bereitgehalten werden müssen, ist indes nicht zu erkennen (im Ergebnis ebenso VG Hamburg, a.a.O., Rn. 20; VG Arnsberg, Urteil vom 7. April 2009 – 11 K 1273/08 -, juris, Rn. 34 ff.; a.A.: VG Minden, a.a.O., Rn. 58 ff.).

b) Aus dem vom Beklagten angeführten Protokoll vom 7. Oktober 2008 über ein Treffen der Rundfunkkommission der Länder auf der Ebene der Rundfunkrefe­renten kann bezüglich des Willens des Gesetzgebers bei der Neufassung des § 5 Abs. 3 RGebStV durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8./15. Oktober 2004 ebenfalls nichts hergeleitet werden. Die protokollierte kritische Bewertung erstinstanzlicher Gerichtsentscheidungen zur Auslegung von § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV lässt allenfalls auf das gegenwärtig politisch Gewünschte schließen.

4. Sind nach alledem sowohl gesetzessystematische Gesichtspunkte als auch die Gesetzesmaterialien für das zutreffende Verständnis des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV unergiebig, so sprechen neben dem Wortlaut auch Sinn und Zweck der Vorschrift dafür, dass die darin geregelte Gebührenfreiheit für neuartige Rund­funkempfangsgeräte als Zweitgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich unabhängig davon eingreift, ob die herkömmlichen Erstgeräte im privaten oder gewerblichen Bereich bereitgehalten werden.

a) Das mit der Regelung verfolgte Ziel einer umfassenden Zweitgerätefreiheit für neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht privaten Bereich würde zu einem nicht unbeträchtlichen Teil verfehlt, wenn man § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV wie der Beklagte verstünde. In den zahlreichen Fällen einer gemischten  Nutzung eines Grundstücks durch Klein- und Kleinstunternehmer, in denen – wie im vorliegenden Fall – die Wohnräume ausschließlich privat und ein Raum in demselben Haus oder sogar in der derselben Wohnung geschäftlich genutzt werden, würde die Nutzung eines PC mit Internetzugang im Büroraum trotz des Bereithaltens herkömmlicher Rundfunkempfangsgeräte in demselben Haus bzw. in derselben Wohnung von der Zweitgerätefreiheit nicht erfasst. Der Anwendungsbereich der Norm wäre deutlich eingeschränkt.

b) Die Auffassung des Beklagten würde auch aus folgendem Grund zu frag­würdigen Ergebnissen führen.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 12. März 2009, a.a.O.) knüpft der Begriff des Bereithaltens zum Empfang im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV an die mögliche Nutzung des Rundfunkempfangs an. Nicht entscheidend ist, ob ein Rundfunkteilnehmer tatsächlich Rundfunkleistungen in Anspruch nimmt bzw. welche Programme er empfangen will oder tatsächlich nutzt. Allein aufgrund der abstrakten technischen Möglichkeit des Rundfunkempfangs entsteht indes nicht zwangsläufig die Rundfunkteilnehmereigenschaft. Bei den Worten "zum Empfang bereithalten" handelt es sich nämlich um ein finales und auf den Rundfunkteilnehmer bezogenes Tatbestandsmerkmal, welches allerdings nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Erforderlich ist eine objektive Zweckbestimmung zum Empfang. Ein PC mit Internetzugang ist zwar ein multifunktionales Gerät, bei dem die Nutzung zum Rundfunkempfang bei vielen Nutzern nicht im Vordergrund stehen mag. Eine Nutzung solcher Rechner ist aber nicht nur objektiv möglich. Es besteht auch objektiv eine Vermutung zum Rund­funkempfang jedenfalls in den Fällen, in denen neben einem solchen Rechner kein herkömmliches monofunktionales Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird.

Der Senat hat es als zweifelhaft bezeichnet, im Ergebnis jedoch offen gelassen, ob eine solche Vermutung auch gerechtfertigt wäre, wenn auch andere  ‑ herkömmliche – Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereitgehalten werden (vgl. nochmals Urteil vom 12. März 2009, a.a.O.).

Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, diese Frage umfassend und abschließend zu beantworten. Es genügt vorliegend festzuhalten, dass die Annahme der erforderlichen objektiven Zweckbestimmung zum Rundfunkempfang ernstlichen Zweifeln unterliegt, wenn neben einem Rechner mit Internetzugang herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereitgehalten werden. Dies gilt in allen Fällen, in denen der Büroraum mit dem geschäftlich genutzten PC sich in der ansonsten ausschließlich privat genutzten Wohnung des Rundfunkteilnehmers befindet, in der herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten werden. Denn es erscheint äußerst fraglich, ob objektiv eine Vermutung dafür besteht, dass der Betroffene über seinen geschäftlich genutzten PC Radio- oder Fernseh­programme empfängt, obwohl in seiner Wohnung nur wenige Schritte von seinem Büroraum entfernt herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte vorhanden sind, mit denen er bei dem gegenwärtigen Stand der Technik nach wie vor deutlich komfortabler Rundfunk empfangen kann.

Das gleiche gilt in nur leicht abgeschwächtem Maße, wenn sich das Büro mit dem geschäftlich genutzten PC zwar nicht in derselben Wohnung, aber in demselben Haus wie die Privatwohnung des Rundfunkteilnehmers mit herkömmlichen Rund­funkempfangsgeräten befindet.

Würde § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV voraussetzen, dass die anderen Rundfunk­empfangsgeräte im Sinne dieser Bestimmung im nicht ausschließlich privaten Bereich bereitgehalten werden, wie der Beklagte meint, so wären die geschäftlich genutzten Rechner mit Internetzugang in den genannten Fällen gebührenpflichtig, obwohl dies aus den dargelegten Gründen erheblichen rechtlichen Bedenken begegnet. Auch vor diesem Hintergrund hält der Senat die Gegenauffassung für vorzugswürdig, nach der die geschäftlich genutzten Rechner in diesen Fällen der Gebührenfreiheit für Zweitgeräte unterfallen.

c) Ein solches Verständnis des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV führt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dazu, dass die Rundfunkgebührenpflicht für neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich vom bloßen Zufall abhängt. Die Zweitgerätefreiheit nach dieser Vorschrift greift nicht etwa schon dann ein, wenn ein Mieter mit einem gewerblich genutzten Rechner mit Internetzugang in ein Hochhaus einzieht, in dem andere Mieter herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte in ihrer Privatwohnung bereithalten. Es reicht hierfür nämlich nicht aus, dass auf demselben Grundstück ein anderer Rundfunkteil­nehmer herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereithält. § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV stellt vielmehr eine Verbindung der Rundfunkgebühren­pflicht mit dem jeweiligen Rundfunkteilnehmer her. Nach dieser Bestimmung hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Gebühr zu bezahlen. Auf die Verhältnisse anderer Rundfunkteilnehmer kann es daher auch im Rahmen der Zweitgerätefreiheit nach § 5 Abs. 3 RGebStV nicht ankommen (vgl. HessVGH, a.a.O., Rn. 39; a.A.: VG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 27 A 245.08 -; VG Schleswig, Urteil vom 2. Juli 2009 – 14 A 243/08 -; beide in juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist im Hinblick auf die bislang vorliegende uneinheitliche Recht­sprechung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 10 RGebStV in der Fassung des Neunten Rund­funkänderungsstaatsvertrags vom 31. Juli/10. Oktober 2006, GVBl. RP S. 412).

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 34,08 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

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