Unterlassungserklärung eines minderjährigen Online-Händlers nicht rechtswirksam

20. März 2014
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Urteil des LG Düsseldorf vom 20.01.2014, Az.: 2a O 58/13

Ein Minderjähriger, der mit Zustimmung seiner Eltern und des Vormundschaftsgerichts einen Online-Handel betreibt, kann in dessen Zusammenhang keine rechtswirksamen Unterlassungserklärungen für einen Schutzrechtsverstoß abgeben. Denn er ist lediglich für solche Rechtsgeschäfte beschränkt geschäftsfähig, welche der Online Handel in Bezug auf Aufbau und Führung mit sich bringt. Ein Schutzrechtsverstoß kann hingegen in jedem ausgeübten Gewerbe anfallen und bezieht sich nicht konkret auf den Onlinehandel. Um eine wirksame Unterlassungserklärung abgeben zu können, die die Wiederholungsgefahr für einen Verstoß beseitigt, benötigt dieser in jedem Fall mindestens zusätzlich die Unterschrift seines gesetzlichen Vertreters.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 20.01.2014

Az.: 2a O 58/13

In dem Rechtsstreit…

hat die 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im schriftlichen Verfahren
am 20.01.2014 durch die Richtern …

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin vertreibt Handyhüllen und -zubehör ausschließlich selbst im Internet. Ihre Produkte, die sie in China anfertigen lässt, verkauft sie in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union unter der Marke X. Die Klägerin ist Inhaberin der beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt unter der Registernummer 123456 eingetragenen Wortmarke Y. Die Marke genießt Schutz für die Warenklasse 9, die unter anderem Etuis für Mobiltelefone, für Telefone, für Sonnenbrillen, für Schutzbrillen und für Fotoapparate erfasst (Anlage 1).

Die Klägerin bietet ihre Handyhüllen unter der Bezeichnung auf der Handelsplattform Amazon an und erhält dazu für jedes Angebot eine individuelle ldentifikationsnummer (sog. ASIN).

Der am 05.08.1995 geborene Beklagte betreibt ein Gewerbe, das er mit Zustimmung seiner Eltern gegründet hat. Die Gewerbeanmeldung wurde mit Beschluss vom 26.03.2012 durch das Vormundschaftsgericht genehmigt. Für die Ausübung des Gewerbes ließ er sich die lnternetdomain www.xyz.net reservieren. Er tritt bei der Handelsplattform Amazon unter dem Verkäufernamen ABC
auf und übernahm in diesem Zusammenhang ohne Zustimmung der Klägerin deren Angebot für Handy-Schutzhüllen mit der ldentifikationsnummer 123456 in dem er die Schutzhülle in seinem Namen anbot.

Nachdem die Klägerin dies festgestellt hatte, ließ sie den Beklagten mit Schreiben vom 11.01.2013 abmahnen und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit Schreiben vom 05.02.2013 übersendete der Beklagte die von der Klägerin vorgefertigte Unterlassungserklärung vom 25.01.2013, klammerte jedoch den Passus über die Vertragsstrafe ein. Die Klägerin forderte daraufhin die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen und wies darauf hin, dass nicht der Beklagte allein, sondern ebenfalls dessen gesetzliche Vertreter die Unterlassungserklärung unterzeichnen müssten.

Der Beklagte gab schließlich persönlich eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen ab (Anlage K 12).

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Bezeichnung    Z für Handyschutzhüllen im geschäftlichen Verkehr verwendet.

Sie ist der Ansicht, die von dem Beklagten persönlich abgegebene Unterlassungserklärung sei nicht wirksam, da der 17-jährige Beklagte nur beschränkt geschäftsfähig sei und zur Abgabe der Unterlassungserklärung die Zustimmung seiner Eltern sowie des Familiengerichts erforderlich gewesen seien.

1.
dem Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall. Ordnungshaft bis zwei Jahren, zu untersagen,

a)    im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung Z für Handyschutzhüllen zu verwenden und
b)    irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der Ware durch die Übernahme einer fremden Identifikationsnummer (ASIN) bei Amazon zu machen;

2.
den Beklagten zu verurteilen, an sie 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 zu zahlen.

Nachdem der nunmehr 18-jährige Beklagte im Laufe des Verfahrens erneut eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1) für erledigt erklärt und der Beklagte hat nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Erklärung widersprochen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

wie erkannt.

Der Beklagte erkennt den Klageanspruch an.

Der Beklagte ist der Ansicht, da die Bezeichnung Z im Originaltext seines Angebots nicht wiederholt worden sei, habe er diese nicht im geschäftlichen Verkehr für Schutzhüllen verwendet und auch keine irreführenden Angaben über die Originalität gemacht. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 13.02.2013 sei wirksam und lasse die Wiederholungsgefahr entfallen. Der Gegenstandswert von 50.000,00 € sei zu hoch bemessen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin hat den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu 1) für erledigt erklärt, der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Erklärung widersprochen und das Gericht hat mitgeteilt hat, dass es dies als Zustimmung auslegen wird.

Insoweit war daher über die Kosten nur noch nach billigen Ermessen unter Be-rücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden, § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO. Danach entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. Denn dieser wäre ohne das erledigende Ereignis in der Sache unterlegen gewesen.

Die ursprünglich zulässige Klage war hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1) auch begründet.

1.
Der Klägerin stand der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zu, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung für Handy-Schutzhüllen zu verwenden. Die Voraussetzungen der Art. 9 Abs. 1 lit. a und b, Abs. 2, 98 Abs. 1, 101 GMV iVm § 125b Abs. 2 MarkenG wären ohne das erledigende Ereignis erfüllt gewesen.

Nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GMV ist es Dritten untersagt, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren und Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist.

Die Klägerin ist Inhaberin der für die Warenklasse 9 – Etuis für Mobiltelefone, für Telefone, für Sonnenbrillen, für Schutzbrillen und für Fotoapparate – beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eingetragenen Wortmarke (EU 123456).

Der Beklagte hat unter seiner Firma F im Internet Handyhüllen gemäß Anlage 2 mit dem Zusatz „von Z“ beworben.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Zusatz „von Z“ im Individualtext des Beklagtenangebots nicht wiederholt ist. Denn das Angebot des Beklagten erscheint als eines von dreien unter der Überschrift „Schwarz / Grün Bumper Silikon Hülle Schutzhülle Tasche Case für Apple iPhone 4 / 4G / 4S von Z“ und wird von den angesprochenen Verkehrskreisen damit auch als Schutzhülle von Z verstanden.

Damit hat der Beklagte die Klagemarke im geschäftlichen Verkehr verwendet. Dies geschah auch ohne Einwilligung der Klägerin.

Zwischen der Klagemarke Y und dem von dem Beklagten benutzten Zeichen Z    besteht Identität. Ebenfalls ist von Warenidentität auszugehen.

Der Unterlassungsanspruch wäre auch nicht deshalb zurückzuweisen gewesen, weil der Beklagte persönlich bereits am 13.02.2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Denn der am 05.08.1995 geborene Beklagte war zum Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungserklärung erst 17 Jahre alt und konnte sich mithin nicht alleine rechtswirksam verpflichten.

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Beklagte mit Zustimmung seiner Eltern ein Gewerbe – Online Handel – angemeldet und das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 26.03.2012 hierzu seine Genehmigung erteilt hatte (Anlage 1 Bekl). Gem. § 112 BGB ist der Minderjährige zwar für solche Rechtsgeschäfte beschränkt geschäftsfähig, welche das Erwerbsgeschäft, zu dessen Betrieb der gesetzliche Vertreter ihn mit Genehmigung des Familiengerichts ermächtigt hat, mit sich bringt. Die so begründete Teilgeschäftsfähigkeit des Beklagten erfasste jedoch vorliegend nicht die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Der Umfang der vollen Geschäftsfähigkeit bezieht sich nur auf die Geschäfte, die der Betrieb des Erwerbsgeschäfts mit sich bringt. Die Rechtsgeschäfte müssen demnach einen Zusammenhang mit dem Aufbau oder der Führung des Erwerbsgeschäfts aufweisen, was sich nach der Verkehrsauffassung richtet. Für die Ermittlung ist auf die konkrete Gestalt des einzelnen Rechtsgeschäfts abzustellen, zu deren Bestimmung in Zweifelsfällen alle Umstände zu ermitteln sind, die dem Rechtsgeschäft das Gepräge geben (BGHZ 83, 76, 80; Knothe in J. von Staudingers Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2012, § 112 Rz. 10).

Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung für den Fall einer Schutzrechtsverstoßes erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie kann grundsätzlich – bei Verstoß gegen markenrechtliche Vorschriften – in jedem Betrieb anfallen und ist nicht auf das konkrete Erwerbsgeschäft – Online Handel – beschränkt. Sie betrifft vielmehr solche Fälle, in denen der Geschäftsinhaber unter Umgehung markenrechtlicher Vorschriften und damit seinem Geschäftsbetrieb – zumindest rechtlich – zuwider handelt und gibt dem Online Handel daher gerade nicht sein Gepräge.

Damit konnte der Beklagte am 13.02.2013 jedenfalls nicht alleine die strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Ob zusätzlich zu der Unterschrift der gesetzlichen Vertreter auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich war, kann dahin stehen.

2.
Aus dem gleichen Antrag hätte die Klägerin – ohne Abgabe der Erledigungserklärungen – auch von dem Beklagten mit Erfolg verlangen können, es zu unter-lassen, irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der Ware zu machen, §§ 3 Abs. 1, 2; 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG. Danach ist eine geschäftliche Handlung irreführend und damit unlauter, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben, zum Beispiel über die betriebliche Herkunft der Waren enthält.
Indem der Beklagte seine Handyhülle wie aus Anlage K 2 ersichtlich bewarb, erweckte er den Eindruck, die Hülle stamme aus dem Betrieb der Klägerin. Dies ist indes unstreitig nicht der Fall.

II.

Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu Ziffer 2) von dem Beklagten die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt hat, 14 Abs. 6 MarkenG, hat der Beklagte diesen Zahlungsanspruch in Höhe von 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 anerkannt, so dass ihm auch insoweit gem. § 91 ZPO die Kosten aufzuerlegen waren. Von der Darstellung der Entscheidungsgründe kann gem. § 313 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen werden.

Streitwert:
Bis zum 02.01.2013: 50.000,00 €
Danach: Kosteninteresse

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