Kommentar

LG Düsseldorf – Unberechtigte Aufforderung zur Sperrung einer Domain kann Schadensersatzpflicht auslösen

16. Mai 2014
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Kommentar zum Urteil des LG Düsseldorf vom 27.11.2013, Az.: 2a O 42/13 U

In den USA existiert mit dem sog. „Notice and Take Down“-Prinzip - basierend auf dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) - ein Verfahren, das einen Hoster vollständig aus der Haftung entlässt, sofern er nach Beanstandung einer Rechtsverletzung möglichst sofort die Rechtsverletzung vom Netz nimmt. Doch was passiert dann, wenn dadurch Inhalte gelöscht werden, die tatsächlich keine Rechte verletzen?

Das LG Düsseldorf hatte mit erst jetzt veröffentlichtem Urteil von Ende November 2013 darüber zu befinden, ob dem Betroffenen im Fall einer solch unberechtigten „Take Down Notice“ ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem vermeintlichen Rechteinhaber zustehen kann.

Was ist passiert?

Der Inhaber der deutschen Wort-/Bildmarke mit dem Wortbestandteil „Markenbörse“ wurde darauf aufmerksam, dass der Betreiber der Internetseite www.markenboerse.de diese Domain seit Jahren bei der Domain-Parking-Plattform Sedo eingestellt hatte. Der Markeninhaber wandte sich daraufhin im November 2012 zum einen an den Domaininhaber, um etwaige Kosten für eine Abmahnung und Unterlassungserklärung zu sparen. Zum anderen wandte er sich zugleich an die Domainplattform und forderte diese auf, den Domainnamen zu sperren. Gegenüber der Handelsplattform Sedo behauptete der Markeninhaber dabei das Vorliegen von Markenrechtsverstößen, unter Verweis auf seine Wort-/Bildmarke.

Nach erfolgreicher Sperrung der geparkten Domain im Januar 2013 wandte sich der Domaininhaber über seinen Anwalt an den Markeninhaber und verlangte Verzicht der geltend gemachten Ansprüche sowie Erstattung der ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten für die Verteidigung gegen eine unbegründete markenrechtliche Verwarnung. Zwar erklärte der Markeninhaber daraufhin, seine Ansprüche nicht mehr geltend machen zu wollen, weigerte sich aber die Kosten für den gegnerischen Anwalt zu tragen.

Der Domaininhaber verfolgte daraufhin seine Anwaltskosten auf dem Klageweg. Der beklagte Markeninhaber war hingegen der Ansicht, dass keine Rechtsverletzung gegeben sei, da lediglich mit dem Versand einer Abmahnung gedroht wurde.

Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil von Ende November 2013 (Urteil vom 27.11.2013 – Az.: 2a O 42/13 U) entschieden, dass die Aufforderung an Sedo zur Domainsperre eine unzulässige Schutzrechtsverwarnung darstellt, welche Schadensersatzansprüche des Domaininhabers gem. § 823 Abs. 1 BGB zur Folge hat.

Durch die Aufforderung an den Kläger, die Domain abzugeben sowie der Aufforderung gegenüber Sedo, die Domain zu sperren, musste der Kläger davon ausgehen, dass der Beklagte es mit seinem Unterlassungsverlangen hinsichtlich der Nutzung der Domain ernst meint. Allein in der Sperrung der Domain durch Sedo liegt ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, da der Domaininhaber die Domain, über die er seine Geschäfte abwickelt, ab diesem Zeitpunkt bis zur Aufhebung der Sperrung nicht mehr für seinen Geschäftsbetrieb nutzen konnte, so die Düsseldorfer Richter.

Das Düsseldorfer Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass auch eine unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen kann, der zu einem entsprechenden Schadensersatzanspruch führt. Unbegründet ist eine solche Schutzrechtsverwarnung dann, wenn das behauptete Recht nicht, noch nicht oder nicht mehr besteht oder wenn es zwar besteht, jedoch nicht verletzt wurde oder die geltend gemachten Ansprüche daraus nicht hergeleitet werden können. Gerade dies war der Fall, als die Marke des Beklagten eine viel zu geringe Kennzeichnungskraft aufwies und gerade nur der Wortbestandteil der Wort-/Bildmarke genutzt wurde, welcher erheblich vom Gesamteindruck der Marke abwich. Zwischen der Marke des Klägers und der Domain markenboerse.de bestand damit keine Verwechslungsgefahr.

Schließlich erfolgte die Abmahnung des beklagten Markeninhaber auch schuldhaft, da er vor Geltendmachung einer entsprechenden Schutzrechtsverwarnung und Aufforderung zur Domainsperrung an Sedo die Reichweite seiner Rechte aus der Marke hätte überprüfen lassen müssen. Da er dies nicht getan hat, steht dem Kläger ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu.

Fazit

Im Ergebnis wurde dem Domaininhaber ein Schadensersatzanspruch wegen der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung zugesprochen. Vor Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs sollten sich Markeninhaber daher umfassend darüber informieren, ob die begehrte Rechtsfolge tatsächlich von der Schutzrechtslage gedeckt ist. Ansonsten kann eine entsprechende Aufforderung an Sedo – wie im vorliegenden Fall – mit einer unerwünschten Kostenfolge und einer Niederlage bei Gericht enden.

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