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Online-Händler muss auf Mindermengenzuschlag gesondert hinweisen

07. Januar 2015
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Offenes Paket steht auf einer Europalette. Davor liegt aufeienander gestapeltes Münzgeld und gebündelte Geldscheine. Urteil des OLG Hamm vom 28.06.2012, Az.: I-4 U 69/12

Erhebt ein Online-Händler auf Bestellungen einen Mindermengenzuschlag, so muss auf diesen gesondert und deutlich erkennbar hingewiesen werden. Es reicht nicht aus, wenn der Zuschlag für den Verbraucher erst durch Anklicken des Wortes „Versandkosten“ ersichtlich wird. Bei einem Mindermengenzuschlag handelt es sich um einen sonstigen Preisbestandteil, der grundsätzlich nichts mit dem Versand zu tun hat.

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 28.06.2012

Az.: I-4  U 69/12

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 29. März 2012 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg abgeändert.

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,‑ EUR oder ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken einen Internetauftritt an Letztverbraucher für Bürobedarf, Hobby- und Bastelartikel zu richten sowie Vertragsangebote von diesen entgegenzunehmen

– ohne bei den Preisangaben einen Mindermengenzuschlag dem Angebot

oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und

deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen,

so wie dies beispielhaft bei Uhu-Klebern auf den folgenden Seiten geschehen:

(siehe * (1)

wenn der Sternchenhinweis lautet: „Alle Preise inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten“ und wenn ein Link von den Versandkosten zu den Versandbedingungen führt wie sie in der Anlage K3 wiedergegeben sind.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

A.

Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner einen Unterlassungsanspruch aufgrund eines nicht ausreichenden Hinweises auf einen Mindermengenzuschlag bei Bestellungen unter einem Warenwert von 15,- € geltend.

Die Parteien sind Wettbewerber u.a. im Bereich von Klebeartikeln wie Uhu. Der Antragsgegner versieht die jeweiligen Preise für die jeweiligen Artikel in ihrem Internetauftritt mit einem Sternchen. Dieses Sternchen verweist auf einen Passus, der am unteren Ende der jeweils angezeigten Seite des Internetauftritts unschwer zu erkennen ist und nach Wiederholung des Sternchens folgenden Wortlaut hat:

„Alle Preise inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer, zuzüglich Versandkosten.“

Klickt der Leser der Internetseite das Wort „Versandkosten“ an, erscheint eine mit dem Wort „Versandkostenbedingungen“ überschriebene Seite, die auszugsweise folgenden Inhalt hat (Anlage K 3):

„… Wir berechnen dafür lediglich einen Versandkostenanteil von pauschal 4,95 € innerhalb Deutschlands pro Bestellung für unsere Kunden. Den Rest der Versandkosten übernehmen wir.

Für Bestellungen innerhalb von Deutschland haben wir keinen Mindestbestellwert jedoch berechnen wir bei Bestellungen unter 15,- € Warenwert zusätzlich einen Mindermengenzuschlag von 3,50 €.

K L A R T E X T

Wir versenden unsere Ware per Vorkasse.

Versandkosten/Zuschläge

Die Versandkosten belaufen sich auf 4,95 €. Dies ist ein Pauschalbetrag, den wir bei jeder Bestellung berechnen. Bei Bestellungen unter 15,- € Warenwert berechnen wir zusätzlich einen Mindermengenzuschlag von 3,50 €.“

Wegen des weiteren Sachverhalts und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Der Antragstellerin stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zwar bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, jedoch fehle es an einer gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 6 S. 2 PAngV unzulässigen geschäftlichen Handlung.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei geklärt, dass die gemäß § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV bestehende Verpflichtung zur eindeutigen, leicht erkennbaren und deutlich lesbaren Angabe von Preisen im Sinne des § 1 Abs. 1, Abs. 2 PAngV auch durch einen sogenannten Sternchenhinweis erfolgen könne, sofern dieser klar und unmissverständlich erfolge. Deshalb sei im vorliegenden Fall gegen die Vorgehensweise des Antragsgegners im Rahmen seines Internetauftritts, auf sämtliche Kosten durch einen Sternchenhinweis hinzuweisen, nichts zu erinnern.

Zwar sei der Antragstellerin zuzugeben, dass der Sternchenhinweis zunächst allein auf eine Zeile verweise, in der sich das Wort „Versandkosten“ befinde, so dass ein Verbraucher nicht erwarten müsse, dass hier auch die Erhebung von Mindermengenzuschlägen als indirekte Preiserhöhung geregelt sei. Andererseits sei in der Rechtsprechung geklärt, dass durch § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV letztlich allein gesichert werden solle, dass die notwendige Transparenz für den jeweiligen Endverbraucher hergestellt werde. Diesem sei daher klar, dass bei Verfolgung des Sternchenhinweises, der zunächst unmittelbar (allein) auf „Versandkosten“ hinweise, weitere Kosten aufgeführt würden, die zu denjenigen, die beim unmittelbaren Artikel ausgepreist seien, hinzutreten. Dementsprechend sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung ebenfalls geklärt, dass der Kunde bei einem Verweis auf Versandkosten auch damit rechnen müsse, dass deren Höhe häufig vom Umfang der Gesamtbestellung und/oder von der Art der ausgewählten Waren abhänge. Dementsprechend müsse sich der verständige Kunde – auf den abzustellen sei – beim Anklicken des mit dem Wort „Versandkosten“ verlinkten Hinweises darauf einstellen, nicht nur Versand-, sondern auch anderweitige Kosten wahrnehmen zu müssen, wie das vorliegend der Fall sei.

Die Verlinkung sei deshalb ausreichend, weil in den „Versandbedingungen unmittelbar – nämlich im zweiten Absatz – und somit leicht erkennbar und deutlich lesbar auf den Mindermengenzuschlag hingewiesen werde.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.

Das Landgericht habe sich nicht mit der von der Antragstellerin angeführten Rechtsprechung auseinandergesetzt. Gerade die Entscheidung des OLG Hamm vom 04.05.2010 (4 U 32/10) sei mit dem hier dargelegten Sachverhalt vergleichbar. In jenem Fall sei der dortigen Antragsgegnerin untersagt worden, damit zu werben, dass bei online-Bestellungen innerhalb Deutschlands und Österreichs frei Haus geliefert werde, ohne darauf hinzuweisen, dass bei Bestellungen neutraler Ware unter 50,- € Nettowarenwert ein Mindermengenzuschlag von 4,80 € berechnet werde. Auch im vorliegenden Fall habe der Antragsgegner bei der Werbung für seine Produkte nicht gesondert darauf hingewiesen, dass bei einem Bestellwert von bis zu 15,‑ € ein Mindermengenzuschlag erhoben werde. Dies stelle eine irreführende geschäftliche Handlung dar.

Auch würden die Kunden des Antragsgegners angesichts der eindeutigen Preisauszeichnung auf den Produktseiten nicht damit rechnen, bei Aufträgen bis zu 15,- € einen Mindermengenpreiszuschlag zahlen zu müssen. Einen entsprechenden Hinweis enthalte die Seite des Beklagten nicht. Eine spätere Aufklärung etwa bei Anklicken des Versandkorbes könne diese Eignung zur Irreführung nicht mehr beseitigen.

Die Aufklärung über diesen Mindermengenpreiszuschlag unter der Rubrik „Versandkosten“ könne ebenfalls die Eignung der Produktseiten zur Irreführung nicht mehr beseitigen. Zunächst erwarte der durchschnittliche Nutzer der Produktseiten des Antragsgegners keine anderweitigen Kosten als Versandkosten in diesen entsprechend benannten Hinweisen. Hinzu komme, dass der Antragsgegner selbst den Mindermengenzuschlag nicht als Versandkostenzuschlag auffasse („Den Rest der Versandkosten übernehmen wir.“).

Die Werbung verstoße auch deshalb gegen § 1 Abs. 2 PAngV, weil die Hinweise auf den Mindermengenpreiszuschlag nicht vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden müssten.

Die Antragstellerin beantragt zuletzt

wie erkannt.

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil mit folgenden Ausführungen:

Die von der Antragstellerin angeführten Urteile vermögen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht zu belegen.

Der zitierte Fall des Oberlandesgerichts Hamm (4 U 32/10) beschäftige sich mit dem Fall, dass mit scheinbar besonders günstigen Versandbedingungen ausdrücklich geworben worden sei, die sich bei näherer Betrachtung im Kleingedruckten dann als in Wahrheit gar nicht so vorteilhaft erwiesen hätten. Diese Situation liege hier nicht vor.

Das zitierte Urteil des BGH – Versandkosten (I ZR 143/04) mache lediglich Angaben dazu, an welcher Stelle ein Hinweis auf die zusätzlichen Kosten gemacht werden müsse. Über den Ort für die Angaben der tatsächlichen Höhe dieser Kosten habe der BGH in diesem Urteil nicht entschieden.

Aus der Zusammenschau der Ausführungen des BGH in seinen Urteilen vom 04.10.2007 (I ZR 22/05 – Umsatzsteuerhinweis) und dem Urteil vom 16.07.2009 (I ZR 50/07 – Kamerakauf im Internet) ergebe sich, dass der BGH zwischen dem Erfordernis des Hinweises auf zusätzlich anfallende Kosten oder die Umsatzsteuer und den Angaben zu deren tatsächlichen Höhe eine deutliche Unterscheidung treffe.

Ein Verstoß gegen diese Erfordernisse sei nicht erkennbar. Der Hinweis darauf, dass zum angegebenen Preis offensichtlich noch weitere Informationen bestünden, sei  durch das Sternchen im Zusammenhang mit jedem einzelnen Angebot des Shops erfolgt. Der Hinweis auf die enthaltene Umsatzsteuer erfolge unmittelbar, so dass diese hier nicht streitgegenständlich sei. Der Hinweis auf die zusätzlich anfallenden Versandkosten erfolge zunächst allgemein, wobei bezüglich der exakten Höhe die Berechnungsgrundlage über den entsprechenden Link unschwer zu ermitteln sei. Zusätzlich würden die tatsächlich anfallenden Versandkosten (gegebenenfalls mit oder ohne Mindermengenzuschlag) dem konkreten Fall entsprechend in der jeweiligen ersten Übersichtsseite des Warenkorbs angegeben.

Wie verschiedene Oberlandesgerichte in ähnlichen Verfahren bereits angeführt hätten, sei die zusätzliche Berechnung von Versandkosten zusätzlich zum Einzelpreis des Produktes gegenwärtig noch so üblich, dass Verbraucher diese zusätzlichen Kostenpositionen regelmäßig erwarteten. Wie das Urteil des Senats (4 U 32/10) zeige, sei auch die Geltendmachung eines Mindermengenzuschlags zwar nicht der Regelfall, andererseits aber auch nicht völlig unüblich.

Die  Ansicht der Antragstellerin, der Mindermengenzuschlag sei etwas anderes als ein Bestandteil der Versandkosten, treffe nicht zu. Der Mindermengenzuschlag sei ebenso wie die eventuellen Sperrgutzuschläge oder Inselzuschläge grundsätzlich dem Regelungsbereich der Versandkosten zuzurechnen. Wenn eine Versandkostenstaffelung nach Anzahl, Gesamtpreis oder Gewicht grundsätzlich möglich sei, müsse auch ein Mindermengenzuschlag zu einer pauschalen Versandgebühr als individuelle Ausprägung der Kostengestaltung möglich sein.

Der Hinweis auf den Mindermengenzuschlag sei im Zusammenhang mit den Versandkostenangaben hinreichend deutlich mitgeteilt worden. Es sei rein praktisch kaum ein Fall denkbar, in dem sich der Kunde nicht für die Versandkosten, sondern für den Mindermengenzuschlag allein interessiere und deswegen ein gesonderter Hinweis auf diese Zusatzkosten allein zwingend erforderlich wäre.

B.

Die zulässige Berufung ist begründet.

I.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Beide Parteien bieten bundesweit im Internet Bastelwaren, insbesondere Klebstoffprodukte an. Sie sind daher auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt tätig.

II.

Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die Dringlichkeitsvermutung aus § 12 Abs. 2 UWG ist nicht vom Antragsgegner wiederlegt worden.

III.

Die Antragstellerin hat auch einen Verfügungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 6, S. 2 PAngV glaubhaft gemacht.

1.

Die Antragsstellerin ist als Wettbewerberin (s.o.) aktivlegitimiert.

2.

Bei § 1 PAngV handelt es sich  um eine Marktverhaltensregelung zum Schutze des Verbrauchers gemäß § 4 Nr. 11 UWG (Köhler / Bornkamm a.a.O. § 1 PAngV Vorb. Rn 5).

3.

Gemäß § 1 Abs. 6 UWG hat derjenige, der zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen, sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.

Das Erfordernis der eindeutigen Zuordnung soll sicherstellen, dass der Letztverbraucher nicht im Ungewissen darüber bleibt, welcher Preis für welche Ware oder      Leistung gelten soll (Köhler / Bornkamm a.a.O. PAngV Rn 45). Ein unmittelbar räumlicher Bezug der Hinweise zu den Abbildungen der Waren oder ihrer Beschreibung wird allerdings, anders als bei § 4 Abs. 4 PAngV, durch § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV nicht gefordert (BGH GRUR 2008, 84, Rn 29  – Versandkosten; BGH GRUR 2009, 982 Rn 15 – Dr. Clauder`s Hufpflege; Köhler / Bornkamm a.a.O. Rn 46). Die Zuordnung kann beispielsweise durch einen klaren und unmissverständlichen Sternchenhinweis geschehen, wenn dadurch die Zuordnung der Angaben in der Werbung gewahrt bleibt und die Angaben gut lesbar und vollständig sind (BGH GRUR 1999, 264 – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 2010, 197 Rn 35 – Sondernewsletter).

Die Werbung des Antragsgegners entspricht diesen Anforderungen insoweit, als der Sternchenhinweis am Schluss der Internetseite durch das jeweilige * hinter dem Preis klar und deutlich vermittelt wird.

Jedoch vermittelt der Text des Sternchenhinweises „Alle Preise inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer, zuzüglich Versandkosten.“ dem Verbraucher nicht in ausreichender Weise, dass bei einer Bestellung mit einem Warenwert unter 15,- € ein Mindermengenzuschlag fällig wird.

a.

Zwischen den Parteien ist dabei unstreitig, dass dann, wenn der Verbraucher auf das Wort Versandkosten klickt, er zu einem Text geleitet wird, der sowohl vollständig über die Versandkosten als auch über den Mindermengenzuschlag informiert.

b.

Es ist aber nicht ausreichend, wenn der Hinweis auf den Mindermengenzuschlag erst ersichtlich wird, wenn das Wort „Versandkosten“ angeklickt wird. Denn der Verbraucher vermutet hinter dem Schlagwort „Versandkosten“ lediglich Zusatzkosten neben dem eigentlichen Preis, die mit dem Versand der Ware zu tun haben. Der Mindermengenzuschlag in Höhe von 3,50 € hat aber mit dem Versand grundsätzlich nichts zu tun. Er ist ein sonstiger Preisbestandteil im Sinne des § 1 Abs. 1 PAngV, auf den auch gesondert und unabhängig von den stets anfallenden Versandkosten hingewiesen werden muss. Dass dies von dem Antragsgegner selbst anders gesehen wird, ist nicht relevant, weil es auf die Sicht des potentiellen Kunden ankommt. Im Übrigen ist kein Grund dafür ersichtlich, den  Betrag von 3,50,- € nicht als ein Element der Versandkosten zu deklarieren, wenn er denn tatsächlich mit den Versandkosten im Zusammenhang stünde. Gemeinhin stellt der Mindermengenzuschlag ein Preiskorrektiv für solche Bestellungen dar, bei denen aufgrund des geringen Wertes der abgenommen Ware die Gewinnspanne wohl zu gering ausfällt. Dies hat allerdings nichts mit Versandkosten zu tun. Die Situation stellt sich hier so dar, dass der Mindermengenzuschlag als zusätzlicher Preisbestandteil hinter dem Schlagwort „Versandkosten“ gleichsam versteckt wird. Der Verbraucher müsste sich zwingend für die Versandkosten interessieren, um dann zufällig von dem Mindermengenzuschlag zu erfahren. Wenn ihn die Versandkosten nicht interessieren, erfährt er von dem Zuschlag auch zunächst nichts.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH – „Versandkosten“. Dort heißt es:

„Den Verbrauchern ist allgemein bekannt ist, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen. … Da der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit zusätzlichen Liefer- und Versandkosten rechnet, genügt es, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss.“

Wie schon dargelegt, handelt es sich bei den Mindermengenzuschlägen aber nicht um Liefer- oder Versandkosten. Es ist auch nicht feststellbar, dass der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit Mindermengenzuschlägen rechnet. Diese kalkulatorische Preiskorrektur wird bei weitem nicht von jedem Versandhandel praktiziert.

Auch aus der Entscheidung des BGH – „Kamerakauf im Internet“ (GRUR 2010, 248) lässt sich das vom Landgericht gefundene Ergebnis nicht herleiten. Dort heißt es:

„Hinsichtlich der Liefer- und Versandkosten ist allerdings zu beachten, dass deren Höhe häufig vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden oder von der Art der ausgewählten Waren abhängen wird. Es recht deshalb  … aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis „zzgl. Versandkosten“ aufzunehmen, wenn sich bei anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird.“

In dieser Entscheidung wird nichts über andere Kosten als Liefer- oder Versandkosten gesagt. Insbesondere ergibt sich aus dieser Passage – anders als das Landgericht meint – nicht, dass sich der verständige Kunde beim Anklicken des mit dem Wort „Versandkosten“ verlinkten Hinweises darauf einstellen müsse, nicht nur Versand-, sondern auch anderweitige Kosten wahrnehmen zu müssen.

c.

Nach den vorangegangenen Ausführungen kommt es auf die Frage, ob die Voraussetzung, dass die maßgeblichen Informationen auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss (BGH – „Versandkosten“ Rn 31) erfüllt sind, nicht an.

4.

Dieser Verstoß gegen die PAngV ist auch relevant im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG. Denn für den Verbraucher macht es einen Unterschied, ob ein Mindermengenzuschlag von mehr als 20 % des Warenwertes zusätzlich fällig wird oder nicht. Wenn also nicht ordnungsgemäß auf einen solchen Zuschlag hingewiesen wird, kann der Verbraucher über ein maßgebliches Kriterium für seine Kaufentscheidung getäuscht werden.

5.  Die Wiederholungsgefahr ist durch den festgestellten Wettbewerbsverstoß indiziert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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