Bloßes Behaupten einer Rechteübertragung genügt nicht

16. April 2010
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Eigener Leitsatz:

Bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen muss der Abmahner stets die Inhaberschaft der ausschließlichen Nutzungsrechte infolge einer Rechteübertragung am betroffenen Werk vor Gericht substantiiert vortragen. Die bloße Behauptung, die entsprechenden Rechte seien übertragen worden, ohne konkret vorzutragen, wann, wo und durch welche Erklärungen diese Rechtsübertragung stattgefunden, ist nicht ausreichend, um eine Aktivlegitimation darzulegen.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 29.01.2010

Az.: 308 S 2/09

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagen wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 21.10.2008 (Az. 36A C 30/08) abgeändert: Das Versäumnisurteil vom 2.8.2008 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.)

Die Beklagte wendet sich gegen ein erstinstanzliches Urteil, mit dem ein Versäumnisurteil aufrechterhalten worden ist, in dem die Beklagte zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 2.039,40,- EUR verurteilt worden ist.

Die Beklagte veröffentlichte auf der von ihr betriebenen Internetseite www.e…..de 13 Fotografien, auf denen das Fotomodell Frau P. abgebildet war. Die Klägerin ließ die Beklagte unter Hinweis darauf, dass sie an den Fotos ausschließliche Nutzungsrechte für Deutschland, Österreich und die Schweiz innehabe, anwaltlich auf Unterlassung und auf Lizenzzahlung (einschließlich eines Aufschlags wegen unterbliebener Urheberbenennung) in Anspruch nehmen. Die Beklagte gab eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die von der Klägerin angenommen wurde, und überwies 4.680,- EUR an die Klägerin. Weitergehende Ansprüche wies die Beklagte zurück.

Das Amtsgericht hat die Beklagte mit Versäumnisurteil vom 2.8.2008 verurteilt, an die Klägerin 2.039,40 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Auf Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht mit Urteil vom 21.10.2008 das Versäumnisurteil vom 2.8.2008 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die Veröffentlichung der urheberrechtlich geschützten Fotografien habe die Beklagte jedenfalls das ausschließliche Recht der öffentlichen Zugänglichmachung der durch die Klägerin vertretenen Urheberin verletzt. Der Klägerin stünden gegen die Beklagte Ansprüche auf Erstattung von Anwaltskosten für die Unterlassungsabmahnung und die Aufforderung zur Zahlung von Schadensersatz zu. Zur Frage der – von der Beklagten bestrittenen – Aktivlegitimation der Klägerin hat das Amtsgericht ausgeführt:

An der Aktivlegitimation der Klägerin hat das Gericht im Hinblick auf das bei ihm „gelaufene“ und der Beklagten bekannte „Alka“-Verfahren keinerlei Zweifel (§ 286 ZPO; vgl. auch BGH NJW 1998, 3498, 3499). Im Übrigen verhält sich die Beklagte auch widersprüchlich, wenn sie einerseits Lizenzgebühren in nicht ganz unerheblichem Umfang zahlt und jetzt pauschal geltend macht, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Ein solches lediglich pauschales und unsubstantiiertes Bestreiten entfaltet keinerlei Rechtswirksamkeit (vgl. hierzu auch OLG Hamburg GRUR-RR 2008, 282, 283).

Die Beklagte hat gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 21.10.2008, das ihr am 30.12.2008 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 22.1.2009, eingegangen bei Gericht am 23.1.2009, Berufung eingelegt. U.a. bestreitet sie weiterhin die Aktivlegitimation der Klägerin.

Die Kammer hat mit E-Mail vom 15.7.2009 die Parteivertreter u.a. darauf hingewiesen, dass weiterer Vortrag und ggf. Beweisangebote der Klägerin zur Frage ihrer Aktivlegitimation erforderlich sein dürften. Am 10.9.2009 ist den Parteivertretern eine gerichtliche Umladung zugegangen, in der den Parteien aufgegeben worden ist, binnen eines Monats abschließend vorzutragen. Am 25.9.2009 ist eine erneute Umladung erfolgt, diesmal auf Mittwoch, den 16.12.2009, die den Parteivertretern am 30.9.2009 zugegangen ist.

Die Beklagte bestreitet weiterhin die Aktivlegitimation und beanstandet nicht hinreichenden Vortrag der Klägerin.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 21.10.2008 – 36A C 30/08 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg aufrecht zu erhalten.

Sie verteidigt den Bestand des amtsgerichtlichen Urteils. Zur Frage der Aktivlegitimation hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 9.12.2009, der am selben Tage dem Gericht und der Beklagten zugegangen ist, ausgeführt: Die streitgegenständlichen Fotografien seien von der britischen Fotografin Frau S. gefertigt worden. Die Fotografin Frau S. habe der Zeitung E., London, die entsprechenden Rechte an den streitgegenständlichen Fotografien zum Zwecke der Auslands-Lizenzierung übertragen. Die Zeitung E. habe ihr – der Klägerin – die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Fotografien für die Bundesrepublik Deutschland, Österreich und die Schweiz eingeräumt. Sie sei auch im Wege der Prozessstandschaft ausdrücklich ermächtigt worden, die Verletzung der Urheberbenennungsrechte der Fotografin Frau S. für diese geltend zu machen.

Die Beklagte hat diesen Vortrag als verspätet gerügt und mit nachgelassenem Schriftsatz vom 30.12.2009 weiter vorgetragen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 16.12.2009 verwiesen.

B.)

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie binnen der Monatsfrist des § 517 ZPO eingelegt worden.

Die Berufung ist auch begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, denn es ist jedenfalls prozessual zu unterstellen, dass sie für die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen wegen der Verletzung von Urheberrechten an den streitgegenständlichen Fotografien nicht aktivlegitimiert ist.

Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Amtsgerichts, dass an der Aktivlegitimation der Klägerin kein Zweifel bestehen könne. Die Kammer verfügt über keinerlei eigene Kenntnisse darüber, wer die streitgegenständlichen Fotos erstellt hat und ob bzw. inwieweit Nutzungsrechte an diesen Fotos auf Dritte übertragen worden sind. Der Hinweis auf ein zwischen anderen Parteien geführtes weiteres Zivilverfahren kann diese fehlende Kenntnis schon deshalb nicht ersetzen, weil auch in jenem Verfahren ergangene Entscheidungen oder Feststellungen infolge des zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes allenfalls inter pares Bindungswirkung entfalten können. Die Kammer sieht das Bestreiten der Beklagten auch nicht als unsubstantiiert an: Da weder die Herstellung der Fotos noch die etwaige Übertragung von Rechten daran auf eigenen Handlungen der Beklagten beruhten oder Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung waren, ist insoweit ein Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässig. Schließlich vermag die Kammer in der durch die Beklagte veranlassten Lizenzzahlung in Höhe von 4.680,- EUR auch kein widersprüchliches Verhalten zu erblicken, und zwar schon deshalb nicht, weil diese Zahlung „ausdrücklich ohne Anerkennung einer Präjudizwirkung“ erfolgte sowie unter dem Vorbehalt der Rückforderung, „falls es doch noch zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung oder zu einer Inanspruchnahme durch Dritte kommen sollte“ (vgl. dazu Anlage K 4). Wie mit den Parteivertretern vorab telefonisch erörtert, waren diese Erwägungen Hintergrund des Hinweises der Kammer vom 15.7.2009, dass weiterer Vortrag und ggf. Beweisangebote der Klägerin zur Frage ihrer Aktivlegitimation erforderlich sein dürften.

Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 9.12.2009 ist nicht hinreichend substantiiert. Die Aussage, die Fotografin Frau S. habe der Zeitung E., London, die „entsprechenden Rechte“ an den streitgegenständlichen Fotografien „zum Zwecke der Auslands-Lizenzierung“ übertragen, stellt nur eine Rechtsfolgenbehauptung dar. Es wäre insoweit ein konkreter Vortrag dazu erforderlich gewesen, wann, wo und durch welche Erklärungen diese Rechtsübertragung stattgefunden habe. Nur dann wären die Beklagte und das Gericht in die Lage versetzt gewesen, zu prüfen, ob die Voraussetzzungen für den Eintritt der geltend gemachten Rechtsfolge vorliegen. Gleiches gilt für den weiteren Vortrag der Klägerin, Zeitung E. habe ihr „die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Fotografien für die Bundesrepublik Deutschland, Österreich und die Schweiz eingeräumt“. Auch hierbei handelt es sich um eine für die Beklagte nicht einlassungsfähige reine Rechtsfolgenbehauptung. Für die von der Klägerin angeführten Prozessstandschaft hinsichtlich der Verletzung von Urheberbenennungsrechten ist damit bereits nicht ersichtlich, ob die Klägerin insoweit ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung dieses (fremden) Rechts hat.

Auf all dies kommt es allerdings bereits nicht an, denn der Vortrag im Schriftsatz vom 9.12.2009 wäre jedenfalls wegen Verspätung gem. § 296 Abs. 1 i.V.m. § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurückzuweisen. Mit der den Parteivertretern am 10.9.2009 zugegangenen Umladung ist den Parteivertretern gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufgegeben worden, binnen eines Monats, mithin bis zum 12.10.2009, abschließend vorzutragen. Diese Fristsetzung bezog sich ersichtlich auch – und insbesondere – auf den mit E-Mail vom 15.7.2009 ergangenen Hinweis der Kammer, dass weiterer Vortrag und ggf. Beweisangebote der Klägerin zur Frage ihrer Aktivlegitimation erforderlich sein dürften. Weiterer Vortrag der Klägerin zur Aktivlegitimation erfolgte gleichwohl erst mit Schriftsatz vom 9.12.2009, also erst eine Woche vor dem Verhandlungstermin vom 16.12.2009. Zur Entschuldigung der Fristversäumung hat die Klägerin nichts vorgetragen. Wäre im Schriftsatz vom 9.12.2009 erheblicher Vortrag zur Aktivlegitimation enthalten gewesen, so hätte dies zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits geführt, da die Beklagte diesen Vortrag – vorsorglich – bestritten hat und somit eine Beweisaufnahme erforderlich geworden wäre, eine Zeugenladung zum Termin am 16.12.2009 aber nicht mehr rechtzeitig möglich gewesen wäre.

C.)

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Beschluss

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf 2.039,40 EUR festgesetzt.

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