In häuslichem Arbeitszimmer genutzer Internet-PC rundfunkgebührenfrei

07. Dezember 2010
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Eigener Leitsatz:

Ein Rundfunkteilnehmer, der Rundfunkempfangsgeräte in den ausschließlich privat genutzten Räumen seines Hauses und zusätzlich in seinem beruflich genutzten Arbeitszimmer einen internetfähigen PC nutzt, muss für diesen PC nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV keine Rundfunkgebühren entrichten.

Hessischer Verwaltungsgerichtshof

Beschluss vom 30.03.2010

Az.: 10 A 2910/09

Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 8. September 2009 – 11 K 1310/08.F(V) – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 21,67 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:
I.

Der Kläger, der für seine in privat genutzten Räumen seines Hauses stehenden Rundfunkempfangsgeräte Rundfunkgebühren bezahlt, wehrt sich dagegen, für seine in dem beruflich genutzten Arbeitszimmer stehenden internetfähigen Rechner ebenfalls Rundfunkgebühren entrichten zu müssen.

Der Kläger bewohnt zusammen mit seiner Familie ein Einfamilienhaus. Für die privat genutzten Geräte, die sich in den oberen beiden Etagen des Hauses befinden, bezahlt er Rundfunk- und Fernsehgebühren. Im Keller des Hauses ist ein Arbeitszimmer eingerichtet, das der Kläger für seine Arbeit als selbständiger Informatiker nutzt. Im Arbeitszimmer befindet sich kein „klassisches“ Rundfunk- oder Fernsehgerät. Dort stehen jedoch Rechner, die an das Internet angeschlossen sind.

Mit Gebührenbescheid vom 1. März 2008 zog der Beklagte den Kläger für den Zeitraum von August bis Oktober 2007 zur Zahlung von Rundfunkgebühren in Höhe von insgesamt 16,56 € heran und machte außerdem einen Säumniszuschlag von 5,11 € geltend. Mit Schreiben vom 17. März 2008, eingegangen bei dem Beklagten am 20. März 2008, legte der Kläger Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2008, dem Kläger zugestellt mit Zustellungsurkunde am 16. April 2008, zurückwies.

Am 15. Mai 2008 hat der Kläger Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, der Rundfunkgebührenstaatsvertrag – RGebStV – genüge nicht den Anforderungen an Normenklarheit und Normenbestimmtheit. Die Legaldefinitionen der Begriffe „Rundfunkempfangsgerät“ und „Rundfunkteilnehmer“ seien voll von unbestimmten Rechtsbegriffen, die den Begriffsraum faktisch so ausdehnten, dass nahezu jede natürliche und juristische Person in Deutschland Rundfunkteilnehmer sei. Eine verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung auf die tatsächliche Nutzung finde nicht statt. Die Ausdehnung der Tatbestandsmerkmale für ein Rundfunkempfangsgerät ohne eine Begrenzung auf die Nutzung sei für das Internet eine ungeeignete Maßnahme. Sie sei nicht erforderlich und nicht angemessen. Sie sei damit unverhältnismäßig und grundgesetzwidrig. Die Rundfunkgebühr auf PCs verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Klassische Rundfunkempfangsgeräte unterschieden sich von PCs, die an das Internet angeschlossen seien. Nach der bisherigen Rechtsprechung entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein speziell für Rundfunk oder Fernsehen gebautes Gerät auch als solches benutzt werde. Diese Voraussetzung sei für universale Geräte wie PCs nicht gegeben. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag greife in unzulässiger Weise in seine, des Klägers, Berufsfreiheit ein. Er, der Kläger, benötige seine Rechner beruflich. Die Alternative wäre eine Aufgabe des Berufs. Beim klassischen Rundfunk- und Fernsehempfang gebe es keine technische Möglichkeit, den Zugang zu begrenzen. Im Internet hingegen gebe es die Möglichkeit, beispielsweise über Benutzername/Passwort, aber auch mit preiswerten Smartcards, sogar signaturgesetzeskonforme Authentisierungen vorzunehmen. Auch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit werde verletzt. Er, der Kläger, benötige das Internet dringend zu Recherche- und Fortbildungszwecken. Würde er auf das Internet verzichten, könnte er wegen der weniger aktuellen Informationen in Zeitschriften seinen Beruf schlechter ausüben und hätte damit ein Informationsdefizit. Die Folge wären wirtschaftliche Nachteile.

Er, der Kläger, müsse auch aufgrund des § 5 Abs. 3 RGebStV eine Rundfunkgebühr für die PCs nicht entrichten. Die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift seien bei ihm erfüllt. Die im Arbeitszimmer befindlichen neuartigen Rundfunkempfangsgeräte könnten Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben. Die Rechner würden ausschließlich beruflich genutzt. Sie seien ein und demselben Grundstück zuzuordnen und befänden sich in demselben Haus. Andere Rundfunkempfangsgeräte würden im selben Haus („dort“) zum Empfang bereitgehalten. Er bezahle hierfür Rundfunk- und Fernsehgebühren.

Der Kläger hat beantragt,

den Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2008 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist dem Klagevortrag entgegengetreten.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 8. September 2009 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es auf § 5 Abs. 3 RGebStV abgestellt. Ausgehend von § 5 Abs. 2 RGebStV sei der gewerblich genutzte Arbeitsplatzcomputer des Klägers als Zweitgerät im Sinne der Vorschrift gebührenbefreit, weil der Kläger für die in seinem Wohnhaus vorgehaltenen privaten Rundfunkempfangsgeräte unstreitig Rundfunkgebühren entrichte. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht unter Zugrundelegung eigener Rechtsprechung sowie der Rechsprechung anderer Verwaltungsgerichte darauf hingewiesen, der Kläger nutze seinen gewerblich genutzten PC nach seinen glaubhaften und vom Beklagten nicht bestrittenen Angaben ausschließlich für berufliche Zwecke und nicht zum Radio- oder Fernsehempfang. Der Beklagte habe noch nicht einmal behauptet, dass der Kläger seinen internetfähigen PC tatsächlich zum Rundfunkempfang nutze. Vielmehr habe er seinen Vortrag darauf beschränkt, der Kläger besitze internetfähige PCs. Damit sei eine Rundfunkgebührenpflicht des Klägers für seinen internetfähigen PC (aber) nicht begründet, so dass der angegriffene Gebührenbescheid rechtswidrig und daher aufzuheben sei.

Gegen das am 15. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 29. Oktober 2009 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Er ist der Auffassung, der PC des Klägers unterliege als zu nicht rein privaten Zwecken genutztes Rundfunkempfangsgerät der Rundfunkgebührenpflicht. Entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts könne sich der Kläger nicht auf die Privilegierung des § 5 Abs. 3 RGebStV berufen. Zwar könnte § 5 Abs. 3 RGebStV allein nach dem Wortlaut tatsächlich auf den ersten Blick so verstanden werden, dass die Rundfunkgebührenpflicht für einen gewerblich genutzten Internet-PC entfalle, wenn der Rundfunkteilnehmer auf demselben Grundstück bereits Rundfunkgeräte zu privaten Zwecken angemeldet habe. Diese Sichtweise greife jedoch zu kurz. Die nur am Wortlaut orientierte Lesart des Gesetzes verkenne nämlich, dass § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV lediglich eine Privilegierung innerhalb des nicht privaten Bereichs begründe. Die Vorschrift sei wie folgt zu lesen: Für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben könnten) im nicht ausschließlich privaten Bereich sei keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn 1. die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen seien und 2. andere nicht privat genutzte und bereits angemeldete Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten würden. Dass sich die Privilegierung nur innerhalb des nicht privaten Bereichs auswirken solle, folge bereits daraus, dass die Formulierung „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ innerhalb der Vorschrift vor die Nummern 1. und 2. (also gewissermaßen „vor die Klammer“) gezogen worden sei. Im Übrigen durchziehe die Unterscheidung in privaten und nicht privaten Bereich als grundlegendes Konzept den gesamten Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Dogmatisch und gesetzessystematisch sei die Anrechnung privater Rundfunkgeräte auf solche, die auch zu gewerblichen Zwecken zum Empfang bereitgehalten würden, nicht haltbar. Im geschäftlichen Bereich gebe es grundsätzlich keine Zweitgerätefreiheit. Es bleibe damit bei der Grundregel, dass grundsätzlich für jedes einzelne Rundfunkempfangsgerät Rundfunkgebührenpflicht bestehe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RgebStV). Dem gegenüber schaffe die Regelung des § 5 Abs. 3 RGebStV nunmehr für neuartige Rundfunkgeräte eine Zweitgerätefreiheit innerhalb des nicht privaten Bereiches.

Im Übrigen vertritt der Beklagte entgegen dem Verwaltungsgericht die Auffassung, dass internetfähige PCs als neuartige Rundfunkempfangsgeräte grundsätzlich geeignet sind, eine Rundfunkgebührenpflicht auszulösen. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Seiten 3 bis 29 der Berufungsschrift vom 29. Oktober 2009 Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 8. September 2009 – 11 K 1310/08.F(V) – zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf eine Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 19. Januar 2010 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2010 eine Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vom 13. Januar 2010 betreffend ein bei dem Bundesverwaltungsgericht geführtes, einen anderen Kläger betreffendes Verfahren vorgelegt, außerdem eine Stellungnahme der Landesanwaltschaft Bayern vom 29. Januar 2010. Auf beide Unterlagen wird Bezug genommen. Außerdem hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Februar 2010 auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters seine Auffassung bekräftigt, § 5 Abs. 3 RGebStV sei entgegen der Auffassung des Berichterstatters so zu lesen, dass die Privilegierung nur in dem Fall greife, in dem andere nicht-privat genutzte und bereits angemeldete Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten würden. Die Zweitgerätefreiheit des § 5 Abs. 3 RGebStV sei teleologisch zu reduzieren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 18. Februar 2010 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 16. März 2010 bittet der Beklagte „aufgrund der präjudizialen Bedeutung des Falles“ um Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Ergänzend weist er darauf hin, dass die gesetzgeberische Intention durch Protokolle der Rundfunkkommission der Länder näher dokumentiert worden sei. Vor dem Hintergrund abweichender Gerichtsentscheidungen hätten die Länder in ihrer Stellungnahme vom 8. September 2009 gegenüber dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die „Entstehungsgeschichte der Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige Rechner“ nachgezeichnet und klargestellt. Die Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vom 13. Januar 2010 werde zum Gegenstand des Vortrags des Beklagten gemacht. In der Gesetzesbegründung sei ausgeführt worden, nur wenn dort (im nicht ausschließlich privaten Bereich) keine entsprechenden herkömmlichen Rundfunkgeräte zum Empfang bereitgehalten würden, sei für die Bereithaltung von neuartigen Geräten, die Hörfunkempfang ermöglichten, eine Grundgebühr und für solche, die Fernsehempfang ermöglichten, zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Mit der Formulierung „entsprechenden“ werde erkennbar auf die vorangestellten Worte „dort (im nicht ausschließlich privaten Bereich)“ Bezug genommen. Das auch in Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 zu findende Wort „dort“ beziehe sich also nicht nur auf die in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 erwähnten Grundstücke, sondern insbesondere auf das „vor die Klammer“ gezogene Tatbestandsmerkmal „im nicht ausschließlich privaten Bereich“. Folglich hätten nur geschäftlich genutzte herkömmliche Rundfunkgeräte die Zweitgerätefreiheit nach Abs. 3 auslösen sollen.

Mit zugestellter Verfügung des Berichterstatters vom 22. Februar 2010 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, nach § 130a Satz 1 VwGO durch Beschluss zu entscheiden, da er nach seinem bisherigen Erkenntnisstand die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichterstatterverfügung vom 22. Februar 2010 Bezug genommen.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heftstreifen) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Senat kann nach § 130a VwGO durch Beschluss über die Berufung des Beklagten entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen. Der Senat hält auch aufgrund der vom Beklagten angeführten „präjudizialen Bedeutung des Falles“ die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, denn es geht im Berufungsverfahren lediglich um Rechtsfragen, die in den Schriftsätzen der Beteiligten und den dazu vorgelegten sonstigen Stellungnahmen hinreichend ausdiskutiert worden sind.

Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere am 29. Oktober 2009 rechtzeitig begründet worden, nachdem das der Klage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. September 2009 dem Beklagten am 15. Oktober 2009 zugestellt worden war.

Die Berufung ist jedoch unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Berufung hat schon deshalb keinen Erfolg, weil zu Gunsten des Klägers die Privilegierungsregelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages – RGebStV – in der vom 1. März 2007 bis 31. August 2008 gültigen Fassung eingreift. Nach dieser Vorschrift ist für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn 1. die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und 2. andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden. Geht man – wie der Beklagte – davon aus, dass der internetfähige PC im klägerischen Arbeitszimmer ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV und grundsätzlich geeignet ist, eine Rundfunkgebührenpflicht auszulösen, was der Senat hier unentschieden lassen kann, so liegen jedenfalls auch die weiteren Voraussetzungen der Privilegierungsvorschrift vor. Der PC des Klägers wird gewerblich und daher im nicht ausschließlich privaten Bereich genutzt. Er ist „ein und demselben Grundstück … zuzuordnen“. Dort, nämlich auf ein und demselben Grundstück, werden andere Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereitgehalten, nämlich die privat genutzten Rundfunk- und Fernsehgeräte des Klägers, die sich im privat genutzten Teil des Einfamilienhauses des Klägers befinden. Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV ist eindeutig, was der Beklagte auf den Seiten 2 und 3 seiner Berufungsschrift vom 29. Oktober 2009 auch nicht in Zweifel zieht. Die vom Beklagten später vertretene Auffassung, das Wort „dort“ in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV beziehe sich „nicht nur“ auf die in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 erwähnten Grundstücke, sondern „insbesondere“ auf das „vor die Klammer“ gezogene Tatbestandsmerkmal „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ (vgl. den Schriftsatz des Beklagten vom 16. März 2010), teilt der Senat nicht. Wenn in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV davon die Rede ist, dass „andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden“, so bezieht sich diese Ortsangabe aufgrund des systematischen Regelungszusammenhangs eindeutig auf die unmittelbar vor Nr. 2 formulierte Nr. 1 des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV, wonach die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind. Hätte in Nr. 2 zum Ausdruck gebracht werden sollen, dass mit dem Wort „dort“ ein Bezug zum „nicht ausschließlich privaten Bereich“ gemeint sei, so hätte dies zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Nicht einmal eine ansatzweise Unklarheit des Wortlauts, die dann zu Überlegungen hinsichtlich einer anderen Auslegung der Vorschrift hätte führen können, liegt vor. Vielmehr ist der Wortlaut eindeutig.

Der Versuch des Beklagten, den Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV interpretierend zu ergänzen, hat keinen Erfolg. Sowohl Normanwender als auch Gerichte müssen den Wortlaut einer Vorschrift anwenden, wenn sich nicht ganz ausnahmsweise aus anderen Umständen ergibt, dass die Norm einen anderen Inhalt haben soll, als ihr Wortlaut aufzeigt. Das Vorliegen einer derartigen, nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahenden Ausnahme ist hier in keiner Weise erkennbar. Vielmehr macht es ohne weiteres Sinn, dass jemand, der bereits für die in den privaten Räumen seines Hauses aufgestellten herkömmlichen Rundfunkempfangsgeräte Gebühren bezahlt, für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere internetfähige Personalcomputer), die im nicht ausschließlich privaten Bereich des Hauses installiert sind bzw. dort vorgehalten werden, keine Rundfunkgebühr entrichten muss. Dass wegen der in § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV getroffenen Regelung für ein „normales“ Rundfunkempfangsgerät, das im Arbeitszimmer vorgehalten wird, Gebühren bezahlt werden müssen, erscheint vernünftig und sachlich gerechtfertigt, weil es sich bei dem „normalen“ Rundfunkempfangsgerät um ein Gerät handelt, das eindeutig und ausschließlich nur den Rundfunkempfang ermöglicht, was bei Personalcomputern in der Regel anders ist. Deren Fähigkeit zum Rundfunkempfang ist nur eine von vielen Eigenschaften dieser Geräte.

Ein plausibler oder gar zwingender Grund dafür, in den Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV zusätzlich die Worte „nicht privat genutzte und bereits angemeldete“ hinein zu interpretieren (vgl. Seite 2 der Berufungsschrift vom 29. Oktober 2009), ist nicht ersichtlich. Derartiges kann insbesondere nicht daraus hergeleitet werden, die Privilegierung solle sich nur innerhalb des nicht privaten Bereichs auswirken, was daraus folgen soll, dass die Formulierung „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ innerhalb der Vorschrift vor die Nrn. 1. und 2. – also gewissermaßen „vor die Klammer“ – gezogen worden sei. Vielmehr ist der genannten Formulierung eindeutig zu entnehmen, dass für neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich unter den Voraussetzungen der Nrn. 1. und 2. keine Rundfundgebühr zu entrichten sein soll. Das heißt, es genügt, dass zusätzlich zu den im Privatbereich privat genutzten Geräten ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät im nicht ausschließlich privaten Bereich betrieben werden kann, wie dies im Arbeitszimmer des Klägers der Fall ist. Dass zur Auslösung der Gebührenfreiheit der Zweitgeräte sowohl bisher vorhandene Empfangsgeräte als auch ein zusätzliches neuartiges Rundfunkempfangsgerät im nicht ausschließlich privaten Bereich vorgehalten werden, lässt sich der Vorschrift gerade nicht entnehmen. Der Umstand, dass nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV andere Rundfunkempfangsgeräte dort, nämlich auf ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken (vgl. dazu § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RGebStV), zum Empfang bereitgehalten werden, lässt es ohne weiteres zu, dass die anderen Rundfunkempfangsgeräte im privaten Bereich desselben Grundstücks oder der zusammenhängenden Grundstücke zum Empfang bereitgehalten werden.

Warum – wie der Beklagte auf Seite 3 oben der Berufungsschrift ausführt – dogmatisch und gesetzessystematisch die Anrechnung privater Rundfunkgeräte auf solche, die auch zu gewerblichen Zwecken zum Empfang bereitgehalten werden, nicht haltbar sein soll, lässt sich den Ausführungen des Beklagten nicht entnehmen. Nicht nur der Wortlaut, sondern gerade die Gesetzessystematik der Vorschrift spricht eher für das Gegenteil. § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV stellt eine Spezialregelung für neuartige Rundfunkempfangsgeräte dar und fällt daher – wie oben bereits ausgeführt – gerade nicht notwendig unter den Ausschluss der Gebührenfreiheit für Zweitgeräte in gewerblich genutzten Räumen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV.

Es kommt hinzu, dass der Beklagte auf den Seiten 2 und 3 seiner Berufungsbegründung nicht darlegt, dass und inwiefern es überhaupt die Absicht des Normgebers gewesen sein soll, die Gebührenfreiheit für ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät in einem Fall wie dem vorliegenden auszuschließen. Seine Ausführungen auf den Seiten 3 ff. der Berufungsschrift beschränken sich auf die grundsätzliche Frage, ob internetfähige Personalcomputer Rundfunkempfangsgeräte und daher grundsätzlich in der Lage sind, eine Rundfunkgebührenpflicht auszulösen.

Dem steht auch die vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vom 13. Januar 2010 nicht entgegen. Es mag zwar sein, dass – worauf in der Stellungnahme hingewiesen wird – die Rundfunkkommission im zweiten Zwischenbericht für die Ministerpräsidentenkonferenz am 17. Juni 2004 einen neuen Staatsvertrag zur Struktur der Rundfunkgebühr empfohlen hat, der bestimmte „Eckpunkte“ betreffend den privaten Bereich und den nicht privaten Bereich enthalten sollte. Auch wenn danach für den nicht privaten Bereich eine Gebührenpflicht für PCs bei Gebührenfreiheit für jedes weitere Gerät (Zweitgerät) eingeführt werden sollte, belegt dies jedenfalls nicht, dass die eindeutige Privilegierungsregelung des § 5 Abs. 3 RGebStV – so, wie sie in den Staatsvertrag aufgenommen worden ist – eine Gebührenpflicht für im nicht privaten Bereich vorhandene PCs nur dann ausschließen soll, wenn auch im nicht privaten Bereich bereits ein anderes Rundfunkempfangsgerät vorgehalten wird. Das, was später Inhalt des Staatsvertrages geworden ist, wird durch frühere Überlegungen nicht notwendig determiniert. Es kommt hinzu, dass die Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht sich erkennbar im Wesentlichen mit der hier nicht entscheidungserheblichen Frage beschäftigt, ob PCs grundsätzlich geeignet sind, eine Rundfunkgebührenpflicht auszulösen.

Nichts anderes gilt für die Stellungnahme der Landesanwaltschaft Bayern vom 29. Januar 2010, die der Beklagte ebenfalls vorgelegt hat. Dort schließt sich die Landesanwaltschaft den Argumenten des Vertreters des Bundesinteresses an. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Privilegierungsregelung des § 5 Abs. 3 RGebStV eingreift, verhält sich die Stellungnahme der Landesanwaltschaft Bayern vom 29. Januar 2010 nicht.

Nach allem vermag der Senat auch der erneut im Schriftsatz vom 18. Februar 2010 vom Beklagten vertretenen Auffassung, die Zweitgerätefreiheit des § 5 Abs. 3 RGebStV sei „teleologisch zu reduzieren“, nicht zu folgen. Es mag zwar im Interesse des Beklagten liegen, von einer derartigen teleologischen Reduzierung der Zweitgerätefreiheit des § 5 Abs. 3 RGebStV auszugehen. Inhalt der in § 5 Abs. 3 RGebStV getroffenen Regelung ist eine derartige Einschränkung der Zweitgerätefreiheit jedoch nicht geworden. An die eindeutige Regelung des § 5 Abs. 3 RGebStV ist nicht nur der Beklagte, sondern auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof gebunden.

Soweit der Beklagte auf den Seiten 2 und 3 seines Schriftsatzes vom 18. Februar 2010 dem Sinn nach die Auffassung des Senats als nie vom Gesetzgeber beabsichtigt ansieht und dies durch ein Beispiel verdeutlichen möchte, tritt der Senat auch dieser Argumentation entgegen. Der Beklagte meint, würde man allein auf das Vorhandensein privat oder nicht-privat genutzter Rundfunkempfangsgeräte auf ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken abstellen, so würde das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts durch eine Person in einem Hochhaus dazu führen, dass alle anderen Mietparteien für das Bereithalten eines neuartigen Rundfunkempfangsgerätes – unabhängig davon, ob privat oder nicht-privat – keine Rundfunkgebühren zu entrichten hätten. Mit diesem Beispiel verkennt der Beklagte, dass die Rundfunkgebührenpflicht keine Belastung darstellt, die – ähnlich einer dinglichen Belastung – unabhängig von gebührenpflichtigen Personen auf einem Grundstück oder auf zusammenhängenden Grundstücken lastet. Vielmehr stellt § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV von vornherein eine Verknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht mit dem jeweiligen Rundfunkteilnehmer her. Denn nach der genannten Vorschrift hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelung der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Das heißt, selbstverständlich ist nicht „allein auf das Vorhandensein privat oder nicht-privat genutzter Rundfunkempfangsgeräte auf ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken“ abzustellen, wie der Beklagte in seinem Beispiel unterstellt. Darauf, ob ein Rundfunkteilnehmer in einem Hochhaus ein Rundfunkempfangsgerät bereithält, kann es für die Rundfunkgebührenpflicht eines anderen Rundfunkteilnehmers, der ebenfalls in dem Hochhaus wohnt, nicht ankommen, weil die Rundfunkgebührenpflichten verschiedener Rundfunkteilnehmer unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Verhältnisse getrennt von einander zu beurteilen sind.

Ob – wie der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 18. Februar 2010 ebenfalls sinngemäß ausführt – die Inanspruchnahme des nicht-privaten Bereichs auch in einem Fall wie dem vorliegenden „politisch gewollt“ ist, ist für den Senat, der lediglich an Gesetz und Recht gebunden ist, unerheblich. Falls ein derartiger politischer Wille bestanden haben sollte, so ist er jedenfalls nicht Inhalt der in § 5 Abs. 3 RGebStV getroffenen Regelung geworden.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere ist der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht gegeben, weil sich die Frage nach dem Inhalt des § 5 Abs. 3 RGebStV ohne weiteres aus der Norm beantworten lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2003 – 3 B 167/02 – juris, Rdnr. 3).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz – GKG -. Ihr liegt die streitige Rundfunkgebühr einschließlich des vom Beklagten ebenfalls geltend gemachten Säumniszuschlags zugrunde.

1 Kommentar

  1. Mario Dreßler, 15. Februar 2011

    Wurde mit dem Urteil Az. 6 C 12/09, 6 C 17/09 und 6 C 21/09 des Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) das Urteil 10 A 2910/09 des VGH Hessen vom 30.03.2010 aufgehoben?
    Auf der Internetseite der GEZ unter http://www.gez.de/gebuehren/internet_pcs/ im Abschnitt „Arbeitszimmer im Privathaushalt“ könnte dies so interpretiert werden.

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