Wettbewerbsverstöße durch falsche Garantieangaben, unzulässige Gewährleistungsverkürzung und widerrechtlicher AGB

29. Oktober 2012
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Eigener Leitsatz:

Das Bewerben einer Garantie im Rahmen eines Internet-Verkaufsportals ist unlauter, sofern dabei keine Angaben zu ihrem Inhalt und Geltungsbereich gemacht werden (nach neuester BGH nicht unlauter, vgl. BGH, Urt. v. 14.04.2011 − I ZR 133/09). Ebenfalls ist es wettbewerbswidrig, im Verkehr zwischen Händler und Endkunden die Gewährleistung bei Neuware auf ein Jahr zu reduzieren. Darüber hinaus wurden mehrere Klauseln streitgegenständlicher AGB als nicht wettbewerbskonform eingestuft: So darf der Gefahrübergang nicht auf einen Punkt vor dem Eintreffen beim Kunden vorverlegt werden, für Individualabreden darf nicht die Schriftform gefordert werden und auch der Vermerk, dass die „Angebote freibleibend und unverbindlich“ sind, ist nicht zulässig.

Landgericht Berlin

Einstweilige Verfügung vom 30.05.2007

Az.: 52 O 254/07

 

In der einstweiligen Verfügungssache …

wird im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, gemäß §§ 935 ff., 91 ZPO angeordnet:

1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,

a) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Bereich Computer Hardware über die Handelsplattform eBay den Abschluss entgeltlicher Verträge mit Verbrauchern anzubieten und / oder anbieten zu lassen, und dabei eine Werbung mit dem Hinweis auf eine Garantie zu verwenden, ohne Angaben zu ihrem Inhalt und Geltungsbereich zu machen, wie in der Auktion bei „www.ebay.de“ mit der Nr. XXXXX  am 26.04.2007 geschehen,

b) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Bereich Computer Hardware über die Handelsplattform eBay, den Abschluss entgeltlicher Verträgen mit Verbrauchern anzubieten und / oder anbieten zu lassen , und dabei die Verjährung der Gewährleistungsansprüche bei Neuware für Verbraucher auf ein Jahr zu verkürzen, wie in der Auktion bei „www.ebay.de“ mit der Nr. XXXXX  am 27.04.2007 geschehen;

c) im geschäftlichen Verkehr über die Handelsplattform eBay zu Zwecken des Wettbewerbs folgende Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichlautend oder ähnlich zu verwenden:

„Spätestens mit Entgegennahme der Ware gelten diese Bedingungen als angenommen. Mit ihrem Gebot akzeptieren Sie alle folgenden Bestimmungen.“

„Abweichungen von diesen AGB sind nur wirksam, wenn der Verkäufer diese schriftlich bestätigt.“

„Unsere Angebote sind freibleibend und unverbindlich.“

„Die Gefahr geht an den Käufer über, sobald die Sendung an die den Transport ausführende Person übergeben worden ist oder zwecks Versendung das Lager des Verkäufers verlassen hat.“

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

I.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er über die Internetadresse „www.XXXXX .de“ sowie über die Internethandelsplattform „eBay“ unter dem Mitgliedsnamen XXXXX  einen Handel mit Computer Hardware  betreibt und über den Versandhandel zum Verkauf anbietet. Er hat ferner glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner auf der Verkaufsplattform „eBay“ ebenfalls als gewerblicher Anbieter Endverbrauchern Computer-Hardware zum Kauf anbietet, wobei er bei einer Auktion eine Festplatte mit der Formulierung „Neu, 2 Jahre Garantie“, „2 Jahre Garantie“ sowie „Top Neuware mit 2 Jahr Garantie“ bewarb und bei einer anderen Auktion Nr. XXXXX  eine Festplatte von Samsung mit der Aussage „Top Ware mit 1 Jahren Gewährleistung!!!! Mit Rechnung.“ Er macht ferner glaubhaft, dass die vom Antragsgegner verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Ziffer I Nr.1, Nr. 2, II Nr. 1, V Nr. 1 nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

II.
Danach steht dem Antragsteller ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 477, 447, 474, 475 Abs. 2, 305, 309 Nr. 12 b BGB zu.
Die vom Antragsgegner bei seiner Auktion Nr. XXXXX  gemachte Werbeaussage zu einer Garantie von 2 Jahren genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.
Nach § 477 Nr. 1 und 2 BGB muss eine Garantieerklärung den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers, sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden enthalten und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind.
Die Aussage des Antragsgegners in der Auktion Nr. XXXXX „Top Ware mit einem Jahr Gewährleistung!!!“ verstößt gegen die gesetzliche Regelung in § 475 Abs. 2 BGB, wonach im Falle des Verbrauchsgüterkaufs die Gewährleistungsfristen für Neuware nicht unter 2 Jahre gekürzt werden dürfen.
Die in Ziffer I Nr. 1  der Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffene Regelung, wonach diese mit Entgegennahme der Ware als angenommen gelten, verstößt gegen § 309 Nr. 12b BGB. Die Bestimmung, dass Abweichungen von diesen AGB zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Bestätigung bedürfen, ist mit  § 305b BGB unvereinbar.
Die Klausel in Ziffer II Nr.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach Angebote freibleibend und unverbindlich sind, verstößt gegen § 305 c BGB.
Der in Ziffer V Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelte Gefahrenübergang ist unzulässig. Die Gefahrtragungsregelung des § 447 BGB findet gemäß § 474 Abs. 2 BGB beim Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung. § 474 BGB ist unabdingbar.

Die Wiederholungsgefahr wird durch die bereits begangene Rechtsverletzung indiziert.

Die Dringlichkeit wird gemäß § 12 Absatz 2 UWG vermutet.
 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Verfahrenswert war gemäß § 3 ZPO auf 20.000, 00  € festzusetzen.

Die Kammer hat bei der Fassung der einstweiligen Verfügungen teilweise von ihrem Ermessen nach § 938 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht.

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