Die Nutzung eines Lichtbilds unter Creative Commons License begründet keinen Schadensersatzanspruch

18. August 2016
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blauer Kreis mit der Aufschrift "Creative Commons" Beschluss des OLG Köln vom 29.06.2016, Az.: 6 W 72/16

Stellt ein Fotograf seine Lichtbilder unter der Creative Commons License kostenlos jedermann zur Verfügung, so kann er bei einer öffentlichen Zugänglichmachung der Inhalte ohne seine Einwilligung keinen Schadensersatz geltend machen. Der objektive Wert der Nutzung einer solchen Fotografie ist gleich Null, da das Lichtbild für die kommerzielle und nicht-kommerzielle Nutzung frei verfügbar ist. Eine weitere entgeltliche Lizenzierung wäre daher sinnlos, damit ergibt sich auch aus einer Berechnung nach Lizenzanalogie nichts Anderes.

Oberlandesgericht Köln

Beschluss vom 29.06.2016

Az.: 6 W 72/16

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten vom 22. März 2016 wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 9. März 2016 – 14 O 336/15– abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe bewilligt für die Rechtsverteidigung gegen den Klageantrag zu II insgesamt

und soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu III Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von mehr als 523,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2015 beantragt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Die Rechtsverteidigung gegen den Unterlassungsanspruch hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Der Unterlassungsanspruch ist begründet gemäß den §§ 97 Abs. 1 S. 1, 15, 19a UrhG. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich beim dem streitgegenständlichen Lichtbild um ein Lichtbildwerk oder ein Lichtbild handelt, da die rechtliche Beurteilung von der Einordung unabhängig ist.

Das Landgericht hat dabei insbesondere zutreffend unterstellt, dass der Kläger auf einen Hinweis des Gerichts hinsichtlich der Bestimmtheit seines Klageantrags entsprechend mit einer Klarstellung hinsichtlich der Form der Urheberbezeichnung und der konkreten Lizenzbedingungen reagiert hätte.

Durch das Einstellen des Lichtbildes auf seiner Webseite hat der Beklagte gegen § 19a UrhG verstoßen, weil das Lichtbild ohne Einwilligung des Klägers öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Die kostenlose Möglichkeit, sein Lichtbild öffentlich zu nutzen, ist vom Kläger von der Einhaltung bestimmter Voraussetzung abhängig gemacht worden, die der Beklagte unstreitig nicht eingehalten hat. Damit hat der Beklagte das Lichtbild ohne Einwilligung des Klägers öffentlich zugänglich gemacht.

Bei der D Lizenz, die der Kläger verwendet hat und die die Bedingungen der Nutzung enthält, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Auf diese findet im vorliegenden Fall gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB der § 305 Abs. 2 und 3 BGB keine Anwendung, weil der Beklagte die Webseite www.H.pro betrieben hat, was für die Unternehmereigenschaft des Beklagten spricht. Die AGB sind daher – auch wenn sie in englischer Sprache gehalten waren – wirksam einbezogen, die Bedingungen damit Vertragsinhalt geworden.

2. Soweit das Landgericht die Verteidigung gegen den Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 100 € nebst Zinsen für nicht hinreichend erfolgversprechend gehalten hat, kann dem nicht gefolgt werden.

Der Kläger, der Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangt, hat sein Lichtbild unstreitig zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt, wenn auch unter den Bedingungen der D Lizenz. Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheidet daher aus.

Soweit der Kläger einen Lizenzkatalog, E-Mail-Korrespondenz sowie eine Rechnung über eine entgeltliche Lizenz vorlegt, so stammen diese Unterlagen alle aus dem Jahr 2015. Dass bereits 2012 trotz der D Lizenz auch entgeltliche Lizenzen vergeben worden sind, ist vom Beklagten bestritten worden. Näherer Vortrag dazu seitens des Klägers fehlt. Überdies hatte im vorliegenden Fall der Kläger die Bildnutzung auch nicht auf Fälle der nicht-kommerziellen Nutzungen beschränkt, sondern ohne weitergehende Beschränkung das Lichtbild zur Nutzung bereitgestellt, so dass auch eine kommerzielle Nutzung, wie sie auf der Seite unter der Domain www.H.pro stattgefunden hat, unter den Bedingungen der D-Lizenz unentgeltlich zulässig gewesen wäre.

Der Kläger kann nach der Berechnung nach der Lizenzanalogie dasjenige verlangen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Die Lizenzanalogie kommt u.a. selbst dann in Betracht, wenn Lizenzverträge in der Praxis nicht üblich sind, das verletzte Recht seiner Art nach aber vermögenswert genutzt wird oder zumindest genutzt werden kann (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 97 Rn. 61).

Den „objektiven Wert“ der Nutzung eines unter der D-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts hat der Senat in seinem Beschluss vom 31.10.2014 (6 U 60/14) mit Null angesetzt. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Bewertung abzuweichen. Der Kläger hat sein Lichtbild sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Nutzungen, d.h. insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass nicht ersichtlich ist, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere entgeltliche Lizenzierung daneben haben könnte. Da das öffentliche Zugänglichmachen bereits kostenlos möglich ist, liefe eine weitergehende kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den Bedingungen der D Lizenz zu befreien.  Anhaltspunkte, die als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO dienen könnten, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu schätzen, sind nicht vorgetragen. Soweit der Kläger auf seine Lizenzkataloge, Korrespondenz und Rechnungen verweist, beziehen diese sich nicht nur allein auf 2015, sondern stellen zudem die Vergütung des Nutzungsrechts dar, obwohl der wirtschaftliche Wert einer entgeltlichen Lizenz allenfalls in der Befreiung von den Bedingung liegen kann. Dieser Wert lässt sich jedoch im Wege der Lizenzanalogie nicht berechnen.

Gleiches gilt für die fehlende Urheberbenennung. Zwar wird vertreten, dass auch Werke, welche unter einer P-Lizenz angeboten werden, über einen wirtschaftlichen Wert verfügten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass P-Lizenzen häufig zur Bewerbung des eigenen Werkschaffens genutzt würden. Der Urheber veröffentliche einen kleinen Ausschnitt seines Werkes, um dadurch sich und seine Werke besser vermarkten zu können. Hier müsse im Einzelfall entschieden werden, ob das jeweilige Werk in der konkreten Verwendung trotz des P-Angebots einen wirtschaftlichen Wert habe oder nicht (vgl. Rauer/Ettig, WRP 2015, 153 ff., Rn. 30, m.w.N. – juris). Wenn vorliegend Lichtbilder sowohl für kommerzielle wie nicht-kommerzielle Nutzungen kostenlos frei gegeben werden und es an konkretem Vortrag fehlt, dass 2012 auch auf andere Weise als über die D Lizenz Lichtbilder des Klägers lizenziert worden sind, ist kein wirtschaftlicher Wert der Namensnennung für den Kläger ersichtlich.

3. Den Ausführungen des Landgerichts zur Berechtigung der Abmahnkosten stimmt der Senat dem Grunde nach zu. Der Höhe nach reduziert sich jedoch der Betrag, dessen gerichtliche Durchsetzung derzeit hinreichend erfolgreich erscheint, weil mangels begründeten Schadensersatzanspruchs der Berechnung nur ein Streitwert von 6.000 € zugrundegelegt werden kann.

4. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, dass der Streitwert mit 6.000 € für den Unterlassungsanspruch zu hoch angesetzt sei, handelt es sich um den vom Senat üblicherweise bei Rechtsverletzungen bzgl. Lichtbildern angesetzten Streitwert. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend eine abweichende Festsetzung vorzunehmen wäre, sind nicht ersichtlich. Es handelt sich zum einen um ein Lichtbild, das mehr ist als ein bloßer Schnappschuss oder eine schlichte Produktablichtung und zum anderen um die Nutzung des Lichtbilds auf einer kommerziellen Internetseite.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.

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