Umfang des Auskunftsanspruchs bei wettbewerbswidriger E-Mail-Werbung

09. Oktober 2017
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Laptop mit Spam-Mails Urteil des OLG Dresden vom 20.06.2017, Az.: 14 U 50/17

Versendet ein Verkäufer von Frankiermaschinen unerlaubt Werbe-E-Mails, so muss er einem Unternehmer, welcher mit dem Verkäufer in einem Wettbewerbsverhältnis steht (Mitbewerber), Auskunft über die an ihn zum Zweck des Vertriebs von Frankiermaschinen, unerlaubt versandten E-Mails geben. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich dagegen nicht auf die Anzahl, den Zeitraum, die Namen und Anschriften aller anderen unerlaubt angeschriebenen Personen.

Oberlandesgericht Dresden

Urteil vom 20.06.2017

Az.: 14 U 50/17

 

Tenor

In dem Rechtsstreit (…) hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch (…) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2017
für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 6.12.2016, Az. 1 HK O 1398/16, in Ziff. 4. abgeändert und unter Abweisung der zu Ziff. 4 weitergehenden Klage neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der in Nr. 1 unter Bezugnahme auf Nr. 3 beschriebenen Verletzungshandlung.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Höhe der Sicherheit beträgt für die Beklagte wegen der Verurteilung unter Ziffer 1. des Tenors 50.000,00 EUR; ansonsten 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages, für die Klägerin 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin macht wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen unverlangt zugesandter E-Mail-Werbung geltend.

Die Klägerin vertreibt kompatibles Verbrauchsmaterial für Frankiermaschinen, die Beklagte Frankiermaschinen mit Zubehör.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 6.12.2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Unternehmern zu Zwecken des Vertriebs (insbesondere Verkauf, Vermietung) von Frankiermaschinen der Marke P. E-Mails zu versenden oder übersenden zu lassen, sofern der jeweilige Adressat nicht zuvor in die Übersendung einer E-Mail der betreffenden Art eingewilligt hat, wenn dies erfolgt wie durch die E-Mail vom 3.9.2015 (…).

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verurteilung unter Nr.1 die Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise von an ihren Geschäftsführern zu vollstreckende Ordnungshaft, oder von an ihren Geschäftsführern zu vollstreckenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser durch den in Nr. 1 beschriebenen
Wettbewerbsverstoß entstanden ist.

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft erteilen über den Umfang der in Nr. 1 unter Bezugnahme auf Nr.3 beschriebenen Verletzungshandlungen und zwar unter Benennung: des Zeitraums der Verstöße, der Anzahl der zum Absatz von Frankiermaschinen in diesem Zeitraum versandten E-Mails, die Zeitpunkte der E-Mails, Namen, Anschriften der zum Zweck des Absatzes einer Maschine angesprochenen Werbeadressaten unter Kennzeichnung derjenigen angesprochenen Werbeadressaten, welche unter Bezugnahme auf die E-Mail eine Frankiermaschine bestellt haben, der Art und der Menge der Produkte, die aufgrund der im vorstehenden Spiegelstrich genannten Bestellungen verkauft beziehungsweise vermietet wurden.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 775,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.10.2015 zu bezahlen.

6.  Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von 1.53 1,90 €, wie er im Schreiben vom 2.10.2015 (Anlage B 79) geltend gemacht wurde, zusteht.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie stellt insbesondere ein konkretes Wettbewerbsverhältnis und einen Verstoß in Abrede.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die

wechselseitigen Schriftsätze mitsamt Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend unbegründet; nur der Auskunftsausspruch war teilweise abzuändern.

I. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs.

Von einem Missbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind (vgl. BGHZ 144, 165, 170 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Es reicht aus, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH, GRUR 2006, 243 Rn 16 – MEGA SALE).

Selbst wenn die Klägerin nur als „Retourkutsche“ auf eine eigene vorangegangene Inanspruchnahme gegen die Beklagte vorginge, begründete dies jedoch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Ein Mitbewerber bleibt auch dann anspruchsberechtigt nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, wenn er seinerseits abgemahnt wurde. Weitere Gesichtspunkte für sachfremde Motive sind hier nicht ersichtlich.

Zwar ist nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig, falls die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Umfangreiche Abmahntätigkeiten sogar unterstellt, sind sie für sich allein jedoch kein Indiz für einen Missbrauch, wenn zugleich umfangreiche Wettbewerbsverstöße in Betracht kommen, zumal die Abmahnpraxis von Mitbewerbern dem Interesse der Allgemeinheit an der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs dient (vgl. BGH GRUR 2012, 286 Rn 14 – Falsche Suchrubrik; Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 4.12).

Es ist weder dargetan noch ansonsten ersichtlich, dass sich die Abmahntätigkeit der Klägerin verselbständigt hat und in einem unvernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin steht. Die Klägerin bezweckt auch nicht die Belastung der Beklagten mit möglichst hohen Prozesskosten. Vielmehr geht sie entgegen der Auffassung der Beklagten als Mitbewerberin vor (s. sogleich II.), damit sich die Beklagte an die Regeln des lauteren Wettbewerbs hält.

II. Die Klägerin ist als Mitbewerberin berechtigt, einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG gegen die Beklagte geltend zu machen, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist „Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH GRUR 2017, 397 Rn 45 – World of Warcraft II, mwN).

1. Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen, ohne dass an die danach erforderliche Substituierbarkeit hohe Anforderungen gestellt werden, etwa sich der Kundenkreis und das Angebot der Waren oder Dienstleistungen vollständig decken müssen (BGH GRUR 2014, 573 Rn 15, 17 – Werbung für Fremdprodukte, m.w.N.; Köhler in Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Aufl. 2017, § 2 Rn 108a).

Im Streitfall vertreiben beide Parteien Verbrauchsmaterial für Frankiermaschinen innerhalb desselben Abnehmerkreises und stehen insbesondere bei Herstellung und Vertrieb von Kartuschen mit Frankiertinte in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis.

Dass die Beklagte auch Frankiermaschinen herstellt und verkauft, nimmt ihr nicht diese Stellung als Mitbewerberin. Für das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses reicht es aus, wenn sich die Betätigungsfelder der einander gegenüber stehenden Unternehmen wenigstens zum Teil überschneiden und sich die beiderseitigen Angebote behindern können (Büsch in Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 13, Rn 9 m.w.N.).

Eine solche Behinderung ist hier jedenfalls deshalb möglich, weil die Beklagte bei einer neu bestellten Frankiermaschine zusätzlich einen Grundstock an Verbrauchsmaterial, insbesondere eine Originalfarbkartusche mitliefert. Dies ist geeignet, die Klägerin beim Absatz ihrer Frankiertinte zu behindern.

Ohne Erfolg hält die Beklagte dem entgegen, dass die beanstandete E-Mail (B 71; Bl. 851 dA) in der Betreffzeile auf eine Frankiermaschine abstellt. Für den handlungsbezogenen Mitbewerberbegriff ist an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Aufl. 2017, § 2 Rn 98, 108a). Welche Waren und Dienstleistungen mit dieser Handlung abzusetzen versucht werden und sich behindern können, ist nicht auf diejenigen begrenzt, die durch die mit dem Klageantrag beanstandete geschäftliche Handlung ausdrücklich beworben werden.

Maßgeblich für die Gleichartigkeit der Waren ist vielmehr der tatsächlich erstrebte Absatz, weil hiervon eine Behinderung abhängt. Dies hat hier zur Folge, dass der mit dem Verkauf des beworbenen Geräts verbundene Absatz des zugehörigen Verbrauchsmaterials zu berücksichtigen ist, obgleich es nicht ausdrücklich beworben wurde. Andernfalls könnte sich ein Unternehmer einem konkreten Wettbewerbsverhältnis für den gleichartigen Teil eines Koppelungsangebots entziehen, indem er nur für einen anderen, nicht gleichartigen Teil des vertriebenen Gesamtangebots wirbt. Ein Unternehmer verliert seine Mitbewerberstellung aber nicht dadurch, dass er gleichartige Ware als nicht beworbenen Teil eines Gesamtangebots vertreibt.

2. Zudem genügt es, dass sich der Verletzer durch die Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zum Betroffenen stellt (BGH GRUR 2014, 1114 Rn. 32 – nickelfrei). Daher ist ein konkretes Wettbewerbsverhältnis anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH WRP 2015, 1326 Rn 19 – Hotelbewertungsportal).

Dies geschieht hier durch die Beifügung des Verbrauchsmaterials zur gelieferten Frankiermaschine, wodurch die Förderung des eigenen Wettbewerbs mit der Beeinträchtigung des fremden Wettbewerbs verbunden wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten behindert ein durch die konkrete Verletzungshandlung bewirkter Absatz von Frankiermaschinen den Absatz von Verbrauchsmaterial der Klägerin. Denn durch die Mitlieferung von Verbrauchsmaterial, insbesondere einer Originaltintenkartusche der Beklagten kann die Klägerin in diesem Umfang ihr kompatibles Verbrauchsmaterial nicht absetzen.

Dies gilt nicht nur für ihre Kartuschen, die – eventuell sogar im Unterschied zu solchen der Beklagten – mit dem ersetzten Gerät kompatibel waren und nun nicht mehr benötigt werden. Nicht absetzen kann die Klägerin auch Farbkartuschen, die nicht zum neuen Gerät passen.

Selbst sie aber passen, werden sich Käufer einer neuen Frankiermaschine in erheblichem Umfang jedenfalls während der Gewährleistungsdauer an Originalfrankiertinte halten, um Gewährleistungsansprüche nicht zu gefährden.

Dass der Verkauf durch die Beklagte weiteren Folgebedarf auslöst, fällt nicht ins Gewicht, weil er auch bei einem Verkauf durch einen anderen Hersteller einträte. Dieser hätte aber möglicherweise den Erstbedarf z.B. an Frankiertinte nicht schon abgedeckt, so dass die Klägerin bei zulässigem Verhalten der Beklagten nicht behindert würde. Dass ein Kunde möglicherweise vor Anschaffung einer Frankiermaschine keinen Bedarf an Verbrauchsmaterial hat, ist ohne Bedeutung; maßgeblich ist, dass er ihn durch die Anschaffung hat und ihn durch die Klägerin bei Lieferung über einen anderen Gerätehersteller decken könnte. Zudem richtet sich entgegen der Auffassung der Beklagten das Angebot nicht nur an Personen, die noch keine oder nur eine defekte Frankiermaschine und bislang damit keinen Bedarf an Farbkartuschen haben. Auch bei bestehendem Bedarf kann sich das Interesse an einer neuen Frankiermaschine beispielsweise aufgrund besserer Qualität oder niedrigeren Kosten ergeben.

III. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG. Die streitgegenständliche E-Mail vom 3.9.2015 um 9:55 Uhr (B 71; Bl. 851 dA) wurde ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers versandt und stellt eine unzumutbar belästigende und damit unerlaubte Werbung dar, § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich hierbei um Werbung. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (2006/114/EG Abl. EG Nr. L 376) versteht Werbung als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.“

Die Kundenberaterin bringt in der E-Mail zum Ausdruck, ein angemessenes Angebot zuschicken zu wollen. Dies ist auf die Förderung des Absatzes der Produkte der Beklagten gerichtet und unterfällt auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch der Werbung (vgl. Harte/Henning/Schöler, UWG, § 7 Rn 327; Senat, K&R 2016, 523 Rn 24). Selbst eine vorhergehende Anfrage nach Angeboten ändert daran nichts, weil sie ausdrücklich unverbindlich sein sollten, zumal sich einer Anfrage auch nicht begeben wurde (s. sogleich 2.).

2. Eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten lag nicht vor.

Eine Einwilligung ist bei richtlinienkonformer Auslegung nach Art. 2 Satz 2 Buchst. f  der Datenschutz-Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr „jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden“.

„In Kenntnis der Sachlage“ wird eine Einwilligung erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht (BGH WRP 2017, 700 Rn 24; BGH GRUR 2013, 531 Rn 23 Einwilligung in Werbeanrufe II; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 7 Rn. 149b).

Hier war einer Eintragung und Betätigung des Buttons „Fortsetzen“ im Internet-Formular (B 72, Bl. 853 dA) nicht der Erklärungswert zu entnehmen, ein Einverständnis in die Zusendung einer E-Mail zu erteilen. Erst recht wurde damit nicht akzeptiert, dass personenbezogene Daten wie die Telefonnummer verarbeitet werden. Das Formular lässt nicht erkennen, dass bereits durch schlichtes Fortsetzen von Eingaben durch den Nutzer ein einzelner Anbieter mit ihm Kontakt aufnimmt. Im Zusammenhang mit dem Eintragen der E-Mail-Adresse war das Anklicken des Buttons „Fortsetzen“ nach der Sichtweise des angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers vielmehr so zu verstehen, dass weitere Daten etwa zum Bedarf und beabsichtigten Einsatz der Frankiermaschine erfragt werden oder – wegen des Hinweises auf einen Frankiermaschinen-, Preis- und Systemvergleich von führenden Anbietern auf der Internetseite – dort zunächst hierzu Angaben erfolgen.

Unabhängig von der rechtlichen Einordnung als rechtsgeschäftsähnliche Handlung oder als Willenserklärung (vgl. BGH GRUR 2010, 628 Rn 35 – Vorschaubilder I) muss eine Begebung der Einwilligung hinzukommen, d.h. dass die Einwilligung mit Willen des Erklärenden in Verkehr gebracht worden sein muss. Das lässt sich hier bei dem Button „Fortsetzen“ wie ausgeführt nicht feststellen.

3. Die Klägerin durfte sich durch einen Eintrag in das Internet-Formular davon überzeugen, dass die Beklagte die Regeln des lauteren Wettbewerbs einhält. Mit der Angabe eines unzutreffenden Namens wurde dabei nicht mit verwerflichen Mitteln auf einen Verstoß hingewirkt.

4. Auf § 7 Abs. 3 UWG kann sich die Beklagte nicht stützen. Zu einem Vertragsschluss – wie erforderlich (Menebröcker in Götting/Nordemann, UWG, § 7 Rn 107) – ist es nicht gekommen. Ferner fehlt es an dem nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG bei Erhebung der Adresse notwendigen Hinweis darauf, dass der Kunde der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

IV. Zu Recht hat das Landgericht die Ersatzpflicht der Beklagten für den Schaden aus dem Wettbewerbsverstoß festgestellt, wie er in unmittelbarer Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung in Tenor Ziff. 1 beanstandet wird.

V. Der Auskunftsanspruch war dementsprechend teilweise abzuweisen. Er dient der Konkretisierung, nicht der Ermittlung der den Hauptanspruch begründenden Tatsachen (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 9 Rn. 4.11).

Soll als Hauptanspruch wie hier der Schadensersatzanspruch durchgesetzt werden, reicht der zur Konkretisierung verfolgte Auskunftsanspruch nicht weiter als der beanstandete Wettbewerbsverstoß, auf dessen sich daraus ergebenden Schaden das Ersatzverlangen schon dem Antrag nach ausdrücklich begrenzt ist.

Ohne Darlegung weiterer Verstöße ist die Wahrscheinlichkeit eines weitergehenden Schadenseintritts nicht aufgezeigt. Überhaupt erst zur Ermittlung eines weitergehenden Schadens dient der Auskunftsanspruch aber nicht. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung darüber, ob ein Verletzer ähnliche Handlungen begangen hat, die weitergehende Schadensersatzansprüche rechtfertigen könnten, besteht nicht (vgl. BGH GRUR 2003, 446 Rn 28 – Preisempfehlung für Sondermodelle; BGHZ 158, 174, 187 f. – Direktansprache am Arbeitsplatz I; BGH GRUR 2006, 426 Rn 24 – Direktansprache beim Arbeitsplatz II). Andernfalls hätte der Verletzer über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen Auskunft zu erteilen, was auf eine unzulässige Ausforschung entgegen der Beweislastregeln hinausliefe (vgl. BGHZ 148, 26, 35 – Entfernung der Herstellungsnummer II; BGH GRUR 2006, 319 Rn 38 Alpensinfonie).

Bei unzulässiger E-Mail-Werbung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erstreckt sich der Auskunftsanspruch demnach nicht darauf, ob der Verletzer andere Marktteilnehmer in deren geschäftlicher oder privater Sphäre durch ähnliche Handlungen beeinträchtigt hat. Die Beklagte kann deshalb nicht dazu verpflichtet werden, die Anzahl, den Zeitraum und die Zeitpunkte der zum Absatz von Frankiermaschinen versandten E-Mails, die Namen und Anschriften der Werbeadressaten, die Besteller sowie die Art und Menge der bestellten Produkte zu benennen.

VI. Den Anspruch auf Abmahnkostenerstattung in Höhe von 775,95 EUR hat das Landgericht zu Recht nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zugesprochen. Die Abmahnung vom 23.9.2015 war berechtigt. Sie hatte den zum maßgeblichen damaligen Zeitpunkt erkennbaren Vorwurf der unerlaubten E-Mail-Werbung zum Gegenstand. Den
Einwand, dem habe eine Eintragung in einem Internet-Formular zugrunde gelegen, hatte die Beklagte zu erheben. An der Berechtigung der Abmahnung ändert er auch deshalb nichts, weil er unbegründet ist.

Der negativen Feststellungsklage, dass die  Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Verteidigung (B 79) gegen die Abmahnung hat, war deshalb stattzugeben.

VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO besteht keine Veranlassung.

Die entscheidungserheblichen rechtlichen Probleme insbesondere zum konkreten Wettbewerbsverhältnis sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen geklärt. Das Urteil beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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