Wettbewerbsbeschränkende Rabattaktion begründet Unterlassungsanspruch

05. März 2018
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
1914 mal gelesen
0 Shares
Comic-Pille grinst und präsentiert ein Rabatt-Zeichen Urteil des BGH vom 17.10.2017, Az. KZR 59/16

Grundsätzlich besteht ein Unterlassungsanspruch, wenn ein Unternehmen einem anderen Unternehmen eine Rabattaktion gewährt, die dazu geeignet ist, den freien Wettbewerb zu beeinträchtigen. In vorliegendem Fall wurde ein bestimmtes Kontingent eines Lebensmittels für kalorienarme Ernährung zu einem reduzierten Preis angeboten, aber nur unter der Voraussetzung, dass das Produkt nicht unter einem bestimmten Verkaufspreis an den Verbraucher abgegeben würde. Einem Unternehmen auf diese Weise die Freiheit zu nehmen, den Preis nach eigenem Ermessen festzusetzen, ist rechtswidrig.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 17.10.2017

Az.: KZR 59/16

 

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2017 […] für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. April 2016 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 25. August 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung „Almased VITALKOST“ Lebensmittel für eine kalorienarme Ernährung. Der Vertrieb erfolgt über Apotheken, aber auch über Drogeriemärkte und über das Internet.

Die Beklagte wandte sich Anfang 2014 mit einem Prospekt an Apotheken und bot diesen an, sie mit mindestens 12, höchstens 90 Dosen des Produkts unter Gewährung eines Rabatts von 30 % zu beliefern. Die Aktion sollte bis 31. Dezember 2014 laufen. Je Apotheke sollte nur eine Bestellung zu diesen Bedingungen erfolgen können.

Auf dem Bestellformular (Anlage K3.2) heißt es u.a.:
„Mit der Nutzung dieses Aktionsangebots verpflichte ich mich, Almased an gut sichtbarer Stelle mit mindestens drei Dosen nebeneinander oder im mitgelieferten Verkaufsdisplay in der Apotheke zu präsentieren und den VK-Preis von 15,95 € nicht zu unterschreiten.“

Die Klägerin sieht darin das Angebot zu einer Vereinbarung, mit der ein Mindestverkaufspreis festgelegt werde, und rügt einen Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GWB in Verbindung mit Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht (LG Hannover, WRP 2015, 1546) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Celle, WuW 2016, 307 = NZKart 2016, 288). Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision, der die Beklagte entgegentritt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Beklagte habe mit ihrem Angebot einen Vorteil in der Form eines Rabatts von 30 % versprochen, um die Apotheker zur Einhaltung eines Mindestpreises zu veranlassen. Bei der Absprache, einen vorgegebenen Verkaufspreis nicht zu unterschreiten, handele es sich grundsätzlich um eine verbotene Handlung. Die Festsetzung von Preisen erfülle die Voraussetzungen einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung.

Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal von § 1 GWB und Art. 101 Abs. 1 AEUV sei jedoch die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung. Diese sei nicht rein quantitativ zu definieren, vielmehr qualitativ unter Berücksichtigung der Schwere der Beschränkung und der sonstigen Marktverhältnisse zu bestimmen. Der Auffassung der Klägerin, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sei stets als spürbar anzusehen, sei nicht zu folgen.

Im Streitfall sei danach der Verbotstatbestand nicht erfüllt, weil die beanstandete Verkaufsförderaktion auf eine einmalige Abnahme von 12 bis 90 Dosen, damit auf eine nicht besonders große Menge beschränkt und zudem befristet gewesen sei. Dass die Bestellung fast während des ganzen Jahres 2014 möglich gewesen sei, sei wegen der Beschränkung der Abnahmemenge zu vernachlässigen. Die Preisbindung sei auf den Zeitraum des Abverkaufs der zum Sonderpreis bestellten Dosen beschränkt gewesen. Der vorgesehene Mindestpreis liege zudem allenfalls geringfügig über den sonst geforderten Preisen. Soweit die Apotheker gehindert gewesen seien, das Produkt günstiger abzugeben, sei dies durch die sichergestellte Marge von 30% kompensiert worden.

Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass der Marktanteil der Beklagten nach dem Vortrag der Klägerin 20 % übersteige. Selbst bei einer maximalen Ausschöpfung des Angebots der Beklagten durch die Apotheker handele es sich um eine Menge, die weit unter der Zahl solcher Produkte liege, die jeden Monat in Deutschland verkauft würden.

Auf die Voraussetzungen einer Einzelfreistellung, die im Übrigen nicht vorlägen, komme es danach nicht an.

II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB in der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Nr. 1 GWB begründet ist, wenn ein Unternehmen einem anderen Unternehmen einen Vorteil verspricht, um es zu einem Verhalten zu veranlassen, das gegen § 1 GWB verstößt. Die für einen solchen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr liegt regelmäßig vor, wenn es in der Vergangenheit zu einem entsprechenden Verstoß gekommen ist (Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Auflage, § 33 GWB Rn. 111).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts machte die Beklagte mit ihrer im Jahr 2014 durchgeführten Aktion die Gewährung eines besonderen Rabatts an die angesprochenen Apotheker davon abhängig, dass diese die Verpflichtung eingingen, beim Verkauf der Ware an den Endkunden einen bestimmten Preis nicht zu unterschreiten. Durch eine solche Absprache wären die Apotheker daran gehindert gewesen, die Ware zu einem niedrigeren als dem vereinbarten Preis anzubieten. Das Berufungsgericht hat danach zutreffend zugrunde gelegt, dass die Aktion der Beklagten darauf zielte, die Apotheker zum Abschluss einer Vereinbarung zu veranlassen, durch die sie sich der Freiheit begeben hätten, den Verkaufspreis der Ware nach eigenem Gutdünken festzusetzen.

Zu Recht hat das Berufungsgericht zudem angenommen, dass die Klägerin gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 GWB in der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung befugt ist, einen solchen Anspruch geltend zu machen.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 Nr. 1 GWB in Verbindung mit § 1 GWB nicht deshalb zu verneinen, weil die Aktion der Beklagten nicht auf eine spürbare wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung gerichtet war.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird eine Vereinbarung, die geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt, von dem in Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgesprochenen Verbot nicht erfasst, wenn sie den Markt nur geringfügig beeinträchtigt. Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung fällt daher nur dann unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn sie eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (EuGH GRUR Int. 2013, 285 Rn. 16 f. mwN – Expedia).

b) Die sich daraus ergebenden Anforderungen bestimmen sich jedoch, was das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet hat, nach der Art der jeweils in Rede stehenden Wettbewerbsbeschränkung.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wiederholt ausgeführt, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen, mit denen eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt wird, schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden und deshalb grundsätzlich unabhängig von ihren konkreten Auswirkungen eine spürbare Beschränkung des Wettbewerbs darstellen. Eine solche Vereinbarung unterfällt dem Verbot nach Art. 101 Abs. 1 AEUV bereits deshalb, weil sie geeignet ist, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu entfalten. Ihre tatsächlichen Auswirkungen brauchen daher nicht berücksichtigt zu werden, weil die Erfahrung lehrt, dass solche Verhaltensweisen zu einer Beeinträchtigung der Marktverhältnisse führen, etwa Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen mit sich bringen, die zu einer schlechteren Verteilung der Ressourcen führen (EuGH, Slg. 2008, I-8637 Rn. 17 – Beef Industry; Slg. 2009, I-4529 Rn. 29 f. – T-Mobile Netherlands; EuGH, GRUR Int. 2013, 285 Rn. 36 f. – Expedia; EuGH, WuW/E EU-R 2696 Rn. 34f. – Allianz Hungária Biztosító; EuGH, NZKart 2013, 367 Rn. 95 ff. – Stichting Administratiekantoor Portielje; EuGH, WuW/E EU-R 3090 Rn. 50 f. – Groupement des cartes bancaires; EuGH, WuW/E EU-R 3272 Rn. 115 – Dole; EuGH, EuZW 2015, 802 Rn. 31 f. – ING Pensii; EuGH, EuZW 2016, 180 Rn. 18 f. – Maxima Latvija; EuGH EuZW 2016, 354 Rn. 25 f. – Toshiba; EuGH, Urteil vom 27. April 2017 – C-469/15 P Rn. 103 f. – Bonita-Bananen; s. auch schon EuGH, Slg. 1966, 322, 390 – Consten und Grundig/Kommission).

Diese Rechtsprechung erfasst nicht nur Vereinbarungen unter Wettbewerbern, sondern auch Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die auf verschiedenen Marktstufen tätig sind (EuGH, Slg. 1966, 322, 387 – Consten und Grundig/Kommission; EuGH, Slg. 1998, I-1983 Rn. 11 – Javico/Yves Saint Laurent; EuGH, WuW/E EU-R 2696 Rn. 43 – Allianz Hungária Biztosító).

c) In der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs ist ferner geklärt, dass Vereinbarungen, mit denen die beteiligten Unternehmen Mindestpreise für Rechtsgeschäfte mit Dritten festlegen, als solche Vereinbarungen anzusehen sind (EuGH, Slg. 1985, 391 Rn. 22 – Clair; EuGH, GRUR Int. 1986, 51 Rn. 44 – Binon; s. außerdem Commission Staff Working Document C (2014) 198 final, Nr. 3.4; ebenso Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, § 1 GWB Rn. 132; Emmerich aaO Art. 101 Abs. 1 AEUV Rn. 177; Krauß in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Auflage, § 1 GWB Rn. 157; Hengst aaO Art. 101 AEUV Rn. 231; Füller in Kölner Kommentar zum Kartellrecht, Art. 101 AEUV Rn. 216; Schröter/Voet van Vormizeele in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Auflage, Art. 101 Rn. 134; Roth/Ackermann in Frankfurter Kommentar Kartellrecht, Grundfragen Art. 81 Abs. 1 EG Rn. 336 f.; Bechtold/Bosch, GWB, 8. Auflage, § 1 Rn. 44; Wollman/Herzog in MünchKomm.WettbR, 2. Auflage, Art. 101 AEUV Rn. 253; Kuhn, ZWeR 2014, 143, 148; Mohr, ZWeR 2015, 1, 14; Lettl, WM 2015, 1037, 1041). Denn sie führen zu einer Beschränkung in der Freiheit des betroffenen Unternehmers, den Preis – und damit einen zentralen Wettbewerbsparameter – nach eigenem Ermessen festzusetzen.

Dem entspricht es, dass Klauseln, mit denen der Abnehmer in der Möglichkeit beschränkt wird, seinen Verkaufspreis selbst festzusetzen, jedenfalls soweit es nicht um die Festsetzung von Höchstverkaufspreisen geht, nach Art. 4 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (Vertikal-GVO) zum Verlust der Freistellung führen.

d) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, ob sämtliche Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 1 AEUV vorliegen, insbesondere keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Vereinbarung, auf die die Werbeaktion der Beklagten zielte, geeignet war, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Dies kann jedoch offenbleiben, weil die dargestellten Grundsätze mit Blick auf den vom Gesetzgeber angestrebten weitgehenden Gleichlauf des deutschen Kartellrechts mit dem Kartellrecht der Union auch für die Anwendung von § 1 GWB maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 – KZR 71/08, WuW/E DE-R 3275 Rn. 58 – Jette Joop; Urteil vom 6. November 2013 – KZR 58/11, BGHZ 199, 1 Rn. 51 – VBL-Gegenwert).

e) Die Frage, ob eine Vereinbarung, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt, vom Anwendungsbereich des § 1 GWB ausgenommen ist, wenn ihr die generelle Eignung fehlt, die Verhältnisse auf dem betreffenden Markt mehr als nur geringfügig zu beeinträchtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1998 – KVR 40/96, WuW/E DE-R 115, 119 f. – Carpartner; Beschluss vom 9. März 1999 – KVR 20/97, WuW/E DE-R 289, 295 – Lottospielgemeinschaft), oder ob aus der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der Schluss zu ziehen ist, dass bei einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung das Spürbarkeitserfordernis entfällt (Ackermann in Festschrift Wulf-Henning Roth, 2015, S. 1, 14, 18; Bernhard, EuZW 2016, 183; Esken, WRP 2013, 443, 444; Heinrich/Ströbl, BB 2014, 2506, 2507; Füller in Kölner Kommentar zum Kartellrecht, Art. 101 AEUV Rn. 222; anders Sonnberger, wbl 2015, 609, 617; Mohr, ZWeR 2015, 1, 10; Fuchs, ZWeR 2007, 369, 376 u. 386; wohl auch Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 3. Auflage, § 11 Rn. 71) bedarf hier keiner Entscheidung. Denn auch nach der erstgenannten Auffassung fällt das Verhalten der Beklagten unter § 21 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 GWB.

Für die Beurteilung der Spürbarkeit maßgeblich ist nicht die je einzelne Vereinbarung der angestrebten Art, sondern deren Gesamtheit (EuGH Slg. 2008, I-6681 Rn. 43 – CEPSA; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1980 – KZR 28/79, WuW/E BGH 1780, 1782 – Subterra-Methode; Kirchhoff in Handbuch des Kartellrechts, 3. Auflage 2016, § 10 Rn. 19 f.).

Die Aktion der Beklagten war darauf gerichtet, den Apothekern einen vergünstigten Einkaufspreis unter der Bedingung einzuräumen, dass sie sich verpflichteten, die bezogene Ware nicht unter einem bestimmten Preis zu veräußern, und erstreckte sich auf das gesamte Bundesgebiet. Zwar sollte jeder Apotheker nur einmal von den vergünstigten Konditionen Gebrauch machen können. Ihm wurde jedoch die Möglichkeit eröffnet, bis zu 90 Dosen des Produkts zu bestellen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ging es mithin um ein potentielles Bestellvolumen von ca. 1,8 Millionen Dosen und damit um eine Preisbindung in entsprechendem Umfang. Die Aktion, die jedenfalls im Februar 2014 begonnen hatte, sollte zudem bis zum Jahresende 2014 dauern. Danach kann nicht angenommen werden, dass ihr die Eignung fehlte, den Markt mehr als nur geringfügig zu beeinträchtigen.

Ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass die angestrebte Preisbindung nur die Dosen erfasste, die zu den vergünstigten Bedingungen erworben würden, kann ebenso offenbleiben wie der genaue Anteil der Beklagten an dem in Rede stehenden Markt. Auch auf die Frage, in welchem Umfang die angesprochenen Apotheken von dem Angebot der Beklagten Gebrauch machten, kommt es danach nicht an.

f) Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Den Entscheidungen „4 zum Preis von 3“ (BGH, Urteil vom 21. Februar 1978 – KZR 7/76 GRUR 1978, 445) und „1 Riegel extra“ (BGH, Urteil vom 8. April 2003 – KZR 3/02, WuW/E DE-R 1101) lagen jeweils Fälle zugrunde, in denen die betroffenen Unternehmen aufgrund von Werbeaktionen des Herstellers daran gehindert waren, den Preis für die von ihnen erworbenen Waren gegenüber dem Verbraucher höher festzusetzen, während es im Streitfall um die vertragliche Festsetzung eines Mindestpreises geht.

g) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Im Streitfall stellen sich keine entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.

3. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, zielte die Aktion der Beklagten auf den Abschluss von Vereinbarungen, die gegen § 1 GWB verstießen. Der erfolgte Verstoß begründet Wiederholungsgefahr und rechtfertigt damit den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Die Voraussetzungen für eine Freistellung sind nach den insoweit nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt. Zugleich steht damit der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 25.08.2015 – 18 O 91/15 –
OLG Celle, Entscheidung vom 07.04.2016 – 13 U 124/15 (Kart) –

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a