ALFALIQUID vs. ALPA TOBACCO

06. Mai 2021
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Mann raucht eine elektronische Zigarette Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 12.03.2021, Az.: 6 U 17/20

Der Gesamteindruck der Klagemarke ALFALIQUID wird durch den Bestandteil "ALFA" geprägt. Der Bestandteil "LIQUID" wird vom Verkehr in einem beschreibenden Sinn für die im Warenverzeichnis beanspruchten Waren, elektronische Zigaretten, verstanden. Der Gesamteindruck des angegriffenen Logos wird durch den Wortbestandteil "ALPA" geprägt. An der Prägung nimmt der Bestandteil TOBACCO nicht teil. Es handelt sich um einen glatt beschreibenden Zusatz, da das Zeichen für sog. Shisha-Tabak verwendet wird. Dementsprechend ist "ALFA" und "ALPA" zu vergleichen, welche sich nur in den Buchstaben P anstatt F unterschieden, was jedoch nicht maßgeblich ins Gewicht fällt, sodass der gebotene Markenabstand nicht eingehalten ist.

Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Urteil vom 12.03.2021

Az.: 6 U 17/20

 

Tenor

Die Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.11.2019 wird zurückgewiesen.

Die Streithelferin der Beklagten hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche wegen Markenverletzung.
Die Klägerin ist Inhaberin der am 28.2.2013 eingetragen Unionswortmarke ALFALIQUID mit Priorität vom 24.9.2012 (Reg.-Nr. …). Die Marke beansprucht Schutz u.a. für folgende Waren der Klasse 34:
„Tabak; Raucherartikel; Zigarren, Zigaretten und Zigarillos; … Elektronische Zigaretten, Elektronische Zigarren, Elektronische Zigarillos oder elektronische Pfeifen, die Tabakersatzstoffe enthalten, nicht für medizinische Zwecke; …“
Die Beklagte vertreibt über ihren Online-Shop „www.(…).com“ u.a. von der Streithelferin hergestellten Shisha-Tabak, der mit der Bezeichnung ALPA TOBACCO versehen ist wie folgt (Anlagen K1, K6):

[Abbildung]

[Abbildung]

Die Beklagte hat auf die Abmahnung der Klägerin vom 18.9.2018 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Die Parteien streiten allein um Folgeansprüche auf Auskunft, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten.

Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 13.8.2019 beigetreten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte sinngemäß verurteilt, unter Vorlage schriftlicher Belege Auskunft zu erteilen, über

1. Ein- und Verkaufspreise sowie Gestehungskosten von Shisha-Tabak, aufgegliedert nach Packungsgrößen, welche mit dem angegriffenen Zeichen gekennzeichnet sind, wie aus der Anlage 1 ersichtlich, und welche durch die Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr der Europäischen Union angeboten wurden;

2. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren.

Ferner hat das Landgericht die Beklagte zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.531,90 € verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Streithelferin der Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Die Streithelferin der Beklagten beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.11.2019 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Berufung der Streithelferin ist zulässig. Nach §§ 74 Abs. 1, 67 ZPO hat der Nebenintervenient das Recht, namens der Hauptpartei (hier: der Beklagten) ein Rechtsmittel einzulegen (BGH, Beschl. v. 23.8.2016 – VIII ZB 96/15 -, juris). Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 13.8.2019 beigetreten. Das Rechtsmittel eines (einfachen) Streithelfers muss stets ein Rechtsmittel für die Hauptpartei sein, ohne dass er dabei selbst in eine Parteirolle gelangt. In seiner Rechtsmitteleinlegung liegt daher regelmäßig nur die Erklärung, das Rechtsmittel der von ihm bei seinem Beitritt bezeichneten Partei unterstützen zu wollen. Vorliegend erwecken zwar Berufungsschrift und Berufungsbegründung den Anschein, die Streithelferin habe das Rechtsmittel im eigenen Namen eingelegt (vgl. Bl. 317, 328 d.A.). Sie bezeichnet sich im Rubrum selbst als Berufungsklägerin und das Rechtsmittel als „selbstständige Berufung“. Bei einer interessengerechten Auslegung kann aber gleichwohl angenommen werden, dass sie nicht selbst Partei des Berufungsverfahrens werden, sondern die Beklagte als Hauptpartei in zulässiger Weise lediglich als Streithelferin unterstützen wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 23.8.2016 – VIII ZB 96/15, juris). Ein der Wirksamkeit dieser Berufungseinlegung entgegenstehender Wille der Beklagten ist nicht erkennbar geworden.

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach sowie auf Auskunft über den Verletzungsumfang nach Art. 129 Abs. 2 UMV in Verbindung mit §§ 125b Nr. 2, 14 Abs. 6, 19 Abs. 1 MarkenG, § 242 BGB zu (LGU Tenor zu I. 1. und III.).

a) Die Klägerin begehrt Auskunft über Verletzungshandlungen in der gesamten Europäischen Union (vgl. Antrag). Daher stellt sich die Frage des anwendbaren Rechts. Die Unionsmarkenverordnung regelt keine Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz, sondern verweist insoweit auf das nationale Recht (Art. 17 Abs. 1, 129 Abs. 2 UMV). Nach Art. 8 Abs. 2 der Rom II-Verordnung (EG) Nr. 864/2007 ist bei einer Verletzung von gemeinschaftsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Verletzung begangen wurde. Bei wörtlicher Anwendung dieser Bestimmung müsste also das Recht sämtlicher Mitgliedsstaaten ermittelt werden, in die Lieferungen der Beklagten erfolgt sein können. Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH ist die Vorschrift indes so auszulegen, dass nicht auf jede einzelne vorgeworfene Verletzungshandlung abzustellen ist, sondern eine Gesamtwürdigung des Verhaltens vorzunehmen ist, um den Ort zu bestimmen, an dem die ursprüngliche Verletzungshandlung, auf die das vorgeworfene Verhalten zurückgeht, begangen worden ist (EuGH WRP 2017, 1457 Rn 111 – Nintendo/BigBen). Da die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat und der fragliche Online-Shop in deutscher Sprache gehalten ist, geht die Verletzungshandlung auf ein Verhalten in Deutschland zurück. Es ist daher insgesamt deutsches Recht anwendbar.

b) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte mit dem Angebot der „ALPA TOBACCO“-Produkte die Klagemarke verletzt hat. Das Wort-/Bildlogo „ALPA TOBACCO“ wird auf den Tabakdosen markenmäßig nach Art eines Herkunftshinweises verwendet. Es besteht auch Verwechslungsgefahr mit der Klagemarke.

aa) Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke.

bb) Es besteht eine mindestens durchschnittliche Warenähnlichkeit. Die Klagemarke ist für E-Zigaretten nebst Zubehör eingetragen. Das angegriffene Zeichen wird für Sisha-Tabak verwendet. Entgegen der Ansicht der Streithelferin der Beklagten kommt es für die Warenähnlichkeit nicht darauf an, ob die Produkte austauschbar sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob sie nach der Verkehrsauffassung aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen können (EuGH GRUR 2017,1257 Rn 52 – Darjeeling). Insoweit kann es auf deren Art, Verwendungszweck und Nutzung ankommen. In die Beurteilung einzubeziehen ist auch, ob die Produkte beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (EuG 6.4.2017 – T-39/16 Rn 73 – NANA/Nana Fink). Bei beiden Produkten handelt es sich um Rauchartikel im weitesten Sinne. Es ist nach der Verkehrsauffassung naheliegend, dass derartige Produkte von ein- und demselben Unternehmen hergestellt und vertrieben werden können. Für ein solches Verkehrsverständnis spricht auch der von der Klägerin vorgelegte Blog-Eintrag aus „www.(aaa).info“ (Anlage K13). Danach werden E-Zigaretten teilweise als E-Shishas bezeichnet, da sie in ähnlichen Geschmacksrichtungen wie Wasserpfeifentabak konsumiert werden. Ob beide Produkte von den gleichen Abnehmerkreisen konsumiert werden, ist nicht von entscheidender Bedeutung.

cc) Die Klagemarke verfügt über einen durchschnittlichen Grad an Kennzeichnungskraft. Davon ist mangels durchgreifender Anhaltspunkte für eine Stärkung durch Benutzung oder einer Schwächung durch Drittzeichen bzw. einer originären Kennzeichenschwäche auszugehen.

(1) Entgegen der Ansicht der Berufung führt die Anlehnung an den Begriff des griechischen Buchstabens Alpha in Kombination mit dem beschreibenden Zusatz „liquid“ nicht zu einer originären Kennzeichnungsschwäche. Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Bezeichnung vom Verkehr in einen beschreibenden Kontext zu den betreffenden Produkten gesetzt werden würde (vgl. BGH GRUR 2014, 382 Rn 18 – REAL-Chips). Dafür sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

(2) Entgegen der Ansicht der Berufung kann auch nicht von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen ausgegangen werden. Voraussetzung wäre insoweit, dass die Drittkennzeichen in gleichen oder eng benachbarten Branchen in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet ist, den Verkehr an die Existenz weiterer Kennzeichen im Ähnlichkeitsbereich zu gewöhnen (vgl. BGH GRUR 2016, 83 Rn 54 – Amplidect/ampliteq). Es reicht nicht aus, eine Vielzahl von entsprechenden Drittzeichen aufzuzeigen. Vielmehr bedarf es auch Vortrag zum Benutzungsumfang der Drittzeichen (BGH GRUR 2012, 930 Rn 40 – Bogner B). Daran fehlt es vorliegend. Es ist nicht ersichtlich, ob und ggf. in welchem Umfang die aus den Anlagen N1 – N5 ersichtlichen Marken mit dem Bestandteil Alfa im Geschäftsverkehr benutzt werden.

Anders sieht es bei dem Zeichen Alpha Liquid / Alpha Steam Liquid der Fa. X & Y GmbH aus. Insoweit wurden Internetangebote auf der Website www.(bbb).com sowie Fotos aus einer Ladenpräsentation vorgelegt (Bl. 156 ff. d.A.). Auch unter dem Unternehmenskennzeichen „Alfa Labs“ werden im Internet über einen Online-Shop Shisha-Produkte angeboten (Anlagen N10 – N17). In der Summe reicht das jedoch nicht, um eine Gewöhnung des Verkehrs an Zeichen mit dem vorangestellten Bestanteil „Alfa“ zu belegen. Es ist nicht ersichtlich, dass die genannten Produkte über nennenswerte Marktanteile verfügen oder auf gängigen Handelsplattformen in so erheblichem Umfang vertreten sind, dass sie Einfluss auf das Erfahrungswissen der Verbraucher haben.

dd) Die Klagemarke und das angegriffene Zeichen sind durchschnittlich ähnlich. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit genügt dabei regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (BGH GRUR 2020, 1202 Rn 23 – YOOFOOD/YO). Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2020, 52 Rn 48 – Hansson; BGH GRUR 2020, 870Rn 58 – INJEKT/INJEX, m.w.N.).

(1) Der Gesamteindruck der Klagemarke ALFALIQUID wird durch den Bestandteil „ALFA“ geprägt.

(a) Grundsätzlich darf eine eingetragene Marke im Verletzungsverfahren nicht in ihre Bestandteile aufgespaltet werden, da ihr kein Elementeschutz zukommt. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Verkehr sie als Ganzes wahrnimmt. Trotz dieses Ausgangspunktes kann es sein, dass jenseits des Normalfalls der Gesamteindruck einer zusammengesetzten Marke durch einen Bestandteil in der Weise geprägt wird, dass die anderen Bestandteile im Gedächtnis bzw. in der Wahrnehmung der Verkehrskreise zurücktreten. Für die Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist dann auf den prägenden Bestandteil abzustellen (BeckOK UMV/Büscher/Kochendörfer, 18. Edition, Art. 8 Rn 193 m.w.N.).

(b) Bei zusammengesetzten Marken neigt der Verkehr zur Verkürzung (EuG GRUR Int. 2009, 588 Rn 48 – Limoncello). Er neigt insbesondere dazu, dem Wortanfang eine stärkere Bedeutung beizumessen als den nachfolgenden Wortbestandteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2020 – I ZB 6/20, Rn 43 – RETROLYMPICS; EuG GRUR Int. 2007, 412 Rn 51). Beschreibende Markenbestandteile oder solche mit beschreibenden Anklängen sind im Allgemeinen nicht als dominierendes Merkmal des Gesamteindrucks der Marke anzusehen (EuGH GRUR-RS 2020, 12960 Rn 53 – PRIMA/PRIMART; EuGH GRUR 2020, 52 Rn 55 – Hansson; BGH GRUR 2020, 1202 Rn 27 – YOOFOOD/YO). Sie werden häufig vernachlässigt.

(c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird die Klagemarke von dem Bestanteil ALFA geprägt. Der Bestandteil „LIQUID“ wird vom Verkehr in einem beschreibenden Sinn für die im Warenverzeichnis beanspruchten Waren verstanden. Die Marke ist – soweit hier von Interesse – für „elektronische Zigaretten“ eingetragen. Den angesprochenen Endverbraucherkreisen, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, ist bekannt, dass es sich bei E-Liquids um die Nikotinlösung in der austauschbaren Patrone oder dem wiederaufladbaren Tanksystem handelt. Dem Begriff kommt daher keinerlei Kennzeichnungskraft zu. Er tritt im Gesamteindruck der Marke hinter dem vorangestellten Bestandteil „Alfa“ zurück. Der Bestandteil „ALFA“ ist nicht beschreibend. Er mag nicht besonders kennzeichnungskräftig sein, da Buchstaben des griechischen Alphabets in der Werbesprache häufiger zu finden sind; ihm kann jedoch weder jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden noch eine nur so geringe Kennzeichnungskraft zugemessen werden, dass er die Wortkombination nicht prägen oder gar vernachlässigt werden kann.

(2) Der Gesamteindruck des angegriffenen Logos wird durch den Wortbestandteil „ALPA“ geprägt.

(a) In klanglicher Hinsicht wird das Gesamtlogo der Streithelferin zunächst durch seine Wortbestandteile dominiert. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz, wonach sich der Verkehr für die Aussprache eines Zeichens erfahrungsgemäß an der einfachsten Benennungsmöglichkeit orientiert (EuGH BeckRS 2013, 81259 Rn 20 – MILRAM/RAM; EuG GRUR Int. 2010,722 Rn 43 – Golden Eagle; BGH GRUR 2008, 903 Rn 25 – SIERRA ANTIGUO). Eine Ausnahme gilt nur bei besonders markanten Bildbestandteilen, wenn gleichzeitig der Wortbestandteil kennzeichnungsschwach ist. Vorliegend erschöpfen sich die grafischen Elemente in der Stilisierung des Schriftzuges „ALPA“ und in einem das Logo umgebenden Kasten.

(b) An der Prägung nimmt der Bestandteil TOBACCO nicht teil. Es handelt sich aus Sicht des Verkehrs um einen glatt beschreibenden Zusatz, dem keine Kennzeichnungskraft zukommt. Das angegriffene Gesamtzeichen wird nach den Feststellungen des Landgerichts für sog. Sisha-Tabak verwendet. Die angesprochenen Verbraucher in Deutschland und Europa erkennen in dem Begriff „TOBACCO“ das englische Wort für Tabak. Es handelt sich um einen Begriff, der dem an Rauchartikeln interessierten Verbraucher häufig begegnet. Selbst wenn er nicht über ausreichende Englischkenntnisse verfügt, erschließt sich ihm die Bedeutung aufgrund der mit dem deutschen Wort ähnlichen Klangwirkung (vgl. Kochendörfer GRUR 2020, 949, 955). Dass in anderen Teilen des Unionsgebiets ein abweichendes Verkehrsverständnis vorherrscht, hat die insoweit beweispflichtige Beklagte nicht dargetan. Ohne Erfolg beruft sie sich darauf, die Bezeichnung sei für ein E-Liquid nicht beschreibend. Darauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist die Bedeutung des Begriffs im Zusammenhang mit den gekennzeichneten Tabak-Produkten.

(3) Für den Zeichenvergleich kommt es somit entscheidend auf die Gegenüberstellung der beiden prägenden Bestandteile ALFA und ALPA an. Die Wörter stimmen hinsichtlich ihrer Länge und ihrer Vokalfolge überein und erzeugen einen ähnlichen Klangeindruck. Der einzig abweichende Buchstabe (P anstatt F) fällt nicht maßgeblich ins Gewicht. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es insoweit nicht entscheidend darauf an, ob diese Buchstaben – isoliert betrachtet – eine unterschiedliche Klangwirkung erzeugen. Aufgrund ihrer mittigen Positionierung in den hier maßgeblichen Begriffen fällt der Unterschied nicht maßgeblich ins Gewicht. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass – wie das Landgericht festgestellt hat – ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs dazu neigen dürfte, das „P“ vorliegend wie ein „PH“ (= F) auszusprechen. Auf diesen Aspekt kommt es jedoch nicht entscheidend an. Nach Abwägung sämtlicher Umstände ist von einem mindestens durchschnittlichen Ähnlichkeitsgrad der gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht auszugehen.

(4) Die klangliche Ähnlichkeit wird nicht durch begriffliche Unterschiede neutralisiert. Grundsätzlich kann eine klangliche oder bildliche Ähnlichkeit durch einen Unterschied im Sinngehalt aufgehoben oder verringert werden (vgl. EuGH GRUR-RS 2020, 2680 Rn 74 – labell; EuGH GRUR 2006, 237 Rn 20 – PICASSO/PICARO). Voraussetzung ist, dass zumindest eine der fraglichen Marken für die maßgeblichen Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass der Verkehr sie ohne weiteres erfassen kann, und dass die andere Marke keine oder eine ganz andere Bedeutung hat (EuGH GRUR-RS 2020, 2680 Rn 75 – labell). Eine Neutralisierung scheidet hingegen aus, wenn der den Zeichen zugeschriebene Sinngehalt nicht hinreichend direkt und genau ist, um vom Verbraucher sofort erfasst werden zu können und damit ihre sichere Unterscheidung zu ermöglichen (EuG GRUR Int. 2003, 760 Rn 47 – Mystery/Mixery).

(a) Die Streithelferin der Beklagten weist zu Recht darauf hin, dass zumindest ein Teil des Verkehrs in der Bezeichnung „ALFA“ die Anlehnung an den gleichnamigen griechischen Buchstaben Alpha erkennen wird. Dem Zeichen „ALPA“ kann ein solcher Sinngehalt hingegen in klanglicher Hinsicht nicht ohne weiteres entnommen werden. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Unterschied im Sinngehalt vorliegend aber nicht so deutlich ist, dass der Verkehr allein aus diesem Grund die Zeichen problemlos auseinanderhalten kann. Denn mit dem griechischen Buchstaben Alpha lassen sich keine direkten Assoziationen auf die hier in Rede stehenden Produkte verbinden. Es handelt sich nicht um eine „sprechende“ Marke. Der Bedeutungsgehalt ist vage und nichtssagend. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass Teile des Verkehrs sich bei den Produkten der Beklagten an die Marke der Klägerin erinnern.

(b) Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Verkehr bei dem angegriffenen Zeichen nicht die (beabsichtigte) Reminiszenz an einen Berliner Rapper namens „C“ erkennen wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der genannte Musiker über einen ausreichend hohen Bekanntheitsgrad verfügt, um ein Produkt allein aufgrund des übereinstimmenden Anfangsbestandteils seines Künstlernamens mit ihm in Verbindung zu bringen. Auf diesen Aspekt geht die Streithelferin der Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht mehr ein.

ee) Bei der Gesamtabwägung ist daher zu berücksichtigen, dass alle in Wechselwirkung stehenden wesentlichen Parameter (Produktähnlichkeit, Kennzeichnungskraft, Zeichenähnlichkeit) jeweils in durchschnittlicher Ausprägung vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist nach der Überzeugung des Senats die Verwechslungsgefahr zu bejahen.

c) Soweit die Streithelferin mit Schriftsatz vom 23.2.2021 andeutet, die Klagemarke werde nur für E-Liquids benutzt, ist unklar, ob damit die Einrede der Nichtbenutzung hinsichtlich der eingetragenen Ware „E-Zigaretten“ erhoben werden soll (Art. 18, 127 Abs. 3 UMV). Mit diesem Einwand wäre sie im Berufungsrechtszug jedenfalls nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Die Klägerin hat erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, auch elektronische Zigaretten herzustellen und zu vertreiben. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Klage jedenfalls hinsichtlich der gleichlautenden Marke mit der Reg.-Nr. … Erfolg hat, die ausdrücklich auch für E-Liquids eigetragen und mit dem angegriffenen Zeichen ebenfalls warenähnlich ist.

d) Die Beklagte handelte schuldhaft. Bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt wäre die Rechtsverletzung erkennbar gewesen.

e) Die Pflicht zur Auskunft besteht in dem für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlichen Umfang. Die Klägerin strebt offenbar eine Schadensberechnung nach der Methode der Herausgabe des Verletzergewinns an. Für die Berechnung des Verletzergewinns sind die beantragten Angaben zu Ein- und Verkaufspreisen sowie zu den Gestehungskosten erforderlich (vgl. BGH GRUR 2013, 1161 – Hard Rock Cafe).

3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg der markenverletzend gekennzeichneten Produkte nach Art. 129 Abs. 2 UMV in Verbindung mit § 125b Nr. 2, § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG zu (LGU Tenor zu I. 2.). Zu den Angaben, die die Beklagte danach zu machen hat, gehören nach dem Wortlaut des Gesetzes die Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer. Die Auskunftsverpflichtung besteht im Hinblick auf alle Glieder der Lieferkette (BGH GRUR 2017, 1160 Rn 69 – BretarisGenuair).

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten (LGU Tenor zu II.). Die Abmahnung war berechtigt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

6. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls.

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