Auskunftsanspruch kann sich auch auf Hinweisgeber erstrecken

13. Mai 2022
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Das Wort Datenschutz wird fett in einem Text dargestellt Urteil des BGH vom 22.02.2022, Az.: VI ZR 14/21

Als sich jemand über einen Mieter einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus bei der Vermieterin beschwert hatte, verlangte der Mieter gestützt auf Art. 15 Abs. 1 DS-GVO Auskunft über seine personenbezogenen Daten, die im Rahmen der Beschwerde verarbeitet wurden. Darunter verlangte er außerdem Auskunft darüber, welcher der Mitbewohner sich über ihn beschwert habe. Das Auskunftsrecht gilt jedoch nicht unbeschränkt und kann u.a. durch Rechte und Freiheiten anderer Personen, in diesem Fall des Hinweisgebers, eingeschränkt sein. Wessen Rechte überwiegen kommt maßgeblich darauf an, ob die getroffenen Behauptungen wahr sind oder nicht. Sollten diese unrichtig gewesen sein, hätte die betroffene Person, hier der Mieter, ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wer der Hinweisgeber war, um „die Fehler an der Wurzel“ angehen zu können.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 22.02.2022

Az.: VI ZR 14/21

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Dezember 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen die Abweisung seiner Klage auf Auskunft über die Person seines Mitbewohners, der sich bei der Beklagten über ihn beschwert haben soll, und auf Ersatz der diesbezüglichen vorgerichtlichen Kosten nebst Zinsen durch das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 6. März 2020 zurückgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, einen Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung geltend.

Die Beklagte ist Vermieterin, der Kläger Mieter einer Wohnung, die sich in einem Mehrparteienhaus befindet. Mit Schreiben vom 31. Juli 2019 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit: „Auf Grund von Beschwerden über starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus möchten wir eine Begehung Ihrer Wohnung durchführen. Unser Mitarbeiter, Herr K., wird am Donnerstag, den 15. August 2019 um 10 Uhr die Wohnungsbesichtigung durchführen.“ Nach dem genannten Termin erhielt der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 15. August 2019 folgenden Inhalts: „Leider haben wir die an Sie vermietete Wohnung am 15. August 2019 in einem verwahrlosten Zustand vorgefunden. Da Sie in einer Hausgemeinschaft wohnen und wir für Ihre Mitbewohner Sorge tragen, erwarten wir, dass Sie umgehend eine Reinigung und Entrümpelung der Wohnung vornehmen.“ Die Beklagte kündigte eine erneute Wohnungsbesichtigung zur Überprüfung der Reinigungsarbeiten für den 18. September 2019 an. Mit Schreiben vom 19. August und 9. September 2019 verlangte der Kläger unter Verweis auf die Datenschutz-Grundverordnung Auskunft darüber, „welcher seiner Mitbewohner sich über ihn beschwert haben soll.“ Darauf antwortete die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 11. September 2019: „Die Beschwerden bezüglich der Wohnung P. wurden revidiert und es wurde berichtet, dass vor kurzem die Wohnung gereinigt wurde. Der Termin am 18. September 2019 für die Wohnungsbesichtigung durch den Vermieter wäre somit hinfällig. Im Interesse der Hausgemeinschaft schlagen wir vor, die Angelegenheit ruhen zu lassen.“

Mit der Klage hat der Kläger, gestützt auf Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, Auskunft über die bei der Beklagten verarbeiteten, ihn betreffenden personenbezogenen Daten verlangt, einschließlich der Auskunft darüber, welcher seiner Mitbewohner sich über ihn beschwert haben soll, ferner die Zahlung von Schmerzensgeld und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, wobei es einen Teil der Auskünfte als erteilt und die diesbezüglichen Ansprüche daher als erfüllt angesehen hat. Mit der Berufung hat der Kläger von den Auskunftsansprüchen nur noch den nicht erfüllten Anspruch auf Auskunft über die Person des Mitbewohners, der sich bei der Beklagten über ihn beschwert haben soll, aufrechterhalten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den in der Berufungsinstanz gestellten Auskunftsantrag und den Antrag auf Erstattung diesbezüglicher vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren relevant, ausgeführt, der Kläger könne die Auskunft nicht gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO verlangen. Bei den Daten „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ in Verbindung mit dem Schreiben der Beklagten vom 31. Juli 2019 handle es sich zwar wegen des hergestellten Bezugs zu der Wohnung des Klägers um personenbezogene Daten, die mittelbar den Kläger beträfen. Diese seien auch von der Beklagten dadurch verarbeitet worden, dass sie die Daten in dem Schreiben genannt und zum Anlass für eine Wohnungsbesichtigung genommen habe. Die Beklagte sei Verantwortliche im Sinne der DS-GVO. Ob die Daten, die der Beklagten von dritter Seite ohne deren Zutun zugetragen worden seien, im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO erhoben worden seien, könne dahinstehen. Denn ein Anspruch auf Auskunft auf alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten bestehe deshalb nicht, weil die Beklagte im Falle der Preisgabe des Namens der Person, die sich beschwerte, entgegen deren datenschutzrechtlichen Interessen handeln würde. Aus Erwägungsgrund 63 Sätze 5, 6 DS-GVO ergebe sich, dass Rechte anderer Personen nicht beeinträchtigt werden dürften, dass dies aber nicht zu einer Verweigerung der Auskunft führen dürfe, weshalb eine umfassende Abwägung stattzufinden habe. Art. 15 Abs. 4 DS-GVO sei insoweit analog auf Art. 15 Abs. 1 DS-GVO anzuwenden. Hier sei das Auskunftsinteresse des Klägers gegen das Datenschutzinteresse Dritter, aber auch gegen das Interesse der Hausverwaltung an einer sachgerechten und effektiven Aufgabenerfüllung, darunter auch der Erhaltung der Ordnung und des Friedens in der Hausgemeinschaft, abzuwägen. Die Abwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Mit der Auskunftserteilung würde die Beklagte, sofern sie den Namen eines oder mehrerer Hausmitbewohner gegenüber dem Kläger preisgeben müsste, die aus der Datenschutz-Grundverordnung gleichermaßen resultierenden Datenschutzrechte dieser Personen verletzen. Die von der Beklagten vorzunehmende Abwägung der Interessen der Beteiligten lasse es im Ergebnis – gerade im Rahmen der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gegenüber den Mitbewohnern – zumindest als sehr gut vertretbar erscheinen, das Auskunftsrecht des Klägers zu verneinen. Mitbewohner des Klägers müssten, wenn sie nicht wider besseres Wissen handelten, wofür hier nichts ersichtlich sei, die Möglichkeit haben, sich über vermeintliche Missstände im Haus gegenüber der Verwaltung zu beschweren, damit diese geeignete Abhilfemaßnahmen treffe. Dabei dürfe jeder Mitbewohner, sofern es sich um sachliche Informationen handle, erwarten, dass seine Information geeignet verwertet, dabei aber dennoch so vertraulich wie möglich behandelt werde. Gäbe die Hausverwaltung die Namen von Beschwerdeführern direkt weiter, trüge dies nicht zum Hausfrieden bei und wäre einer sachlichen Abklärung abträglich. Es bestünde dann die Gefahr, dass sich niemand mehr (vertraulich) an die Hausverwaltung wenden würde, um Missstände im Haus anzuzeigen und um deren Abhilfe zu bitten. Zudem handle es sich bei der an die Beklagte herangetragenen Information um ein einmaliges Ereignis.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch des Klägers auf Auskunft über die Person, die sich bei der Beklagten über ihn beschwert haben soll (im Folgenden: Hinweisgeber), nicht verneint werden. Der Anspruch bestünde vorliegend nur dann nicht, wenn das Interesse des Hinweisgebers daran, dass seine diesbezüglichen Daten nicht weitergegeben werden, oder berücksichtigungsfähige Interessen der Beklagten das Auskunftsrecht des Klägers überwögen. Dies ist auf der Grundlage des vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Verfahrensstoffs (§ 559 ZPO) nicht der Fall.

1. Der Antrag des Klägers, die Beklagte zur Auskunft „über die Person des Mitbewohners, der sich bei der Beklagten über ihn beschwert haben soll“, zu verurteilen, ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger Auskunft darüber begehrt, von wem die Information über starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus unter Bezugnahme auf seine Wohnung stammt.

2. Der Kläger stützt seinen Auskunftsanspruch auf Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO. Gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 1 DS-GVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall, hat sie gemäß Halbsatz 2 ein Recht auf Auskunft über diese Daten und gemäß Halbsatz 2 lit. g ein Recht auf alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten, wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden.

Nach dem revisionsrechtlich gemäß § 559 ZPO zugrunde zu legenden Verfahrensstoff sind die Voraussetzungen dieses Auskunftsanspruchs zunächst – das heißt ungeachtet etwaiger Einschränkungen durch Rechte und Freiheiten Dritter (dazu unten 3.) – erfüllt.

a) Die Datenschutz-Grundverordnung ist anwendbar. Neben dem zeitlichen und räumlichen ist auch ihr sachlicher Anwendungsbereich eröffnet. Gemäß Art. 2 Abs. 1 DS-GVO gilt diese Verordnung für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Nach Art. 4 Nr. 6 DS-GVO bezeichnet „Dateisystem“ jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird. Die Beklagte speichert ausweislich der von ihr dem Kläger bereits erteilten Auskünfte die Daten ihrer Mieter nach bestimmten Kategorien und verarbeitet so auch die personenbezogenen Daten des Klägers. Sie ist „Verantwortlicher“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 Halbsatz 1 DS-GVO und damit gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO grundsätzlich auskunftspflichtig.

Bei den Informationen über „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ unter Bezugnahme auf die Wohnung des Klägers, über deren Herkunft der Kläger unter Berufung auf Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO informiert werden möchte, handelt es sich um „personenbezogene Daten“ im Sinne von Art. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 DS-GVO, die den Kläger betreffen. Personenbezogene Daten sind danach alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Nach dieser Definition und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff weit zu verstehen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 2021 – VI ZR 576/19, WM 2021, 1376 Rn. 22 mwN; EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 – Rs. C-434/16, NJW 2018, 767 Rn. 33-35 noch zu Art. 2 lit. a der Richtlinie 95/46/EG). Die Information über „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ enthält für sich genommen noch keinen Bezug zur Wohnung des Klägers und damit mittelbar zum Kläger. Ein solcher Bezug wurde aber dadurch hergestellt, dass diese Information mit der Wohnung des Klägers in Verbindung gebracht wurde. Dies geschah nicht erst durch das Schreiben der Beklagten vom 31. Juli 2019, in dem aufgrund der Beschwerde eine Besichtigung der Wohnung des Klägers angekündigt wurde, sondern schon durch die Beschwerde selbst, wie sich aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schreiben der Beklagten vom 11. September 2019 (Anlage K 5) ergibt. Danach teilte die Beklagte dem Kläger als Antwort auf seine Aufforderung zur Auskunftserteilung über die Person desjenigen, der sich über ihn beschwert haben soll, mit, dass die Beschwerden „bezüglich der Wohnung P.“ nach der Reinigung der Wohnung revidiert worden seien und dass im Interesse der Hausgemeinschaft vorgeschlagen werde, die Angelegenheit ruhen zu lassen. Jedenfalls ist für die Revisionsinstanz der Vortrag des Klägers zu unterstellen, der schon ausweislich seines Antrags davon ausgeht, dass sich bereits die Beschwerde über die Geruchsbelästigung und das Ungeziefer im Treppenhaus auf ihn bezog („über ihn beschwert“).

Die genannten personenbezogenen Daten hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 31. Juli 2019 verwendet, in welchem sie „auf Grund von Beschwerden über starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ eine Besichtigung der Wohnung des Klägers angekündigt hat. Spätestens damit hat sie die Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DS-GVO verarbeitet.

b) Die Daten sind von der Beklagten nicht direkt bei dem Kläger erhoben worden. Dies ist gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO Voraussetzung für das Auskunftsrecht über die Herkunft der Daten, da anderenfalls die betroffene Person über die Herkunft Bescheid wüsste. Dass die Daten ohne Aufforderung der Beklagten durch einen Dritten an diese herangetragen wurden, die Beklagte sich die Daten also nicht aktiv von diesem beschafft hat, ist für das Auskunftsrecht über die Herkunft der Daten ohne Belang. Wie für die Informationspflicht des Verantwortlichen gemäß Art. 14 Abs. 1 DS-GVO für den Fall, dass „die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden“, genügt es auch für die Auskunftspflicht gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO, dass der Verantwortliche die von Dritten – auch Privatpersonen – auf deren eigene Initiative spontan übermittelten Daten verarbeitet hat (vgl. zu Art. 14 DS-GVO: Ingold in Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl., Art. 14 Rn. 8; Dix in Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 2019, Art. 14 DS-GVO Rn. 3; Bäcker in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., Art. 14 DS-GVO Rn. 11). Eine andere – restriktive – Sichtweise ist weder durch den Wortlaut veranlasst noch wäre sie mit Sinn und Zweck des Auskunftsrechts vereinbar.

3. Das Auskunftsrecht des Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO besteht jedoch nicht einschränkungslos. Neben den Einschränkungen, die unter anderem in den – vorliegend nicht einschlägigen – Regelungen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 lit. b und Abs. 3 sowie des § 34 Abs. 1 Nr. 2 BDSG enthalten sind, kann das Auskunftsrecht auch durch Rechte und Freiheiten anderer Personen eingeschränkt sein. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies unmittelbar aus der Datenschutz-Grundverordnung oder über die Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 lit. i DS-GVO erst aus § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG ergibt. Denn in beiden Fällen kommt es für den vorliegenden Fall im Ergebnis insbesondere darauf an, ob das Interesse des Hinweisgebers an der Geheimhaltung seiner Person das Auskunftsinteresse überwiegt. Obwohl die Frage, ob das Auskunftsrecht bereits in der Datenschutz-Grundverordnung eine Beschränkung durch Freiheiten und Rechte Dritter erfährt, durch den Gerichtshof der Europäischen Union bislang nicht zweifelsfrei geklärt ist (auch nicht durch das Urteil vom 20. Dezember 2017 – C-434/16, NJW 2018, 767 Rn. 59-61), kommt daher eine Vorlage dieser Frage an den EuGH nach Art. 267 AEUV mangels Entscheidungserheblichkeit für den vorliegenden Fall nicht in Betracht.

a) Eine Abwägung zwischen den Interessen des Klägers und insbesondere des Hinweisgebers (zu den Interessen der Beklagten s. unten 6 b) wäre für den – sehr naheliegenden – Fall vorzunehmen, dass das Auskunftsrecht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO schon aufgrund einer der Datenschutz-Grundverordnung immanenten Beschränkung die Rechte oder Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen darf.

aa) Der Wortlaut des Art. 15 DS-GVO enthält keine Hinweise darauf, dass das Auskunftsrecht der betroffenen Person aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO beschränkt wäre. Gemäß Art. 15 Abs. 4 DS-GVO darf lediglich das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen. Allerdings lautet Erwägungsgrund 63, der sich mit dem Auskunftsrecht der betroffenen Person befasst, in seinen Sätzen 5 und 6 wie folgt: „Dieses Recht sollte die Rechte und Freiheiten anderer Personen, etwa Geschäftsgeheimnisse oder Rechte des geistigen Eigentums und insbesondere das Urheberrecht an Software, nicht beeinträchtigen. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird.“

Die überwiegende Meinung in der deutschen Kommentarliteratur sieht das Auskunftsrecht gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO durch Rechte und Freiheiten anderer Personen bereits in der Datenschutz-Grundverordnung selbst beschränkt (Specht in Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl., Art. 15 DS-GVO Rn. 22-24, die von einem Redaktionsversehen ausgeht; Schmidt-Wudy in BeckOK, Datenschutzrecht, Stand 1.11.2021, Art. 15 DS-GVO Rn. 96-98, der Art. 15 Abs. 4 DS-GVO analog auf Abs. 1 anwendet; Dix in Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 2019, Art. 15 DS-GVO Rn. 34 f.; Stollhoff in Auernhammer, DSGVO/BDSG, 7. Aufl., Art. 15 DS-GVO Rn. 38; vgl. auch Paal in Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl., Art. 15 DS-GVO, 3. Aufl., Rn. 41 und Franck in Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 33 f.).

bb) Im Hinblick darauf, dass Art. 15 DS-GVO im Lichte der durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) garantierten Grundrechte, insbesondere des Art. 7 (Recht auf Achtung des Privatlebens) und Art. 8 der Charta (Recht auf Schutz personenbezogener Daten) auszulegen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 9. März 2017 – C-398/15, BB 2017, 652 Rn. 39 f. und vom 13. Mai 2014 – C-131/12, NJW 2014, 2257 Rn. 68 f. zu den Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG; zum Anwendungsvorrang der Grundrechte der Charta vgl. BVerfGE 152, 216, Rn. 42 ff. – Recht auf Vergessen II), dass die Datenschutz-Grundverordnung gemäß Art. 1 Abs. 2 DS-GVO die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten schützt und dass auch laut Erwägungsgrund 63 Satz 5 die Rechte und Freiheiten anderer Personen durch die Auskunft nicht beeinträchtigt werden sollen, wäre die Annahme einer einschränkungslosen Gewährung des Auskunftsrechts in Art. 15 Abs. 1 DS-GVO – auch und gerade über die Herkunft von Daten nach Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g – kaum zu begründen. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Charta dürfen personenbezogene Daten nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 2 der Charta hat jede Person das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken. Auf das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kann sich demnach nicht nur der gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO Auskunftsberechtigte berufen, sondern auch derjenige, dessen Daten durch eine Übermittlung im Rahmen der Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO offengelegt würden.

cc) Eine solche Offenlegung durch Übermittlung wäre eine Verarbeitung der personenbezogenen Daten (Art. 4 Nr. 2 DS-GVO), die nur unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DS-GVO rechtmäßig wäre (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Willigt die von der Auskunft über die Herkunft der Daten betroffene Person in die Übermittlung ihrer Daten nicht ein (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a DS-GVO), kommt in einem Fall wie dem vorliegenden nur der Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO in Betracht. Danach wäre die Übermittlung der personenbezogenen Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (hier: der Beklagten) oder eines Dritten (hier: des Klägers im Hinblick auf sein Auskunftsrecht) erforderlich wäre, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (hier: des Hinweisgebers), die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO erfordert also eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen, in deren Rahmen die Bedeutung der betroffenen Rechte, die sich aus den Art. 7 und 8 der Charta ergeben, zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 – C-131/12, NJW 2014, 2257 Rn. 74 zu Art. 7 lit. f der Richtlinie 95/46/EG). Damit eröffnet Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO die Möglichkeit, widerstreitende Unionsgrundrechte Privater in Ausgleich zu bringen (Buchner/Petri in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., Art. 6 DS-GVO Rn. 141; dazu, dass die Grundrechte der Charta auch in privatrechtlichen Streitigkeiten Schutz gewährleisten vgl. BVerfGE 152, 216 Rn. 95, 96, 111 mwN – Recht auf Vergessen II – zur Richtlinie 95/46/EG).

dd) Für den Fall, dass das Auskunftsrecht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO schon aufgrund einer der Datenschutz-Grundverordnung immanenten Beschränkung die Rechte oder Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen darf, käme es nach alledem vorliegend insbesondere darauf an, ob der Hinweisgeber in die Offenlegung seiner Identität gegenüber dem Kläger eingewilligt hat oder ob seine Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten gegenüber dem Auskunftsrecht des Klägers überwiegen (vgl. Dix in Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 2019, Art. 15 DS-GVO Rn. 35).

b) Auf dieselben Gesichtspunkte käme es an, sollte sich die Beschränkung des Auskunftsrechts durch Rechte und Freiheiten Dritter nicht bereits unmittelbar aus der Datenschutz-Grundverordnung ergeben (so Bäcker in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., Art. 15 DS-GVO Rn. 33).

aa) In diesem Fall eröffnet jedenfalls Art. 23 Abs. 1 lit. i DS-GVO unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, das Auskunftsrecht durch ein Gesetz zu beschränken, das den „Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen“ sicherstellt. Eine solche Regelung hat der deutsche Gesetzgeber mit § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG getroffen. Danach besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DS-GVO nicht, soweit durch die Auskunft Informationen offenbart würden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.

bb) Informationen, die ihrem Wesen nach einer Geheimhaltungspflicht unterliegen können, können auch personenbezogene Daten eines Dritten sein, die im Falle der Erteilung der Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO durch Übermittlung offenbart würden. Ob im konkreten Fall eine Geheimhaltungspflicht besteht, bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG nach einer Interessenabwägung im Einzelfall, wobei die berechtigten Interessen des Dritten überwiegen müssen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteile vom 17. März 2021 – 21 Sa 43/20, juris Rn. 60 und vom 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18, BB 2020, 2169, 2175, juris Rn. 207; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 K 337/19, juris Rn. 18; Eßer in Auernhammer, DSGVO/BDSG, 7. Aufl., § 29 BDSG Rn. 15 i.V.m. Rn. 10-12; Herbst in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., § 29 BDSG Rn. 13 i.V.m. 7 ff.; Uwer in BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.11.2021, § 29 BDSG Rn. 14 i.V.m. 10). Es kann dahinstehen, ob und inwieweit im Rahmen der Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 lit. i DS-GVO i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG die Grundrechte des Grundgesetzes zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 152, 152 Rn. 41 ff. – Recht auf Vergessen I zum Medienprivileg; BVerfG, NVwZ 2021, 1211 Rn. 35, 45). Denn jedenfalls überwiegen die hier allein in Betracht kommenden datenschutzrechtlich geschützten Interessen des Hinweisgebers dann nicht, wenn ihre Weitergabe rechtmäßig wäre. Dies bestimmt sich aber nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DS-GVO und damit hier – bei Fehlen einer Einwilligung – nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO. In diesem unionsrechtlich vollständig determinierten Bereich sind wiederum grundsätzlich nicht die deutschen Grundrechte, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich (vgl. BVerfGE 152, 216 Rn. 42 ff. – Recht auf Vergessen II; BVerfG, NVwZ 2021, 1211 Rn. 37 ff.).

4. In die demnach vorzunehmende Abwägung zwischen den Interessen des Auskunftsberechtigten und des Hinweisgebers sind zugunsten des Auskunftsberechtigten Bedeutung, Gewicht und Zweck des Auskunftsrechts über die Herkunft der Daten gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO einzubeziehen. Das Recht jeder Person, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken, ist in Art. 8 Abs. 2 Satz 2 der Charta im Rahmen des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten verbürgt. Es dient dem Zweck, dass sich die betroffene Person der Verarbeitung der sie betreffenden Daten bewusst wird und deren Rechtmäßigkeit überprüfen kann (Erwägungsgrund 63 Satz 1 der DS-GVO). Sie soll sich insbesondere vergewissern können, dass sie betreffende personenbezogene Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden (Senatsurteil vom 15. Juni 2021 – VI ZR 576/19, WM 2021, 1376 Rn. 25 mwN). Das Auskunftsrecht gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist insbesondere erforderlich, um es der betroffenen Person gegebenenfalls zu ermöglichen, von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen etwa die Berichtigung oder Löschung ihrer Daten zu verlangen (vgl. EuGH, Urteile vom 20. Dezember 2017 – Rs. C-434/16, NJW 2018, 757 Rn. 57 und vom 7. Mai 2009 – C-553/07, EuZW 2009, 546 Rn. 51 zur Richtlinie 95/46/EG). Die Pflicht des Verantwortlichen gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO, im Falle der Verarbeitung personenbezogener Daten der betroffenen Person auch alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten zur Verfügung zu stellen, soll die betroffene Person in die Lage versetzen, mögliche Rechte auch gegen die Person oder Stelle geltend zu machen, von der die (möglicherweise unrichtigen oder zu Unrecht weitergegebenen) Daten herrühren (Dix in Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 2019, Art. 15 DS-GVO Rn. 24), um so die „Fehler an der Wurzel anzugehen“ (vgl. Bäcker in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., Art. 14 DS-GVO Rn. 19).

Zugunsten des Hinweisgebers ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass auch dessen Rechte durch Art. 7 Abs. 1 (Achtung des Privatlebens) und Art. 8 (Recht auf Schutz personenbezogener Daten) der Charta verbürgt sind, wobei diese beiden Grundrechte, soweit es um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht, eine einheitliche Schutzverbürgung bilden (vgl. BVerfGE 152, 216, Rn. 99 mwN – Recht auf Vergessen II). Allerdings dürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Charta seine Daten nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage (hier: Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO) verarbeitet werden. Allein der Einwand des auf Auskunft in Anspruch genommenen Verantwortlichen, dem Hinweisgeber – im Ergebnis ohne Rücksicht auf das Auskunftsrecht des Betroffenen – Vertraulichkeit zugesichert zu haben, führt noch nicht zum Recht, dem Auskunftsersuchenden die Information zu verweigern (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. März 2021 – 21 Sa 43/20, juris Rn. 60), ebenso wenig ein pauschaler Verweis auf das Schutzbedürfnis des Hinweisgebers und darauf, dass der Verantwortliche auf dessen Hinweise angewiesen sei (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18, BB 2020, 2169, 2175, juris Rn. 208).

Das Interesse an der Geheimhaltung des Hinweisgebers hat gegenüber dem Auskunftsinteresse regelmäßig dann zurückzutreten, wenn der Hinweisgeber wider besseres Wissen oder leichtfertig unrichtige Angaben zu personenbezogenen Daten der betroffenen Person gemacht hat (vgl. dazu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18, BB 2020, 2169, 2175, juris Rn. 207; Dix in Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 2019, Art. 15 DS-GVO Rn. 35; Eßer in Auernhammer, DSGVO/ BDSG, 7. Aufl., § 29 BDSG Rn. 11 mwN; Uwer in BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.11.2021, § 29 BDSG Rn. 10 mwN). Ob es abgesehen von diesen Fällen auf die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit der vom Hinweisgeber mitgeteilten Daten ankommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hat etwa eine öffentliche Stelle Informationen von einem Hinweisgeber bezogen und würde die Auskunftserteilung über den Hinweisgeber die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben, wie etwa die Kriminalitätsbekämpfung, gefährden, so ermöglicht es Art. 23 Abs. 1 lit. d DS-GVO i.V.m. § 34 Abs. 1 Nr. 1 und § 33 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BDSG, die Auskunft zu verweigern. Im Hinblick darauf, dass die Behörden in dem genannten Aufgabenbereich auf den Einsatz unerkannt bleibender Hinweisgeber angewiesen sein können, kann die im Rahmen dieser Bestimmung gebotene Abwägung im Einzelfall dazu führen, dass die Auskunft über den Hinweisgeber selbst bei objektiver Unrichtigkeit der Angaben verweigert wird (BVerwGE 89, 14, 18 ff., juris Rn. 23 ff. zu § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG a.F.; vgl. auch VerfGH Rheinland-Pfalz, NJW 1999, 2264, 2265 f., juris Rn. 20-27). Demgegenüber kann es etwa bei der Mitteilung solcher personenbezogenen Daten, die wegen ihres ansehensbeeinträchtigenden Charakters das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen können, auf die objektive Richtigkeit der Daten durchaus ankommen. Denn dem Auskunftsberechtigten kann gegenüber dem Hinweisgeber, der ansehensbeeinträchtigende Tatsachen über ihn behauptet hat, unter anderem ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zustehen, wenn sein Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Dies ist bei einer unwahren Tatsachenbehauptung, die anders als in der Regel eine wahre Tatsachenbehauptung nicht hingenommen werden muss, unabhängig vom Verschulden des Hinweisgebers regelmäßig der Fall (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 18. Juni 2019 – VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 21 mwN). Durch die Auskunft über die Identität des Hinweisgebers wird der Auskunftsberechtigte dann in die Lage versetzt, solche Ansprüche gegen die Person, von der die unrichtigen Daten herrühren, geltend zu machen.

Für die Abwägung zwischen dem Recht der betroffenen Person auf Auskunft über die Herkunft personenbezogener Daten durch Benennung des Hinweisgebers gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO und dem Interesse des Hinweisgebers daran, dass seine Identität nicht offengelegt wird, kann demnach die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der von dem Hinweisgeber mitgeteilten personenbezogenen Daten eine maßgebliche, wenn auch nicht die allein entscheidende Rolle spielen.

5. Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung im Einzelfall die Verweigerung der begehrten Auskunft über die Person des Hinweisgebers rechtfertigen sollen, trägt nach allgemeinen Grundsätzen der auf Auskunft in Anspruch genommene Verantwortliche (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18, BB 2020, 2169, 2175, juris Rn. 208 f.; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 K 337/19, juris Rn. 18; Louven in Taeger/Gabel, DSGVO-BDSG-TTDSG, 4. Aufl., § 29 BDSG Rn. 7; Specht in Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 24 i.V.m. 35; Dix in Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 2019, Art. 15 DS-GVO Rn. 24). Dieser darf sich dabei nicht auf bloße Vermutungen stützten, sondern hat die konkreten Tatsachen zu benennen, die das überwiegende Interesse des Hinweisgebers an seiner Geheimhaltung begründen sollen (vgl. Uwer in BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.11.2021, § 29 BDSG Rn. 10 mwN).

6. Nach diesen Maßstäben hält die Abwägung des Berufungsgerichts auf der Grundlage des revisionsrechtlich gemäß § 559 ZPO zugrunde zu legenden Verfahrensstoffs der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Danach ist nicht davon auszugehen, dass durch die vom Kläger verlangte Auskunft über die Herkunft der von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten („starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ mit Bezug zur Wohnung des Klägers) die Rechte und Freiheiten des Hinweisgebers beeinträchtigt würden. Denn die Offenlegung der Identität des Hinweisgebers gegenüber dem Kläger durch die Beklagte als Verantwortliche wäre, auch wenn der Hinweisgeber – was nicht festgestellt ist – in diese nicht eingewilligt haben sollte, gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO rechtmäßig. Sie wäre zur Wahrung des berechtigten Interesses des Klägers, nämlich seines Rechtes auf Auskunftserteilung gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO, erforderlich. Die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Hinweisgebers, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwögen demgegenüber nicht.

aa) Das Berufungsgericht hat (in anderem Zusammenhang auf Seite 17 der angefochtenen Entscheidung) ausdrücklich offen gelassen, ob die von der Beklagten verarbeitete Behauptung des Hinweisgebers über „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ mit Bezug zur Wohnung des Klägers sachlich richtig war. Es hat lediglich festgestellt, es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von einer anderen Person wider besseres Wissen oder böswillig denunziert worden sei, und dies damit begründet, dass sich die Beklagte nach einer Wohnungsbesichtigung die Vorwürfe in ihrem Schreiben vom 15. August 2019 (in dem freilich von einem „verwahrlosten Zustand“ der Wohnung die Rede ist) zu eigen gemacht habe, ohne allerdings zu prüfen, ob dies sachlich berechtigt war. Für die Revisionsinstanz ist daher der Vortrag des Klägers zu unterstellen, die Behauptungen des Hinweisgebers seien unzutreffend gewesen. Es handelt sich bei der Beschwerde auch hinsichtlich der Behauptung „starke Geruchsbelästigung“, jedenfalls im Kontext mit der Beschwerde über „Ungeziefer im Treppenhaus“, nicht um eine bloße Meinungsäußerung, die allein persönliches Empfinden zum Gegenstand hat, sondern um einen dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern.

bb) Um aber mögliche Rechte auch gegenüber dem Hinweisgeber geltend zu machen, von dem die unrichtigen Daten herrühren, und so „die Fehler an der Wurzel anzugehen“, benötigt der Kläger die Information, von wem die Angaben stammen. Da es sich bei den Angaben „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ unter Herstellung des Bezugs zur Wohnung des Klägers um ansehensbeeinträchtigende Behauptungen handelt, liegt bei der hier zu unterstellenden Unwahrheit dieser Behauptung ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gegen den Hinweisgeber auf Unterlassung der Behauptung zumindest nahe.

cc) Für ein konkretes Schutzbedürfnis des Hinweisgebers, das ausnahmsweise trotz sachlicher Unrichtigkeit der von ihm herrührenden Daten ein das Auskunftsrecht des Klägers überwiegendes Geheimhaltungsinteresse begründen könnte und für das die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast tragen würde, ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nichts ersichtlich. Eine etwaige Erwartung des Mitbewohners, dass seine Beschwerde über angebliche Störungen der Hausordnung vertraulich behandelt wird, genügt jedenfalls dann nicht, wenn seine Beschwerde unrichtige Tatsachenbehauptungen zum Gegenstand hat.

b) Die Verweigerung der Auskunft kann auf der Grundlage des revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Verfahrensstoffs entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht auf das Interesse der beklagten Hausverwaltung an einer sachgerechten und effektiven Aufgabenerfüllung, insbesondere der Erhaltung der Ordnung und des Friedens in der Hausgemeinschaft, gestützt werden.

aa) Es erscheint schon höchst zweifelhaft, ob ein solches Interesse überhaupt unter die „Rechte und Freiheiten anderer Personen“ fällt, die gemäß Erwägungsgrund 63 Satz 5 der DS-GVO oder bei analoger Anwendung des Art. 15 Abs. 4 DS-GVO durch die Auskunft nicht beeinträchtigt werden dürfen und damit als der Datenschutz-Grundverordnung möglicherweise immanente Beschränkung (s.o. 3 a) im Grundsatz die Verweigerung der Auskunft rechtfertigen könnten. Ebenso zweifelhaft ist, ob der Begriff der „Rechte und Freiheiten anderer Personen“ in der Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 lit. i DS-GVO und auf dieser Grundlage der Begriff „berechtigte Interessen eines Dritten“ in § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG im Ausgangspunkt ein Interesse dieser Art überhaupt erfassen kann (laut Uwer in BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.11.2021, § 29 BDSG Rn. 10 sollen unter „berechtigte Interessen“ auch wirtschaftliche oder ideelle Interessen fallen). Selbst wenn dies anzunehmen wäre, würde jedenfalls das Interesse der beklagten Hausverwaltung an einer sachgerechten und effektiven Aufgabenerfüllung nicht das grundrechtlich verbürgte Auskunftsrecht des Klägers über die Herkunft der Daten überwiegen, wenn diese sachlich unrichtig sind, weil sie aus objektiv unrichtigen Behauptungen des Hinweisgebers herrühren. Die Beklagte mag zwar gehalten sein, Behauptungen von Hausbewohnern über die Störung der Hausordnung nachzugehen und sie auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Erweisen sie sich aber als unrichtig, kann der betroffenen Person nicht mit dem Hinweis auf die Hausordnung und den Hausfrieden die Auskunft über die Herkunft dieser Behauptungen verweigert und damit die Möglichkeit genommen werden, etwaige Unterlassungsansprüche gegen den Hinweisgeber geltend zu machen.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht bei Annahme einer Auskunftspflicht über die Identität des Hinweisgebers auch nicht die Gefahr, dass sich niemand mehr an die Hausverwaltung wenden würde, um Missstände im Haus anzuzeigen und um Abhilfe zu bitten. Denn auf Missstände kann auch anonym hingewiesen werden, ohne dass die Anonymität des Hinweisgebers einer Reaktion der Hausverwaltung grundsätzlich entgegenstehen würde. Anders als etwa öffentliche Stellen im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität, die unter Umständen unter Verweis auf § 34 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BDSG die Auskunft verweigern können, weil diese die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben gefährden würde, steht der Hausverwaltung als nichtöffentlicher Stelle diese rechtliche Möglichkeit nicht offen. Sie ist zur Erfüllung ihrer Aufgaben, deren Wahrnehmung nicht – wie im Rahmen des § 33 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BDSG i.V.m. Art. 23 lit. a bis e DS-GVO – dem Schutz wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses dient, grundsätzlich auch nicht darauf angewiesen, dass sie die Identität von Personen, die auf (vermeintliche) Missstände im Haus hinweisen, geheim hält. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist sie daher nicht erst dann zur Auskunft verpflichtet, wenn der Hinweisgeber wider besseres Wissen oder böswillig gehandelt hat.

c) Schließlich stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Umstand, dass es sich bei der an die Beklagte herangetragenen Information um ein einmaliges und nicht um ein wiederholtes Ereignis handelt, keinen Gesichtspunkt dar, der vorliegend die Abwägung zugunsten der Beklagten beeinflussen könnte.

III.

Das Urteil ist im angefochtenen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).

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