Bemessung des Ordnungsgeldes durch Festsetzung von Tagessätzen

05. September 2017
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Schriftzug Ordnungsgeld Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 22.06.2017, Az.: 6 W 49/17

Es ist grundsätzlich möglich, Ordnungsgeld nach § 890 ZPO durch die Festsetzung von Tagessätzen in entsprechender Anwendung von strafrechtlichen Vorschriften zu bestimmen. Hierbei muss jedoch vom Gericht zudem die zur Ahndung erforderliche Tagessatzanzahl sowie die Höhe der verhängten Ersatzordnungshaft angeführt werden, heruntergerechnet auf einen Tag.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 22.06.2017

Az.: 6 W 49/17

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.04.2017 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass als Ersatzordnungshaft ein Tag Ordnungshaft für jeweils 500,- € Ordnungsgeld verhängt wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Beschwerdewert: 5.000,00 €

Gründe

I.

Mit Beschluss – einstweiliger Verfügung – vom 24.11.2016 hat das Landgericht Frankfurt a.M. der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

als „official X authorised TCR developer“ aufzutreten, wenn dies wie aus Anlage AST 5 ersichtlich geschieht.

Gegen diese ihr am 04.01.2017 auf Antrag der Antragstellerin zugestellte einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin keinen Widerspruch eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 28.02.2017 hat die Antragstellerin beantragt, der Antragsgegnerin wegen fortdauernder Zuwiderhandlung ein angemessenes Ordnungsgeld aufzuerlegen (vgl. Bl. 36 ff. d.A.).

Das Landgericht hat gegen die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 12.04.2017 ein Ordnungsgeld von € 5.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, verhängt (Bl. 51 ff. d.A.).

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 21.04.2017 zugestellten Ordnungsmittelbeschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 05.05.2017 (Bl. 63 ff. d.A.), der das Landgericht nicht abgeholfen hat (Bl. 74 ff. d.A.).

Die Antragsgegnerin behauptet, es seien bereits alle offiziellen und aktuellen Eintragungen dieser und ähnlicher Bezeichnungen entfernt worden. Die angegriffene Eintragung „im historischen Teil des Verlaufes“ ihres Internetauftritts sei noch mit Zustimmung von Seiten der Antragstellerin erfolgt. Ihres Erachtens ist die Eintragung zum Zeitpunkt des Ordnungsmittelantrags daher nicht wettbewerbswidrig gewesen, denn die einstweilige Verfügung sei erst mit deren Zustellung wirksam geworden (zu den Einzelheiten, vgl. ihre Schriftsätze vom 27.03.2017 (Bl. 44 ff. d.A.) und 05.05.2017 (Bl. 63 ff. d.A.)).

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den zitierten Beschluss vom 12. April 2017 aufzuheben und lediglich eine Verwarnung auszusprechen, insofern also von der Verhängung eines Ordnungsgeldes abzusehen,

2. hilfsweise das Ordnungsgeld herabzusetzen, und zwar auf maximal 1.000,00.

II.

1. Die gemäß §§ 793, 890 f., 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat weder nach dem Haupt- noch nach dem Hilfsantrag Erfolg.

Das Landgericht hat gegen die Antragsgegnerin mit zutreffender Begründung ein Ordnungsgeld in Höhe von € 5.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, festgesetzt, da diese der einstweiligen Verfügung noch am 28.02.2017 schuldhaft zuwidergehandelt hat.

a) Nach unstreitigem Parteivortrag war der beanstandete Interneteintrag aus dem Jahr 2016 mit dem Hinweis „official X authorised TCR developer“ noch am 28.02.2017 auf der Internetseite „Y“ der Antragsgegnerin abrufbar (vgl. Bl. 38 d.A.).

Dies stellt einen schuldhaften Verstoß gegen die einstweilige Verfügung vom 24.11.2016 dar, da die Antragsgegnerin unmittelbar nach deren Zustellung am 04.01.2017 dafür hätte sorgen müssen, dass sie nicht mehr wie in Anlage AST 5 als „official X authorised TCR developer“ auftritt. Diese Angabe musste sie jedenfalls aus ihrem eigenen Internetauftritt entfernen. Dies hat sie ausweislich des Screenshots vom 28.02.2017 schuldhaft unterlassen. Ob es sich dabei um einen „historischen“ Eintrag handelt, der nicht unmittelbar auf ihrer Startseite angezeigt worden sein mag, spielt grundsätzlich keine Rolle.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig nicht nur in der Unterlassung derartiger Handlungen. Sie umfasst auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. z.B. BGH (U. v. 14.03.2017 – VI ZR 721/15), Rn. 35, bei juris; BGH (B.v. 29.09.2016 – I ZB 34/15) – Rückruf von RESCUE-Produkten, Produktrückruf, Rn. 24, bei juris; BGH (U. v. 18.09.2014 – I ZR 76/13) – CT-Paradies, Rn. 62 ff., bei juris, zur vertraglichen Unterlassungspflicht). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verletzungshandlung – wie vorliegend – eine Dauerhandlung ist, bei der die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (BGH – Rückruf von RESCUE-Produkten, Produktrückruf, Rn. 25 m.w.N., bei juris).

b) Ob die einstweilige Verfügung in der Sache zu Recht ergangen ist, unterliegt im Zwangsvollstreckungs- und damit auch im Beschwerdeverfahren keiner Überprüfung. Hierzu hätte die Antragsgegnerin Widerspruch einlegen müssen. Auf Vollstreckungsebene ist allein entscheidend, ob die Antragsgegnerin einen schuldhaften Verstoß gegen die einstweilige Verfügung begangen hat, der die Verhängung eines Ordnungsmittels rechtfertigt. Für eine bloße „Verwarnung“ besteht weder eine Rechtsgrundlage noch ein Anlass.

c) Der Höhe nach ist das vom Landgericht verhängte Ordnungsgeld nicht zu beanstanden.

Bei der Bemessung der Höhe eines Ordnungsmittels sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung sowie die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten zu berücksichtigen. Eine Titelverletzung soll sich für den Schuldner nicht lohnen. Der Zweck des Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO erfordert daher grundsätzlich die Festsetzung empfindlich hoher Beträge. Dies entspricht sowohl der Funktion des Ordnungsmittels als zivilrechtlicher Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlungen als auch dessen repressivem, strafähnlichem Sanktionscharakter (OLG Frankfurt a.M. (B. v. 17.06.2015 – 6 W 48/15 – Erratum, Rn, 11 m.w.N., bei juris).

Hiervon ausgehend stellt der streitgegenständliche Verstoß eine erhebliche Zuwiderhandlung gegen die Verbotsverfügung dar. Die noch am 28.02.2017 abrufbare Internetseite der Antragsgegnerin (Bl. 38 d.A.) stimmt mit derjenigen in Anlage AST 5 überein, die in der einstweiligen Verfügung konkret in Bezug genommen worden ist (Bl. 14 d.A.). Dies rechtfertigt die Annahme eines erheblichen Verschuldens der Antragsgegnerin, die hinsichtlich der konkreten Internetseite von Anfang Januar bis Ende Februar 2017 nichts Erkennbares zur Beseitigung der andauernden Störung unternommen hat. Da die zu unterlassende Angabe den unzutreffenden Eindruck einer offiziellen Partnerschaft mit der Antragstellerin erweckt, kann sie für die Antragsgegnerin in deren Geschäftsfeld – dem Umbau von Fahrzeugen für Motorsportrennen – zudem mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen verbunden sein. Trotz des erstmaligen Verstoßes ist daher bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ein Ordnungsgeld von € 5.000,00 nicht zu hoch, um die begangene Übertretung der Antragsgegnerin zu ahnden und diese künftig zu einem titelkonformen Verhalten anzuhalten.

Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes trägt auch den wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragsgegnerin Rechnung (vgl. hierzu BGH GRUR 2017, 318 – Dügida). Zu diesem Zweck kann auch im Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO in entsprechender Anwendung strafrechtlicher Vorschriften das Ordnungsgeld durch Festsetzung eines Tagessatzes und der zur Ahndung erforderlichen Tagessatzanzahl bestimmt werden (BGH a.a.O., Tz. 19 ff.). Im vorliegenden Fall erscheint angesichts des Unternehmenszuschnitts der Antragsgegnerin ein Tagessatz von 500,- € sowie die Verhängung von 10 Tagessätzen angemessen. Dementsprechend war – was das Landgericht versäumt hat – auch die Höhe der verhängten Ersatzordnungshaft auf einen Tag Ordnungshaft für jeweils 500,- € Ordnungsgeld festzusetzen (vgl. auch hierzu BGH a.a.O. Tz. 28).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 891 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

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