Top-Urteil

BGH zu den Grenzen kommunaler Internetportale

12. August 2022
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Mann sitzt vor Laptop auf dem ein Blog geöffnet ist Urteil des BGH vom 14.07.2022, Az.: I ZR 97/21

Ein Verlag klagte gegen eine Stadt, die ein Internetportal betreibt, das nicht nur zur Veröffentlichung amtliche Mitteilungen, sondern auf für redaktionelle Inhalte genutzt wird. Der Verlag klagte auf Unterlassung, da ihrer Meinung nach die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit überschritten werden und wegen Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse ein Wettbewerbsverstoß vorliege (§ 3a UWG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG). Der BGH wies die Revision zurück. Das Gericht stellte fest, dass es bei Online-Informationsangeboten – im Gegensatz zu Druckerzeugnissen – weniger auf das Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen ankommt. Maßgebend für eine Gesamtbetrachtung ist vor allem, ob durch die das Gebot der Staatsferne verletzende Beiträge das Gesamtangebot geprägt wird.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 14.07.2022

Az.: I ZR 97/21

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Juni 2021 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Verlag und vertreibt neben Tageszeitungen in Form von Printmedien auch digitale Medien, zum Beispiel das Nachrichtenportal „R. „. Die beklagte Stadt betreibt die Internetseite „dortmund.de“. Auf diesem Stadtportal werden neben amtlichen Mitteilungen auch redaktionelle Inhalte veröffentlicht. Nach der Eigenwerbung soll das Stadtportal „dortmund.de“ umfassend und aktuell über das Geschehen in Stadt, Verwaltung und Stadtbezirken informieren, die neuesten Meldungen veröffentlichen und Veranstaltungen bekannt machen. Unter dem Stichwort „Dortmund Redaktion“ fand sich jedenfalls im Mai 2017 folgender Eintrag:

Wie hat Dortmund die BVB-Meisterschaft gefeiert? Wo sehen Bürger Highlights bei der nächsten Kulturveranstaltung der City? Kurz: Was bewegt die Stadt? Die Dortmund-Redaktion berichtet umfassend mit journalistischem Know-how in Wort und Bild. Markenzeichen der Redaktion ist die vertiefende Berichterstattung mit Bebilderung rund um alle Dortmunder Themen wie etwa Politik, Sport, Wirtschaft, Kultur, Freizeit. Die schnelle Nachricht, der verständliche Bericht, der Newsticker zu speziellen Anlässen gehören genauso zum Repertoire und lebendige Interviews mit Menschen dieser Stadt. Je nach Anlass ziehen informative oder emotionsgeladene Bilderstrecken den Betrachter in den Bann. Außerdem dokumentiert die Redaktion Ereignisse, die für die Stadt eine besondere Bedeutung haben, mit Texten und Fotos, die dann auf dem Internetportal oder in gedruckter Form von Interessierten nachzulesen sind.

Die Internetseite „dortmund.de“ war im Mai 2017 in die Hauptrubriken „Leben in Dortmund“, „Freizeit und Kultur“, „Wirtschaft“, „Tourismus“, „Rathaus & Bürgerservice“ und diese wiederum in Unterrubriken gegliedert. Zu diesem Zeitpunkt fand sich dort auch eine (Unter-)Rubrik „Marktplatz“, über die Onlinewerbung verschiedener Anbieter abrufbar war, die zur Finanzierung des Portals beitrug. Am 15. Mai 2017 waren auf dem Stadtportal unter anderem die im Hilfsantrag näher bezeichneten Artikel, Interviews und Veranstaltungshinweise veröffentlicht.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Stadtportal „dortmund.de“ verstoße gegen das Gebot der Staatsferne der Presse und sei deshalb wettbewerbswidrig. Nach erfolgloser Abmahnung hat sie beantragt, der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen,

1. das Telemedienangebot „dortmund.de“ vom 15. Mai 2017 zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, wenn dies geschieht, wie auf dem USB-Stick Anlage K 1 wiedergegeben.

2. Hilfsweise

a. den als Anlage K 2 vorgelegten Artikel „Dreidimensionaler Wasserspaß“

und/oder

b. den als Anlage K 3 vorgelegten Artikel „Geschichten aus’m Viertel“

und/oder

c. den als Anlage K 4 vorgelegten Artikel „Mitleid ist fehl am Platz“

und/oder

d. den als Anlage K 5 vorgelegten Artikel „Lebe Deine Wünsche“

und/oder

e. den als Anlage K 6 vorgelegten Artikel „Hofcafé im Kiez“

und/oder

f. den als Anlage K 7 vorgelegten Artikel „Sehnsucht nach Meer“

und/oder

g. den als Anlage K 8 vorgelegten Artikel „Das Prinzip Sträter“

und/oder

h. den als Anlage K 9 vorgelegten Artikel „Kleiner Treffpunkt Großbritannien“

und/oder

i. das als Anlage K 10 vorgelegte Interview „Wir tragen im Winter keine High Heels“

und/oder

j. das als Anlage K 11 vorgelegte Interview „Glaube. Liebe. Leichenschau“

und/oder

k. das als Anlage K 12 vorgelegte Interview „Dortmunderisch – Beste Sprache, wo gibt“

und/oder

l. das als Anlage K 13 vorgelegte Interview „Der Blog ist mein Baby“

und/oder

m. die Rubrik „Nachrichten-Portal“ (Titelseite – Anlage K 14), soweit darin die als Anlage K 15 vorgelegten Nachrichten enthalten sind,

und/oder

n. die Rubrik „Veranstaltungskalender“ (Titelseite – Anlage K 16), soweit darin die als Anlage K 17 vorgelegten Veranstaltungsankündigungen enthalten sind,

und/oder

o. die Rubrik „Borussia Dortmund“ (Titelseite Anlage K 18)

und/oder

p. die Rubrik „Nightlife“ (Titelseite Anlage K 19), soweit darin die als Anlage K 20 vorgelegten Veröffentlichungen enthalten sind,

zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem USB-Stick Anlage K 1 wiedergegeben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die Beklagte folgende Erklärung abgegeben:

Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber der Klägerin, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,

zu unterlassen,

1. in dem Telemedienangebot „dortmund.de“ entgeltliche kommerzielle Werbung zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen,

2. die Berichterstattung über die BVB-Meisterfeier unter dem Titel „Borussia Dortmund“, soweit es sich um Sportberichterstattung handelt, zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen,

wie geschehen in dem Telemedienangebot „dortmund.de“ aus Mai 2012, abgerufen am 15. Mai 2017.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Beklagte diese Erklärung dahin ergänzt, dass auch unentgeltliche kommerzielle Werbung von der Erklärung umfasst sei.

Das Landgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben (LG Dortmund, AfP 2019, 532). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Hamm, AfP 2021, 348). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen und dazu ausgeführt:

Der Hauptantrag genüge noch den Bestimmtheitsanforderungen, sei aber nicht begründet. Die Klägerin sei als Mitbewerberin aktivlegitimiert und das Betreiben des „Stadtportals“ stelle eine geschäftliche Handlung dar. Eine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse als Marktverhaltensregelung komme im Streitfall grundsätzlich in Betracht. Die einzelnen, im Hilfsantrag aufgeführten Beiträge des streitgegenständlichen Angebots der Beklagten verließen auch jeweils eindeutig den Bereich der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit. Auf der Grundlage des Vortrags der darlegungsbelasteten Klägerin sei jedoch nicht feststellbar, dass der Gesamtcharakter des Angebots geeignet sei, die Institutsgarantie der Pressefreiheit zu gefährden, und einen pressesubstituierenden Gesamtcharakter aufweise. Unabhängig davon fehle die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr, weil eine nochmalige Bereitstellung des – allein von der Antragstellung umfassten – Telemedienangebots vom 15. Mai 2017 durch die Beklagte nicht ernsthaft zu besorgen sei.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu B I). Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche jedoch weder nach dem Hauptantrag (dazu B II) noch nach dem Hilfsantrag (dazu B III) zu.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge zutreffend als hinreichend bestimmt angesehen.

a) Die Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 – I ZR 201/20, GRUR 2022, 229 [juris Rn. 21] = WRP 2022, 318 – ÖKO-TEST III, mwN). Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die beklagte Partei deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. September 2021 – I ZR 90/20, BGHZ 231, 38 [juris Rn. 19] – Influencer I, mwN). Eine hinreichende Bestimmtheit ist für gewöhnlich gegeben, wenn auf die konkrete Verletzungshandlung Bezug genommen wird und der Klageantrag zumindest unter Heranziehung des Klagevortrags unzweideutig erkennen lässt, in welchen Merkmalen des angegriffenen Verhaltens die Grundlage und der Anknüpfungspunkt für den Wettbewerbsverstoß und damit das Unterlassungsgebot liegen soll (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2018 – I ZR 108/17, GRUR 2019, 627 [juris Rn. 15] = WRP 2019, 731 – Deutschland-Kombi; Beschluss vom 4. Februar 2021 – I ZR 79/20, K&R 2021, 333 [juris Rn. 12]).

b) Danach ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Bezugnahme auf den von der Klägerin als Anlage K 1 zu den Akten gereichten USB-Stick, der das beanstandete Telemedienangebot als konkrete Verletzungsform unstreitig vollständig dokumentiert, zur Konkretisierung der Unterlassungsanträge der Klägerin ausreicht.

Der Verlust des USB-Sticks während oder nach Abschluss des Berufungsverfahrens führt im Streitfall nicht zur fehlenden Bestimmtheit der Klageanträge. Die Klägerin hat im Revisionsverfahren einen neuen USB-Stick eingereicht, dessen Inhalt der Anlage K 1 entsprechen soll. Die Beklagte hat einen USB-Stick mit dem Inhalt des ihr ursprünglich mit der Klage zugestellten Datenträgers vorgelegt. Der Senat konnte sich durch einen Abgleich dieser beiden Speichermedien davon überzeugen, dass der Inhalt des von der Klägerin neu eingereichten USB-Sticks dem Inhalt des ursprünglichen USB-Sticks gemäß Anlage K 1 entspricht und wie dieser den angegriffenen Internetauftritt der Beklagten wiedergibt.

2. Die Klageanträge sind auch nicht deswegen unzulässig, weil sie als konkrete Verletzungsform auf einen als Anlage eingereichten USB-Stick Bezug nehmen, der mit einem zukünftigen Urteil nicht zu einer einheitlichen Urkunde verbunden werden kann.

a) Ein Urteilsausspruch muss äußerlich in einer Art und Weise festgelegt werden, dass er auch nach Verkündung bestimmbar bleibt, da andernfalls nach Rechtskraft der Entscheidung und insbesondere bei der Zwangsvollstreckung Unsicherheiten entstehen können. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein, was zur Folge hat, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist. Nur in besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Urteilsausspruchs aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein. In Sonderfällen kann deshalb in der gerichtlichen Entscheidung auch auf Anlagen verwiesen werden, die zu den Akten gegeben worden sind. Die Bestimmtheit der gerichtlichen Entscheidung ist in diesen Fällen nicht davon abhängig, dass die Anlagen mit der Urschrift der Entscheidung körperlich verbunden werden. Bei der späteren Vollstreckung von Unterlassungstiteln kann auf in Bezug genommene, zu den Akten gereichte Anlagen in aller Regel ohne weiteres zurückgegriffen werden (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199 [juris Rn. 13] = WRP 2021, 1295 – Goldhase III, mwN).

b) Das Berufungsgericht hat den Streitfall zutreffend als einen unter diese Rechtsprechung fallenden Ausnahmefall eingestuft. Dabei hat es berücksichtigt, dass der USB-Stick beschädigt werden und als Speichermedium nur für einen begrenzten Zeitraum eine verlässliche Sicherung der Daten leisten kann. Es hat jedoch ebenfalls festgestellt, dass das streitgegenständliche Telemedienangebot in seiner Gesamtwirkung nicht durch die Fertigung von Ausdrucken dargestellt werden kann. Das Berufungsgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass keine andere Möglichkeit besteht, die beanstandete Handlung hinreichend konkret darzustellen, als durch die Nutzung von digitalen Speichermedien. Schon mit Blick auf das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes ist die Bezugnahme auf den USB-Stick mit der darauf gespeicherten konkreten Verletzungsform deshalb zulässig, zumal es für die Begründetheit des Anspruchs auf eine – anders nicht darstellbare – Gesamtbetrachtung des beanstandeten Online-Angebots ankommt. Dem steht nach den dargestellten Maßstäben nicht entgegen, dass der USB-Stick nicht mit einem Urteil zu einer einheitlichen Urkunde verbunden werden kann. Die Zwangsvollstreckung eines Unterlassungstitels obliegt dem Prozessgericht (§ 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das auf die zu den Akten gereichten Anlagen zurückgreifen kann. Der Gefahr eines Verlusts der Anlagen oder ihrer Rückgabe an die Parteien kann entgegengewirkt werden; sie besteht grundsätzlich auch für das Urteil und die Akte (BGH, GRUR 2021, 1199 [juris Rn. 14] – Goldhase III).

II. Der Klägerin steht der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse nicht zu.

1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, § 3a UWG.

2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei dem Gebot der Staatsferne der Presse, auf das sich die Klägerin beruft, um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG handelt.

Das für den Staat bestehende, aus der objektiv-rechtlichen Komponente der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (auch „Institut der freien Presse“, vgl. Grabenwarter in Dürig/Herzog/Scholz, GG, 82. Ergänzungslieferung Januar 2018, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 353; Bonner Kommentar/Degenhart, 185. Lieferung Juli 2017, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG Rn. 40) abgeleitete Gebot, sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse zu betätigen, regelt die Frage, wie sich Hoheitsträger und von Hoheitsträgern beherrschte Unternehmen im Falle ihrer Teilnahme am Wettbewerbsgeschehen auf dem Gebiet der Presse zu verhalten haben. Dieses Gebot ist im Sinne des § 3a UWG zumindest auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Das Gebot der Staatsferne der Presse setzt der am Markt tätigen öffentlichen Hand zugunsten der anderen Marktteilnehmer – insbesondere der institutionell geschützten Presse, aber auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer unabhängigen Information und Meinungsbildung – enge Grenzen. Es soll nicht bestimmte Anbieter von bestimmten Märkten fernhalten, sondern lässt zu, dass private und staatliche Stellen sich in einem überschneidenden Bereich auf dem Markt begegnen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 – I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 19] = WRP 2019, 317 – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

3. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Verstoß gegen diese Marktverhaltensregelung liege nicht vor, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Beurteilung des städtischen Telemedienangebots könne auf die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze für Amtsblätter zurückgegriffen werden. Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden fänden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, namentlich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 78 Abs. 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen (LV NRW). Die institutionelle Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stelle die äußere Grenze für Berichterstattung in staatlichen Telemedienangeboten dar.

Die vom Landgericht als unzulässig beanstandeten Beiträge trügen im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung die Annahme eines jeweiligen Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Sie dienten nicht dazu, Politik verständlich zu machen oder die Bevölkerung über Politik und Recht im jeweiligen Aufgabenkreis zu informieren und staatliche Tätigkeit transparent zu machen.

Im Rahmen der erforderlichen wertenden Betrachtung der Publikation insgesamt begründeten diese Beiträge jedoch keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Die von der Klägerin beanstandeten Beiträge in den einzelnen Rubriken befänden sich jeweils neben einer Vielzahl weiterer Beiträge. Es sei nach dem Klägervortrag nicht feststellbar, dass durch den Betrieb des Stadtportals ein Leserverlust bei der privaten Presse und damit eine dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete. In der Gesamtdarstellung fänden sich zwar redaktionelle Elemente der meinungsbildenden Presse. Allerdings sei das Stadtportal auf Grundlage des zu berücksichtigenden Sach- und Streitstands insgesamt als gemeindliche Publikation erkennbar, die zu einem geringen Teil auch über nicht gemeindliche Themen berichte. Selbst wenn es bei der Fülle an Informationen für die Gesamtbetrachtung auf eine Gewichtung ankomme, sei dem Vorbringen der Klägerin eine derartige Gewichtung der angegriffenen Beiträge nicht zu entnehmen. Vielmehr könne mangels Vortrags nur festgestellt werden, dass die Einzelbeiträge in der Gesamtdarstellung des Stadtportals aufgrund der Fülle von Informationen nahezu „untergingen“. Zudem sei nicht feststellbar, in welchem Zeitraum die Beiträge aktualisiert würden und in welchem Maße die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen dürften, durch das Stadtportal jeweils aktuell über das Geschehen in der Stadt informiert zu werden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

b) Das Gebot der Staatsferne der Presse lässt eine Öffentlichkeits- und Informationsarbeit von Hoheitsträgern nur im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben zu. Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung einer kommunalen Publikation unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 LV NRW gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenznorm, die hinsichtlich gemeindlicher Informationspflichten von § 23 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GemO NRW) konkretisiert wird (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 23] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

aa) Staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation bedeutet Kompetenzwahrnehmung im zugewiesenen Aufgabenbereich. Die Kompetenz zur Staatsleitung schließt als integralen Bestandteil die Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit ein. Staatliche Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur zulässig, sondern notwendig, um den Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten. Darunter fällt namentlich die Darlegung und Erläuterung der Politik hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender Probleme sowie die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über den Bürger unmittelbar betreffende Fragen und wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld der eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit (BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 24] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN). Staatliche Öffentlichkeitsarbeit gestattet damit insbesondere, die Bürgerinnen und Bürger mit solchen Informationen zu versorgen, deren diese zur Mitwirkung an der demokratischen Willensbildung bedürfen (vgl. BVerfG, NJW 2011, 511 [juris Rn. 23]).

bb) Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation danach in der staatlichen Kompetenzordnung, namentlich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 LV NRW. Die Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen (BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 25] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

Der Senat hat in der Entscheidung „Crailsheimer Stadtblatt II“ dazu ausgeführt, dass der Bezugspunkt dieser Allzuständigkeit der Gemeinden die Angelegenheiten sind, die als Aufgaben der kommunalen öffentlichen Verwaltung anzusehen sind (BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 25]; vgl. auch Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, 1989, S. 219 bis 223; Müller-Franken, AfP 2016, 301, 304; vgl. auch Löffler/Cornils, Presserecht, 6. Aufl., § 1 LPG Rn. 172; Fadavian, NWVBl. 2019, 487, 491; Degenhart, AfP 2020, 185, 189 f.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Zuständigkeit der Gemeinde auf Verwaltungshandeln im bürokratisch-technischen Sinne reduziert ist (vgl. insoweit kritisch Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 3 mwN; Jung, Das kommunale Amtsblatt – Inhalt, Ausgestaltung, Präsentation, 2021, S. 65; vgl. auch Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 2). Ein Bezugspunkt für ihre Zuständigkeit kann vielmehr auch bei Angelegenheiten gegeben sein, mit denen sich die Gemeinde aufgrund eigener Betroffenheit im Vorfeld künftiger eigener Aufgabenwahrnehmung befassen darf (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 24] – Crailsheimer Stadtblatt II). Dagegen macht allein ein lokaler oder gemeinschaftsstiftender Bezug eine Angelegenheit noch nicht zu einer solchen der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (aA Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 2 und 9; Winkler, JZ 2019, 367, 368; Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 5; Jung aaO S. 65 f.).

cc) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass weder aus § 23 GemO NRW noch aus § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht weitergehende Äußerungs- und Informationsrechte der Kommune folgen (OLG Hamm, AfP 2021, 348 [juris Rn. 132 bis 136]; vgl. auch BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 26 f.] – Crailsheimer Stadtblatt II; Fadavian, NWVBl. 2019, 487, 491).

c) Die Kompetenz zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt Kommunen nicht jegliche pressemäßige Äußerung, die irgendeinen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft aufweist (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 28] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

aa) Die innere Grenze wird durch den erforderlichen Bezug zur Gemeinde und ihren Aufgaben gesetzt. Kommunale Öffentlichkeitsarbeit ist begrenzt durch das Erfordernis eines spezifischen Orts- und Aufgabenbezugs; die Gemeinde erlangt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 29] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

bb) Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 30] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

(1) Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthält nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in die Pressefreiheit, sondern garantiert als objektive Grundsatznorm die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt. Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für die Meinungsbildung in einer Demokratie unentbehrlich. Die Presse steht als Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seiner gewählten Vertretung. Eine ausufernde hoheitliche Öffentlichkeitsarbeit birgt Gefahren für die Neutralität der Kommunikationsprozesse; die öffentliche Hand muss sich in Art, Frequenz und Umfang in Zurückhaltung üben, zumal staatlichen Publikationen eine erhöhte Glaubwürdigkeit und damit ein besonderes Beeinflussungspotential zukommt (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 31] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

(2) Die Institutsgarantie der Presse ist unabhängig davon einschlägig, dass die Klägerin nicht ein Druckerzeugnis der Beklagten, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstandet.

Für die allein maßgebliche Frage, ob dieses Telemedienangebot die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gezogene äußere Grenze kommunaler Öffentlichkeitsarbeit überschreitet, kommt es nicht darauf an, ob am traditionellen Pressebegriff festzuhalten ist, der an das körperliche Druckerzeugnis anknüpft, oder ob auch Online-Medien in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen (vgl. dazu Grabenwarter in Dürig/Herzog/Scholz aaO Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 250 bis 254 mwN; bejahend für im Internet veröffentlichte Artikel, die im Wesentlichen inhaltsgleich mit der Druckausgabe sind, BVerfG, NJW 2017, 1537 [juris Rn. 16]; zum Schutz der Pressefreiheit für das Setzen eines in eine pressetypische Stellungnahme eingebetteten Links in einem Onlineartikel vgl. BVerfG, NJW 2012, 1205 [juris Rn. 31]).

Das verfassungsrechtliche Gebot, die Presse zur Sicherung der Meinungsvielfalt von staatlichen Einflüssen freizuhalten, bezieht sich nicht nur auf manifeste Gefahren unmittelbarer Lenkung oder Maßregelung der im Bereich der Presse tätigen Unternehmen, sondern weitergehend auf die Verhinderung aller mittelbaren und subtilen Einflussnahmen des Staates (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 18] – Crailsheimer Stadtblatt II). Dazu zählt auch ein ausuferndes Informationshandeln des Staates, gleich in welcher Form, das die Kommunikationsprozesse der freien Presse als Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seiner gewählten Vertretung und damit die Meinungsbildung von unten nach oben gefährdet. Das Gebot der Staatsferne der Presse schützt auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann (vgl. Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 7; vgl. auch Degenhart, K&R Beilage 2016, Nr. 01, S. 1, 14 f.).

cc) Zum Verhältnis der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der institutionellen Garantie der Presse hat der Senat in der Entscheidung „Crailsheimer Stadtblatt II“ ausgeführt, dass die staatsorganisationsrechtliche Kompetenznorm des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, die keine grundrechtliche Position der Gemeinde begründet, die Garantie des Instituts der freien Presse des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht einschränkt (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 32]). Daran ist mit Blick darauf festzuhalten, dass es um einen Konflikt zwischen staatlicher Kompetenz einerseits und grundrechtlicher Freiheit andererseits geht. Die Aussage ist allerdings insoweit zu konkretisieren, als die beiden genannten Verfassungsnormen mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung zu einem sachgerechten Ausgleich zu bringen sind (vgl. Winkler, JZ 2019, 367, 368 mwN; Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 7 bis 10). Im Ergebnis muss dabei jedoch die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG größtmögliche Wirksamkeit erhalten, während die Gemeinde lediglich in der Lage sein muss, ihre Aufgaben zu erfüllen.

dd) Die dargestellten Grenzen kommunaler Öffentlichkeitsarbeit verbieten auch bei einer vermeintlich unzureichenden Versorgung mit Informationen über das örtliche Geschehen durch die private Presse, eine solche angeblich vorhandene Informationslücke durch eine eigene, von amtlichen Bezügen losgelöste Informationstätigkeit zu schließen (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 32] – Crailsheimer Stadtblatt II; aA Katz, DÖV 2019, 261, 267; Leeb/Waldhauser, AnwZert ITR 8/2019 Anm. 2; Jung aaO S. 129 f.; vgl. auch Buhren, LKV 2001, 303, 305). Eine Einflussnahme des Staates auf den Meinungsmarkt könnte mit dem Institut der freien Presse überhaupt nur vereinbar sein, wenn sie wegen der Konkurrenz mit der Fülle der vom Staat unabhängigen Zeitungen und Zeitschriften am Bild der freien Presse substantiell nichts änderte (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 32] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN; Bullinger in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts VII, 3. Aufl., § 163 Rn. 45; Gersdorf, AfP 2016, 293, 201 mwN). Ob und inwieweit dies bei kommunalen Online-Publikationen – im Unterschied zum Markt der klassischen lokalen (Print-)Presse – aufgrund der Informationsfülle im Internet der Fall ist, bedarf der Feststellung im Einzelfall.

d) Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse sind Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 35 bis 39] – Crailsheimer Stadtblatt II). Dabei begründen einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig ist vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet (BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40 f.] – Crailsheimer Stadtblatt II).

e) Von diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat die von der Klägerin konkret beanstandeten – und mit dem Hilfsantrag isoliert angegriffenen – Beiträge mit Ausnahme der Rubrik „Nightlife“ (Anlagen K 19 und K 20) im Rahmen einer Einzelbetrachtung wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse für unzulässig gehalten. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

aa) Die Revision rügt zwar mit Recht, das Berufungsgericht habe mit der Annahme, es sei an die fehlenden Feststellungen des Landgerichts zur Rubrik „Nightlife“ gebunden, seinen Prüfungsumfang gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verkannt. Dieser Rechtsfehler ist jedoch nicht entscheidungserheblich.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, es könne hinsichtlich der Rubrik „Nightlife“ eine Überschreitung der Grenzen zulässiger staatlicher Berichterstattung mangels vom Landgericht getroffener Feststellungen sowie mangels Einwendungen der Beklagten als Berufungsklägerin nicht feststellen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

(2) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269 [juris Rn. 8]). Eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge ist dafür nicht erforderlich. Die dem Berufungsgericht nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils besteht im Fall eines – wie hier – zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge (vgl. BGHZ 158, 269 [juris Rn. 14 und 19 f.]).

(3) Danach durfte das Berufungsgericht die Feststellung, ob die Rubrik „Nightlife“ die Grenzen zulässiger staatlicher Berichterstattung überschreitet, nicht unter Verweis auf fehlende Feststellungen des Landgerichts ablehnen. Es hätte die erforderlichen Feststellungen vielmehr selbst treffen müssen. Daran war es nach den dargestellten Maßstäben auch nicht deshalb gehindert, weil die Beklagte als Berufungsklägerin keine Einwendungen gegen die – für sie vorteilhaften – fehlenden Feststellungen des Landgerichts erhoben hatte.

(4) Dieser Rechtsfehler ist allerdings nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht die Rubrik „Nightlife“ in die wertende Gesamtbetrachtung miteinbezogen hat (vgl. OLG Hamm, AfP 2021, 348 [juris Rn. 197]).

bb) Die Revision nimmt im Übrigen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den einzelnen, mit dem Hilfsantrag beanstandeten Beiträgen als für sie günstig hin. Es ist insoweit auch kein durchgreifender Rechtsfehler ersichtlich.

f) Das Berufungsgericht hat eine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse nach einer wertenden Gesamtbetrachtung des Stadtportals der Beklagten abgelehnt. Auch das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gesamtcharakter des Stadtportals sei nicht geeignet, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Das „Hauptmenü“ des Stadtportals untergliedere sich in eine Vielzahl von Unterrubriken. Die Beiträge gemäß den Anlagen K 2 bis K 9 fänden sich in der Unterrubrik „Stadtgeschichten“ neben 45 weiteren Beiträgen. Die Interviews (Anlagen K 10 bis K 13) seien neben sechs weiteren Interviews aus dem Jahr 2015 und 22 weiteren Interviews aus den Jahren 2010 bis 2014 abrufbar. Das „Nachrichtenportal“ habe zum maßgebenden Zeitpunkt 31 Nachrichten umfasst, von denen die Klägerin acht Beiträge beanstandet habe. Von den 107 Veranstaltungshinweisen im „Veranstaltungskalender“ unter „Freizeit und Kultur“ habe die Klägerin 20 vorgelegt, die sie für unzulässig erachte. Unter der Rubrik „Nightlife“ seien 366 Beiträge zu Veranstaltungen abrufbar gewesen; die Klägerin habe mit der Anlage K 20 nur einen geringen Teil davon gerügt. Bei einer Gesamtbetrachtung bestünden danach keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Pressefreiheit. Das Stadtportal besetze zwar eindeutig auch Themen, deretwegen Zeitungen gekauft würden. Nach dem Klägervortrag sei jedoch nicht feststellbar, dass durch den Betrieb des Stadtportals in der streitgegenständlichen Form ein Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete. Trotz entsprechenden Hinweises habe die Klägerin ihr Vorbringen nicht substantiiert.

Es sei nicht ersichtlich, dass die im Hauptmenü vorrangig eingestellten Rubriken „Leben in Dortmund“ und „Freizeit und Kultur“ allein pressetypische Inhalte wiedergäben. Die darlegungsbelastete Klägerin könne sich in Bezug auf die erforderliche Gesamtbetrachtung nicht auf ein pauschales Vorbringen und die angeblich boulevardmäßige Aufmachung der Beiträge beschränken. Der Senat sei ohne diesbezüglichen Sachvortrag nicht gehalten, das Telemedienangebot (oder auch nur einzelne Rubriken) von Amts wegen auf pressetypische Inhalte zu untersuchen.

Ferner sei nicht feststellbar, dass die beanstandete Berichterstattung einzeln oder in der Gesamtwertung eine besondere Bedeutung hätte oder von herausragendem Interesse sei. Eine von der Klägerin für maßgeblich erachtete Gewichtung der mit dem Hilfsantrag konkret angegriffenen Beiträge für die Gesamtbetrachtung sei dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Rubrik „Marktplatz“ bei der gebotenen Gesamtbetrachtung eine besondere Bedeutung zukomme. Unabhängig davon sei nicht feststellbar, in welchem Zeitraum die jeweiligen Beiträge aktualisiert würden und in welchem Maße die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen dürften, durch Sichtung des Stadtportals jeweils aktuell über das Geschehen in der Stadt informiert zu werden. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

bb) Bei der erforderlichen wertenden Betrachtung der Publikation insgesamt ist neben den inhaltlichen Kriterien insbesondere zu berücksichtigen, wie die Informationen den angesprochenen Gemeindemitgliedern präsentiert werden. Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt, desto eher sind die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und die daraus abgeleitete Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse verletzt. Keinesfalls darf die kommunale Publikation den Lesern eine Fülle von Informationen bieten, die den Erwerb einer Zeitung – jedenfalls subjektiv – entbehrlich macht. Je deutlicher – in Quantität und Qualität – eine kommunale Publikation Themen besetzt, deretwegen Zeitungen gekauft werden, desto wahrscheinlicher ist der Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40] – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN).

Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters der Publikation sind auch ihre optische Gestaltung, redaktionelle Elemente der meinungsbildenden Presse, wie Glossen, Kommentare oder Interviews, und die Frequenz des Vertriebs zu berücksichtigen. Allein die Verwendung pressemäßiger Darstellungselemente und eine regelmäßige Erscheinungsweise führen zwar nicht automatisch zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Die Grenze wird aber überschritten, wenn das Druckwerk nicht mehr als staatliche Publikation erkennbar ist. Eine Anzeigenschaltung ist ebenfalls in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Sie ist nicht generell unzulässig, sondern kann zulässiger, fiskalisch motivierter Randnutzen sein. Erfolgt die Verteilung kostenlos, erhöht sich die Gefahr einer Substitution privater Presse (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 41] – Crailsheimer Stadtblatt II; zur Gefahr der Substitution vgl. auch Ladeur in Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl., 4. Abschnitt Rn. 35).

Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Daher kann für die Gesamtbetrachtung bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne der Presse verletzenden Beiträge besonderes Gewicht haben und das Gesamtangebot prägen. Dafür können Verlinkungen auf diese Beiträge sprechen – zum Beispiel von der Startseite des Informationsangebots – oder der Umstand, dass sie zu den meistgelesenen Beiträgen zählen.

cc) Die Beurteilung des Gesamtcharakters des Stadtportals durch das Berufungsgericht hält den Angriffen der Revision danach stand.

1) Im Rahmen der Gesamtbewertung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht allein auf die unzulässigen Beiträge abzustellen und der Anteil der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit außer Acht zu lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es bei der wertenden Gesamtbetrachtung neben der Qualität auch auf die Quantität der unzulässigen Beiträge an (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40] – Crailsheimer Stadtblatt II). Die Gesamtwürdigung der Publikation schließt daher die Berücksichtigung der Quantität und des Verhältnisses von zulässigen und unzulässigen Beiträgen mit ein.

(2) Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht hätte Feststellungen zur Zulässigkeit der übrigen, von der Klägerin nicht beanstandeten Informationen auf „dortmund.de“ treffen und dabei sämtliche Rubriken umfassend in den Blick nehmen müssen, hat sie damit keinen Erfolg. Es ist nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, unabhängig vom Vortrag der Klägerin den gesamten Inhalt des Telemedienangebots der Beklagten auf Umstände durchzusehen, die in die wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen sein könnten.

Die Klägerin hat mit ihrem Hauptantrag zwar den Internetauftritt der Beklagten insgesamt in Bezug genommen und angegriffen. Das entbindet sie jedoch nicht davon, alle anspruchsbegründenden Tatsachen für einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört neben substantiiertem Vortrag zu einzelnen unzulässigen redaktionellen Beiträgen auch substantiierter Vortrag dazu, dass die wertende Gesamtbetrachtung der Publikation zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse führt. Auf solchen, vom Berufungsgericht übergangenen Vortrag vermag die Revision nicht zu verweisen. Insbesondere ersetzt der Hinweis auf die Selbstdarstellung der Beklagten auf der Internetseite „dortmund.de“, wonach die Dortmund-Redaktion umfassend mit journalistischem Know-How in Wort und Bild berichte und ihr Markenzeichen die vertiefende Berichterstattung mit Bebilderung rund um alle Dortmunder Themen sei, keinen substantiierten Vortrag zur wertenden Gesamtbetrachtung. Mit neuem Vortrag ist die Klägerin in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auch mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass schon die Titel der Rubriken des Stadtportals eine boulevardmäßig aufgemachte Berichterstattung erwarten ließen, hat die Revision daher keinen Erfolg.

(3) Das Berufungsgericht hat auch keine zu strengen Anforderungen an die Feststellung eines pressesubstituierenden Gesamtcharakters sowie einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse gestellt. Die Revision weist zwar mit Recht darauf hin, dass es weder im Rahmen des § 3a UWG noch auf der Ebene des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf eine konkrete Gefährdung der Presse ankommt (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 51] – Crailsheimer Stadtblatt II). Davon ist indes auch das Berufungsgericht bei seiner Annahme, der Gesamtcharakter des Stadtportals sei nicht geeignet, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden, nicht ausgegangen. Wenn es nachfolgend ausführt, es sei auf Grundlage des Vortrags der Klägerin noch nicht feststellbar, dass die Beklagte als Teil des Staates durch das Stadtportal in der streitgegenständlichen Form auf den lokalen Kommunikationsprozess bestimmend Einfluss nehme, hat es lediglich im Rahmen der Gesamtwürdigung auf vom Senat genannte Indizien für eine Gefährdung der Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zurückgegriffen. Danach können Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Pressefreiheit bestehen, wenn die Gemeinde als Teil des Staates auf den lokalen Kommunikationsprozess bestimmend Einfluss nimmt (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40] – Crailsheimer Stadtblatt II). Dasselbe gilt für die von der Revision beanstandeten Ausführungen zu einem möglichen Leserverlust bei der privaten Presse. Auch insoweit hat das Berufungsgericht auf ein vom Senat genanntes Kriterium abgestellt, wonach ein Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten wahrscheinlicher ist, je deutlicher ein erweitertes Amtsblatt Themen besetzt, deretwegen Zeitungen gekauft werden (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40] – Crailsheimer Stadtblatt II).

(4) Mit ihrer Rüge, eine abstrakte Gefährdung der Presse sei im Streitfall von der Klägerin hinreichend nachgewiesen, versucht die Revision lediglich, die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler darzulegen. Soweit sie in diesem Zusammenhang behauptet, im Stadtportal würden Restaurants mit Aussagen zum Ambiente und Essensangebot bis hin zu einzelnen Gerichten angepriesen, was auch gegen die Pflicht zur objektiven und neutralen Amtsführung verstoße und als Schleichwerbung unzulässig sei, verweist die Revision erneut nicht auf vom Berufungsgericht übergangenen Vortrag.

(5) Die Rüge der Revision, die Erwägung des Berufungsgerichts, das Stadtportal sei als gemeindliche Publikation erkennbar, die zu einem geringen Teil auch über nicht gemeindliche Themen berichte, sei rechtlich verfehlt, bleibt ebenfalls erfolglos. Das Berufungsgericht hat einen pressesubstituierenden Charakter nicht (allein) deshalb verneint, weil erkennbar sei, dass es sich um eine Publikation der öffentlichen Hand handele, sondern im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung diesen Umstand lediglich als einen Aspekt unter weiteren berücksichtigt (vgl. dazu BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 41] – Crailsheimer Stadtblatt II). Dass dieses Kriterium in die Gesamtwürdigung einzubeziehen ist, räumt auch die Revision ein.

(6) Ohne Erfolg greift die Revision die Ausführungen des Berufungsgerichts an, es fehle Vortrag zu einer besonderen Gewichtung der angegriffenen Beiträge in der Gesamtbetrachtung. Die Gewichtung einzelner Beiträge ist Bestandteil der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung. Auch hier vermag die Revision nicht auf vom Berufungsgericht übergangenen Vortrag zu verweisen.

(7) Vergebens wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Anzeigenschaltung in der Rubrik „Marktplatz“ komme bei der gebotenen Gesamtbetrachtung keine besondere Bedeutung zu. Eine Anzeigenschaltung ist in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Sie ist aber nicht generell unzulässig, sondern kann zulässige, fiskalisch motivierte Randnutzung sein (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 41] – Crailsheimer Stadtblatt II). Von einer solchen zulässigen Randnutzung ist das Berufungsgericht offensichtlich ausgegangen, wenn es dieser Rubrik keine besondere Bedeutung zugemessen hat.

(8) Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei nicht feststellbar, in welchem Zeitraum die Beiträge aktualisiert würden und in welchem Maße die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen dürften, durch Sichtung des Stadtportals jeweils aktuell über das Geschehen in der Stadt informiert zu werden, lässt den von der Revision gerügten Verstoß gegen § 286 ZPO nicht erkennen. Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass ein in ihrer Eigendarstellung erklärter Anspruch der Dortmund-Redaktion, aktuell über Veranstaltungen und Ereignisse im Stadtgebiet zu berichten, auf den die Revision Bezug nimmt, substantiierten Vortrag der Klägerin zu den beanstandeten Beiträgen und deren Aktualität oder Aktualisierung nicht entbehrlich macht.

(9) Die Revision weist schließlich zwar mit Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht das äußere Erscheinungsbild des Stadtportals nicht ausdrücklich in seine Gesamtbetrachtung einbezogen hat. Dem kommt jedoch keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die Revision meint, die optische Gestaltung des angegriffenen Portals mit Überschriften, Unterüberschriften, umfangreicher Bebilderung und zahlreichen Verlinkungen sei nach Art eines Internet-Presseportals gestaltet, ohne auf vom Berufungsgericht übergangenen vorinstanzlichen Vortrag zu verweisen. Überdies führt allein die Verwendung pressemäßiger Darstellungselemente nicht automatisch zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 41] – Crailsheimer Stadtblatt II) und stellen insbesondere zahlreiche Verlinkungen keine pressetypische, sondern eine internettypische Gestaltung des Stadtportals dar. Es ist der Beklagten weder verwehrt, bei kommunalen Publikationen im Internet auf internettypische Gestaltungen zurückzugreifen, noch ist es ihr grundsätzlich versagt, Überschriften, Unterüberschriften und Bilder zu verwenden. Auf konkreten Vortrag dazu, dass das beanstandete Stadtportal diese Gestaltungselemente in pressesubstituierender Weise nutze, verweist die Revision nicht. Die Anordnung der fünf Hauptrubriken im Navigationsmenü der Startseite spricht ebenfalls nicht für eine pressetypische, sondern für eine internettypische Gestaltung. Dass die Nutzerinnen und Nutzer direkt auf die von der Klägerin beanstandeten Rubriken „Leben in Dortmund“ und „Freizeit & Kultur“ zugreifen können, ohne zum Beispiel die Rubrik „Rathaus & Bürgerservice“ zur Kenntnis nehmen zu müssen, ist ebenso ein internettypisches Gestaltungsmittel.

4. Für die Beurteilung des Hauptantrags kommt es danach nicht mehr darauf an, ob zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorliegt und Wiederholungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gegeben ist.

III. Die Abweisung des Hilfsantrags, mit dem sich die Klägerin gegen bestimmte im Rahmen des Stadtportals „dortmund.de“ veröffentlichte Beiträge – alternativ und kumulativ – wendet, hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf seine rechtliche Beurteilung des Hauptantrags begründet. Auch das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein begründen keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig ist vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40] – Crailsheimer Stadtblatt II).

2. Ein Verbot einzelner Beiträge in einer kommunalen Publikation lässt sich danach nicht erreichen. Einzelne Artikel können schon keinen Substitutionseffekt (vgl. dazu Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 7) haben. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob die Berichterstattung insgesamt einen pressesubstituierenden Gesamtcharakter hat. Für die dafür erforderliche Gesamtbetrachtung müssen die Beiträge jeweils in den Kontext der gesamten Publikation gestellt werden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Mai 2019 – 4 U 180/17, juris Rn. 101). Eine von der Gesamtausgabe losgelöste Würdigung nur der angegriffenen Beiträge – alternativ oder kumulativ – ist nicht möglich, weil es auf die Publikation insgesamt ankommt, nicht auf einzelne ihrer Bestandteile. Das gilt auch für Publikationen im Internet.

C. Die Revision der Klägerin ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

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