Top-Urteil

Es kann nur eine geben: Kräuterbutter in Rollenform!

26. Februar 2024
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Urteil des LG München vom 14.11.2023, Az.: 33 O 15759/22

Vegane Alternativen finden sich bereits für so gut wie jedes tierische Original auf dem Markt. Markenrechtlich gibt es dabei eine Menge Reibungspotential, nicht zuletzt wegen der Verpackung des jeweiligen Produkts. Auch Meggle ging nun erfolgreich gegen einen Anbieter veganer Kräuterbutter vor, denn Kräuterbutter in Rollenform - das kennt man nur von Meggle! Oder?

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland vegane Kräutercreme anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder einzuführen und/oder auszuführen und/oder zu diesem Zweck zu besitzen und/oder vorgenannte Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wenn dies in der nachstehend wiedergegebenen dreidimensionalen Verpackungsaufmachung erfolgt:
(Abbildung)
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann, und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I. begangen hat, und zwar:
a) unter Angabe des Vertriebswegs der in Ziffer I. genannten Waren,
b) durch Angabe von Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen für die diese Waren bestimmt waren,
c) ferner durch Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten und bestellten Ware sowie über die Preise, welche für die Ware bezahlt wurden,
d) ferner durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren gemäß Ziffer I. erzielten Umsätze einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, ergeben.
III. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Waren gemäß Ziffer I. zu vernichten und unverzüglich schriftlich Nachweis hierüber zu erbringen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen aus Zuwiderhandlungen gemäß Ziffer I. entstandenen und/oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen.
V. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
VI. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,- Euro, in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- Euro und in Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,- Euro vorläufig vollstreckbar. In Ziffer V. ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1 Die Klägerin macht gegen die Beklagte kennzeichen- und lauterkeitsrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts-, Vernichtungs- und Schadensersatzansprüche wegen der Herstellung und des Vertriebs einer veganen Kräutercreme in Rollenform geltend.
2 Die Klägerin ist Herstellerin von Milch- und Molkereierzeugnissen mit Sitz in. Das 1887 gegründete Traditionsunternehmen beschäftigt heute weltweit 2.500 Mitarbeiter. Die Klägerin stellt neben anderen Produktkategorien vor allem Butterzubereitungen her, wie insbesondere Kräuter-Butter, Knoblauch-Butter, Kräuter-Butter ohne Knoblauch, jeweils in Rollenform. Auf dem Markt für Kräuterbutter ist die Klägerin in Deutschland ihrem eigenen, von der Beklagten bestrittenen Vortrag nach führend (vgl. Internetausdrucke, Anlage TW 1). Seit einiger Zeit beschäftigt sich die Klägerin intensiv auch mit der Ergänzung ihres Sortiments durch vegane Produkte (vgl. Jahresgesprächsunterlagen, Anlage TW 2 und Internetausdrucke, Anlage TW 3).
3 Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Klägerin hatte diese im Jahr 1968 den Markt für Kräuter-Butter revolutioniert; das Produkt der Klägerin wird auch noch heute durch die Klägerin hergestellt und vertrieben wie nachfolgend beispielhaft abgebildet:
4 Die Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin weist eine längliche Rollenform mit einem kreisrunden Querschnitt auf. Die Rollenverpackung ist aus einer Klarsicht-Verpackung gefertigt, so dass das Produkt, also die Kräuter-Butter als solche, stets durch diese Folie hindurch sichtbar bleibt. Um die Rollenverpackung ist zudem eine Banderole angebracht. Seitlich schließt die Rolle mit einem Clip ab, der die Folie mittig zusammenführt und etwas Folienmaterial überstehen lässt.
5 Die Rollenform ist geschützt durch eine am 13.12.1997 angemeldete und am 23.07.2001 für „Kräuterbutter“ in Klasse 29 zugunsten der Komplementärin der Klägerin eingetragene deutsche dreidimensionale Marke DE 397 59 842
(Abbildung)
(vgl. Registerauszug, Anlage TW 9 sowie Anlage zur dreidimensionalen Markenanmeldung, Anlage TW 27).
6 Die Beklagte stellt ebenfalls Lebensmittel, insbesondere vegane Cremes und Brotaufstriche, her (vgl. Internetausdrucke, Anlage TW 4) und bringt diese in Verkehr, darunter die nachfolgend abgebildete vegane Kräutercreme in einer Rollenform aus Klarsicht-Verpackung (vgl. Abbildungen, Anlage B 4):
(Abbildung)
7 Dabei bezeichnet die Beklagte ihr Produkt auf der Produktverpackung als „Der Kräuterbutter-Klassiker vegan aufgerollt“ wie nachfolgend abgebildet:
(Abbildung)
8 Mit Schreiben vom 27.10.2022 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der von dieser angebotenen veganen Kräuterrolle ab (vgl. Abmahnung, Anlage TW 14). Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.11.2022 ließ die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche zurückweisen.
9 Die Klägerin trägt vor, seit ihrer Einführung im Jahr 1968 habe sich ihre klassische Kräuter-Butter-Rolle als durchschlagender Erfolg erwiesen (zu den von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Umsatzzahlen, Werbeausgaben und Marktanteilen im Einzelnen siehe S. 13/15 der Klageschrift, Bl. 13/15 d. A. sowie S 2/3 der Replik, Bl. 80/81 d. A.). Bis dahin sei dem inländischen Verkehr eine Verpackungsgestaltung für Kräuterbutter in Rollenform und Klarsichtfolie gänzlich unbekannt gewesen, denn Butter sei seit jeher für gewöhnlich in der nachfolgend dargestellten sog. Ziegelform vertrieben worden:
(Abbildung)
10 Die Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin verstanden und geschätzt; nahezu jeder Verbraucher in Deutschland kenne die Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin. Der Wiedererkennungswert sei hoch (vgl. Umfragegutachten, Anlage TW 8). Verbraucher könnten die Kräuter-Butter der Klägerin gerade wegen ihrer außergewöhnlichen Form von anderer Butter und Butterzubereitungen der Wettbewerber unterscheiden.
11 Die Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin setze sich in ihrer Formgestaltung erheblich vom Marktumfeld, welches von rechteckigen Formen dominiert werde, ab (vgl. Abbildungen S. 8 der Klageschrift, Bl. 8 d. A.). Mit ihrer charakteristischen Rollenform verfüge sie über ein Alleinstellungsmerkmal auf dem relevanten Markt für (Kräuter-) Butter einschließlich ihrer veganen Alternativen. Inzwischen versuchten auch andere Hersteller, durch unkonventionelle Formgebung ihrer Produktverpackungen aus dem Marktumfeld herauszustechen und sich von Wettbewerbern abzuheben. Dabei habe sich – mit der Klägerin als Vorreiterin – die Übung herausgebildet, besondere Formgestaltungen von Butter- und Kräuterbutter-Verpackungen als Herkunftshinweis zu verwenden (vgl. Abbildungen S. 9 der Klageschrift, Bl. 9 d. A. sowie Registerauszüge, Anlagen TW 6 und TW 7). Aufgrund ihrer für das Produkt Butter unkonventionellen Gestaltungen blieben solche Verpackungsformen dem Käufer in Erinnerung. Sie dienten den Verbrauchern als Orientierungshilfe beim Einkauf und würden folglich vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Dies gelte im besonderen Maße für die klassische Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin, deren längliche runde Form angesichts der herkömmlichen quaderförmigen Aufmachung, in der Butterprodukte dem Verbraucher ganz überwiegend begegneten, gänzlich unüblich und in hohem Maße auffällig für die in Rede stehenden Waren sei. Das gelte auch für vegane Butterprodukte. Ohnehin würden etwaige Grenzen zwischen herkömmlichen und veganen Nahrungsmitteln zunehmend verschwimmen. Vegane Waren würden heutzutage oftmals von denselben Herstellern neben sonstigen Lebensmitteln hergestellt und vertrieben. Dies zeige nicht zuletzt das Beispiel der Klägerin. Die Unternehmen reagierten damit auf einen anhaltenden Markttrend, wobei die Substituierbarkeit der Produkte durch die visuelle und begriffliche Anlehnung der Ersatzprodukte an die Originalprodukte oftmals unterstrichen werde. Eine Aufteilung zwischen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln gebe es daher in weiten Bereichen kaum noch. Dies treffe auch auf die tatsächliche Kaufsituation zu, in denen die jeweiligen Varianten oftmals in demselben Regal oder Kühlfach angeboten würden (vgl. Abbildungen S. 11/12 der Klageschrift, Bl. 11/12 d. A.).
12 Die Rechte an der Gestaltung ihrer klassischen Kräuter-Butter-Rolle habe die Klägerin seit jeher konsequent durchgesetzt. Sie habe auf diese Weise über Jahrzehnte hinweg Wettbewerber daran gehindert, ihrerseits Butter- und insbesondere Kräuterbutter-Erzeugnisse sowie vergleichbare Produkte in einer Rollenform oder einer rollenähnlichen Form herzustellen und auf den Markt zu bringen. Infolgedessen sei die Klägerin daher praktisch das einzige Unternehmen, das in Deutschland Kräuterbutter in der geschützten Rollenform mit einer Klarsichtfolie, Banderole und seitlichen Clips herstelle und vertreibe. Vergleichbare Produktgestaltungen anderer Hersteller, welche die Strahlkraft der geschützten Rollenform der Klägerin beeinflussen könnten, seien von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Die von der Beklagten angeführten Drittanbieter hielten einen deutlichen Abstand zur Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin ein. Zudem fehle jeglicher Vortrag dazu, ob bzw. in welchem Umfang diese Produkte aktuell auf dem deutschen Markt erhältlich seien, seit wann sie angeblich in der behaupteten Gestaltung hier vertrieben würden und welche wirtschaftliche Bedeutung ihnen zukäme. Auch vor diesem Hintergrund müsse bestritten werden, dass diese Fremdprodukte überhaupt eine relevante Auswirkung auf die Verbraucherwahrnehmung entfalten könnten. Vielmehr nähmen die Verbraucher die zugunsten der Klägerin geschützte Gestaltung auf dem relevanten Markt als einzig wahr.
13 Die Verpackung der Beklagten rufe einen im Vergleich zur klassischen Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin hochgradig ähnlichen Gesamteindruck hervor. Insbesondere habe die Beklagte die längliche Rollenform mit einem kreisrunden Querschnitt sowie die Klarsichtfolie übernommen, so dass der Rolleninhalt wie bei der klassischen Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin teilweise sichtbar sei. Für eine hohe Ähnlichkeit spreche zudem der Umstand, dass die Beklagte ebenfalls eine Banderole verwende. Auch die seitlichen Clips, mit denen die Folie bei der Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin mittig zusammengeführt werde, sei in dem angegriffenen Produkt übernommen worden. Schließlich stehe auch bei dem Produkt der Beklagten, wie bei der Kräuter-Butter-Rolle der Klägerin, an den Enden die Folie etwas über, so dass der Gesamteindruck dem einer Wurst- oder Bonbonverpackung ähnele.
14 Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze die Rechte der Klägerin an der Klagemarke, indem sie vegane Kräutercreme in der klassischen Rollenform der Klägerin herstelle und in Deutschland in Verkehr bringe, die mit der zugunsten der Klägerin geschützten Gestaltung nahezu identisch sei. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folge bereits aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG:
15 Die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil die Markeninhaberin die Klägerin als Lizenznehmerin ausdrücklich ermächtigt habe, die Ansprüche wegen Markenverletzung im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen klageweise durchzusetzen; zudem sei der Klägerin durch die Markeninhaberin eine Einziehungsermächtigung hinsichtlich der Annexansprüche eingeräumt worden (vgl. Ermächtigungsvereinbarung, Anlage TW 24).
16 Unter Berücksichtigung der von Haus aus durchschnittlichen, durch intensive Benutzung gesteigerten Kennzeichnungskraft der aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Klagemarke, der zumindest hochgradigen Warenähnlichkeit sowie der hochgradigen bildlichen Zeichenähnlichkeit bei begrifflicher Identität bestehe hinsichtlich der als Marke benutzten angegriffenen Produktform bereits eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, jedenfalls aber eine solche im weiteren Sinne. Die sich gegenüberstehenden Waren seien aus der Sicht des Verbrauchers weitgehend gleichwertig und substituierbar; sie ähnelten sich in ihrer Art, erfüllten denselben Zweck und würden vom Verbraucher in gleicher Weise verwendet (etwa als Brotaufstrich oder bei Zubereitung oder Verfeinerung von anderen Lebensmitteln und für den Einsatz beim Grillen), verfügten über dieselben Vertriebswege und Verkaufsorte (Supermarktketten) und teilten typischerweise dieselbe betriebliche Herkunft. Sie richteten sich auch an den gleichen Verbraucher, insbesondere bildeten die veganen Verbraucher keinen abgegrenzten Verkehrskreis; unbestritten integriere ein großer Teil der Bevölkerung vegane Lebensmittel in die tägliche Ernährung, ohne sich komplett vegan zu ernähren (vgl. Jahresbericht 2021, Anlage TW 20 sowie Ernährungsreport 2022, Anlage TW 21 und Presseveröffentlichung, Anlage TW 22). Etwaige anderweitige und vorliegend visuell kaum wahrnehmbare Kennzeichnungen auf der angegriffenen Produktgestaltung als sog. Zweitkennzeichnungen könnten die gegebene Zeichenähnlichkeit nicht reduzieren. Verbraucher verließen sich gerade beim Einkauf von Produkten des täglichen Bedarfs auf die optische Gestaltung zur betrieblichen Zuordnung der Waren. Die Beklagte übersehe, dass sich vorliegend die für identisch bzw. hochgradig ähnlich befundenen Waren vor allem an das breite Publikum wendeten, dessen Aufmerksamkeitsgrad je nach Einkaufsverhalten gering bis allenfalls durchschnittlich sein könne. In wirtschaftlicher Hinsicht ziehe der Kauf einer Kräuterbutter keine große Investition nach sich, so dass hier keine vertieften Recherchen vor einer Kaufentscheidung durchgeführt würden, sondern die Entscheidung vielmehr spontan im Supermarkt getroffen werden könne. Häufig würden Produkte daher „auf Sicht“ im Regal ausgewählt und erworben. Dabei spiele die ansprechende Form eines Produkts eine besonders wichtige Rolle. Im Ergebnis liege somit innerhalb der maßgeblichen Gesamtbevölkerung bereits eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor. Jedenfalls aber sei eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Denn aufgrund der nahezu identischen Übernahme der die Klagemarke charakterisierenden Gestaltungsmerkmale dürften die angesprochenen Verkehrskreise die Produktaufmachung der Beklagten mit der Klägerin zumindest gedanklich in Verbindung bringen und fälschlich eine geschäftliche Kooperation oder Lizenzvereinbarung zwischen den Unternehmen unterstellen, die der Beklagten den Vertrieb eines optisch sehr ähnlich aufgemachten Produkts ermögliche.
17 Die angegriffene Verpackungsform sei auch markenmäßig benutzt worden. Denn bestehe zwischen einer verkehrsdurchgesetzten dreidimensionalen Klagemarke und der beanstandeten, für identische oder hochgradig ähnliche Waren verwendeten Form eine hochgradige Ähnlichkeit, so sei im Regelfall davon auszugehen, dass der Verkehr nicht nur die Form der Klagemarke, sondern auch die angegriffene Gestaltung als herkunftshinweisend wahrnehme. Anhaltspunkte dafür, dass der angesprochene Verkehr die angegriffene Gestaltung ausnahmsweise nicht als herkunftshinweisend wahrnehmen sollte, lägen nicht vor. Schließlich sei auch die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
18 Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch wider Erwarten nicht aufgrund der Verletzung der Klagemarke annehmen sollte, stütze sich die Klägerin auf ergänzende Ansprüche auf Basis des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb, insbesondere unter dem Aspekt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch aufgrund unlauterer Nachahmung gemäß § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 3 UWG zu. Die Beklagte biete innerhalb Deutschlands Waren an, deren dreidimensionale Aufmachung eine Nachahmung der Produktaufmachung der Klägerin darstelle, und führe damit zum einen eine vermeidbare Herkunftstäuschung herbei (§ 4 Nr. 3 lit. a) UWG) und nutze darüber hinaus in unangemessener Weise die Wertschätzung der Originalprodukte der Klägerin aus (§ 4 Nr. 3 lit. b) UWG). Die Klägerin sei als Herstellerin der Originalprodukte selbst anspruchsberechtigt und die klägerische Produktaufmachung, die von der Kräuterbutteraufmachung der Beklagten nahezu identisch übernommen werde, besitze eine hohe wettbewerbliche Eigenart.
19 Die Annexansprüche auf Auskunft, Vernichtung und Schadensersatz stünden der Klägerin aus § 19 MarkenG und § 242 BGB, § 18 MarkenG und § 14 Abs. 6 MarkenG bzw. § 9 UWG i.V.m. § 256 ZPO zu. Bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt hatte die Beklagte erkennen können, dass durch die Produktgestaltung in den Schutzbereich der zugunsten der Klägerin geschützten Marke ebenso eingegriffen werde, wie dieser Auftritt zu Verletzungen der individualwie auch drittschützenden Vorschriften des Wettbewerbsrecht führe.
20 Die Klägerin beantragt daher:
1. Der Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an deren Geschäftsführer, untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland vegane Kräutercreme anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder einzuführen und/oder auszuführen und/oder zu diesem Zweck zu besitzen und/oder vorgenannte Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wenn dies in der nachstehend wiedergegebenen dreidimensionalen Verpackungsaufmachung erfolgt:
(Abbildung)
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann, und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziff. 1 begangen hat, und zwar:
a) unter Angabe des Vertriebswegs der in Ziff. 1 genannten Waren,
b) durch Angabe von Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen für die diese Waren bestimmt waren,
c) ferner durch Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten und bestellten Ware sowie über die Preise, welche für die Ware bezahlt wurden,
d) ferner durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren gemäß Ziff. 1 erzielten Umsätze einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, ergeben;
3. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Waren gemäß Ziff. 1 zu vernichten und unverzüglich schriftlich Nachweis hierüber zu erbringen;
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen aus Zuwiderhandlungen gemäß Ziff. 1 entstandenen und/oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen.
21 Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
22 Die Beklagte führt aus, die Verpackung von Lebensmitteln in Klarsichtfolie und in länglicher Rollenform, mit mittiger Banderole und seitlichen Verschlussclips sei weit verbreitet. Von einer einzigartigen Verpackungsform könne nicht die Rede sein. Auch andere Hersteller böten Kräuterbutter in länglichen Verpackungen, in Klarsichtfolie, mit mittiger Banderole und seitlichen Verschlussclips an (vgl. Abbildung S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 58 d. A.). Bei der Verpackung von Kräuterbutter in länglicher Rollenform und in Klarsichtfolie handele es sich um eine sehr naheliegende Verpackung von Kräuterbutter (vgl. Anleitungen, Anlage B 1). Und selbst wenn sich die Verpackung der Klägerin für Kräuterbutter von Verpackungen von Kräuterbutter Dritter abheben würde, würde dies nur für den Bereich von Kräuterbutter gelten. Bei dem Produkt der Beklagten handele es sich indes nicht um Kräuterbutter und nicht einmal Butter, sondern um eine Kräutercreme, die auch nicht als Butterersatzprodukt, sondern als Brotaufstrich beworben werde. Im Butterbereich entspreche es auch nicht den Tatsachen, dass Butter „seit jeher in Ziegelform“ hergestellt werde. Auch das Angebot von Butter in Rollenform sei eine gängige Form, an die der Verkehr gewöhnt sei (vgl. Abbildungen S. 3/4 der Klageerwiderung, Bl. 59/60 d. A.). Es sei mithin nicht richtig, dass die Klägerin mit ihrer angeblich charakteristischen Rollenform über ein Alleinstellungsmerkmal auf dem relevanten Markt „Butter“ verfüge. Die bloße Rollenform stelle aus Sicht des Verkehrs kein maßgebliches Wiedererkennungsmerkmal der Klägerin dar.
23 Auch bei sonstigen Lebensmitteln sei die Verpackung in länglicher Rollenform eine gängige Verpackungsform. So würden – insoweit unstreitig – Lebensmittel vielfältiger Art, wie etwa Sauerkraut, Rotkohl, Eintöpfe und Suppen in länglicher Rollenform in den Supermärkten angeboten, dies wie die klägerische Kräuterbutter in Klarsichtfolie, mit mittiger Banderole und mit seitlichen Clip-Verschließungen (vgl. Abbildung S. 5 der Klageerwiderung, Bl. 61 d. A.). Ferner würden streichbare Lebensmittel, so wie die vegane Kräutercreme der Beklagten, sehr häufig in Rollenform angeboten. Besonders verbreitet sei diese Verpackungsform – insoweit unstreitig – bei Wurstwaren, insbesondere bei Schmierwurst (vgl. Abbildungen S. 6/7 der Klageerwiderung, Bl. 62/63 d. A.).
24 Die Beschreibung der Verpackung der Beklagten durch die Klägerin gehe fehl. Geprägt werde die Verpackung der Kräutercreme der Beklagten durch ihre gedrungene, kompakte Anmutung, die an eine Wurstverpackung erinnere. Auch der durchscheinende bräunliche Inhalt verstärke dies. An eine Kräuterbutterrolle denke man bei dieser Aufmachung jedenfalls nicht. Die Verpackung der veganen Kräutercreme der Beklagten unterscheide sich schon damit maßgeblich von der Verpackung der Klägerin und der Klagemarke, die sich durch eine langgestreckte, schlanke Form auszeichne. Die Proportionen der Verpackungen seien völlig unterschiedlich. Die Beklagte bezeichne ihr Produkt, dies im Fettdruck auf der Verpackung, als „BIO VEGANE KRÄUTER ROLLE“. Das Produkt der Beklagten werde daher in erster Linie als „VEGANE KRÄUTERROLLE“ und nicht als „vegane Kräuterbutter“ präsentiert. Der von der Klägerin beanstandete Zusatz „Der Kräuterbutter-Klassiker, VEGAN AUFGEROLLT“ sei in derart kleiner Schrift daruntergesetzt, dass er auf keinen Fall maßgeblich für die Erreichung der Aufmerksamkeit des Käufers, auf jeden Fall nicht für eine Kaufentscheidung sei. Es sei auch schlichtweg falsch, dass sich auf der Banderole keine auffällige Marke befinde. Auf der Rolle sei deutlich, dies auch noch mit rot hervorgehobenem Hintergrund, die Marke aufgedruckt. Die Bezeichnung „“ sei – insoweit unbestritten – vielfach als Marke für die Beklagte registriert, so zum Beispiel die Unionswortmarke, eingetragen in den Klassen 29 und 30, auch für vegane Brotaufstriche. Auch die seitlichen Verschließungen der Verpackungen würden sich deutlich unterscheiden. Die mittige Zusammenführung sei bei der Verpackung der Beklagten quasi gebunden, bei der Verpackung der Klägerin durch einen festen Ring verschlossen. Die die Verschließungen überlappende „Folie“ bei der Verpackung der Beklagten sei zudem deutlich länger als die der Klagemarke. Die Verschließung mit den Überlappungen der Beklagten erinnere anders als die zusammengeschweißt wirkende Verschließung der Klagemarke ein wenig an die Verschließung durch eine Schleife. Die Behauptung der Klägerin, die Gestaltung der seitlichen Clip-Verschließungen seien von der Klägerin übernommen worden, sei absurd. Abgesehen davon, dass es sich bei der Verschließung einer wurstförmigen Verpackung aus Folie um eine naheliegende Lösung handele, die überlappende Folie ähnlich einer Bonbonverpackung mittig zusammenzuführen, wichen die Verschließungen der Beklagten von den Verschließungen der Klägerin deutlich ab. Überdies seien die Verschließungen auf dem Verpackungsmarkt allgemein verbreitet, so insbesondere bei Schmierwurstverpackungen. Ferner verwende die Beklagte bei ihrer Verpackung keine Folie, sondern Kunstdarm, was einen anderen Gesamteindruck und ein anderes haptisches Gefühl vermittele als die Folienverpackung der Klägerin.
25 Die Beklagte bestreitet, dass die Grenzen zwischen herkömmlichen und veganen Nahrungsmitteln zunehmend verschwömmen. Dass die Hersteller beide Bereiche abzudecken versuchten, sei in markenrechtlicher Hinsicht irrelevant, da es maßgeblich auf die Sicht des Verbrauchers ankomme. Der Verbraucher aber differenziere scharf zwischen klassischen und veganen Lebensmitteln. Milchprodukte, wozu die Kräuterbutter der Klägerin gehöre, und vegane Produkte, wozu die Kräutercreme der Beklagten gehöre, würden selbst in Supermarktketten regelmäßig separiert angeboten (vgl. Abbildungen S. 10/11 der Klageerwiderung, Bl. 66/67 d. A.).
26 Die Beklagte meint, es bestünden weder marken- noch wettbewerbsrechtliche Ansprüche. Die geltend gemachten Ansprüche scheiterten insbesondere daran, dass der Schutzumfang der 3D-Marke der Klägerin allenfalls sehr gering sei, der Verkehr an vergleichbare rollenförmige Lebensmittelverpackungen gewöhnt sei, und sich die Verpackungsform der veganen Kräutercreme der Beklagten hinreichend von der Verpackung der Kräuterbutter der Klägerin unterscheide.
27 Hinsichtlich der markenrechtlichen Ansprüche werde die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Bestritten werde außerdem, dass der Klagemarke eine originäre oder gar gesteigerte Kennzeichnungskraft zukomme. Der Schutzumfang der klägerischen 3D-Marke sei – die Marke sei länger als 10 Jahre eingetragen und könne daher aus diesem Grunde nach § 50 Abs. 2 S. 3 MarkenG nicht gelöscht werden – allenfalls an der untersten Grenze anzusetzen. Der Schutzumfang einer 3D-Marke umfasse nicht die branchenüblichen Grundformen, an die der Verkehr gewöhnt sei. Schutzbegründend seien nur solche Merkmale, die deutlich aus dem Rahmen der gebräuchlichen Gestaltungen auf dem jeweiligen Warengebiet fielen. Bei dem Angebot von Lebensmitteln in Rollenform handele es sich aber um eine gängige Form, an die der Verkehr gewöhnt sei; dies gelte nicht nur für Butter, sondern auch für Kräuterbutter. Der Verkehr sei mithin an derartige Verpackungsformen gewöhnt. Es fehle daher bereits an einer eigentümlichen Form. In jedem Fall aber könne keine erhebliche Abweichung von der Norm oder Branchenüblichkeit festgestellt werden. Die behauptete, angeblich gesteigerte Verkehrsbekanntheit werde bestritten; im Übrigen bestünde diese für Kräuterbutter, nicht aber für sonstige Produkte wie die hier streitgegenständliche vegane Kräutercreme. Die von der Klägerin vorgelegte Verkehrsbefragung belege letztendlich, dass der Schutzbereich der klägerischen 3D-Marke an der untersten Grenze anzusetzen und auf den Bereich von Kräuterbutter beschränkt sei.
28 Es bestehe auch keine hochgradige Warenähnlichkeit. Adressat der Waren der Beklagten seien Veganer, die wiederum nicht Adressat der Ware Kräuterbutter seien. Vegane Verbraucher seien keine Abnehmer der Ware der Klägerin. Es könne keine Rede davon sein, dass die Vergleichswaren, also Kräuterbutter und vegane Kräutercreme, aus Sicht des Verbrauchers gleichwertig oder gar identisch seien. Insbesondere ähnelten sie sich weder in ihrer Art, noch erfüllten sie denselben Zweck. Darüber hinaus verfügten sie auch nicht über dieselben Vertriebswege und teilten auch nicht typischerweise dieselbe betriebliche Herkunft. Es sei nicht richtig, dass die veganen Verbraucher keinen abgegrenzten Verbraucherkreis bildeten, und es sei auch nicht richtig, dass typischerweise auch die betriebliche Herkunft herkömmlicher Lebensmittel und veganer Varianten übereinstimme.
29 Die sich gegenüberstehenden Zeichen seien sich nicht hochgradig ähnlich, sondern würden sich deutlich unterscheiden. Die Klägerin mache Rechte aus ihrer als 3D-Marke eingetragenen Marke geltend. Daher sei diese, und auch nur diese, dem angegriffenen Produkt der Beklagten gegenüberzustellen. Ob und in welcher Form die Klägerin ihr Produkt auf dem Markt anbiete, sei für den Vergleich der sich gegenüberstehenden Zeichen irrelevant. Die Gestaltung des Produkts der Beklagten vermittele aber einen völlig anderen Gesamteindruck als die 3D-Marke der Klägerin. Dies gelte umso mehr, als sich Übereinstimmungen auf die den Schutz der 3D-Marke begründenden Gestaltungsmerkmale beziehen müssten. Sämtliche Gestaltungsmerkmale, die die Klägerin im Rahmen ihres Zeichenvergleichs aufgelistet habe, seien für sich gesehen nicht geeignet, einen Herkunftshinweis zu begründen. Schutzbegründend könne daher allenfalls die Kombination der langgestreckten runden Rollenform, der Klarsichtfolie mit durchscheinendem Inhalt und der seitlichen Clip-Verschließungen sein. Derartige Verpackungen seien im Lebensmittelsektor jedoch weit verbreitet. Die Klagemarke unterscheide sich von diesen weit verbreiteten Verpackungen allenfalls dadurch, dass sie recht lang gestreckt sei und einen schlanken Eindruck vermittele, während die meisten Schmierwurstverpackungen, wie auch die streitgegenständliche Verpackung der Beklagten, deutlich kürzer seien und dadurch einen anderen, nämlich einen gedrungenen Eindruck vermittelten. Die Proportionen seien völlig unterschiedlich. Es stünden sich daher mitnichten zwei hochgradig ähnliche Zeichen gegenüber. Unter Berücksichtigung des engen Schutzbereichs der Klagemarke seien sich die Zeichen vielmehr unähnlich.
30 Im Rahmen der Wechselwirkungslehre sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass der Schutzbereich der Klagemarke an der untersten Grenze anzusetzen sei. Eine Verwechslungsgefahr könnte daher allenfalls dann bestehen, wenn die allenfalls geringe Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Zeichen und/oder einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen würde. Dies aber sei nicht der Fall. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr dergestalt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, bestehe nicht. Klarzustellen sei zunächst, dass die Möglichkeit bloßer assoziativer gedanklicher Verbindungen noch nicht für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreiche. Anhaltspunkte dafür, warum der Verkehr aufgrund der streitgegenständlichen Produktaufmachung der Beklagten von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Parteien ausgehen solle, könnten nicht erkannt werden.
31 Die Beklagte benutze ihre Verpackung außerdem auch nicht markenmäßig. Sie verwende die Verpackungsform nicht als Herkunftshinweis der Waren selbst. Der Verkehr sei nach allgemeiner Rechtsprechung nicht daran gewöhnt, von der Warenform auf die betriebliche Herkunft zu schließen, sondern orientiere sich regelmäßig an der Produktbezeichnung und der Herstellerangabe. Die Verpackung durch Verwendung einer Rollenform in Klarsichtfolie mit durchscheinendem Inhalt, mittiger Banderole und seitlichen Verschlussclips sei im Lebensmittelbereich weit verbreitet. Der Verkehr sei an diese Form gewöhnt. Kein Verbraucher greife nach einem Produkt in Rollenform, ohne auf der Banderole zu schauen, worum es sich bei dem Produkt handele. Der Herkunftshinweis der Verpackung der Beklagten ergebe sich daher nicht aus der Form der Verpackung, sondern aus den diesbezüglichen Angaben auf der Verpackung. Auf der Verpackung der Beklagten aber sei deutlich ein Herstellerhinweis, nämlich die Marke, angebracht. Der streitgegenständlichen Verpackung der Beklagten komme daher keine herkunftshinweisende Funktion zu, die Beklagte benutze ihre Verpackung mithin nicht markenmäßig.
32 Auch der hilfsweise geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 3 UWG bestehe nicht. Es sei weder der Tatbestand der vermeidbaren Herkunftstäuschung noch der der unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung erfüllt. Es werde bestritten, dass der Gestaltung der Kräuterbutterrolle der Klägerin eine hohe wettbewerbliche Eigenart zukomme. Die Verpackungsgestaltung sei weder für Kräuterbutter noch für Butter außergewöhnlich oder gar einzigartig. Es sei vor allem nicht richtig, dass Wettbewerbsprodukte „seit jeher in einem quadratischen Format mit Ecken und Kanten“ angeboten würden. Es könne auch keine Rede von einer identischen Nachahmung sein. Eine Herkunftstäuschung im Sinne des § 4 Nr. 3 a) UWG scheitere bereits daran, dass auf der Verpackung ein eindeutiger Herkunftshinweis, nämlich die Marke, angebracht sei. Eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung nach § 4 Nr. 3 b) UWG wiederum scheitere daran, dass es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um eine Nachahmung handele. Die Verpackung der Beklagten setze sich deutlich von den das Produkt der Klägerin prägenden Gestaltungsmerkmalen ab. Das Produkt der Beklagten vermittele eher den Eindruck einer Schmierwurstverpackung, als dass hier die Verpackung der Klägerin als Vorbild erkennbar wäre. Dies gelte umso mehr, als der durch den Kunstdarm durchscheinende Inhalt des Produkts der Beklagten bräunlich sei. Die Gestaltungen der Produkte würden sich so deutlich unterscheiden, dass ein Imagetransfer ausgeschlossen sei.
33 Mangels marken- und wettbewerbsrechtlicher Verletzungsansprüche bestünden auch die geltend gemachten Annexansprüche nicht.
34 Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 10.10.2023 (Bl. 112/113 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
35 Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin als Lizenznehmerin der Markeninhaberin prozessführungsbefugt.
36 I. Gemäß § 30 Abs. 3 S. 1 MarkenG kann der Lizenznehmer Klage wegen Verletzung einer Marke nur mit Zustimmung ihres Inhabers erheben. Die genannte Vorschrift stellt strukturell eine spezielle Form der gewillkürten Prozessstandschaft dar; das – bei Lizenznehmern ohnehin regelmäßig zu bejahende – rechtliche Interesse des Ermächtigten muss daher nicht gesondert dargelegt und nachgewiesen werden (vgl. BeckOK/Taxhet, MarkenG, 35. Edition, Stand: 01.10.2023, § 30 Rdnr. 91; Ingerl/Rohnke/Nordemann/Czychowski, MarkenG, 4. Auflage, § 30 Rdnr. 92).
37 II. Ausweislich der als Anlage TW 24 vorgelegten Ermächtigungsvereinbarung vom 26.10.2022 hat die Komplementärin der Klägerin als Markeninhaberin der Klägerin eine weltweite Markenlizenz erteilt, von der insbesondere die deutsche 3D-Marke
38 Nr. 397 59 842 (im Folgenden: Klagemarke) erfasst ist. Darüber hinaus hat die Markeninhaberin die Klägerin ermächtigt, alle Ansprüche, die sich aus einer Verletzung der Klagemarke ergeben, gegenüber der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland im eigenen Namen außergerichtlich und/oder gerichtlich geltend zu machen. Die Klägerin ist mithin als gewillkürte Prozesstandschafterin prozessführungsbefugt, was auch die Beklagte nach Vorlage der entsprechenden Ermächtigungsvereinbarung nicht länger in Zweifel zieht.
B.
39 Die Klage ist begründet.
40 Die geltend gemachten Unterlassungs- und Folgeansprüche bestehen schon wegen einer in erster Linie geltend gemachten Verletzung der Klagemarke (nachfolgend I. und II.). Ob der Klägerin darüber hinaus auch lauterkeitsrechtliche Ansprüche aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz zustehen, kann daher dahinstehen (nachfolgend III.).
41 I. Der Unterlassungsanspruch der Markeninhaberin gegen die Beklagte, zu dessen Geltendmachung im eigenen Namen die Klägerin berechtigt ist (siehe hierzu bereits unter A.I und II.), folgt aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG.
42 1. Die Beklagte benutzt die von der Klägerin beanstandete Gestaltungsform der Verpackung ihrer veganen Kräutercreme markenmäßig.
43 a) Voraussetzung eines jedweden kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruchs ist eine funktionsbeeinträchtigende Benutzung, wobei im Falle der Verwechslungsgefahr eine Markenverletzung nach wie vor nur in Betracht kommt, wenn durch die Benutzung des angegriffenen Zeichens oder der angegriffenen Gestaltungsform in die Herkunftsfunktion der Marke als deren Hauptfunktion eingegriffen wird. Dies ist der Fall, wenn die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes zumindest auch der Unterscheidung der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (st. Rspr., vgl. Nachweise bei Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 137 m.w.N.).
44 b) Auch bei einer – wie im Streitfall – dreidimensionalen Marke richtet sich der Schutz des Markenrechts vor allem gegen die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke, nicht gegen die Übernahme technischer Lösungen, Gebrauchseigenschaften oder ästhetischer Gestaltungsgedanken durch Mitbewerber für deren Waren (vgl. BGH GRUR 2007, 780 Rdnr. 22 – Pralinenform).
45 c) Die Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung oder Gestaltung als Herkunftshinweis versteht, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (vgl. BGH GRUR 2010, 1103 Rdnr. 26 – Pralinenform II). Die Einholung eines demoskopischen Gutachtens ist dabei in aller Regel und insbesondere dann nicht veranlasst, wenn der Tatrichter zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 141 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. I ZR 82/08 – CCCP = BeckRS 2010, 16047).
46 Der markenmäßige Gebrauch des angegriffenen Zeichens muss positiv festgestellt werden (vgl. BGH GRUR 2019, 522 Rdnr. 41 und 47 – SAM). Allein aus der Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Klagemarke folgt noch nicht, dass eine mit der geschützten Klagemarke identische Bezeichnung oder Gestaltung in der konkreten Verletzungsform vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1103 Rdnr. 28 – Pralinenform II). Ob eine markenmäßige Benutzung vorliegt, richtet sich auch nicht nach der Zweckbestimmung des Benutzers, sondern nach der Auffassung eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen (st. Rspr., vgl. Nachweise bei Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 139 m.w.N.). Fehlerhaft ist es, auf das Verständnis nur eines kleinen, sei es auch mit angesprochenen Verkehrskreises abzustellen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 137 mit Verweis auf u.a. BGH GRUR 2010, 838 Rdnr. 18 – DDR-Logo).
47 d) Die Verkehrsauffassung wird dabei einerseits durch die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Waren- bzw. Dienstleistungssektor, andererseits durch den konkreten Marktauftritt des angegriffenen Zeichens (z.B. dessen blickfangmäßige Herausstellung) bestimmt, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 139 m.w.N.).
48 Andere Zeichen als die traditionellen Wort- und Bildzeichen fassen die angesprochenen Verkehrskreise im Allgemeinen nicht als Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen auf, denn der Verkehr sieht in der Form einer Ware in erster Linie eine funktionelle und/oder ästhetische Ausgestaltung der Ware, nicht aber einen Herkunftshinweis (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 163 m.w.N. auf u.a. BGH GRUR 2007, 780 Rdnr. 26 – Pralinenform). Eine andere Beurteilung kann aber angezeigt sein, wenn sich auf einem spezifischen Warengebiet Kennzeichnungsgepflogenheiten herausgebildet haben, aufgrund derer der Verkehr daran gewöhnt ist, in der Form oder Farbgestaltung einen Herkunftshinweis zu sehen. Insoweit kann auch schon die Kennzeichnungspraxis eines einzigen bekannten Herstellers die Verkehrsauffassung prägen (vgl. Ströbele/Hacker/ Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 164).
49 Besonders naheliegend ist die Annahme eines markenmäßigen Gebrauchs, wenn die betreffende Waren- oder Verpackungsform oder Farbe sich im Verkehr als Kennzeichen des Markeninhabers durchgesetzt hat und über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. Denn wenn dem Verkehr eine bestimmte Form oder Farbe bereits als Herkunftskennzeichen bekannt ist, wird er diese Herkunftsvorstellung regelmäßig auch auf die von einem Dritten verwendete identische oder weitgehend identische, nicht aber ohne Weiteres auch auf eine bloß irgendwie ähnliche Form oder Farbe übertragen. Bloß durchschnittliche Kennzeichnungskraft bei im Übrigen geringer Bekanntheit genügt dagegen grundsätzlich nicht, es sei denn, die betreffende Form oder Farbe hat ihre durchschnittliche Kennzeichnungskraft im Wege der Verkehrsdurchsetzung gewonnen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/ Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 165 m.w.N.).
50 Eine schematische Betrachtungsweise ist indes zu vermeiden. Es kommt vielmehr immer darauf an, wie bekannt das Klageform- oder -farbzeichen ist und wie sich andererseits dieses oder ein ähnliches Zeichen in der angegriffenen Gestaltung insgesamt ausnimmt. In diesem Zusammenhang kann es auch darauf ankommen, ob die Verletzungsform neben der Form oder Farbe weitere kennzeichnungskräftige Herkunftshinweise aufweist, oder ob dem Verkehr allein oder zumindest auch die Form oder Farbe als Unterscheidungsmittel dargeboten wird (vgl. Ströbele/Hacker/ Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 166). Darüber hinaus kann sich ein markenmäßiger Gebrauch nicht-konventioneller Zeichenformen (auch soweit die Klagemarke keine besondere Bekanntheit aufweist) auch aus der Werbung des Verletzers ergeben, wenn also der Verkehr besonders darauf hingewiesen wird, dass die Form oder Farbe als Herkunftshinweis verstanden werden soll (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 167 mit Verweis auf u.a. OLG Köln BeckRS 2005, 11619 – Wurst in Kleeblatt-Form). Für einen markenmäßigen Gebrauch kann es schließlich auch sprechen, wenn die angegriffene Form oder Farbe eine erhebliche Abweichung vom Branchenüblichen aufweist (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 167 mit Verweis auf u.a. BGH GRUR 2007, 780 Rdnr. 28 – Pralinenform und BGH GRUR 2010, 1103 Rdnr. 31 – Pralinenform II).
51 e) Dies zugrunde gelegt, fasst der angesprochene Verkehr, zu dem auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als durchschnittlich informierte, verständige und situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher und (zumindest potentielle) Käufer von Kräuterbutter und veganer Kräutercreme gehören, und die deshalb nicht nur aufgrund ihrer ständigen Befassung mit Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen in der Lage sind, das Verkehrsverständnis aufgrund ihrer Erfahrungen selbst zu beurteilen (zu Letzterem vgl. OLG München GRUR-RR 2016, 270 Rdnr. 31 – Klosterseer), die von der Beklagten für ihre Kräutercreme gewählte Verpackungsgestaltung – zumindest auch – als Herkunftshinweis auf.
52 aa) Abzustellen ist insoweit auf das Verständnis der Käufer von Kräuterbutter und veganer Kräutercreme und nicht nur auf dasjenige des engeren Verkehrskreises von Veganern. Denn wie die Klägerin zu Recht bemerkt, sind auch sich nicht ausschließlich vegan ernährende Verbraucher dem Erwerb und Konsum rein pflanzlicher Lebensmittel gegenüber durchaus aufgeschlossen, weshalb es rechtsfehlerhaft wäre, auf das Verständnis nur des kleinen, mit angesprochenen Verkehrskreises von Veganern abzustellen.
53 bb) Die Kammer teilt weiter die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass der beim Einkauf alltäglicher Lebensmittel im Supermarkt an den Tag gelegte Aufmerksamkeitsgrad gering bis allenfalls durchschnittlich ist. In derlei Alltagssituationen unterzieht der Durchschnittsverbraucher die Ausstattung niedrigpreisiger Lebensmittel wie Kräuterbutter oder veganer Kräutercreme keiner tiefgreifenden Analyse, sondern die betreffenden Waren werden „auf Sicht“ und „im Vorbeigehen“ aus dem (Kühl-)Regal gegriffen und in den Einkaufskorb gelegt. Anderes mag für unter Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien leidenden oder sich aus sonstigen Gründen ausschließlich vegan ernährenden Käufern gelten, bei denen es sich aber nicht um den hier zugrunde zulegenden normativen Durchschnittsverbraucher handelt.
54 cc) Augenfälligstes Merkmal der veganen Kräutercreme der Beklagten ist aber nicht die kaum wahrnehmbar unterhalb der Schauseite angebrachte (Zweit-)Kennzeichnung „“, sondern – worauf die Beklagte selbst mit dem auf der Banderole prominent angebrachten Claim „Der Kräuterbutter-Klassiker vegan aufgerollt“ anspielt – die Rollenform, die der angesprochene Verkehr seit mindestens der Eintragung der Klagemarke am 23.07.2001 und bis heute ausweislich des als Anlage TW 8 vorgelegten Umfragegutachtens eines renommierten Meinungsforschungsinstituts vom 10.09.2020 im Zusammenhang mit „Kräuterbutter“ der Klägerin zuordnet. Denn wie der als Anlage TW 9 vorgelegte Registerauszug belegt, ist die Klagemarke über drei Jahre nach deren Anmeldung aufgrund Verkehrsdurchsetzung zur Eintragung gelangt, und besitzt diese nach dem genannten rechtsdemoskopischen Gutachten auch im Jahre 2020 noch einen beachtlichen bereinigten Kennzeichnungsgrad von 64,3% bei Käufern von Kräuterbutter und von 52,3% bei potentiellen Käufern von Kräuterbutter. Die Klägerin konnte belegen, dass der Verkehr im Bereich der Kräuterbutter oder Kräutercreme – anders als etwa bei im Streitfall nicht maßgeblichen Suppen, Süßigkeiten und Sauerkraut – nicht an eine Rollenform gewöhnt ist, und die Rollenform der Beklagten daher erheblich vom Branchenüblichen abweicht. Die von der Beklagten gewählte Rollenform ist damit mehr als eine Variante üblicher Ausstattungen im Bereich Kräuterbutter/Kräutercreme und sie erlaubt es daher dem Durchschnittsverbraucher, bereits in der Warenform – ohne eine Prüfung vorzunehmen und ohne besonders aufmerksam zu sein – einen Herkunftshinweis zu sehen. Im Ergebnis schreibt der Verkehr die Rollenform der veganen Kräutercreme der Beklagten mithin nicht einer konkreten Funktion der Ware oder nur ganz allgemein dem Bemühen zu, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (vgl. dazu etwa BGH GRUR 2004, 329 – Käse in Blütenform), sondern er erkennt hierin (zumindest auch) einen Herkunftshinweis, zumal er im maßgeblichen Warensektor Kräuterbutter/Kräutercreme auch nach dem Vorbringen der Beklagten neben der wenig marktpräsenten, von der Klägerin ausschließlich in der deutlich größeren 250g-Verpackung gebilligten „Kräuterbutter“, die mindestens durchschnittlich kennzeichnungskräftige (dazu näher unten B.I.3.b), verkehrsdurchgesetzte Klagemarke als einzige weitere Rollenform vor Augen hat. Der Verkehr hat keinen Anlass, nur die Klagemarke, nicht aber die ihr hochgradig ähnliche angegriffene Gestaltung (dazu näher unten B.I.3.d) bei der Verwendung für hochgradig ähnliche Waren (dazu näher unten B.I.3.c) als herkunftshinweisend anzusehen; auf die Intention der Beklagten kommt es insoweit nicht an (vgl. dazu auch BGH GRUR 2016, 197 Rn. 38 – Bounty in Abgrenzung zu BGH GRUR 2005, 414 – Russisches Schaumgebäck).
55 2. Die Benutzung der angegriffenen Verpackungsform erfolgt durch die Beklagte ohne Zustimmung der Markeninhaberin im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten gewerblichen Tätigkeit und mithin im geschäftlichen Verkehr.
56 3. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht unmittelbare Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne.
57 a) Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. nur BGH GRUR 2010, 1103 Rdnr. 37 – Pralinenform II).
58 b) Die kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragene Klagemarke verfügt über mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
59 aa) Die (originäre) Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 9 Rdnr. 134).
60 bb) Fehlt es einem Zeichen – wie der Klagemarke – an Unterscheidungskraft, kann dieses Eintragungshindernis durch den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung der Marke überwunden werden (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Der Markenschutz, den die Eintragung kraft Verkehrsdurchsetzung vermittelt, ist nicht schwächer als der einer Marke mit originärer Schutzfähigkeit (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Auflage, § 8 Rdnr. 863). Die Eintragung einer Marke als durchgesetztes Zeichen bedeutet aber nicht, dass der Marke im Verletzungsverfahren in jedem Fall zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke hat nur zur Folge, dass er der Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf. Dementsprechend hat der Verletzungsrichter den Grad der Kennzeichnungskraft im Verletzungsverfahren selbständig zu bestimmen; dies gilt auch für Marken, die auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind. Bei solchen Marken wird allerdings regelmäßig von einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden können (vgl. BGH GRUR 2007, 780 Rn. 35 – Pralinenform sowie BGH GRUR 2010, 1103 Rdnr. 40 – Pralinenform II).
61 cc) Dies zugrunde gelegt, ist von einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Klagemarke auszugehen. Auch das als Anlage TW 8 vorgelegte rechtsdemoskopische Gutachten belegt für das Jahr 2020 bereinigte Kennzeichnungsgrade von 64,3% bei Käufern von Kräuterbutter bzw. von 52,3% bei potentiellen Käufern von Kräuterbutter und rechtfertigt damit die Annahme einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft. Ob die langjährige Marktpräsenz der klägerischen Kräuter-Butter-Rolle und die von der Klägerin vorgetragenen – bestrittenen – Umsatzzahlen darüber hinaus die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu begründen vermögen, kann dahingestellt bleiben, da selbst bei Annahme einer nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft wegen der hochgradigen Zeichen- und Warenähnlichkeit Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne besteht.
62 dd) Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch benutzte Drittmarken vermochte die Beklagte demgegenüber nicht darzutun. Die von der Beklagten im maßgeblichen Warensektor angeführten Drittprodukte „Butterrolle“ und „Milde Butter von“ kommen der Klagemarke schon nicht näher als die angegriffene Gestaltung der Beklagten und das Vorhandensein nur einer weiteren ähnlichen Gestaltung, nämlich der „Kräuterbutter“, genügt für sich genommen nicht, um eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke herbeizuführen.
63 c) Die sich gegenüberstehenden Waren „Kräuterbutter“ und „vegane Kräutercreme“ sind hochgradig ähnlich.
64 aa) Eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren ist grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (st. Rspr., vgl. nur BGH GRUR 2014, 488 Rn. 14 – DESPERADOS/DESPERADO).
65 bb) Sowohl Kräuterbutter als auch vegane Kräutercremes werden über den Lebensmitteleinzelhandel und Supermärkte vertrieben. Beide Produkte eignen sich sowohl als Brotaufstrich als auch zum Verfeinern von Soßen und als Grillbeilage und können aus demselben Unternehmen stammen. Demensprechend wirbt auch die Beklagte mit einer entsprechenden Substituierbarkeit und bezeichnet ihre vegane Kräutercreme prominent auf der Banderole als „vegan aufgerollten Kräuterbutter-Klassiker“.
66 d) Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen
(Abbildung)
und
(Abbildung)
besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit.
67 aa) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Übereinstimmungen in nur einer Wahrnehmungskategorie sind für die Feststellung einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr ausreichend (st. Rspr., vgl. Nachweise bei Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 9 Rdnr. 270). Stehen sich – wie vorliegend – dreidimensionale Gestaltungen gegenüber, so kann sich die Zeichenähnlichkeit lediglich in bildlicher oder begrifflicher Hinsicht ergeben (vgl. BGH GRUR 2016, 197 Rn. 37 – Bounty).
68 bb) Neben einer hochgradigen begrifflichen Ähnlichkeit zwischen einer „Kräuter-Butter-Rolle“ und einer „Kräuterrolle“ besteht auch eine hochgradige bildliche Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen. Beide Zeichen bestehen aus einer länglichen Rolle mit einem kreisrunden Querschnitt und verfügen über eine Banderole, die die Rolle umschließt. Beide Zeichen bestehen zudem aus einer durchsichtigen Umhüllung, die den – jeweils dunkel gesprenkelten – Rolleninhalt sichtbar lässt. Beide Zeichen schließen zudem seitlich mit einem Clip ab, der die Hülle mittig zusammenführt. Die nuanciellen Unterschiede bei der Farbe des Inhalts der klägerischen Kräuter-Butter-Rolle und der veganen Kräutercreme der Beklagten spielen für den Zeichenvergleich, bei dem es alleine auf die Klagemarke in der eingetragenen (schwarz-weißen) Form ankommt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 9 Rdnr. 230 m.w.N.), ebenso wenig eine Rolle wie etwaige haptische Unterschiede der Verpackungen oder geschmackliche Abweichungen des darin befindlichen Inhalts. Angesichts dieser augenfälligen Übereinstimmungen fallen die Unterschiede in der Länge des Verpackungsüberstandes und der genauen Proportionen nicht ins Gewicht. Denn für den markenrechtlichen Vergleich zweier Zeichen ist (nur) deren Gesamteindruck maßgeblich, eine zergliedernde Betrachtungsweise ist unzulässig (st. Rspr., vgl. Nachweise bei Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 9 Rdnr. 249). Angesichts der allenfalls mittleren Aufmerksamkeit, die der angesprochene Verkehr den sich gegenüberstehenden Zeichen entgegenbringt, und der undeutlichen Erinnerung, aufgrund derer der Verkehr seine Auffassung gewinnt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 9 Rdnr. 263 m.w.N.), fallen die übereinstimmenden Merkmale beider Zeichen stärker ins Gewicht als die Unterschiede und führt auch die Anbringung einer bei der Präsentation im Kühlregal kaum wahrnehmbaren Zweitkennzeichnung „“ auf der angegriffenen Verpackungsgestaltung der Beklagten nicht aus der gegebenen hochgradigen Zeichenähnlichkeit heraus.
69 e) Infolge der mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und der gegebenen hochgradigen Zeichen- und Warenähnlichkeit besteht unmittelbare Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne.
70 4. Durch die erfolgte Verletzungshandlung ist die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben. Eine die Wiederholungsgefahr ausräumende strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.
71 II. Als Folge des bestehenden Unterlassungsanspruchs sind auch die weiter geltend gemachten Annexansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß § 19 MarkenG und § 242 BGB bzw. § 14 Abs. 6 MarkenG sowie Vernichtung gemäß § 18 Abs. 1 MarkenG gegeben. Insbesondere handelte die Beklagte nach den im Kennzeichenrecht anzulegenden strengen Maßstäben auch mindestens fahrlässig (vgl. Ingerl/Rohnke/Nordemann/Jaworski, Markengesetz, 4. Auflage, Vor §§ 14 – 19d Rdnr. 279). Die Klägerin ist im Wege der Prozessstandschaft auch zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen ermächtigt worden und war daher befugt, Auskunft an sich zu verlangen (vgl. BGH GRUR 2011, 820 Rn. 29 – Kuchenbesteck-Set). Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs hat die Klägerin eine entsprechende Einziehungsermächtigung der Markeninhaberin als Anlage TW 24 vorgelegt (vgl. dazu BGH GRUR 2012, 630 Rn. 51 – CONVERSE II).
72 III. Ob der Klägerin als Herstellerin der streitgegenständlichen Kräuter-Butter-Rolle daneben hilfsweise auch lauterkeitsrechtliche Ansprüche aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz zustehen, kann nach alledem dahinstehen.
C.
73 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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