Internetauftritt entscheidet über gerichtliche Zuständigkeit
Was ist passiert?
Der im Amtsgerichtsbezirk Hersbruck wohnhafte Antragsteller nimmt die Antragsgegnerinnen an seinem Wohnsitzgericht auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung eines Chartervertrags über eine in griechischen Gewässern liegende Yacht in Anspruch, mit der er wegen eines abgefallenen Propellers anders als vertraglich vereinbart nur zwei Tage lang segeln konnte. Nun erlangt er Schadensersatz unter anderem wegen anteiligem Ersatz der Chartergebühr, Mietwagen für den Transfer, sowie Entschädigung für fünf Tage entgangene Urlaubsfreuden. Während die eine Antragsgegnerin ihren Sitz in München hat, hat die andere diesen in Griechenland. Die eigentliche Klage richtet sich gegen beide, weil der Antragsteller es als unklar erachtet, wer Vercharterer und damit ersatzpflichtig ist.
Aus Sicht des Klägers greift zu seinen Gunsten eine Regelung der Verordnung (EU) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen („Brüssel-la-VO“), die in Verbrauchersachen hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit den Wohnsitz des Verbrauchers nennt. Die Antragsgegnerinnen sehen dies naturgemäß anders und sehen die Anwendbarkeit der Brüssel-la-VO als nicht gegeben an. Weil in diesem Punkt keine Klarheit geschaffen werden konnte, wurde die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Prüfung der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorgelegt.
Die Entscheidung des BayObLG
Das BayObLG bestimmte per Beschluss das Amtsgericht Hersbruck als das einheitlich örtlich zuständige Gericht (Beschluss v. 23.07.2020 – 1 AR 31/20) für den Rechtsstreit gegen beide Antragsgegnerinnen.
Zunächst wurde festgestellt, dass die Brüssel-la-VO Anwendung findet, obwohl eine der Antragsgegnerinnen ihren Sitz im selben Mitgliedsstaat der EU hat, wie der Antragsteller. Die Antragsgegnerin in München hatte den fehlenden Auslandsbezug gerügt. Die Feststellung wird damit begründet, dass die Antragsgegnerinnen als Gesamtschuldner verklagt werden, sodass der ausländische Sitz der einen auch für die andere maßgeblich ist. Zudem wurde der Auslandsbezug vor dem Hintergrund bejaht, dass die vercharterte Yacht in griechischen Gewässern lag.
Ganz entscheidend war damit, ob die griechische Antragsgegnerin ihre berufliche/gewerbliche Tätigkeit auf den Mitgliedsstaat in dessen Hoheitsgebiet der Antragsteller seinen Wohnsitz hat, ausgerichtet hat. Art. 17 Abs. 1 c) Brüssel-la-VO bestimmt, dass nur dann die Zuständigkeit nach dieser Rechtsvorschrift begründet wird. An dieser Stelle spielten nun Domain und Internetauftritt eine entscheidende Rolle. Die Domain als solche – eine .com-Top-Level-Domain – wurde vom Gericht als neutral bewertet, ohne dass man aus ihr eine eindeutige Ausrichtung hätte ablesen können. Im Rahmen des Internetauftritts wurden jedoch ihre Leistungen über sechs Vermittler u. a. in Deutschland angeboten. Dies war für die Ausrichtung ausreichend.
Fazit
Es ist durchaus denkbar, dass allein aufgrund einer bestimmten Domain die Ausrichtung als solche schon bejaht werden kann. Man denke sich den Fall, dass eine länderspezifische Endung, wie „.de“ verwendet würde. Gleiches dürfte auch gelten, wenn sich die Domain etwa der Sprachauswahl anpassen würde, z.B. nach dem Schema „www. … .com/de“. Für den vorliegenden Fall lässt sich außerdem festhalten, dass eine neutrale „.com“-Domain wohl auch die Gefahr birgt, dass eine durchaus weite Ausrichtung unterstellt wird.