Kommentar

OLG Koblenz verstößt gegen Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs – BGH korrigiert

30. September 2022
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Richterhammer bei Gericht Kommentar zum Beschluss des BGH vom 02.06.2022, Az.: I ZR 154/21

Der BGH korrigierte das Urteil des OLG Koblenz, in dem es um den markenrechtlichen Streit zwischen einer Stiftung und einem Unternehmen, das eine Gaststätte betreibt und selbst gebrautes Bier verkauft, geht. Laut BGH verstieß das OLG gegen das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, weshalb das gesamte Urteil aufgehoben wurde und zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde.

Was ist passiert?

Klägerin ist eine öffentliche Stiftung bürgerlichen Rechts. Zum Stiftungsvermögen gehört ein Weingut. Die Stiftung ist Inhaberin der Domain „cusanus.de“, außerdem hat sie die Rechte an der deutschen Wortmarke „Cusanus“ für Waren in der Klasse 33 „Wein“.

Beklagte ist ein Unternehmen, das eine Zeit lang unter „Cusanus Betriebs GmbH“ firmierte. Sie betrieb eine Gaststätte unter dem Namen „Bahnhof Cues – Das Brauhaus“. Beworben wurde diese Gaststätte unter der Internetseite „bahnhof-cues.de“, jedoch hatte die Beklagte noch weitere Domains, nämlich „cusanus-brauerei.de“, „cusanusbraeu.de“ und „cusanusbäu.de“, die auf die Seite „bahnhof-cues.de“ weiterleiten. In der Gaststätte wurde selbst gebrautes Bier als „Cusanus Bräu“, aber auch „Cusanus Bräu Likör“, „Cusanus Bräu Brand“, sowie selbstgemachte Limonade als „Cusanus Citrus“ verkauft. Außerdem hat die Beklagte die Rechte an der Wortmarke „Cusanus“ für die Klassen 30 „Brot“, 32 „Bier“ und 43 „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“. Später ließ die Beklagte auch ein Logo als Wort-/Bildmarke eintragen, das sie für ihren Internetauftritt, sowie auf Bierflaschen, -gläsern, und – deckeln verwendet.

Die Klägerin machte im Rahmen ihrer Klage Ansprüche aus Marken-, hilfsweise Namens- und Wettbewerbsrecht geltend. Sie beantragte, dass die Beklagte es unterlassen solle das Zeichen „Cusanus“ und/oder „Cusanus Bräu“ und/oder das von ihr eingetragene Logo weiterhin zur Kennzeichnung ihrer Angebote zu nutzen, sowie es zu unterlassen von den Domains „cusanus-brauerei.de“, „cusanusbraeu.de“ und „cusanusbäu.de“ auf die Seite „bahnhof-cues.de“ weiterzuleiten.

Das Landgericht und auch das Berufungsgericht hatten die Klage abgewiesen. Als Begründung wurde aufgeführt, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den Unternehmensbezeichnungen bestehe, da der Begriff „Cusanus“ nicht als Unternehmensschlagwort der Klägerin geschützt sei. Auch eine Verwechslungsgefahr zu den eingetragenen Zeichen der Beklagten „Cusanus“, „Cusanus Bräu“ und dem Logo bestehe nicht, wegen des großen Unterschieds zwischen den eingetragenen Klassen „Wein“ und „Bier“.

Auch den Unterlassungsanspruch bzgl. der Weiterleitung von den genannten Domains verneinte das Gericht wegen der mangelnden Verwechslungsgefahr zwischen dem Unternehmensschlagwort der Klägerin, „Cusanusstift“, und den Domainnamen. Auch zwischen der eingetragenen Wortmarke der Klägerin und den Domainnamen bestehe keine Verwechslungsgefahr wegen der Verschiedenheit darunter angebotenen Waren.

Das Berufungsgericht ließ keine Revision zu, weshalb die Klägerin im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde weiter ihr Klagebegehren verfolgte.

Entscheidung des BGH

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin war erfolgreich, da das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicherweise verletzt wurde. Die Sache wurde zurück an das Berufungsgericht verwiesen.

Das Berufungsgericht hat bei der Frage der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin nicht berücksichtigt, dass die Klägerin Inhaberin der Domain www.cusanus.de ist. Stattdessen ging das Gericht davon aus, dass die Klägerin ihre Behauptung sie trete unter „Cusanus“ im geschäftlichen Verkehr auf, nicht bewiesen hätte.

Auch bzgl. der Geschäftsbezeichnung der Beklagten wurde der Vortrag der Klägerin übergangen, indem nicht alle Anlagen in die Beurteilung miteinbezogen wurden.

Weiterhin nahm der BGH Bezug auf seine Rechtsprechung, wonach in der Benutzung eines Domainnamens eine kennzeichenmäßige Verwendung vorliegen kann, wenn der Verkehr darin mehr als eine bloße Adressbezeichnung sieht, insbesondere Hinweise auf das Unternehmen bzw. die betriebliche Herkunft der angebotenen Waren und Dienstleistungen. „Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, kommt in der Regel neben der Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu.“ Im Hinblick darauf schien es für den BGH nicht ausgeschlossen, dass unter Berücksichtigung der Vorträge der Klägerin bzgl. ihrer Domain „Cusanus.de“ und des Unternehmensschlagworts der Beklagten, das Berufungsgericht eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Das Berufungsurteil wurde vom BGH komplett aufgehoben, da die Gehörverletzung sich auf alle Unterlassungsanträge ausgewirkt haben kann. Das OLG Koblenz wird in der Sache noch einmal entscheiden müssen.

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