Parodie als freie Benutzung verletzt nicht Urheberrecht

08. Oktober 2015
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Vorher-/Nachhervergleich einer Frau nach einer Diät Urteil des OLG Hamburg vom 04.12.2014, Az.: 5 U 72/11

Die Entstellung des Lichtbildwerkes eines Fotografen verletzt nicht dessen Urheberrecht, wenn es sich um eine Parodie und damit um eine freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG handelt. Denn eine Parodie setzt sich antithematisch mit den Eigenheiten des Originalwerkes auseinander und rechtfertigt daher die Übernahme des Stils und der Manier des Vorbilds. Das neu entstehende Werk muss jedoch eine solche Eigenart aufweisen, dass sich der entlehnte Teil lediglich als Anknüpfungspunkt für die parodistische Gestaltung darstellt.

Oberlandesgericht Hamburg

Urteil vom 04.12.2014

Az.: 5 U 72/11

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25.2.2011, Az. 310 O 233/10, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger begehrt aus Urheberrecht materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen der Nutzung eines seiner Ansicht nach entstellten Fotos.

Der Kläger ist selbständiger Fotograf. Er fertigte unter anderem die nachfolgend abgebildete fotographische Aufnahme der Schauspielerin …

[Abbildung]

Die Beklagte betreibt die Internetseite www….de. Im August 2009 erschien auf dieser Seite unter der Überschrift „Promis im Netz auf fett getrimmt“ ein Bericht (Anl 1) über einen Wettbewerb, der auf der Internetseite „www…..com“ (im Folgenden: ….com) veranstaltet wurde; diese Seite wird nicht von der Beklagten betrieben. Bei diesem Wettbewerb sollten die Teilnehmer Fotos von Prominenten mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms so bearbeiten, dass die abgebildeten Personen als möglichst fettleibig erscheinen. Im Rahmen des Berichts auf der Internetseite der Beklagten wurden insgesamt 32 solchermaßen bearbeitete Fotos gezeigt, darunter die nachfolgend abgebildete Bearbeitung des oben genannten Lichtbildes des Klägers

[Abbildung]

Dieses bearbeitete Foto hatte ein Redakteur der Beklagten der Internetseite www….com entnommen. Das bearbeitete Bild war vom 3.8.2009 bis zum 14.10.2009 über die Seite der Beklagten abrufbar.

Bearbeitung und öffentliche Zugänglichmachung erfolgten ohne Einwilligung des Klägers. Eine Nennung des Klägers als Urheber des Originalfotos erfolgte in diesem Zusammenhang an keiner Stelle.

Der Kläger sieht hierin eine unberechtigte Nutzung und eine Entstellung seines Werkes. Außerdem ist er der Ansicht, dass ihn die unterbliebene Urheberbenennung in seinem Recht verletze.

Auf eine Abmahnung des Klägers vom 9.10.2008 (Anl 2) gab die Beklagte eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (Anl 3) und erteilte später auch eine vom Kläger verlangte Auskunft (Anl 11).

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von € 450,- sowie eine Geldentschädigung in Höhe von € 5.000,-. Bereits in erster Instanz haben die Parteien über die Fragen gestritten, ob es sich bei der angegriffenen Bearbeitung um eine Entstellung im Sinne des § 14 UrhG bzw. um eine freie Benutzung des Lichtbildes des Klägers im Sinne des § 24 UrhG handelt, ob die Nutzung durch die Beklagte gemäß § 50 UrhG gerechtfertigt ist, ob eine schwerwiegende Verletzung des Urheberrechts des Klägers vorliegt und in welcher Höhe dem Kläger gegebenenfalls Ansprüche zustehen.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn den Kläger € 5.450,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage lediglich in Höhe von € 2.450,- stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat hierbei eine Urheberrechtsverletzung bejaht und dem Kläger Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 450,- und auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von € 2.000,- zugesprochen. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Die Berufung des Klägers soll eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung in Höhe von weiteren € 3.000,- erreichen. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass die Beklagte das entstellte Bild vorsätzlich öffentlich zugänglich gemacht habe; es habe auf der Hand gelegen, dass es sich bei der „Vorlage“ um ein Lichtbildwerk von einem professionellen Fotografen gehandelt habe. Auch habe die Beklagte sein Urheberpersönlichkeitsrecht in einem großen Ausmaß sowie nachhaltig und fortdauernd verletzt. Die Internetseite der Beklagten sei bekannt und hoch frequentiert; das Bild sei fast ein Vierteljahr öffentlich zugänglich gemacht worden. Die Folgen der Wiedergabe des entstellten Werkes für seinen künstlerischen Ruf und das Vertrauensverhältnis zu seinen Kunden seien schwerwiegend; es liege aus der Sicht des verständigen Betrachters nahe, dass er – der Kläger – sein Werk für den Wettbewerb zur Verfügung gestellt habe. Auch sei trotz der fehlenden Urheberbenennung erkennbar, dass es sich um ein entstelltes Lichtbildwerk handele, dessen Original von ihm stamme.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 25.2.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 310 O 233/10, zu verurteilen, an ihn – den Kläger – insgesamt € 5.450,- nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt dem Berufungsvorbringen des Klägers unter Wiederholung und Vertiefung der bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente entgegen. Sie trägt namentlich vor, dass der Durchschnittsleser nicht annehme, dass ein Wettbewerb wie der in Rede stehende auf der Basis formaler Einverständniserklärungen und Lizenzverträge erfolge, geschweige denn, dass die Fotografen der ursprünglichen Fotos von Prominenten ihre Einwilligung zu den parodistischen Entstellungen gegeben hätten.

Mit ihrer Berufung möchte die Beklagte erreichen, dass die Klage im Ganzen abgewiesen wird. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ebenfalls ihre erstinstanzlich vorgebrachten Argumente: Es fehle schon an einer Urheberrechtsverletzung, da es sich um eine freie Benutzung im Sinne von § 24 UrhG handele. Die Bearbeitung sei kunstfertig, die tatsächliche Manipulation übersteige eine gewöhnliche handwerkliche Anwendung von Photoshop erheblich; das Landgericht habe nicht beurteilen können und dürfen, was das Bildbearbeitungsprogramm von sich aus an technischen Möglichkeiten biete. Die ursprüngliche Bildaussage werde auch durch die nachträgliche Fettleibigkeit der abgebildeten Person karikiert. Jedenfalls aber sei die Nutzung des Bildes nach § 50 UrhG als eine Berichterstattung über Tagesereignisse gedeckt: Es sei über den aktuellen Wettbewerb berichtet worden, von der Pressefreiheit sei auch geschützt, ob und wie ein Pressebericht bebildert werde. Die Presse dürfe auch über Rechtsverletzungen berichten und zwar gerade auch unter Verwendung eines Bildnisses der Entstellung. Jedenfalls bestehe aber kein Anspruch des Klägers auf eine Geldentschädigung, weil allenfalls eine Verletzung der allgemeinen Verwertungsbefugnis des Urhebers vorliege, nicht jedoch eine Verletzung seines Urheberpersönlichkeitsrechts.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25.2.2011, Az. 310 O 233/10, teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger ebenfalls die vom ihm erstinstanzlich vorgebrachten Argumente: Es liege keine freie Benutzung vor, weil die Beklagte das Ursprungswerk nach Einstellungen, Pose, Licht, Farbgebung, Körperhaltung, Bekleidung usw. schlicht übernommen habe; die abgebildete Frau … solle ersichtlich erkennbar bleiben.

Eine künstlerische Auseinandersetzung fehle, weil es nur um einen Witz und eine Bloßstellung gehe; weder das Original noch die Entstellung transportierten eine besondere Aussage. Dass es ausschließlich um plumpe Unterhaltung gehe, zeige auch die Bildunterschrift. Es handele sich auch nicht um eine Berichterstattung über ein Tagesereignis; es sei vollkommen belanglos, ob die Beklagte einen Tag früher oder später über den Wettbewerb berichte. Kern der Veröffentlichung sei die Veralberung, nicht ein Bericht über eine Rechtsverletzung. Nicht nur der Bearbeiter, sondern auch derjenige, der eine Entstellung öffentlich zugänglich mache, verletze das Urheberpersönlichkeitsrecht.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird erneut auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Hingegen hat die Berufung der Beklagten in vollem Umfang Erfolg. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere hat die Beklagte das Urheberrecht des Klägers nicht verletzt (1.). Darüber hinaus fehlt es jedenfalls an den Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldentschädigung (2.).

1. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 97 I, II Sätze 1 und 3 UrhG zu, da die Beklagte sein Urheberrecht nicht verletzt hat.

a. Allerdings ist mittlerweile unstreitig, dass der Kläger das Originalfoto der Schauspielerin … erstellt hat. Auch handelt es sich hierbei ersichtlich um ein Lichtbildwerk im Sinne des § 2 I Nr. 5, II UrhG. Da die Beklagte dies in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede genommen hat, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil.

b. Die Beklagte hat die Bearbeitung des Lichtbildwerks des Klägers im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht. Hier hat die Beklagte das bearbeite Foto der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich gemacht, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist, denn sie hat die Bearbeitung unbestritten auf ihrer Internetseite eingestellt. Der Kläger hat darin unstreitig nicht eingewilligt.

c. Unstreitig wurde dabei nicht auf den Kläger als Urheber des ursprünglichen Lichtbildwerks hingewiesen, so dass im Ausgangspunkt auch eine Verletzung des Rechts des Klägers auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk im Sinne des § 13 UrhG in Betracht kommt.

d. Entgegen der Ansicht der Beklagten fiele die hier in Rede stehende Nutzung der Bearbeitung des Lichtbildwerks des Klägers auch nicht unter die Schrankenregelung des § 50 UrhG.

aa. Eine Berichterstattung im Sinne des § 50 UrhG muss sich auf Tagesereignisse beziehen, d. h. auf tatsächliche Begebenheiten, unabhängig ob sie den Bereichen Politik, Wirtschaft, Sport, Kunst oder Kultur zugehören. Tagesereignis ist jedes aktuelle Geschehen, das für die Öffentlichkeit von allgemeinem Interesse ist, es kann sich auch um einen eher banalen oder trivialen Vorgang handeln. Das Ereignis muss aktuell sein und die Allgemeinheit, mindestens aber eine größere Gruppe, interessieren. Die Aktualität ist so lange gegeben, wie der Verkehr die Berichterstattung als „Gegenwartsberichterstattung“ versteht und kann sich richtigerweise nur auf Ereignisse beziehen, bei denen es der Öffentlichkeit auf zeitnahe Berichterstattung ankommt. Hierbei können die Erscheinungsweise des Mediums und die Qualität des Ereignisses relevant werden. Kommt es der Öffentlichkeit nicht auf eine aktuelle Berichterstattung an und ist es deshalb möglich und zumutbar, die Erlaubnis der Rechteinhaber einzuholen, scheidet § 50 UrhG aus (BGH GRUR 2008, 693 – TV-Total; vgl. zu allem Wandtke/Bullinger, UrhG, 4.Aufl., § 50 Rz.4; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4.Aufl., § 50 Rz.11ff; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 50 Rz.4).

bb. Hier lässt sich der Entscheidung bereits nicht zugrunde legen, dass es sich bei dem auf der Internetseite …com veranstaltetem Wettbewerb um ein Tagesereignis im vorbezeichneten Sinne handelt. Da sich die Beklagte auf das Eingreifen einer Schrankenregelung beruft, obliegt ihr die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für eine Anwendung der Vorschrift des § 50 UrhG hier vorliegen (vgl. Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 50 Rz.9). Daran fehlt es indes.

Zwar mag es sich bei dem auf der Seite …com veranstalteten Wettbewerb im Ausgangspunkt um einen Vorgang handeln, der von hinreichendem Interesse für die Öffentlichkeit ist, um ein Tagesereignis darstellen zu können. In welcher Weise die Beklagte hierüber berichtet, fällt grundsätzlich in den Bereich der durch Art. 5 I 2 GG geschützten Pressefreiheit. Auch kann gerade bei einer Berichterstattung über einen solchen Wettbewerb – vergleichbar etwa einem Bericht über eine Ausstellung – einer der wesentlichen Berichtsgegenstände sein, was für Beiträge im Rahmen dieses Wettbewerbs eingereicht wurden.

Es muss sich aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht nur um einen Berichtsgegenstand von öffentlichem Interesse handeln, sondern um ein Tagesereignis. Die Aktualitätskomponente spielt im Rahmen des § 50 UrhG eine entscheidende Rolle, denn sie ist die Rechtfertigung für die Pflicht des Urhebers, Nutzungen seines Werkes dulden zu müssen, die eigentlich ihm vorbehalten sind.

Hier indes hat keine der Parteien – also auch nicht die darlegungsbelastete Beklagte – auch nur ansatzweise zur zeitlichen Einordnung des Wettbewerbs auf der Seite …com vorgetragen.

Damit lässt sich nicht feststellen, ob der Wettbewerb zur Zeit der Berichterstattung überhaupt noch lief, ob er gerade erst angelaufen war und/oder wie lange er noch andauern sollte. Deshalb lässt sich auch nicht im Ansatz beurteilen, ob es aus der Sicht des Publikums darauf ankommen könnte, gerade an dem Tag über diesen Wettbewerb zu berichten, an dem die Beklagte den angegriffenen Beitrag online gestellt hat. Vor allem aber erscheint es kaum vorstellbar, dass der Wettbewerb nach über zwei Monaten immer noch ein Tagesereignis darstellen könnte; unstreitig befand sich der angegriffene Beitrag vom 3.8.2009 bis zum 14.10.2009 abrufbar auf der Seite der Beklagten. Damit ist aber auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich vor der öffentlichen Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Bildbearbeitung nicht noch ohne weiteres um eine Einwilligung des Klägers hätte bemühen können.

cc. Hinzu kommt, dass die Wiedergabe von Werken nach den oben dargelegten Grundsätzen nur in einem durch den Zweck der Berichterstattung über Tagesereignisse gebotenen Umfang zulässig ist. Auch dies hat die Beklagte hier missachtet, so dass sie sich auch aus diesem Grund nicht mit Erfolg auf die Schranke des § 50 UrhG berufen kann.

Zwar wird man der Beklagten nicht ohne weiteres entgegenhalten können, dass sie über den Wettbewerb des Internetauftritts …com auch habe berichten können, ohne gerade die hier in Rede stehende Bildbearbeitung zu verwenden. Im Ausgangspunkt muss es den Medien freistehen, welche konkreten Abbildungen sie zur Bebilderung einer Berichterstattung – wenn diese grundsätzlich zulässig ist – aus einer Reihe von möglichen Motiven auswählen; dies gebietet wiederum die durch Art. 5 I 2 GG geschützte Pressefreiheit. Allerdings haben die Medien dabei nach den obigen Ausführungen ihrerseits das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten, dem ebenfalls Verfassungsrang zukommt. Ein im Übrigen zulässiger Bericht über den von den Betreibern der Interseite …com veranstalteten Wettbewerb durfte daher unter Umständen im Ausgangspunkt mit Wiedergaben der im Rahmen dieses Wettbewerbs eingereichten Beiträge bebildert werden, ist hierbei aber im Rahmen einer Rechtfertigung nach § 50 UrhG auf das Maß beschränkt, das durch den Zweck der Berichterstattung geboten ist.

Es ist hier indes weder ersichtlich noch dargelegt, dass es für einen Bericht über den Wettbewerb auf der Seite …com erforderlich war, einen Großteil der eingereichten Bildbeiträge – wenn nicht sogar alle – abzubilden. Ausweislich des Screenshots der Internetseite der Beklagten (Anlage 1) und unstreitig waren dem Bericht der Beklagten insgesamt 32 bearbeitete Bilder beigefügt, wobei das streitgegenständliche Bild das Bild Nr. 22 war. Damit spricht bereits im Ansatz alles dafür, dass das zulässige Maß an Bebilderung schon rein numerisch überschritten ist.

Auch dürfen im Verlauf eines Tagesereignisses wahrnehmbare Werke nicht alleinige Gegenstände der Berichterstattung sein. Die Werke müssen zwar nicht nur bruchstückhaft oder nur im Zusammenhang mit einem das Tagesereignis darstellenden Vorgang wahrnehmbar gemacht werden (z. B. im Hintergrund eine Fotografie eines Eröffnungsakts einer Ausstellung). Sie dürfen vielmehr im Rahmen der Berichterstattung grundsätzlich auch ohne einen das eigentliche Tagesereignis betreffenden Vorgang bildlich dargestellt werden (BGH GRUR 1983, 28, 30 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II). Hierbei entscheidet der Zweck der Berichterstattung auch über Anzahl und Umfang der Werke, die zulässigerweise wiedergegeben werden dürfen. Das können ein bis zwei, manchmal auch vier der in einer Ausstellungseröffnung gezeigten Bilder sein (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhG, 4.Aufl., § 50 Rz.7; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 50 Rz.24; jeweils mit weiteren Nachweisen).

Das hat die Beklagte hier ersichtlich nicht beachtet, denn sie hat unbestritten jedenfalls einen großen Teil der Bearbeitungen für den Wettbewerb bei …com in ihrem Beitrag gezeigt, wenn nicht sogar alle. Erkennbar ist damit der eigentliche Zweck des angegriffenen Beitrags nicht über den Wettbewerb als solchen zu berichten. Dieser wird auch nur knapp genannt, es wird aber nichts weiter zum Wettbewerb mitgeteilt, etwa zu den Bedingungen, der Anzahl der Teilnehmer, einem etwaigen Gewinner etc. Vielmehr geht es der Beklagten ersichtlich darum, den Lesern ihrer Internetseite möglichst viele der bei ….com im Rahmen dieses Wettbewerbs eingereichten Bearbeitungen zu präsentieren.

e. Auch wäre im Ausgangspunkt in der streitgegenständlichen Bearbeitung jedenfalls eine Beeinträchtigung, nach Ansicht des Senates sogar eine Entstellung des Lichtbildwerks des Klägers zu bejahen. Diese Entstellung ist aber vom Kläger hinzunehmen, denn die gebotene Interessenabwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Entstellung nicht geeignet ist, die berechtigten Interessen des Klägers im Sinne des § 14 UrhG zu gefährden. Denn schon die Entstellung des Lichtbildwerkes des Klägers durch den unbekannt gebliebenen Bearbeiter ist als freie Benutzung gemäß § 24 UrhG, nämlich als Parodie, zulässig, so dass deren öffentliche Zugänglichmachung durch die Beklagte (erst recht) keine Verletzung des Urheberrechts des Klägers bedeutet. Im Einzelnen:

aa. Das Werk des Klägers ist durch die in Rede stehende Bearbeitung jedenfalls beeinträchtigt, nach Ansicht des Senates ist es sogar entstellt im Sinne des § 14 UrhG.

(1) Entsprechend dem natürlichen Sprachgebrauch bedeutet Beeinträchtigung – und Entstellung als deren besonders schwerwiegender Fall – zunächst eine Verschlechterung oder Abwertung des Werkes, es reicht aber auch schon eine bloße Abweichung vom geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werkes in den Augen eines unvoreingenommenen Durchschnittsbetrachters. Eine Beeinträchtigung liegt demnach bei jedweden Änderungen, Umgestaltungen, Entstellungen oder sonstigen Formen vor, mit denen vom geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werkes abgewichen wird. Jede objektiv nachweisbare Änderung von diesem konkreten Gesamteindruck, den der Urheber bestimmt hat, ist eine Beeinträchtigung (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 14 Rz.10; Dietz/Peukert in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 14 Rz.21).

Beeinträchtigungen von Lichtbildwerken im Sinne von § 14 UrhG liegen in der Regel bei der Veröffentlichung eines Lichtbildwerkausschnittes bzw. von Retuschen vor (BGH GRUR 1971, 525, 526 – Petite Jacqueline), können aber auch durch digitale Nachbearbeitungstechnik geschehen (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 14 Rz.60). Auch der Rechtsbegriff der Entstellung entspricht dem allgemeinen sprachlichen Wortsinn. Der Entstellungsbegriff des § 14 UrhG bedeutet einen tief greifenden Zustand der Verfälschung. Ein Werk zu entstellen heißt, es zu verfälschen oder auch zu verstümmeln. Entstellung ist auch die Verzerrung der Wesenszüge des Werkes (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 14 Rz.3).

Beide Begriffe stellen Rechtsbegriffe dar, die durch die Gerichte nach objektiven Kriterien auszufüllen sind. Damit kann die Entstellung oder andere Beeinträchtigung nicht mit der bloßen Anschauung des betroffenen Urhebers, sein Werk sei durch einen bestimmten Eingriff herabgesetzt, begründet werden (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 14 Rz.5). Der Entstellungs- wie auch der Beeinträchtigungsbegriff beziehen sich zwar auf das von dem Urheber geschaffene Werk und nicht auf einen abstrakten künstlerischen Qualitätsbegriff. Entscheidend für eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung ist das Werk in der Form, wie es der Urheber geschaffen hat. Eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung eines Werkes ist damit nicht notwendigerweise mit einer künstlerischen Abwertung des Werkes verbunden. Der Schutz aus § 14 UrhG bezieht sich aber auf das objektivierte Urheberinteresse, nicht auf dessen subjektive Einschätzung und ebenso wenig auf ein abstraktes mögliches Interesse der Allgemeinheit am Erhalt der Kunstwerke. Eine Entstellung oder Beeinträchtigung an der objektiven künstlerischen Qualität über die gestritten werden kann zu orientieren, stünde im Widerspruch zu der persönlichkeitsrechtlichen Natur des § 14 UrhG und wäre für den Urheber nachteilig (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 14 Rz.6).

(2) Nach diesen Grundsätzen liegt in der hier vorgenommenen Bearbeitung eine Entstellung des Werkes des Klägers. In den Augen eines unvoreingenommenen Durchschnittsbetrachters ist der objektivierte geistig-ästhetische Gesamteindruck des Werkes des Klägers eine professionell arrangierte, technisch gekonnt ausgeführte Aufnahme, auf der eine schlanke junge Frau, die den heute gängigen Schönheitsidealen entspricht, in einer sexuell verführerischen Pose in Szene gesetzt wird. Der unvoreingenommene Durchschnittsbetrachter wird hierbei einen entsprechenden Gesamteindruck gewinnen, der von diesen beiden Komponenten – ästhetisieren und verführen – gleichermaßen geprägt wird. Der Gesamteindruck der Bildbearbeitung des unbekannten Teilnehmers an den Wettbewerb auf der Internetseite …com weicht hiervon ersichtlich in ganz erheblichem Maße ab. Bildaufbau, Pose, Bekleidung etc. sind weitgehend unverändert, die Figur der abgebildeten Frau erscheint nun aber durch digitale Bildbearbeitung als ungewöhnlich fettleibig. Die ursprünglich gängigen Schönheitsidealen entsprechende Gestalt der abgebildeten Person wurde dadurch nach herkömmlichem heutigem ästhetischem Empfinden als plump, unschön oder gar abstoßend empfunden. Der geistig-ästhetische Gesamteindruck des Werkes wird damit in den Augen eines unvoreingenommenen Durchschnittsbetrachters nachgerade in sein Gegenteil verkehrt und jedenfalls in erheblichem Maße verzerrt.

bb. Nach Auffassung des Senates liegt hier aber bereits in der Bearbeitung des Werkes des Klägers durch den unbekannten Teilnehmer am Wettbewerb auf der Seite …com eine freie Benutzung im Sinne des § 24 I UrhG, die der Kläger nicht untersagen kann, da es sich um eine zulässige Parodie handelt.

(1) Das in freier Benutzung eines anderen Werkes geschaffene Werk muss selbst die Schwelle zum Schutz aus §§ 1,2 UrhG überschreiten (BGH ZUM 1999, 644, 647 – Laras Tochter; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.9). Nur wer eine eigene persönliche Schöpfung erbringt, wird privilegiert, sich an ein fremdes Werk anlehnen zu dürfen. Der Begriff „selbstständig“ in § 24 I UrhG steht im Zusammenhang mit dem Begriff „frei“. Eine Benutzung ist nur frei, wenn das neue Werk einen höheren Grad der Eigenständigkeit erreicht (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.2).

Die Abgrenzung zwischen freier Benutzung und abhängiger Bearbeitung ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Enthält ein neues Werk urheberrechtlich geschützte Elemente des älteren, so sind an das Vorliegen einer freien Benutzung strenge Maßstäbe anzulegen (BGH NJW 2003, 3633, 3634 – Gies Adler; BGH NJW 2000, 2202, 2205 – Laras Tochter). Die übernommenen Elemente müssen in dem eigenständigen neuen Werk aufgehen und dürfen das neue Werk nicht in der Weise prägen, dass sie das Wesen der Bearbeitung ausmachen. Bei der Prüfung einer Bearbeitung stehen die Übereinstimmungen, nicht die Unterschiede der zu vergleichenden Werke im Vordergrund. Entscheidend ist, in welchem Umfang urheberrechtlich geschützte Teile des älteren Werkes in dem neuen Werk vorhanden sind. Nicht genügend für eine freie Benutzung ist, wenn das neue Werk auch weitere, abweichende Elemente enthält (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.9).

Bei einfachen Nachschöpfungen – also Fällen, in denen bewusst oder unbewusst von dem Originalwerk beeindruckt ein ähnliches Werk geschaffen wird – muss das neue Werk, wenn es § 24 UrhG unterfallen soll, von seinem Gesamteindruck derart eigenständig sein, dass dahinter die Übernahmen aus dem Originalwerk zurücktreten, also „verblassen“ (BGH GRUR 2002, 799, 800 – Stadtbahnfahrzeug; BGH GRUR 1994, 208 – Alcolix; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.12).

Bei jeder Art von Paraphrase – zu denen auch die Parodie zählt – setzt sich ein Urheber gezielt mit anderen urheberrechtlich geschützten Werken künstlerisch auseinander. In solchen Fällen benutzt der Urheber das fremde Werk nicht dazu, im weitesten Sinne eigene durch fremde Kreativität zu ersetzen. Er beschäftigt sich vielmehr mit dem fremden Werk, um es mit den Mitteln der gleichen Gattung in Form eines neuen Werkes zu durchdringen. Eine Paraphrase kann es erfordern, auf fremde Werke, mit denen sich das jüngere Werk beschäftigt, konkret durch Übernahme von Werkteilen Bezug zu nehmen. Das Urheberrecht darf unter dem Blickwinkel der verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit (Art. 5 III GG) die Paraphrase als Kunstform nicht unmöglich machen, vielmehr ist die Kunstfreiheit Dritter bei der Auslegung von § 24 I UrhG zu berücksichtigen (Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.13). Bei der Parodie genügt es zur Rechtfertigung von Entnahmen urheberrechtlich geschützter Bestandteile allerdings nicht, dass das parodierte Werk in einen neuen Kontext gestellt wird, durch den das Werk verzerrt wird. Eine Parodie muss sich vielmehr mit den Eigenheiten des vorbildlichen Werkes antithematisch auseinandersetzen, um Entnahmen zu rechtfertigen (BGH GRUR 1971, 588, 589 – Disney-Parodie; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.27f; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.14; Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., §§ 23, 24 Rz.89).

(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich nach Auffassung des Senates bei der Bearbeitung des Werkes des Klägers durch den unbekannten Teilnehmer an dem auf der Seite …com veranstalteten Wettbewerb um eine Parodie. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Landgerichts, dass die Bearbeitung nicht auf einem eigenen schöpferischen Gedanken des unbekannten Bearbeiters beruhe, weil die hinter der Bearbeitung stehende Idee vielmehr durch den Betreiber der Internetseite …com vorgegeben worden ist. Namentlich vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Schöpfer der Bearbeitung lediglich an dem Wettbewerb teilnehmen und sich einen Spaß erlauben wollte. Vielmehr findet nach der Auffassung des Senates sehr wohl eine parodistische Auseinandersetzung mit dem Original statt.

(a) Zunächst ist festzuhalten, dass die Idee als solche, Bildnisse von Prominenten dergestalt zu verändern, dass diese fettleibig wirken, für sich genommen urheberrechtlich nicht schutzfähig ist. Dem urheberrechtlichen Schutz der Bearbeitung steht daher nicht entgegen, dass die Idee für eine solche Veränderung der Fotografie nicht vom Bearbeiter selbst stammt. Namentlich behauptet auch der Kläger nicht, dass die Vorgaben im Rahmen des Wettbewerbs auf der Seite …com derart eng ausgestaltet waren, dass der Bearbeiter keinen Einfluss auf die genaue Ausgestaltung hatte. Vielmehr stand nach dem der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt dem Bearbeiter die Auswahl des konkreten Fotos ebenso frei wie die Entscheidung, auf welche Art und Weise das Foto bearbeitet wird und wie und in welchem Umfang die hinzugefügte Fettleibigkeit der abgebildeten Person dargestellt wird.

(b) Entscheidend ist dabei, dass das bearbeitete Bild nach Auffassung des Senates einen ganz erheblichen parodistischen Charakter aufweist, der sich auch und gerade mit dem Werk des Klägers und dem von diesem repräsentierten Genre auseinandersetzt. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von dem vom Kläger angeführten Münchener Verfahren (Landgericht München – Az. 7 O 16110/01, OLG München 29 U 3278/02 = BeckRS 2003, 30304243), in dem es nicht um eine parodistische oder kritische Auseinandersetzung mit dem dort als Vorlage dienenden Foto, sondern um eine Auseinandersetzung mit dem jenem Foto zugrunde liegenden Geschehen gegangen war.

Eine Reduzierung der Unterschiede zwischen dem Werk des Klägers und der Bildbearbeitung auf den jeweiligen Bildinhalt „Dünne Frau“ bzw. „Dicke Frau“ greift nach Auffassung des Senates zu kurz:

Bereits im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass kein Bild überhaupt keine Botschaft transportiert. Dies gilt auch und gerade für das Werk des Klägers. Entgegen der Ansicht des Klägers kann man – je nach dem Blickwinkel des Rezipienten – in seinem Lichtbildwerk der Schauspielerin … durchaus nicht „nur“ ein ästhetisches, gekonntes Bild einer schwarzhaarigen Frau mit leichter blau-gelber Bekleidung und „verspielter“ Pose sehen. Vielmehr kann man durchaus der Auffassung sein, dass dieses Bild nicht nur gängige und klischeehafte Schönheitsideale bedient, was der Kläger selbst einräumt, sondern auch in unübersehbarer und wenig subtiler Weise an der allgegenwärtigen Sexualisierung der öffentlichen Darstellung von Frauen teilnimmt. Die abgebildete Schauspielerin ist nicht nur sparsam bekleidet, vielmehr kann das Werk des Klägers auch als die Darstellung eines verfügbaren Sexobjektes verstanden werden. Der Kläger mag Pose und Kette im Mund „verspielt“ finden, andere Betrachter mögen darin aber auch ein recht unmissverständliches oder gar aufdringliches aufreizendes Posieren finden. Wie dies empfunden und wahrgenommen wird, hängt in erheblichem Maße von den persönlichen Wertmaßstäben des jeweiligen Betrachters ab, die wiederum von seiner Sozialisation, seiner persönlichen Disposition und seinem individuellen Geschmack geprägt sind. Es erscheint dem Senat damit aber eher fernliegend, das Werk des Klägers als vollkommen wertneutrale rein „ästhetische“ Darstellung einzuordnen. Vielmehr wird ein solches Bild ohne Weiteres als Teil und Symptom einer seit etlichen Jahren laufenden gesellschaftlichen Entwicklung angesehen werden können, in deren Verlauf es zu einer Verschiebung zumindest in der öffentlich Darstellung von Geschlechterrollen in den Massenmedien gekommen ist: Frauen posieren für (meist) Männer und haben sich in den eng gezogenen Grenzen einer stark standardisierten Vorstellung von „Schönheit“ zu bewegen, die vor allem auf sexuelle Attraktivität abzielt. In diesem Sinne greift es zu kurz, wenn man dem Werk des Klägers eine jegliche inhärente Botschaft abspricht.

Dementsprechend lässt sich aber auch das bearbeitete Bild nicht darauf reduzieren, dass hiermit nur ein boshafter Spaß mit Prominenten getrieben werden sollte, vielmehr kann der Rezipient dies auch als eine Auseinandersetzung mit dem soeben dargestellten Subtext des Werkes des Klägers verstehen. Schon die vordergründige Deutung liegt nicht allzu fern, dass mit der angegriffenen Bearbeitung die häufig als aufdringlich und selbstverliebt empfundene Selbstdarstellung von Prominenten in der Öffentlichkeit sowie ihre Eitelkeit in – bösartiger – Weise konterkariert und damit gleichzeitig karikiert werden. Darüber hinaus mag diese Bearbeitung aber auch tiefergehend als ein direkter Kommentar, eine Erwiderung zu dem dargestellten Subtext des Originalbildes und des von ihm repräsentierten ganzen Genres von Frauenbildern verstanden werden. Der unvoreingenommene Durchschnittsbetrachter wird innehalten oder stutzen, wenn ihm eine Frau in typischerweise als verführerisch verstandener Pose und äußerst knapper Bekleidung präsentiert wird, deren Figur aber gerade nicht den mit derartigen Darstellungen ganz verbreitet verknüpften Erwartungen entspricht. Dies stellt einen krassen Widerspruch zu den üblichen Darstellungs- und Sehgewohnheiten dar, der den unvoreingenommenen Durchschnittsbetrachter zumindest irritieren wird. Damit kann diese Art der verfremdeten Darstellung, die jegliche Erwartungshaltung konterkariert, indes den Zweck und auch die Wirkung haben, dass der Betrachter seine Rezeptionsgewohnheiten reflektiert und die allgegenwärtige und für selbstverständlich genommene Präsentation von vor allem jungen Frauen als verfügbare Sexualobjekte in allen Medien wahrnimmt, vielleicht gar hinterfragt. In dieser Hinsicht stellt sich die angegriffene Bildbearbeitung aber zumindest auch und in nicht geringem Maße als ein satirischer Kontrapunkt zu dem Werk des Klägers dar, dessen Bildaussage antithematisch aufgegriffen und ihr Gegenteil verkehrt wird. Ob dies – wie man hier mit dem Kläger meinen kann – in geschmackloser, bösartiger, gehässiger, ungerechtfertigter oder gar sittenwidriger Weise geschieht, ist für die Frage des Vorliegens einer Parodie unerheblich (vgl. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., §§ 23, 24 Rz.90; BGH GRUR 2000, 703, 705 – Mattscheibe).

(c) Hierbei steht es der Bejahung einer Parodie nicht entgegen, dass lebensnah davon ausgegangen werden kann, dass keineswegs jeder Betrachter der von der Beklagten öffentlich zugänglich gemachten Bildbearbeitung diesen antithematischen Aussagegehalt entnehmen wird. Denn ob es sich bei einer Darstellung um eine Parodie oder Satire handelt, beurteilt sich objektiv danach, ob die parodistische Art der Behandlung für denjenigen erkennbar ist, dem das parodierte Werk bekannt ist und der das für die Wahrnehmung der Parodie erforderliche intellektuelle Verständnis hat. Ein Werk wird nicht dadurch zur Parodie, dass es als solche bezeichnet wird, andererseits entfällt die Eigenschaft eines Werkes als Parodie nicht dadurch, dass diese aus welchen Gründen auch immer nicht von allen als solche verstanden wird (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.28; BGH GRUR 1971, 588, 589 – Disney-Parodie; BGH GRUR 1994, 191, 194 – Asterix-Persiflagen).

(d) Auch lässt sich nicht bestreiten, dass man das Originalfoto in der Bearbeitung wiederfindet. Alle markanten Aufbauelemente und viele Einzelheiten der Gestaltung (Bekleidung, Pose, Schmuck, Lichtverhältnisse, blauer Hintergrund) sind erhalten geblieben, die abgebildete Person kann trotz der erheblichen Verfremdung ihrer Körperproportionen noch als die Schauspielerin … erkannt werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Urteil Bezug.

Demnach wird man hier nicht feststellen können, dass die dem Werk des Klägers entnommenen individuellen Züge gegenüber der Eigenart des neu geschaffenen Werks verblassen. Dies würde nach den oben dargelegten Grundsätzen im Ausgangspunkt allerdings auch nur dann der Bejahung einer freien Benutzung im Sinne des § 24 UrhG entgegenstehen, wenn es sich um eine einfache Nachschöpfung handelt, nicht jedoch im Fall einer Parodie (oder anderer Paraphrasen) (vgl. etwa Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.12f; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.10). Denn das Kennzeichen einer Parodie ist in der Regel gerade die antithematische Behandlung. Richtet sie sich gegen die in einem bestimmten einzelnen Werk oder gegen die im gesamten Schaffen eines Schriftstellers oder Künstlers zum Ausdruck gelangten Eigenheiten der Formgebung oder des Inhalts, so behält sie zumeist Stil und Manier des Vorbilds bei, schiebt diesen aber einen nicht mehr entsprechenden Inhalt unter, wodurch die angegriffenen Eigenschaften ins Komische oder Satirische gezogen werden (BGH GRUR 1971, 588, 589 – Disney-Parodie). Die Parodie muss ihrem Wesen nach erkennbar auf das parodierte Werk Bezug nehmen; verblasst das parodierte Werk derart, dass diese Bezugnahme nicht mehr erkennbar ist, so geht der Charakter der Parodie verloren (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.29; BGH GRUR 1971, 588, 589 – Disney-Parodie).

Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine freie oder unfreie Benutzung vorliegt, ist deshalb nicht nur auf den Umfang der übernommenen Werkelemente abzustellen. In die Betrachtung ist auch der geistige Gehalt des neuen Werkes als Maßstab einzubeziehen und inwiefern damit ein ausreichend innerer Abstand zwischen beiden Werken gewonnen wurde (Dreier/Schulze/Schulze § 24 Rz.16; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 24 Rz.13). Zwar ist nicht jede Parodie oder Satire nach § 24 UrhG zulässig, entscheidend ist vielmehr, ob die Parodie oder Satire ein in freier Benutzung des parodierten Werkes geschaffenes selbständiges Werk darstellt. Maßgeblich ist hierbei, ob ein hinreichender innerer Abstand zwischen Werk und Parodie besteht, der sich vornehmlich aus der inhaltlichen oder künstlerischen Auseinandersetzung mit dem parodierten Werk ergibt. Auch weitgehende Übernahmen können danach zulässig sein, sofern sie durch den Parodiezweck geboten sind. Jedoch muss die Parodie ein selbständiges Werk von solcher Eigenart sein, dass ihr die eigentliche Bedeutung zukommt und der entlehnte Teil nur als notwendiger Anknüpfungspunkt für den parodistischen Gedanken erscheint (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.29; BGH GRUR 1971, 588, 589- Disney-Parodie).

Auch wenn dabei ein strenger Maßstab anzulegen ist (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 24 Rz.30), ist dieser hier nach der Überzeugung des Senates gewahrt. Um den dargestellten satirischen Gehalt der Bearbeitung zu vermitteln, muss der Charakter der Originalaufnahme als klischeehaft-ästhetisierende und sexuell-spekulative Aufnahme erkennbar bleiben. Dazu ist es unausweichlich, dass die typischen Gestaltungsmerkmale (Pose, Kleidung, Lichtverhältnisse etc.) erkennbar bleiben. Der hinreichende „innere Abstand“ im vorbezeichneten Sinne ergibt sich aus dem dargestellten Inhalt der Bearbeitung als Kontrapunkt zum Original.

(e) Zwar hat keine der Parteien hier – naturgemäß, da ihnen der Bearbeiter unbekannt ist – etwas dazu vorgetragen und vortragen können, was die Intention des Bearbeiters bei der Erstellung der in Rede stehenden Bildbearbeitung war. Dies steht aber im vorliegenden Fall der Annahme einer zulässigen Parodie nicht entgegen, weil zumindest prozessual davon auszugehen ist, dass die beschriebene parodistische Wirkung der Bildbearbeitung vom Bearbeiter auch tatsächlich intendiert war.

(aa) Es ist schon im Ausgangspunkt kaum denkbar, dass es eine Parodie als eine eigene geistige Schöpfung ohne entsprechende Absicht des Schaffenden geben kann, ohne dass sich dieser also bewusst mit dem parodierten Werk auseinandersetzen wollte.

In einem Werk muss der menschliche Geist zum Ausdruck kommen; ein Gedanken- oder Gefühlsinhalt muss durch das Werk mitgeteilt werden. Daran fehlt es beispielsweise bei Ergebnissen rein mechanischer Tätigkeiten oder gedankenloser Spielereien (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 Rz.18). Grundvoraussetzung ist, dass das Werk „etwas“ aufweist, das über das bloße sinnlich wahrnehmbare Substrat hinausgeht, eine „Aussage“ oder „Botschaft“, die dem Bereich der Gedanken, des Ästhetischen oder sonstiger menschlicher Regungen und Reaktionsweisen zugehört. Verknüpft man dieses zentrale Merkmal der „Aussage“ mit den übrigen zu § 2 II UrhG entwickelten Kriterien, so ergibt sich als Definition des geschützten Werkes die subjektiv neue, individuelle, eine „Aussage“ implizierende wahrnehmbare menschliche Gestaltung, die zum Bereich der Literatur, Wissenschaft und Kunst in einem weiten Sinne gehört. Das Urheberrecht dient damit dem Schutz qualifizierter menschlicher Kommunikation (Schricker/Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., Einl Rz.7). Diese Grundsätze stehen aber der Möglichkeit entgegen, dass eine Parodie auch „unbewusst“ geschaffen werden könne.

(bb) Hier ist indes zumindest prozessual davon auszugehen, dass der Schöpfer der streitgegenständlichen Bearbeitung die parodistische Wirkung beabsichtigt hat und dass dies das Hauptanliegen seiner Bearbeitung war. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden hätte es nämlich dem Kläger oblegen, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass es sich um eine „unabsichtliche“ Parodie handelt. Hier hat nicht nur die Bearbeitung selbst einen nach Auffassung des Senates deutlichen parodistischen Aussagegehalt, was schon im Ansatz dafür spricht, dass das so vom Bearbeiter auch gewollt war. Auch ist zu beachten, dass die Erstellung einer derartig aufwendigen Bearbeitung jedenfalls kein Zufallsprodukt war, sondern Ergebnis eines bewussten Arbeitsprozesses.

Hinzu kommt, dass der Bearbeiter sich aus der potentiell unbegrenzten Auswahl an „Prominentenfotos“ gerade ein Bild wie das Werk des Klägers ausgesucht hat, um an dem Wettbewerb auf Seite …com teilzunehmen. Die Vorgabe der Veranstalter dieses Wettbewerbs war es ausweislich des Berichts der Beklagten lediglich, dass bei diesem Wettbewerb „Prominente per Photoshop so richtig viele Kilos zulegen sollten“. Eine Auseinandersetzung, wie sie in der hier erfolgten Bearbeitung lag, war also nicht gerade vorgegeben, vielmehr hat der Bearbeiter nach dem der Entscheidung zugrundzulegenden Sachverhalt in eigener Verantwortung ein Bild mit dem beschriebenen Charakter des Werkes des Klägers für seine Bearbeitung ausgewählt, obwohl es ersichtlich ohne weiteres möglich gewesen wäre, ein Prominentenfoto ohne jegliche sexuelle Konnotation auszuwählen. Diese Auswahl stellt aber ein weiteres gewichtiges Indiz dafür dar, dass es dem Bearbeiter auch und gerade um die Auseinandersetzung mit der allgegenwärtigen sexuell-ästhetisierenden Frauendarstellung in den heutigen Medien ging.

Jedenfalls in einer solchen Situation spricht alles in einem derartigen Maße dafür, dass der Bearbeiter die tatsächlich feststellbare parodistische Wirkung seiner Bearbeitung auch intendierte, dass es dem Kläger oblegen hätte, Anhaltspunkte dafür darzulegen (und gegebenenfalls zu beweisen), dass dies tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Daran fehlt es indes gänzlich.

(f) Dabei steht der Bejahung einer Parodie schließlich auch nicht entgegen, dass der unbekannte Bearbeiter hier ein Computerprogramm, nämlich vermutlich das in der Berichterstattung der Beklagten genannte Programm „Photoshop“ zur Herstellung der in Rede stehenden Bildbearbeitung genutzt hat: Eine persönliche geistige Schöpfung liegt auch dann vor, wenn ein Apparat, ein Automat oder eine Maschine als Hilfsmittel zur Erzeugung des Werkes eingesetzt wird. Eine schöpferische Leistung ist namentlich gerade dann gegeben, wenn der Urheber das Werk durch das von ihm genutzte Computerprogramm, die Festlegung des Bildausschnittes oder die Bestimmung anderer, das Werk prägender Parameter persönlich gestaltet. In diesen Fällen ist die Form des Werkes auf ein schöpferisches Tätigwerden eines Menschen zurückzuführen, so dass eine urheberrechtlich geschützte Leistung vorliegt. Entscheidend für den Urheberrechtsschutz ist alleine, dass der von dem Menschen erbrachte Beitrag die gestalterische Schwelle des § 2 II UrhG überschreitet (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhG, 4.Aufl., § 2 Rz.16; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 Rz.13). Dass der unbekannte Bearbeiter hier keine derartige persönliche Gestaltung vorgenommen hätte, behauptet auch der Kläger nicht; vielmehr ist auch gerichtsbekannt, dass Programme wie das Bildbearbeitungsprogramm „Photoshop“ das künstliche „Verfetten“ von abgebildeten Personen nicht auf Knopfdruck selbsttätig durchführen, sondern das es zahlreicher aufwändiger Bearbeitungsschritte in allen Bereichen des Bildes bedarf, um ein Resultat wie die hier veröffentlichte Bildbearbeitung zu erzielen.

(g) Damit muss es der Kläger hinnehmen, dass ein unbekannter Bearbeiter sein Werk in der hier in Rede stehenden Weise entstellt und dass die Beklagte dies (zusätzlich zu der bereits durch die Seite …com erfolgten Zugänglichmachung) öffentlich zugänglich gemacht hat. § 24 UrhG legt die Grenze des Schutzbereichs aus dem Urheberrechtsgesetz fest. Die Werkherrschaft endet dort, wo sich eine Umgestaltung von dem ursprünglichen Werk derart weit entfernt, dass das Urheberrechtsgesetz sie als freie Benutzung einstuft. Der Urheber muss es dann hinnehmen, dass sein Werk anderen Urhebern als Anregung dient, wenn der Abstand des in der Benutzung geschaffenen Werkes wie hier groß genug ist (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhG, 4.Aufl., § 24 Rz.1).

f. Da nach den vorstehenden Ausführungen die streitgegenständliche Bildbearbeitung eine freie Benutzung des Werkes des Klägers darstellt, war die Beklagte auch nicht verpflichtet, bei der öffentlichen Zugänglichmachung der Bildbearbeitung den Kläger als Urheber des Originalfotos zu nennen. Liegt eine freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG vor, so braucht nicht einmal der Urheber des neuen Werkes den Urheber des ursprünglichen Werkes zu nennen. Dieses hat ihm lediglich als Anregung gedient, so dass er das neue Werk frei und ohne die Einschränkung, einen anderen als Urheber angeben zu müssen, benutzen darf. Der Urheber des älteren Werkes hat keinen Anspruch auf einen Hinweis, dass sein Werk für das neue als Anregung gedient hat. Dies gilt erst recht, wenn es wie hier nur um eine öffentliche Zugänglichmachung des neuen Werkes geht.

2. Dem Kläger steht daher schon mangels Urheberrechtsverletzung auch kein Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens gemäß § 97 I, II Sätze 1 und 4 UrhG gegen die Beklagte zu. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Zuerkennung einer Geldentschädigung selbst dann nicht in Betracht käme, wenn man hier zu dem Ergebnis käme, dass die von der Beklagten öffentlich zugänglich gemachte Bildbearbeitung keine freie Benutzung des Lichtbildwerks des Klägers im Sinne des § 24 UrhG darstellt.

a. Ein Ausgleich immaterieller Schäden durch Geldentschädigung setzt voraus, dass es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts handelt (BGH GRUR 1971, 525, 526 – Petite Jacqueline) und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BGH GRUR 1970, 370, 372 f. – Nachtigall). Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu bejahen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung sind Anlass und Beweggrund des Handelns, der künstlerische Rang des Verletzten und seines Werkes, die Bedeutung und der Umfang des Eingriffs, die Art und Weise der Verletzung, das Ausmaß der Verbreitung, die Möglichkeit / Unmöglichkeit der Beseitigung durch andere Mittel wie Widerruf, Richtigstellung und – vor allem – der Grad des Verschuldens des Verletzers zu berücksichtigen (Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97 Rz.182; Reber in Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht [Stand: 1.7.2014] § 97 Rz.131; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4.Aufl., § 97 Rz.86). Dabei reicht für die Zubilligung eines immateriellen Schadensersatzes alleine die Missachtung des Ausschließlichkeitsrechtes des Urhebers nicht aus, es bedarf vielmehr einer deutlich vom Normalfall zu unterscheidenden Verletzungshandlung (vgl. HansOLG GRUR 1990, 36 – Schmerzensgeld; Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97 Rz.181), die schwerwiegend und nachhaltig das Urheberpersönlichkeitsrecht verletzt. Auch darf eine Genugtuung nicht auf andere Weise erzielt werden können, etwa weil ein Widerruf den Schaden nicht wiedergutmachen kann oder zu spät kommt (Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97 Rz.183; Reber in Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht [Stand: 1.7.2014] § 97 Rz.131; BGH GRUR 1971, 525- Petite Jacqueline).

b. Nach diesen Grundsätzen käme hier aber die Zubilligung einer Geldentschädigung selbst dann nicht in Betracht, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass es sich bei der streitgegenständlichen Bildbearbeitung nicht um eine zulässige Parodie handelt. Zwar kann insbesondere auch bei schweren Eingriffen in die Integrität des Werkes ein Ersatz des immateriellen Schadens billig sein, so bei Verstümmelungen von Lichtbildern oder gröblich entstellenden Kürzungen von Filmen (BGH GRUR 1971, 525 – Petite Jacqueline; Reber in Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht [Stand: 1.7.2014] § 97 Rz.132). Die Umstände des vorliegenden Falles ergeben aber nicht, dass hier eine deutlich vom Normalfall zu unterscheidende Verletzungshandlung der Beklagten vorliegt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann.

Nach den obigen Ausführungen kann man hier zumindest darüber streiten, ob die Bildbearbeitung eine zulässige Parodie des Werkes des Klägers darstellt. Selbst wenn man hier – anders als es der Senat vertritt – eine unfreie Bearbeitung annimmt, kann es sich also schon bei der Bearbeitung selbst allenfalls um einen Eingriff im Grenzbereich zur Zulässigkeit handeln, was dagegen spricht, dass eine schwerwiegende Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts vorliegt. Zudem hat die Beklagte den eigentlichen Eingriff in die Integrität des Werkes durch die Bearbeitung nicht selbst vorgenommen, sie hat diesen – wenn überhaupt – nur vertieft. Dies stellt indes eine deutlich geringere Eingriffsintensität dar als die Bearbeitung selbst.

Hinzu kommt, dass das Ausmaß der vom Kläger behaupteten „Vertiefung“ der Verletzung durch die öffentliche Zugänglichmachung auf den Internetseiten der Beklagten durchaus offen geblieben ist. Hierbei mag zugunsten des Klägers unterstellt werden (substantiiert dargelegt ist dies nicht), dass der Internetauftritt der Beklagten eine einigermaßen hohe Bekanntheit genießt. Da es aber an jeglicher Darlegung zur Reichweite und Multiplikationswirkung der Seite …com fehlt, lässt sich nicht einmal feststellen, ob durch die Veröffentlichung auf der Seite der Beklagten tatsächlich eine gewichtige Vertiefung der Verletzung eingetreten ist; denkbar ist es daher auch, dass der Schaden bereits durch die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildbearbeitung auf der Seite …com weitgehend eingetreten war. Dies relativiert indes auch den relativ langen Zeitraum der Abrufbarkeit der Bearbeitung (nahezu zweieinhalb Monate) auf der Seite der Beklagten.

Auch der Verschuldensgrad der Beklagten erscheint nicht über alle Maßen hoch. Sie musste zwar davon ausgehen, dass es sich um ein bearbeitetes Bild eines nicht befragten Urhebers handelte; das zeigt schon die von der Beklagten selbst beschriebene Modalität des Wettbewerbs, der ja gerade zum Umgestalten von Prominentenfotos aufgerufen hatte, was aller Erfahrung nach nicht solcher Bilder sein werden, die die Bearbeiter selbst gemacht haben. Andererseits lässt sich nicht übersehen, dass die Beklagte nicht gezielt das Urheberrecht gerade des Klägers verletzt hat; sie hat sich nur nicht um mögliche Urheberrechte gekümmert, um mit von ihr als publikumswirksam angesehenen Bildern ihren Internetauftritt attraktiver zu machen. Das ist aber eher im Bereich der (vielleicht auch groben) Leichtfertigkeit anzusiedeln, als im Bereich vorsätzlichen Handelns.

Dass das Vertrauensverhältnis des Klägers zu seinen Kunden oder gar sein künstlerischer Ruf gerade durch die Weiterverbreitung durch die Beklagte ernsthaft gefährdet sein könnten, liegt wenig nahe. Der Name des Klägers als Urheber der „Vorlage“ ist nicht genannt. Es erscheint auch wenig wahrscheinlich, dass Besucher der Seite der Beklagten annehmen könnten, dass die Fotografen der Originale den Wettbewerb auf der Seite …com auch nur gebilligt, geschweige denn unterstützt oder gar selbst Hand an ihre Werke gelegt hätten. Zwar ist es durchaus naheliegend, dass die abgebildete Schauspielerin … persönlich von der verzerrenden Entstellung ihres Bildnisses wenig angetan war, es erscheint aber wenig wahrscheinlich, dass sie dies dem Kläger anlastet; dies behauptet im Übrigen der Kläger selbst nicht. Auch wäre einer derartigen Rufbeeinträchtigung gerade durch eine prominent platzierte Richtigstellung durchaus wirksam entgegen zu wirken, in der die Beklagte klarstellt, dass es sich in ihrem Beitrag um ohne Zustimmung der Fotografen – und insbesondere des Klägers – entstellte Bilder gehandelt hat.

Vielmehr liegen die Folgen der Handlung der Beklagten im Wesentlichen in derjenigen emotionalen Belastung des Klägers, die gerade auf der Weiterverbreitung durch die Beklagte beruht. Damit scheidet indes nach Auffassung des Senates die Zuerkennung einer Geldentschädigung durch die Beklagte im Rahmen einer Gesamtabwägung aus.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 I, 97 I ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 II ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Grundsätze zur Zulässigkeit von Parodien erscheinen gerade im Bereich der reinen Bildbearbeitung – bei der es häufig an einem erläuternden Kontext fehlen wird – und deren Veröffentlichung im Internet mangels hinreichender einschlägiger Judikatur noch nicht vollständig ausformuliert. Hierbei erachtet der Senat auch die Grundsätze zur Rezeption des Aussagegehaltes von Subtexten und zum zugrunde zu legenden Verständnishorizont der Rezipienten sowie zur Bedeutung der Intention des Schöpfers einer objektiv als Parodie verstehbaren Entstellung eines Werkes als weiter klärungsbedürftig; in diesem Zusammenhang könnten auch die Grundsätze, nach denen derartige Feststellungen zu treffen sind, weiterer Klärung bedürfen.

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