Schutzumfang von Unternehmenskennzeichen

26. November 2019
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Bauarbeiter an Schreibtisch Beschluss des OLG Frankfurt vom 08.08.2019, Az.: 6 W 57/19

Die Unternehmenskennzeichen zweier Unternehmen sind sich laut OLG Frankfurt zu ähnlich. Da zwischen den Kennzeichnungen „LS Plan GmbH“ und „L Plan GmbH“ Zeichenähnlichkeit besteht und beide Unternehmen in derselben Branche und Stadt tätig sind, lässt sich eine Verwechslungsgefahr der beiden Unternehmen nicht verneinen, so das Gericht. Allerdings war die „LS Plan GmbH“ als erste im Handelsregister eingetragen, weshalb ihr ein prioritätsälteres Unternehmenskennzeichenrecht nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zusteht. Daher muss die „L Plan GmbH“ es zukünftig unterlassen, diese Kennzeichnung zu verwenden.

Oberlandesgericht Frankfurt

Beschluss vom 08.08.2019

Az.: 6 W 57/19

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.6.2019 teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin zu 1) wird im Wege der einstweiligen Verfügung wegen

Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung bei Meidung eines vom Gericht

für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes

bis zu € 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft

bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Antragstellerin

1. zur Kennzeichnung eines auf die Erbringung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen gerichteten Geschäftsbetriebs die Kennzeichnungen

„L-Plan GmbH“ und/oder

„L-PLAN“

2. sowie

das Kennzeichen „L-PLAN“

zur Kennzeichnung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen

und/oder

b. die Domain „l-plan-elektro.de“

zur Bewerbung eines Geschäftsbetriebs für Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen und/oder zur Bewerbung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen

zu benutzen, wenn dies jeweils geschieht wie aus den Anlagen Ast 9 und Ast 17 ersichtlich.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Eilverfahrens beider Instanzen und den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin haben die Antragsgegnerin zu 1) 40% und die Antragstellerin 60% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu 2), 3) und 4) hat die Antragstellerin zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 280.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Eilanträge der Antragstellerin mit Beschluss vom 5.6.2019 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihre Eilanträge weiter verfolgt. Der Senat hat den Antragsgegnern Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

1. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird nach § 140 III MarkenG vermutet. Gründe, die der Dringlichkeit ausnahmsweise entgegenstehen können, sind nicht ersichtlich.

2. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin zu 1) ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnungen „L-Plan GmbH“ und „L-Plan“ in der im Tenor beschriebenen Weise aus §§ 5, 15 IV MarkenG zu.

a) Die Antragstellerin ist Inhaberin eines prioritätsälteren Unternehmenskennzeichenrecht im Sinne des § 5 II S. 1 MarkenG an der Bezeichnung „LS Plan GmbH“. Unter dieser Bezeichnung ist sie seit März 2015 im Handelsregister eingetragen und auf dem Gebiet der Entwicklung und Planung von Bau- und Anlageprojekten im Bereich der Gebäudetechnik tätig. Die Bezeichnung ist originär unterscheidungskräftig und damit schutzfähig. Hierfür genügt es, dass die Bezeichnung geeignet ist, bei der Verwendung im Verkehr als Name des Unternehmens zu wirken und dass eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist (BGH, Urt. v. 31.07.2008 – I ZR 22/06, Rn. 22 – Haus & Grund IV). Beide Voraussetzungen sind gegeben. Die prägnante Bezeichnung „LS Plan“ eignet sich zur Benennung des Unternehmens der Klägerin. Sie ist für die fraglichen Dienstleistungen nicht glatt beschreibend.

b) Das Unternehmenskennzeichenrecht ist nicht erloschen. Ohne Erfolg berufen sich die Antragsgegner darauf, eine werbende Tätigkeit der Antragstellerin bestehe nach dem Wechsel der meisten Mitarbeiter nicht mehr; es werde aktuell nur ein Projekt betreut. An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 II S. 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Die Entstehung des Unternehmenskennzeichenrechts setzt nicht voraus, dass das Unternehmen bereits gegenüber allen Marktbeteiligten in Erscheinung getreten ist (BGH, GRUR 2008, 1099Rn. 36 – afilias.de). Es bedarf nur tatsächlicher Benutzungshandlungen, die auf eine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung schließen lassen (BGH GRUR 2016, 1066 Rn. 28 – mt-perfect). Selbst Vorbereitungshandlungen wie die Eintragung der Geschäftsbezeichnung im Handelsregister können hierfür genügen. Die Antragstellerin war und ist unter ihrer Firma im Geschäftsverkehr tätig. Auf den Umfang der Tätigkeit kommt es nicht entscheidend an. Nicht einmal eine vorübergehende Unterbrechung der Geschäftstätigkeit würde das Fortbestehen der Kennzeichenrechte berühren (BGH GRUR 2016, 1066 Rn. 31 – mt-perfect). Anhaltspunkte für eine dauerhafte Einstellung der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin sind nicht ersichtlich.

c) Die Antragsgegnerin zu 1) wurde am 25.4.2019 unter dem Namen „L-Plan GmbH“ ins Handelsregister eingetragen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts besteht zwischen der Firma der Antragstellerin und der angegriffenen Firma Verwechslungsgefahr.

aa) Es besteht Branchenidentität. Der Unternehmensgegenstand der Antragsgegnerin zu 1) bezieht sich ebenfalls auf die Entwicklung und Planung von Bau- und Anlageprojekten im Bereich der Gebäudetechnik.

bb) Die Bezeichnung „LS Plan GmbH“ genießt durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Davon ist stets auszugehen, sofern keine konkreten Anhaltspunkte gegeben sind, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen (BGH GRUR 2012, 930Rn. 27 – Bogner B m.w.N.). Der BGH hat wiederholt angenommen, dass auch Buchstabenfolgen regelmäßig über durchschnittliche Kennzeichnungskraft von Haus aus verfügen, wenn Anzeichen für eine abweichende Beurteilung auf dem jeweiligen Waren- und Dienstleistungssektor fehlen (vgl. BGH GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2011, 831Rn. 18 – BCC). So liegt es auch bei der streitgegenständlichen Buchstabenkombination „LS“. Beschreibende Bezüge zum Unternehmensgegenstand der Antragstellerin sind nicht ersichtlich. Am Schutz des Unternehmenskennzeichens nimmt auch das Element „Plan“ teil. Es nimmt zwar erkennbar Bezug auf die von dem Unternehmen angebotenen Planungsleistungen, ist jedoch nicht glatt beschreibend. Beschreibende Bezüge sind in Unternehmenskennzeichen üblich und nehmen jedenfalls dann am Schutz teil, wenn sie mit anderen Bestandteilen zu einer insgesamt prägnanten Gesamtbezeichnung verbunden sind (vgl. BGH GRUR 2008, 258 Rn. 24 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2001, 1161 – CompuNet/ComNet; GRUR 2017, 520, 524Tz. 49 – MICRO COTTON). Im Gesamteindruck zu vernachlässigen ist lediglich der Rechtsformzusatz („GmbH“).

cc) Zwischen den Zeichen „LS Plan GmbH“ und „L Plan GmbH“ besteht ein durchschnittlicher Grad an Zeichenähnlichkeit. Der Gesamteindruck der Zeichen wird nicht allein von die Buchstaben „LS“ bzw. „L“ dominiert. Der Verkehr neigt bei derart zusammengesetzten Unternehmenskennzeichen nicht zur Verkürzung auf Einzelbuchstaben, sondern wird das Unternehmen als „LS Plan“ bzw. als „L Plan“ bezeichnen. Bei dieser Sachlage sind die gegenüberstehenden Zeichen ähnlich.

dd) Angesichts der Branchenidentität, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens und der durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit lässt sich die Verwechslungsgefahr im Streitfall nicht verneinen. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass beide Firmen ihren Sitz in Stadt1 und damit in unmittelbarer räumlicher Nähe haben. Es kommt hinzu, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin die Parteien einen auch sachlich eng begrenzten Markt bedienen.

d) Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin besteht auch gegenüber der aus den Anlagen Ast 9 und Ast 17 ersichtlichen logoartigen Gestaltung „L-Plan“. Diese Gestaltung beinhaltet zwar zusätzliche grafische Elemente und den Zusatz „Elektrotechnik Fachplaner“. Aus der maßgeblichen Sicht des Verkehrs handelt es sich jedoch insoweit nur um dekorative Elemente bzw. um einen glatt beschreibenden Zusatz. Sie sind für den Gesamteindruck des Zeichens nicht von maßgeblicher Bedeutung. Kein Anspruch besteht allerdings gegenüber der isolierten Verwendung des Zeichens „L-PLAN“. Eine Verwendung in dieser isolierten Form ist aus den eingereichten Unterlagen nicht ersichtlich. Ein „Schlechthinverbot“ der Bezeichnung in jeder erdenklichen Verwendungsart kann nicht ausgesprochen werden, da sich nicht überblicken lässt, in welchen – möglicherweise beschreibenden – Kontext das Zeichen gesetzt werden kann. Das angestrebte Verbot war daher auf die konkrete Verletzungsform zu begrenzen.

3. Die Antragstellerin hat auch Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Zeichens „L-PLAN“ sowie der Domain „l-plan-elektro.de“ zur Kennzeichnung und Bewerbung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen, wie geschehen in den Anlagen Ast 9 und Ast 17. Die Benutzung eines Unternehmenskennzeichens ist zugleich eine markenmäßige Benutzung, wenn durch die konkrete Verwendung beispielsweise im Rahmen eines Internetauftritts der Verkehr veranlasst wird anzunehmen, dass eine Verbindung zwischen dem angegriffenen Unternehmenskennzeichen und den Waren oder Dienstleistungen besteht (BGH GRUR 2015, 1201 Rn. 71 – Sparkassen-Rot/Santander-Rot). So liegt es im Streitfall.

4. Ein Unterlassungsanspruch gegenüber den Antragsgegnern zu 2) – 4) ist hingegen nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Bei dem Antragsgegner zu 2 handelt es sich um den ehemaligen Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1), der die Eintragung der Firma in das Handelsregister veranlasst hat. Ein Geschäftsführer kann bei einer Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (BGH GRUR 2015, 1108 Rn. 55 – Green-IT; GRUR 2012, 1145 Rn. 36 – Pelikan). Voraussetzung ist jedoch, dass auf das unterstützte Verhalten weiterhin Einfluss hat. Dies ist nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht ersichtlich. Eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 3), bei der es sich um kein Organ, sondern um die Gesellschafterin der Antragsgegnerin zu 1) handelt, kann nach dem mitgeteilten Sach- und Streitstand ebenfalls nicht angenommen werden. Das gleiche gilt für den Antragsgegner zu 4), bei dem es sich um einen Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 3) handelt.

5. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegner kein Anspruch auf Sicherung eines Vernichtungsanspruchs nach § 18 MarkenG zu. Um einen Missbrauch der Beantragung der Sequestration auszuschließen, ist es notwendig, dass im Einzelfall geprüft wird, ob ein schützenswertes Sicherungsinteresse für die Sequestration besteht. Daran fehlt es vorliegend. Anders als bei markenverletzender Plagiatsware kann bei rechtswidrig gekennzeichneten Geschäftspapieren und Werbemitteln nicht von vornherein die konkrete Gefahr des Beiseiteschaffens angenommen werden, um sich Unterlassungs- und Vernichtungsansprüchen zu entziehen. Solche Umstände sind auch im Streitfall nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO.

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