Werbung trotz niedrigem Anteil des gezeigten Lebensmittels erlaubt

07. Juli 2023
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Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 16.09.2019, Az.: 6 U 133/18

Ein Produkt mit dem Namen "Pesto mit Basilikum und Rucola" darf auf der Verpackung ein Bild von Rucola haben, obwohl dessen Anteil nur 1,5 % am Gesamtprodukt beträgt. Die anderen Zutaten, die auf der Verpackung zu sehen sind, haben zwar einen deutlich größeren Anteil, dennoch ist keine Irreführung des Verbrauchers ersichtlich, da ein Kunde, der auf die Zusammensetzung des Produkts achtet, auf das Zutatenverzeichnis blickt und erkennt, wie hoch die einzelnen Anteile sind. Auch beachtlich ist, dass die Erwartung des Kunden nicht enttäuscht werden, da das Produkt auch unzweifelhaft nach Rucola schmeckt und allein das Mengenverhältnis der einzelnen Zutaten nicht auf die Geschmackswirkung schließen lässt.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Pressemitteilung Nr. 53/2019 zum Urteil vom 22.08.2019

Az.: 6 U 133/18

 

Die Beklagte vertreibt u.a. das Produkt „Pesti con Basilico e Rucola“. Das Pesto wird in Gläsern abgefüllt und ist auf der Außenseite mit Grafiken und Texten versehen. Das Glas trägt den Text „Pesto mit Basilikum und Rucola“. Auf der gegenüberliegenden Schauseite sind Basilikum, Petersilie und Rucola abgebildet. Grafisch nimmt der Rucola etwas mehr Raum ein als die anderen beiden Kräuter. Laut Zutatenverzeichnis weist das Produkt u.a. folgende Anteile aus: 20,7% Basilikum, 11,8% Petersilie und 1,5% Rucola. Das Pesto schmeckt u.a. nach Rucola.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er hält die Aufmachung des Produkts für irreführend. Sie erwecke die Erwartung eines höheren Rucola-Anteils als 1,5%. Das Landgericht hat den Antrag, die geschilderte Etikettierung des Produkts zu unterlassen, zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Ob eine Werbeaussage irreführend sei, beurteile sich nach dem Erwartungshorizont des so genannten Durchschnittsverbrauchers, stellt das OLG klar. „Dabei sind die verschiedenen Bestandteile der Verpackung in ihrer Gesamtheit zu prüfen, um festzustellen, ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und kritischer Verbraucher über das Vorhandensein bestimmter Zutaten… irregeführt wird“, konkretisiert das OLG. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei dabei davon auszugehen, dass ein Verbraucher, der sich in seiner Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richte, zunächst das Zutatenverzeichnis lese. Hier ließen sich dem Zutatenverzeichnis die korrekten prozentualen Zutatenangaben entnehmen.

Zwar könne bei einem zutreffenden Zutatenverzeichnis im Einzelfall die Etikettierung eines Erzeugnisses dennoch irreführend sein. Zu prüfen sei insoweit „die Gesamtwirkung der Verpackung“. Davon sei hier indes nicht auszugehen. Die „auch nur geringfügige Konzentration eines Lebensmittelbestandteils (ist) wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden…, wenn die beworbene Zutat jedenfalls enthalten ist und die berechtigten Geschmackserwartungen durchschnittlicher Verbraucher nicht enttäuscht werden“, begründet das OLG. Die Produktbezeichnung sowie Etikettierung rufe beim verständigen Durchschnittsverbraucher die Vorstellung hervor, dass das angebotene Pesto dem Geschmacksbild des Rucola zumindest auch entspreche. Das sei hier unstreitig der Fall. Die Verbrauchererwartung werde nicht dadurch enttäuscht, dass das Pesto daneben erhebliche Anteile der Kräuter Petersilie und Basilikum enthalte.

Darüber hinaus habe der Verbraucher keine Veranlassung, bestimmte Vorstellungen von den Mengenverhältnissen der beworbenen Zutaten zu haben, da diese von Überlegungen zur Rezeptur abhängig seien. Allein „das Mengenverhältnis von Zutaten (lässt) keine Rückschlüsse auf deren Abbildung im Geschmack zu“, konstatiert das OLG. Überzeugend verweise deshalb die Beklagte darauf, die Zutat „Rucola“ aufgrund seiner gerichtsbekannt bitteren Note eher im niedrigeren Umfang eingesetzt zu haben, um den Geschmack nicht zu sehr zu dominieren.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

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