Zur Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Fernsehpädagogin

14. Oktober 2016
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Ein Mädchen mit blonden, zu Zöpfen gebundenen Haaren und ein Junge mit braunen kurzen Harren brüllen sich gegenseitig an Urteil des LG Köln vom 30.09.2015, Az.: 28 O 423/12

Unwahre Tatsachenbehauptungen über eine Pädagogin als Protagonistin einer Fernsehsendung stellen eine Verletzung ihres Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Stützt sich das „Wissen“ darüber zudem lediglich auf Angaben weniger, sich immer wieder widersprechender Zeugen und wurde die Unrichtigkeit der Aussagen nicht genauer recherchiert, obwohl dies möglich gewesen wäre, so sind diese Behauptungen unzulässig.

Landgericht Köln

Urteil vom 30.09.2015

Az.: 28 O 423/12

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten zu unterlassen,

in Bezug auf die Klägerin und die Dreharbeiten zur Sendung „Die Y“ (Folge mit I) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

a)

(Beklagte:)

„Das Kamerateam der Produktionsfirma R drehte rund 14 Tage lang, von denen übrigens die Y selbst sich nur an vier Tagen blicken ließ (…)“

(Time-Code 02:14, Anlage K3)

b)

(Beklagte:)

„Was haben die denn genau gesagt, was ihr machen sollt?“

(I:)

„Die haben gesagt. Äh… wir sollen, also F und ich waren in meinem Zimmer, dann kam Katia rein und hat gesagt, wir sollen meinen Bruder I2 provozieren, dass er aggressiv wird. Die ganze Zeit in sein Zimmer reingehen und wieder raus und da dran klopfen. Ja, und dann kam er raus und …“

(Beklagte:)

Also, die Z hat das selber gesagt?“

(I:)

„Ja“

„Er hat mir sonst nie ins Gesicht gehauen und die haben gesagt, er soll mir mal richtig ins Gesicht hauen.“

(Time-Code 03:52, Anlage K3)

c)

(I:)

„Dann kam irgendwann die Y und die haben halt gesagt, wir sollen das so und so machen, provozieren und halt nicht so wie im richtigen Leben.“

(C:)

„und dass ich mir im Klaren darüber sein muss, dass die ihren Film drehen und wir nur die Hauptdarsteller sind, oder die Darsteller sind. Und das geht einfach so wie jeder Film. Man hat ein, praktisch gesehen, ein Regiebuch und die, das spielen wir dann.“

(Time-Code 04:48, Anlage K 3)

(…)

(Beklagte:)

„Das Drehbuch musste abgearbeitet werden.“

(C:)

„Die haben sich die Situation so und da haben die einen Film draus gedreht, wie die ihn gerne hätten.“

(Beklagte:)

„Und dazu gehört auch teilweise richtiger Text, den man zu sagen hat?“

(C:)

„Die Texte mussten, die Texte alle jeder Text.“

(Time-Code 11:10, Anlage K 3)

d)

(C:)

„Der Redakteur sagte, wenn der Hund jetzt sterben würde, dann hätten wir doch mal was richtig Tolles in der Kamera.“

(Time-Code 07:11, Anlage K 3)

e)

(Beklagte:)

„Eineinhalb Jahre vergingen. I war inzwischen junge Mutter einer kleinen Tochter. Davon musste das Team der Y irgendwie Wind bekommen haben und meldete sich kurzerhand für einen zweiten Dreh an, diesmal im Rahmen einer Sonderfolge, in der Z noch einmal einige Familien besucht, um zu schauen wie die Lage inzwischen ist. Wieder wurde auf den unterschriebenen Vertrag verwiesen. Wenn die Familie sich weigere, müsse sie eine hohe Geldstrafe zahlen.“

(Time-Code 13:17, Anlage K3)

(Beklagte:)

„Diese Y ist gegen den Willen der Familie da. Sie ist hier nicht mehr willkommen.“

(Time-Code 14:22, Anlage K3)

f)

(C:)

„Draußen spielen Kinder. Die kommen an. Oh, die Y, die Y ist da. Und dann habe ich nur gehört, dass sie gesagt hat, sie soll, die Bodyguards, die sie da hatte oder was weiß ich, sollten ihr die Blagen vom Hals schaffen.“

(Time-Code: 14:45, Anlage K 3)

g)

Off Stimme:

„Tja, könnte man den Verdacht haben, dass Q oder das dieses Kamerateam irgendwas damit zu tun hat?“

Mutter:

„Ich habe auf jeden Fall den Verdacht. Weil der Hund ist auf jeden Fall vergiftet worden. Draußen die Nachbarn kannten den Hund. Also, die würden das nie machen, außerdem hat er draußen nie was gefressen. Der hat nur zu Hause was gefressen. Und denken darf man ja alles. Ich bin der Meinung gewesen, dass die da irgendwas mit zu tun gehabt haben. Der hat was gefressen, was die Blutkörperchen zersetzt, so wie Buttersäure oder irgendwie so was.“

Off Stimme:

„Ein zugegeben unglaublicher Verdacht, der letztendlich nicht bewiesen werden kann. Aber Luna war drei Jahre alt und kerngesund. Und nun plötzlich stirbt sie an einer Vergiftung?“

wie geschehen in dem über www.anonym1.tv abrufbaren Beitrag, Folge 77.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 665,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.023,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2013 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 12% und die Beklagte zu 88%.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Diplom-Pädagogin und war Hauptdarstellerin der Fernsehsendung „Y“, die im Auftrag des Fernsehsenders Q von der Produktionsfirma R TV Produktions GmbH produziert und von 2004 bis 2011 ausgestrahlt wurde.

Die Beklagte betreibt die Internetseite www.anonym1.tv, über die sie sich mittels selbst produzierter audiovisueller Beiträge mit aktuellen Fernsehformaten auseinandersetzt. Am 26.09.2011 veröffentlichte sie in diesem Zusammenhang als Folge 77 einen Beitrag unter dem Titel „Ich bin Opfer der Y“, der sich mit einer im Jahr 2008 ausgestrahlten Folge aus der Sendereihe „Y“ befasst, deren Protagonisten die Zeugin I und ihre Familie waren. Der streitgegenständliche Beitrag enthält ein durch Off-Kommentare ergänztes Interview der Zeugin I und ihrer Mutter, der Zeugin C. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage K3 zur Akte gereichte DVD mit dem streitgegenständlichen Beitrag Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 5.3.2012 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.

Nach der ersten mündlichen Verhandlung in dem hiesigen Rechtsstreit am 16.1.2013 veröffentlichte die Beklagte am selben Tage auf ihrer Internetseite www.anonym1.tv einen Bericht über die mündliche Verhandlung, in dem sie u.a. äußerte:

„Die nächste Verhandlung wird mit einer Beweisaufnahme stattfinden. Das heißt: die Behauptungen und Recherchen, die in meinem Beitrag vorkommen, sollen auf den Prüfstand. Damit gehe ich sehr selbstbewusst um, denn ich habe dem Gericht auch bereits das ungeschnittene Interview mit I und ihrer Mutter zur Verfügung gestellt, um von meiner Seite absolute Transparenz herzustellen. Ich stehe zu meinem Beitrag und habe nichts zu verbergen.“

Tatsächlich befand sich das angesprochene Rohmaterial an diesem Tage noch nicht bei der Gerichtsakte. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten überreichte dieses mit Schriftsatz vom 20.01.2013, bei Gericht eingegangen am 24.01.2013.

Zudem unterhält die Beklagte eine Facebook-Seite, auf der sie mehrere Beiträge mit Bezug zur Klägerin veröffentlichte, u.a.

– am 02.01.2013 einen Beitrag unter der Überschrift „Gleich muss ich kotzen …“ und

– am 09.01.2013 einen Beitrag unter der Überschrift „Nicht vergessen – am Mittwoch Gerichtstermin gegen Z“.

Andere Nutzer reagierten auf diese Beiträge auf der Facebookseite der Beklagten mit u.a. folgenden Kommentaren:

– „verpass der Hirnfotze oder deren Anwalt mal nen schönen einlauf“;

– „Gebührengelder für Kinderschänder?“;

– „die gehört in den knast das verlogene drecksstück“.

Die Beklagte nahm an den Chatverläufen teil und reagierte auf einzelne Kommentare.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.01.2013 forderte die Klägerin die Beklagte sodann zur Unterlassung der Verbreitung der vorstehenden Äußerungen sowie der Behauptung auf, die Beklagte habe dem Landgericht Köln das Rohmaterial zur Verfügung gestellt. Ferner forderte sie die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bis zum 4.2.2013 auf. Die Beklagte gab daraufhin am 23.01.2013 die geforderten Unterlassungserklärungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab und verweigerte die Zahlung der Rechtsanwaltskosten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.01.2013 forderte die Klägerin die Beklagte auf, es zu unterlassen, die nachfolgenden Kommentare auf ihrer Facebook-Seite zu verbreiten:

– „Knall die H*xe gegen die Wand“, Beitrag vom 11.01.2013;

– „Kann ich hier sagen, dass du ihr auf die Fresse geben sollst, oder geht das zu weit?“, Beitrag vom 11.01.2013;

– „Macht die dumme Nuss fertig“, Beitrag vom 11.01.2013;

Auch insoweit gab die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab und verweigerte die Zahlung der ebenfalls geltend gemachten Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin sieht sich durch den Beitrag „Ich bin Opfer der Y“ in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die zum Streitgegenstand gemachten Aussagen enthielten sämtlich unwahre Tatsachenbehauptungen.

Insbesondere behauptet sie, die Dreharbeiten hätten lediglich 8,5 Tage gedauert, sie sei an sechs Tagen, nämlich vom 28.02.2008 bis 04.03.2008, anwesend gewesen und dies für jeweils rund 6 Stunden. Sie meint, dass hierdurch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt werde, da behauptet werde, dass sie sich um die Erziehungsfragen der Familie in weit geringerem Umfang gekümmert habe, als dies tatsächlich geschehen sei. Hierdurch werde zudem ausgedrückt, dass sie ihrer Funktion als Pädagogin nur unzureichend nachgekommen und dass es in der Sendung nicht, bzw. in weit geringerem Ausmaß, um Hilfestellung für die Familie gegangen sei.

Ferner sei es unzutreffend, dass die Klägerin und/oder das Drehteam I und ihren Bruder aufgefordert hätten, sich gegenseitig zu schlagen, zu prügeln oder zu provozieren. Insofern läge neben Falschzitaten auch – so meint die Klägerin – eine unzulässige Verdachtsberichterstattung vor, da ihr ein strafbares Verhalten, nämlich eine Anstiftung zur Körperverletzung unterstellt werde.

Außerdem sei es unzutreffend, dass die Familienmitglieder auf Grundlage eines Regiebuches agiert hätten und im Rahmen der Dreharbeiten ein Drehbuch abgearbeitet hätte werden müssen und/oder dass den Familienmitgliedern Texte vorgegeben worden seien. Kein Mitglied des Drehteams habe gegenüber der Familie geäußert, dass sich diese „nicht so wie im richtigen Leben“ verhalten solle, weshalb ein Falschzitat vorliege. Dies verletze sie – so meint sie – in ihrem Persönlichkeitsrecht, da der unbefangene Zuschauer des Beitrages den Eindruck gewinne, dass die familiären Konflikte in Wirklichkeit nicht bestanden hätten und inszeniert worden seien. Den Bemühungen der Klägerin werde dadurch die Authentizität abgesprochen, und sie erscheine insbesondere insoweit als heuchlerisch, als sie nach außen das Bild einer hilfsbereiten Person vermittle.

Auch habe kein Redakteur des Drehteams wörtlich oder sinngemäß gesagt, wenn der Hund der Familie jetzt sterben würde, dann hätte man doch mal was richtig Tolles in der Kamera. Hierdurch sei sie – so meint sie – auch persönlich betroffen, da durch den weiteren Kontext der Berichterstattung ausgedrückt werde, dass auch sie das Töten des Hundes für eine gute Idee gehalten habe. Ferner strahle die Darstellung des Verhaltens des Redakteurs auch auf ihr Verhalten aus, da sie in der Außendarstellung als Galionsfigur der Sendung und Mitglied des Produktionsteams erscheine. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Hund zum Zeitpunkt der vermeintlichen Äußerung bereits krank gewesen sei.

Weiterhin sei es unzutreffend, dass sich die Klägerin nach dem Tod des Hundes nicht für I interessiert habe, zumal sich aus Minute 9:08 selbst ergebe, dass die Klägerin nach dem Tod des Hundes tröstend auf I eingegangen sei. Allein durch die Benutzung des Wortes „schien“ werde – so meint die Klägerin – aus dieser inneren Tatsachenbehauptung keine Meinungsäußerung.

Zudem seien die Familienmitglieder nicht durch Hinweis auf den unterschriebenen Vertrag und eine darin angedrohte Geldstrafe dazu gezwungen worden, den Dreharbeiten zu einer Sonderfolge zuzustimmen, und die Klägerin sei in diesem Zusammenhang auch nicht gegen den Willen der Familie in der Wohnung derselben gewesen. Denn die Teilnahme an der Sonderfolge sei freiwillig erfolgt und alle Familienmitglieder seien einverstanden gewesen, was sich bereits daraus ergebe, dass die Familienmitglieder einen neuen Vertrag unterschrieben hätten. Außerdem habe die Zeugin C im Rahmen des Interviews gegenüber der Beklagten entsprechendes gerade nicht geäußert (vgl. Anl. B5, Time-Code 49:30).

Die Klägerin habe auch nicht gegenüber Bodyguards geäußert, sie sollen ihr die Blagen vom Hals halten.

Zuletzt liege – so meint die Klägerin – eine unzulässige Verdachtsberichterstattung vor, wenn die Beklagte den Verdacht äußere, das Drehteam habe den Hund getötet, da kein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliege, die Äußerung vorverurteilend und ihr keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei.

Die Beklagte müsse sich diejenigen Äußerungen, die von den Familienmitgliedern getätigt worden seien, mangels ausreichender Distanzierung auch zurechnen lassen, zumal diese Äußerungen für den Zuschauer erkennbar als alleinige Grundlage ihres Beitrages verwertet würden.

Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.023,16 EUR ist sie der Auffassung, auch durch die – unstreitig – unwahre Tatsachenbehauptung zu dem Rohmaterial, das erst auf die Abmahnung hin übersandt worden sei, in ihren Rechten verletzt zu sein, weil diese Behauptung suggeriere, dass das Rohmaterial der Klageforderung entgegenstehe und die Beklagte im Gegensatz zur Klägerin Transparenz übe. Ferner werde durch die Falschbehauptung im Hinblick auf das Einreichen von Beweismitteln im Zivilprozess gegenüber der Öffentlichkeit der Eindruck verstärkt, dass die diskreditierenden Vorwürfe zuträfen. Die weiteren angegriffenen Äußerungen enthielten ehrenrührige Schmähkritik und Beleidigungen. Insoweit sei die Beklagte als Störerin passivlegitimiert. Denn diese habe Kenntnis von den offenkundig rechtswidrigen Einträgen gehabt und diese gleichwohl nicht entfernt; sie habe ferner solche Einträge durch ihr eigenes Verhalten provoziert bzw. trotz des Hinweises auf vorgefallene Beleidigungen keine weitere Überprüfung durchgeführt, weshalb sie ihren Prüfpflichten als Forenbetreiberin nicht erfüllt habe.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten zu unterlassen,

in Bezug auf die Klägerin und die Dreharbeiten zur Sendung „Die Y“ (Folge mit I) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

a) (Beklagte:)

„Das Kamerateam der Produktionsfirma R drehte rund 14 Tage lang, von denen übrigens die Y selbst sich nur an vier Tagen blicken ließ (…)“

(Time-Code 02:14, Anlage K 3)

b) (Beklagte:)

„Was haben die denn genau gesagt, was ihr machen sollt?“

(I:)

„Die haben gesagt. Äh… wir sollen, also F und ich waren in meinem Zimmer, dann kam Katia rein und hat gesagt, wir sollen meinen Bruder I2 provozieren, dass er aggressiv wird. Die ganze Zeit in sein Zimmer reingehen und wieder raus und da dran klopfen. Ja, und dann kam er raus und …“

(Beklagte:)

Also, die Z hat das selber gesagt?“

(I:)

„Ja“

„Er hat mir sonst nie ins Gesicht gehauen und die haben gesagt, er soll mir mal richtig ins Gesicht hauen.“

(Time-Code 03:52, Anlage K 3)

c) (I:)

„Dann kam irgendwann die Y und die haben halt gesagt, wir sollen das so und so machen, provozieren und halt nicht so wie im richtigen Leben.“

(C:)

„und dass ich mir im Klaren darüber sein muss, dass die ihren Film drehen und wir nur die Hauptdarsteller sind, oder die Darsteller sind. Und das geht einfach so wie jeder Film. Man hat ein, praktisch gesehen, ein Regiebuch und die, das spielen wir dann.“

(Time-Code 04:48, Anlage K 3)

(…)

(Beklagte:)

„Das Drehbuch musste abgearbeitet werden.“

(C:)

„Die haben sich die Situation so und da haben die einen Film draus gedreht, wie die ihn gerne hätten.“

(Beklagte:)

„Und dazu gehört auch teilweise richtiger Text, den man zu sagen hat?“

(C:)

„Die Texte mussten, die Texte alle jeder Text.“

(Time-Code 11:10, Anlage K 3)

d)  (C:)

„Der Redakteur sagte, wenn der Hund jetzt sterben würde, dann hätten wir doch mal was richtig Tolles in der Kamera.“

(Time-Code 07:11, Anlage K 3)

e) (Beklagte:)

„Is fast labiler Zustand nach dem Tod des Hundes schien Z und Co. kein bisschen zu interessieren.“

(Time-Code 11:02, Anlage K 3)

f) (Beklagte:)

„(Eineinhalb Jahre vergingen. I war inzwischen junge Mutter einer kleinen Tochter. Davon musste das Team der Y irgendwie Wind bekommen haben und meldete sich kurzerhand für einen zweiten Dreh an, diesmal im Rahmen einer Sonderfolge, in der Z noch einmal einige Familien besucht, um zu schauen wie die Lage inzwischen ist.) Wieder wurde auf den unterschriebenen Vertrag verwiesen. Wenn die Familie sich weigere, müsse sie eine hohe Geldstrafe zahlen.“

(Time-Code 13:17, Anlage K 3)

(Beklagte:)

„Diese Y ist gegen den Willen der Familie da. Sie ist hier nicht mehr willkommen.“

(Time-Code 14:22, Anlage K 3)

g) (C:)

(„Draußen spielen Kinder. Die kommen an. Oh, die Y, die Y ist da. Und dann habe ich nur gehört, dass sie gesagt hat, sie soll, die Bodyguards, die sie da hatte oder was weiß ich, sollten ihr die Blagen vom Hals schaffen.“

(Time-Code: 14:45, Anlage K 3)

h) Off Stimme:

„Tja, könnte man den Verdacht haben, dass Q              oder das dieses Kamerateam irgendwas damit zu tun hat?“

Mutter:

„Ich habe auf jeden Fall den Verdacht. Weil der Hund ist auf jeden Fall vergiftet worden. Draußen die Nachbarn kannten den Hund. Also, die würden das nie machen, außerdem hat er draußen nie was gefressen. Der hat nur zu Hause was gefressen. Und denken darf man ja alles. Ich bin der Meinung gewesen, dass die da irgendwas mit zu tun gehabt haben. Der hat was gefressen, was die Blutkörperchen zersetzt, so wie Buttersäure oder irgendwie so was.“

Off Stimme:

„Ein zugegeben unglaublicher Verdacht, der letztendlich nicht bewiesen werden kann. Aber Luna war drei Jahre alt und kerngesund. Und nun plötzlich stirbt sie an einer Vergiftung?“

wie geschehen in dem über www.anonym1.tv abrufbaren Beitrag, Folge 77.

2.  die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 665,81 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2012 zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.023,16 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, dass das Kamerateam der Produktionsfirma R rund 14 Tage lang gedreht habe, von denen die Klägerin selbst nur an etwa vier Tagen für max. 2 Stunden anwesend gewesen sei. Selbst wenn die nicht der Fall gewesen wäre, handelte es sich lediglich um eine persönlichkeitsrechtsirrelevante Übertreibung, zumal die Kernaussage, dass die Klägerin nur einen Bruchteil der Dreharbeiten anwesend gewesen sei, zutreffend sei. Ferner beinhalte die Anwesenheitsdauer keine Aussage über die Güte einer pädagogischen Arbeit.

Ferner sei es so gewesen, dass die Klägerin und/oder das Drehteam I und ihren Bruder aufgefordert hätten, sich gegenseitig zu schlagen, zu prügeln oder zu provozieren.

Zudem habe es ein Regiebuch oder Drehbuch mit vorgefassten Texten sowie Regieanweisungen gegeben, die hätten abgearbeitet werden müssen. Insofern liege – so meint die Beklagte – allenfalls eine wertneutrale Falschbehauptung vor, da die Begriffe „Regiebuch, Drehbuch und Textvorgaben“ lediglich synonym dafür ständen, dass es sich bei der Berichterstattung nicht um eine Dokumentation handele und der Sendung Vorgaben und Ablaufpläne zu Grunde lägen. Deshalb seien die Begriffe „Regiebuch“ oder „Drehbuch“ im Gesamtkontext der Behauptung wertende Zusammenfassungen dafür, dass es Verhaltensanweisungen für die Familie durch das Drehteam und inszenierte Szenen gegeben habe. Schließlich sei die Klägerin hierdurch nicht betroffen, da es sich um Handlungen des Drehteams handele, zumal sie selbst nunmehr zu den Kritikern der Sendung gehöre.

Ein Redakteur des Drehteams habe zudem wörtlich oder sinngemäß gesagt, wenn der Hund der Familie jetzt sterben würde, dann hätte man doch mal was richtig Tolles in der Kamera. Die Beklagte ist insofern der Meinung, dass die Klägerin durch diese Äußerung nicht betroffen sei, da nicht unterstellt werde, dass die Klägerin diese Aussage getätigt oder gutgeheißen habe.

Weiterhin sei es zutreffend, dass sich die Klägerin nach dem Tod des Hundes nicht für I interessiert habe. Zudem handele sich um eine zulässige Wertung. Denn die Klägerin sei nach dem Tod des Tieres nach Auffassung der Beklagten nicht ausreichend tröstend auf die Tochter des Hauses eingegangen, da die scheinbar spontane Anteilnahme gespielt gewesen sei. Eine therapeutische oder ansonsten verbale Auseinandersetzung mit der Trauer des Kindes habe nicht stattgefunden, zumal die Überbringung der Todesnachricht vor laufenden Kameras inszeniert worden sei, weshalb der Bedienung des Voyeurismus der Zuschauer deutlich Vorrang vor den pädagogischen Notwendigkeiten eingeräumt worden sei.

Ferner sei es zutreffend, dass die Familienmitglieder durch den Hinweis auf einen unterschriebenen Vertrag und die darin angedrohte Geldstrafe dazu gezwungen worden seien, den Dreharbeiten zu einer Sonderfolge zuzustimmen, und dass diese deshalb nicht gewollt hätten, dass sich die Klägerin in ihrer Wohnung aufhielte.

Schließlich sei es richtig, dass die Klägerin gegenüber ihren Bodyguards bzw. Drehteammitgliedern geäußert habe, sie sollen ihr die Blagen, d.h. familienfremde Kinder, während der Dreharbeiten vom Hals halten.

Zuletzt ist die Beklagte der Auffassung, dass nicht der Verdacht geäußert werde, dass die Klägerin und/oder das Drehteam etwas mit dem Tod des Hundes zu tun gehabt hätten. Selbst wenn ein entsprechender Verdacht geäußert worden wäre, sei die Klägerin hiervon nicht betroffen, da ihr gegenüber kein Verdacht geäußert werde. Zudem liege ein Mindestbestand an Beweistatsachen vor, da der Hund erst während der Dreharbeiten und nach der Äußerung eines Drehteammitgliedes gestorben sei, dass der Tod des Hundes dramaturgisch wertvoll sei.

Zudem ist die Beklagte der Auffassung, dass sie sich die Äußerungen der interviewten Personen durch eine ausreichende Distanzierung nicht zu eigen gemacht habe, zumal ihr Sendeformat so angelegt sei, Opfern von stigmatisierenden Fernsehformaten ein Forum zur Darstellung ihrer Sicht der Dinge zu bieten.

Sie ist ferner der Meinung, dass sämtliche Äußerungen in einem satirisch-kritischen Kontext geäußert worden seien, bei dem Verzerrung, Verfremdung und Übertreibung unschädliche Stilelemente seien. Zudem habe sie in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt, da ein ernsthaftes Interesse der Öffentlichkeit an der beanstandeten Berichterstattung bestehe. Denn die Klägerin habe sich mit ihrem medialen Wirken selbst in das Zentrum eines öffentlichen Interesses begeben und müsse insofern kritische Berichterstattung in diesem Zusammenhang hinnehmen.

Sie ist zudem der Auffassung, etwaige Ansprüche der Klägerin seien verwirkt, weil sie sich mit der die Menschenwürde verletzenden Sendung selbst außerhalb der Rechtsordnung gestellt habe, da in der streitgegenständlichen Sendung physische und psychische Gewaltanwendungen an Kindern reißerisch dargestellt würden.

Hinsichtlich der Äußerung zur Übersendung des Rohmaterials an das Gericht ist die Beklagte der Auffassung, dass diese Äußerung wertneutral sei, da sie lediglich ihr beabsichtigtes Vorgehen in einem Zivilprozess schildere und sich die Äußerung einzig und alleine auf die eigene Person beziehe. Derartige Äußerungen seien nicht geeignet, Rückschlüsse auf andere Verfahrensbeteiligte oder den Verfahrensausgang zuzulassen. Hinsichtlich der Facebook-Kommentare Dritter sei zunächst zweifelhaft, ob sämtliche Behauptungen Beleidigungen darstellten. Dies insbesondere dann, wenn die männliche Form gewählt bzw. eine Äußerung verschlüsselt geäußert worden sei. Auch sofern die Beklagte von diesen Personen zu einem bestimmten Handeln aufgefordert worden sei, sei es lediglich um die moralische Unterstützung der Beklagten und nicht um eine Verunglimpfung der Klägerin gegangen. Ferner hafte sie nicht als Störerin für die Äußerungen dieser Personen, da sie erst durch die – nicht hinreichend konkreten – Abmahnungen der Klägerin jeweils Kenntnis von den beanstandeten Äußerungen erhalten und diese sodann gelöscht habe. Denn das Forum auf der Internetseite www.anonym1.tv werde zwar täglich auf rechtswidrige Behauptungen geprüft und entsprechend gepflegt. Bei der Facebook-Seite erfolge dies jedoch nur sporadisch, so dass sie vor den Abmahnungen keine Kenntnis von den streitgegenständlichen Äußerungen erlangt habe. Ferner habe nach der ersten Abmahnung keine Veranlassung bestanden, die entsprechenden Foren hinsichtlich weiterer Beleidigungen zu durchsuchen, da sie davon ausgehen durfte, dass die Klägerin sämtliche Beleidigungen ihr gegenüber angemeldet habe. Zudem habe sie zu den streitgegenständlichen Äußerungen vom 2.1.2013 bis zum 11.1.2013 selbst keine Kommentare verfasst, sondern lediglich am 12.1.2013 und 15.1.2013 zwei kurze Kommentare zu jeweils zwei aktuellen Beiträgen gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 29.4.2013, Bl. 375 ff. GA, vom 26.3.2014, Bl. 501 ff. GA, vom 5.11.2014, Bl. 568 GA, und vom 2.4.2015, Bl. 606 GA, durch Vernehmung der Zeugen C, G, J, I und I2 I. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 20.11.2013, Bl. 445 ff. GA, vom 24.9.2014, Bl. 548 ff. GA, vom 20.2.2015, Bl. 589 ff. GA, und vom 15.7.2015, Bl. 618 ff. GA, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist weit überwiegend begründet.

I.

Die grundsätzlichen Einwendungen der Beklagten gegen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche können nicht überzeugen.

1.

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass Gegenstand der Klage nicht die grundsätzliche Kritik an der Fernsehsendung „Y“ und dem Wirken der Klägerin in diesem Rahmen ist. Eine solche Kritik müsste die Klägerin grundsätzlich dulden. Soweit die Kritik aber mit dem Aufstellen und Verbreiten falscher Tatsachenbehauptungen oder einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung – hierzu sogleich – einhergeht, kann die Klägerin grundsätzlich Unterlassung begehren. Streitgegenstand der Klage ist deshalb nicht die – möglicherweise berechtigte – Kritik der Beklagten gegenüber der Fernsehsendung „Y“ und dem Wirken der Klägerin. Vielmehr wendet sich die Klägerin allein gegen einzelne Äußerungen in dem Beitrag der Beklagten, die sie als unwahre Tatsachenbehauptungen bzw. unzulässige Verdachtsberichterstattung identifiziert.

2.

Eine Verwirkung des Rechts der Klägerin, sich gegen einzelne Äußerungen im Rahmen des Interviews durch die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen zu wehren, weil sie sich mit der Sendung „Y“ durch einen Verstoß gegen die Menschenwürde selbst außerhalb der Rechtsordnung gesetzt habe, kommt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in Betracht. Gegenstand der Unterlassungsanträge sind konkrete Äußerungen, deren Verbreitung die Klägerin im Falle der Unwahrheit bzw. Unzulässigkeit auch dann nicht hinzunehmen hätte, wenn das Sendeformat im Einzelfall oder im Allgemeinen Rechte Dritter verletzen würde. Die entsprechende Rechtsauffassung der Beklagten, die Klägerin gegenüber unwahren Tatsachenbehauptungen bzw. unzulässiger Verdachtsberichterstattung im Zusammenhang mit der Sendung „Y“ als rechtlos zu betrachten, erscheint bedenklich.

3.

Ob und wie sich die Klägerin zwischenzeitlich intern oder öffentlich selbst von dem Format „Y“ distanziert hat, ist ebenfalls unerheblich. Denn Streitgegenstand sind konkrete Tatsachenbehauptungen, die auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen sind. Eine Distanzierung der Klägerin in Hinblick auf gerade die aus dem Jahr 2008 stammende Folge, die den Gegenstand der angegriffenen Berichterstattung darstellt, ist gerade nicht erfolgt. Im Gegenteil hebt die Klägerin bei ihrer Begründung für den Ausstieg aus der Sendung „Y“ gerade auf jüngere Entwicklungen ab, so dass sich kritische Äußerungen der Klägerin in Bezug auf die Sendung – selbst wenn man ihre Erklärungen dahingehend verstehen wollte – nicht auf die hier streitgegenständliche Folge der Sendung beziehen.

4.

Soweit die Beklagte unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet, kann sie sich auch nicht auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen.

Sie zielt mit dieser Rechtsauffassung auf den Grundsatz, dass auch eine Behauptung, deren Unwahrheit nicht erwiesen ist, jedenfalls in Fällen, in denen es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit geht, auf der Grundlage der nach Art. 5 Abs. 1 GG und § 193 StGB vorzunehmenden Güterabwägung dem Mitteilenden solange nicht untersagt werden kann, als dieser sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (vgl. BGH, NJW-RR 1994, 1242). Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Abwägung hängt jedoch von der Beachtung der der Beklagten aufzuerlegenden Sorgfaltspflichten ab. Bei völlig haltlosen oder aus der Luft gegriffenen Behauptungen kann danach die Meinungsfreiheit das Persönlichkeitsrecht nicht verdrängen. Im Übrigen kommt es auf den im Einklang mit den grundgesetzlichen Anforderungen entwickelten Umfang der Sorgfaltspflichten an. Sind sie eingehalten, stellt sich aber später die Unwahrheit der Äußerung heraus, ist die Äußerung als im Äußerungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen, so dass weder Bestrafung noch Widerruf oder Schadensersatz in Betracht kommt. Dagegen gibt es kein legitimes Interesse, nach Feststellung der Unwahrheit an der Behauptung festzuhalten. Besteht die Gefahr, dass die Äußerung dessen ungeachtet aufrechterhalten wird (sogenannte Erstbegehungsgefahr), kann der sich Äußernde folglich zur Unterlassung verurteilt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998 – 1 BvR 1531/96).

Vor diesem Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte sich nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann, da sie ihre Sorgfaltspflichten vor der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen nicht eingehalten hat. Sofern sie in diesem Zusammenhang vorträgt, dass sie sich durch aufwendige Recherche über den regelmäßigen Ablauf der Dreharbeiten informiert, weitere Protagonisten anderer Folgen der Sendung befragt und Sekundärliteratur zur Sendung studiert habe, ist dieser Vortrag zum einen vollkommen unsubstantiiert und zum anderen unerheblich. Denn die Beklagte hätte, bevor sie die streitgegenständlichen Äußerungen – sofern sie sich als unwahr darstellen – äußerte, gerade deren Wahrheitsgehalt weiter hinterfragen müssen und sich nicht allein auf die Aussagen der Zeuginnen I und C verlassen dürfen. Allgemeine Recherchen zu der Sendung „Y“ sind demgegenüber nicht geeignet, die Wahrhaftigkeit der von den Zeuginnen I und C aufgestellten konkreten Äußerungen zu belegen. Die Beklagte hätte in Anbetracht des Umstandes, dass ihr lediglich zwei Aussagen der Zeuginnen I und C vorlagen, die Klägerin bzw. den Sender Q bzw. das Produktionsunternehmen zur Stellungnahme zu diesen Vorwürfen auffordern müssen, um ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht nachzukommen. Dies ist jedoch – wie die Beklagte einräumt – nicht geschehen. Ihre Begründung, dass sie von der Einholung einer Stellungnahme absah, weil seitens der Klägerin bzw. dem Sender Q bzw. dem Produktionsunternehmen mehr als ein Dementi und eine Aufklärung nicht zu erwarten gewesen wäre, ist nicht nachvollziehbar. Denn auch ein Dementi ist im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht zu berücksichtigen und in den anvisierten Bericht einzuarbeiten. Allein wenn keinerlei Reaktion auf die Möglichkeit zur Stellungnahme zu erwarten ist, kann unter Umständen hiervon abgesehen werden. Dies war jedoch – wie die nachträgliche Stellungnahme seitens Q zeigt – nicht der Fall.

5.

Bei dem Bericht handelt es sich schließlich nicht um eine von Art. 5 Abs. 3 GG bzw. Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Satire. Eine Form der Meinungsäußerung ist auch die Satire. Sie vermittelt bewusst ein Spott- oder Zerrbild der Wirklichkeit. Ihr ist wesenseigen, dass sie mit Übertreibungen, Verzerrungen, Verfremdungen arbeitet und zum Lachen reizen soll. Die Satire findet ihre Grenze in den allgemeinen Grenzen der Meinungsäußerung wie auch der Schmähkritik. Einkleidung und Aussagekern sind gesondert zu prüfen, wobei der Maßstab für die Beurteilung der Einkleidung in der Regel weniger streng ist als für die Beurteilung des Inhalts. Unzulässig kann Satire sein, wenn sich nicht etwas Vorhandenes übertreiben, überspitzen, sondern ohne realen Ansatz „in die falsche Richtung“ zielen soll. Je stärker das entworfene Persönlichkeitsbild beansprucht, sich mit der sozialen Wirklichkeit des Dargestellten zu identifizieren, desto schutzwürdiger ist dessen Interesse an der Vermeidung persönlichkeitsbeeinträchtigender Verfremdungen und um so weniger Anlass besteht dann auch, den Künstler/Äußernden rechtlich anders zu behandeln als einen Kritiker, der Unwahrheiten behauptet (BGH, NJW 1983, 1194).

Eingedenk dieser Grundätze stellen sich weder der streitgegenständliche Beitrag noch die streitgegenständlichen Äußerungen als Satire dar, da der Beitrag gerade die Realität der Sendung „Y“ aufdecken sowie kritisieren und diese gerade nicht verfremden will.

6.

Die Beklagte macht sich die streitgegenständlichen Äußerungen der Zeuginnen I und C auch zu Eigen.

Ein Zu-Eigen-Machen liegt regelmäßig vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Auch undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem Verbreiter zugerechnet werden, wenn er sie sich zu Eigen gemacht hat. Ob dies der Fall ist, ist jedoch mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen. Schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung kann sich ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird (BGH, NJW GRUR 2010, 458).

Hier ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte – wie sich aus der Anmoderation des Beitrags ergibt – die verbreitete Kritik an der Sendung „Y“ teilt und als Beleg für ihre Auffassung das Interview mit den streitgegenständlichen Äußerungen veröffentlichte. Wenn jedoch derjenige, der ein Interview veröffentlicht, eine bestimmte These vertritt und sodann ein diese These aus seiner Sicht bestätigendes Interview veröffentlicht, spricht eine Vermutung dafür, dass sich derjenige, der dieses Interview veröffentlicht, die Äußerungen des Interviewten zu eigen macht (Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 4, Rn. 21, Rn. 102 m.W.N.).

7.

Die Wiederholungsgefahr ist hinsichtlich der rechtswidrigen streitgegenständlichen Äußerungen gegeben. Die Wiederholungsgefahr ist für den Unterlassungsanspruch materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl. BGH, NJW 1995, 132). Sie wird durch die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung indiziert und grundsätzlich erst dann ausgeräumt, wenn der Verletzer sich unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegenüber dem Verletzten verpflichtet, sein beanstandetes Verhalten einzustellen. Dies ist nicht geschehen.

II.

Hinsichtlich der einzelnen Äußerungen gilt das Folgende:

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(Beklagte:)

„Das Kamerateam der Produktionsfirma R drehte rund 14 Tage lang, von denen übrigens die Y selbst sich nur an vier Tagen blicken ließ (…)“

(Time-Code 02:14, Anlage K3).

Die Klägerin ist durch die streitgegenständliche Äußerung in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen, da sie bei dem maßgeblichen Rezipientenkreis deutschlandweit als „Y“ bekannt ist und der Klägerin und dem von ihr repräsentierten Fernsehformat durch die Äußerung eine seriöse und konzeptionelle pädagogische Arbeit abgesprochen wird.

Die Äußerung verletzt die Klägerin auch rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Bei der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d. h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau in: Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, Rn. 95 m. w. N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Tatsachen sind innere und äußere Vorgänge, die zumindest theoretisch dem Beweis zugänglich sind und sich damit als wahr oder unwahr feststellen lassen, während Meinungsäußerungen durch das Element der Stellungnahme und Bewertung gekennzeichnet sind. Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Dabei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH, NJW 1998, 3047). Maßgeblich für das Verständnis der Behauptung ist dabei weder die subjektive Sicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (vgl. BVerfG, NJW 2006, 207).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, da die Frage, wie viele Tage die Klägerin anwesend war, dem Beweis zugänglich sind.

Bei Tatsachenbehauptungen kommt es im Rahmen der anzustellenden Abwägung für die Zulässigkeit ihrer Äußerung entscheidend auf den Wahrheitsgehalt der Tatsachenbehauptung an. Bewusst unwahre Tatsachen oder Tatsachen, deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung zweifelsfrei feststeht, fallen nicht unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Ihre Äußerung ist daher grundsätzlich unzulässig. Die Verbreitung ehrenrühriger wahrer Tatsachenbehauptungen hingegen ist grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht die Intim- oder Privatsphäre des Betroffenen betreffen. In letzterem Fall ist jedoch weiter zu prüfen und abzuwägen, ob ihre Äußerung durch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit gedeckt ist (Palandt, a.a.O., Rn. 101a m. w. N.).

Die Tatsachenbehauptung ist unwahr, da die Beklagte die Wahrheit derselben nicht beweisen konnte.

Die Beweislast für die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung trägt grundsätzlich nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen der jeweilige Kläger, da sie anspruchsbegründende Voraussetzung ist. Für den Unterlassungsanspruch ist im Rahmen der jeweiligen Darlegungslast der Parteien jedoch nach der Art der Äußerung weitergehend zu differenzieren. So wird für ehrenrührige Behauptungen von einer erweiterten Darlegungslast des jeweiligen Beklagten ausgegangen. Bei ehrenrührigen Behauptungen genügt es in diesen Fällen aufgrund der Grundsätze der erweiterten Darlegungslast, wenn der Betroffene die Unwahrheit behauptet. Denn dem Betroffenen kann in diesen Fällen nicht zugemutet werden, sich gewissermaßen ins Blaue hinein rechtfertigen zu müssen und dabei Umstände aus einem persönlichen oder geschäftlichen Bereich in einem Umfang zu offenbaren, der bei ordnungsgemäßer Einlassung des Äußernden leicht vermeidbar wäre (Kammer, Urteil vom 21.07.2010 – 28 O 146/10). Diese Darlegungslast bildet die prozessuale Entsprechung der materiell-rechtlichen Regel, dass bei haltlosen Behauptungen der Schutz der Meinungsfreiheit hinter dem Persönlichkeitsschutz zurückzutreten hat (BVerfG, BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998 – 1 BvR 1531/96; BGH, Urteil vom 11.12.2012 – VI ZR 314/10).

Die Beweislast für die Wahrheit der Tatsachenbehauptung trägt nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB die Beklagte, da die Voraussetzungen des § 186 StGB vorliegen. In dem konkreten Berichterstattungszusammenhang, in den die Äußerung eingebettet ist, ist sie geeignet, die Klägerin verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Denn die Behauptung wird in dem zu berücksichtigenden Berichterstattungszusammenhang verwendet, um der Klägerin und dem von ihr repräsentierten Fernsehformat eine seriöse und konzeptionelle pädagogische Arbeit abzusprechen und zu vermitteln, dass es ihr lediglich um die Einschaltquote gehe. Dies berührt den sozialen Geltungsanspruch der Klägerin in erhöhter Weise und setzt diese in der öffentlichen Meinung herab und stellt aus diesem Grund auch entgegen der Ansicht der Beklagten keine hinzunehmende bloße Übertreibung dar.

Den Beweis, dass die Klägerin lediglich an vier von vierzehn Drehtagen anwesend

war, hat die Beklagte jedoch aufgrund der sich widersprechenden Aussagen der Zeugen C, I und I2 I nicht zur Überzeugung der Kammer geführt.

Denn die Zeugin I hat bekundet, dass die Klägerin an neun von 14 Tagen anwesend gewesen sei. Demgegenüber hat der Zeuge I ausgesagt, dass die Klägerin an jedem der ca. 14 Tage anwesend gewesen sei. Wiederum hiervon abweichend hat die Zeugin C berichtet, dass die Klägerin an vielleicht drei oder vier Tagen, insgesamt jedoch nur an einem Drehtag von morgens bis abends vor Ort gewesen sei, sie dies jedoch nicht mehr genau sagen könne.

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(Beklagte:)

„Was haben die denn genau gesagt, was ihr machen sollt?“

(I:)

„Die haben gesagt. Äh… wir sollen, also F und ich waren in meinem Zimmer, dann kam Katia rein und hat gesagt, wir sollen meinen Bruder I2 provozieren, dass er aggressiv wird. Die ganze Zeit in sein Zimmer reingehen und wieder raus und da dran klopfen. Ja, und dann kam er raus und …“

(Beklagte:)

Also, die Z hat das selber gesagt?“

(I:)

„Ja“

„Er hat mir sonst nie ins Gesicht gehauen und die haben gesagt, er soll mir mal richtig ins Gesicht hauen.“

(Time-Code 03:52, Anlage K3)

Die Klägerin ist durch die streitgegenständliche Äußerung in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen, da ihr persönlich unterstellt wird, die Zeugin I aufgefordert zu haben, ihren Bruder zu provozieren, damit er „aggressiv“ wird bzw. „mal draufhaut“. Aus der anschließenden Äußerung „Er hat mir sonst nie ins Gesicht geschlagen und die haben gesagt, er soll mir mal richtig ins Gesicht hauen.“ ergibt sich nämlich aufgrund der vorangegangenen Äußerung auch die Unterstellung, die Klägerin habe den Zeugen I aufgefordert, seiner Schwester ins Gesicht zu schlagen.

Die Äußerung verletzt die Klägerin auch rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Nach den unter Ziffer II. 1. dargestellten Grundsätzen handelt es sich hierbei um eine Tatsachenbehauptung, da es dem Beweis zugänglich ist, ob die Klägerin derartige Aufforderungen aussprach. Soweit die Klägerin meint, die Berichterstattung sei auch unter dem Aspekt der Verdachtsberichterstattung unzulässig, verfängt dies nicht. Denn es handelt sich nicht um eine Verdachtsäußerung, sondern um eine Tatsachenbehauptung, da der dargestellte Sachverhalt, d.h. die Aufforderung zur Provokation und zur Gewaltanwendung als feststehend beschrieben wird.

Die Beweislast liegt entsprechend § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB bei der Beklagten, denn durch die Äußerungen wird der Klägerin vorgeworfen, sie habe absichtlich zur Provokation und zur Gewaltanwendung aufgefordert und hierdurch zur Eskalation der Situation beigetragen. Dies ist in hohem Maße ehrenrührig.

Den Beweis, dass die Klägerin zur Provokation und zum Schlagen ins Gesicht aufgefordert hat, hat die Beklagte jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer geführt.

Die Zeugin C hat ausgesagt, zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht vor Ort gewesen zu sein. Der Zeuge I hat insofern bekundet, dass er nicht wisse bzw. mitbekommen habe, ob seine Schwester von der Klägerin aufgefordert worden sei, ihn zu provozieren oder ihn ins Gesicht zu schlagen. Er selbst sei von der Klägerin persönlich weder zur Provokation noch zur Gewaltanwendung aufgefordert worden. Die Zeugin I hat insofern ausgesagt, dass die Klägerin sie nicht dazu aufgefordert habe, ihren Bruder ins Gesicht zu schlagen, sondern ihn lediglich „doller zu schubsen“. Hinsichtlich des letzten Punktes, der für eine Aufforderung zur Provokation sprechen könnte, widersprechen sich die Aussagen der Zeugen I jedoch im Detail. Während die Zeugin I ausgesagt hat, dass vor dem Schubsen gesagt worden sei, dass sie die Grenzen ihres Bruders überschreiten solle und die Klägerin sie aufgefordert habe, „doller zu schubsen“, hat der Zeuge I berichtet, dass zum wechselseitigen Schubsen seitens der Klägerin nichts geäußert worden sei und die Klägerin erst nach der Schlägerei darauf hingewiesen habe, dass „wir doch besser unsere Grenzen nicht überschreiten sollten.“ Ferner hat die Zeugin C ausgesagt, dass ihr die Zeugin I gesagt habe, dass die Aufforderung zur Provokation durch Mitglieder des Kamerateams und damit nicht durch die Klägerin erfolgt sei.

3.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(I:)

„Dann kam irgendwann die Y und die haben halt gesagt, wir sollen das so und so machen, provozieren und halt nicht so wie im richtigen Leben.“

(C:)

„und dass ich mir im Klaren darüber sein muss, dass die ihren Film drehen und wir nur die Hauptdarsteller sind, oder die Darsteller sind. Und das geht einfach so wie jeder Film. Man hat ein, praktisch gesehen, ein Regiebuch und die, das spielen wir dann.“

(Time-Code 04:48, Anlage K 3)

(…)

(Beklagte:)

„Das Drehbuch musste abgearbeitet werden.“

(C:)

„Die haben sich die Situation so und da haben die einen Film draus gedreht, wie die ihn gerne hätten.“

(Beklagte:)

„Und dazu gehört auch teilweise richtiger Text, den man zu sagen hat?“

(C:)

„Die Texte mussten, die Texte alle jeder Text.“

(Time-Code 11:10, Anlage K 3)

Die Klägerin ist durch die streitgegenständlichen Äußerungen in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen, da ihr persönlich unterstellt wird, dass die Zeugen I und C mit ihrem Eintreffen aufgefordert worden seien, sich „nicht so wie im richtigen Leben“ zu verhalten („Dann kam irgendwann die Y und die haben halt gesagt, wir sollen das so und so machen, provozieren und halt nicht so wie im richtigen Leben.“), obschon es der nach außen kommunizierte Anspruch der Sendung und der Klägerin war, das tatsächliche Verhalten der Protagonisten darzustellen und eine Hilfestellung zur Bewältigung tatsächlicher Probleme zu geben. Da hierdurch zumindest auch der Klägerin unterstellt wird, den Zeugen I und C Anweisungen erteilt zu haben, sich gerade nicht so zu verhalten, wie es ihrem tatsächlichen alltäglichen Verhalten entsprach, beziehen sich auch die weiteren hier streitgegenständlichen Äußerungen nach dem Verständnis des Durchschnittsrezipienten auf die Klägerin.

Die Äußerung verletzt die Klägerin auch rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Nach den unter Ziffer II. 1. dargestellten Grundsätzen handelt es sich hierbei um eine Tatsachenbehauptung, da es dem Beweis zugänglich ist, ob die Klägerin eine derartige Aufforderung aussprach, ob es ein Regie- bzw. Drehbuch bzw. Textvorgaben für den Ablauf der Sendung gab.

Die Beweislast liegt entsprechend § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB bei der Beklagten. Denn durch die Äußerungen wird der Klägerin vorgeworfen, dass sie entgegen dem nach außen kommunizierten Anspruch und Anliegen der Sendung gerade nicht die Realität des Zusammenlebens und die Probleme der Familie aufgezeigt habe, um der Familie sodann durch pädagogische Maßnahmen bei der Bewältigung der Probleme zu helfen, sondern unter Ausnutzung der Gutgläubigkeit der Familie und unter Nutzung von vorgegebenen Handlungsabläufen und abzuarbeitenden Problemstellungen („scripted reality“) das Publikum getäuscht zu haben, das ihr aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ein erhöhtes Vertrauen entgegenbrachte. Dies ist in hohem Maße ehrenrührig.

Den Beweis, dass die Klägerin eine derartige Aufforderung aussprach und dass es ein Regie- bzw. Drehbuch bzw. Textvorgaben für den Ablauf der Sendung gab, hat die Beklagte aufgrund der sich widersprechenden Aussagen der Zeugen I und C jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer geführt.

Die Zeugin C hat ausgesagt, dass den Familienmitgliedern vom Kamerateam gesagt worden sei, was sie sagen sollten, dass ihnen überwiegend die aufzusagenden Texte vorgegeben worden seien und dass ihnen gesagt worden sei, es gebe ein Drehbuch. Das sei regelrecht geübt worden. Sie hätten häufig vier- oder fünfmal denselben Satz und auch Bewegungsabläufe wiederholen müssen. Dem widersprechend hat der Zeuge I insofern ausgesagt, dass ihm Texte, Dialoge und bestimmte Äußerungen nicht vorgegeben worden seien und dass Worte wie Drehbuch oder Regiebuch nicht gefallen seien. Die Zeugin I hat insofern übereinstimmend bekundet, dass es nicht vorgekommen sei, dass ihr ein Text oder ein Dialog vorgegeben worden sei. Sofern die Zeugin I – insofern übereinstimmend mit der Zeugin C – ferner berichtet hat, dass die Familie dazu aufgefordert worden sei, entgegen ihrem sonstigen Verhalten gemeinsam abends zu essen, dass sie und ihr Bruder wechselseitig dazu aufgefordert worden seien, die Grenzen des jeweils anderen auszutesten, und dass sie zur Anbahnung eines Praktikums in eine Seehundstation begleitet worden sei, hat sie dies zutreffend als pädagogische „Maßnahme (…) für unser Zusammenleben“ erkannt. Soweit die Zeugin I ferner ausgesagt hat, dass bestimmte Szenen wiederholt hätten werden müssen, weil sie gestottert, in eine falsche Richtung geschaut, die Kamera nicht richtig funktioniert oder ein Teller zerbrochen sei, handelt es sich hierbei nicht um Indizien, die für ein vorgegebenen Ablauf sprechen, sondern um Korrekturen von während der Dreharbeiten aufgetretenen Missgeschicken. Auch dass, wenn der Fernseher zu sehen gewesen sei, Q zu sehen sein sollte, ist kein Indiz für die Vorgabe von Verhaltensweisen, die nicht der Realität entsprachen, sondern mag werbetechnische Gründe gehabt haben. Dass den Zeugen bei verschiedenen Gelegenheiten vorgegeben worden sei, bestimmte Kleidungsstücke nicht anzuziehen, mag kameratechnische Gründe gehabt haben. Allein der Umstand, dass die Zeugin I bekundet hat, dass sie einmal um die Ecke laufen sollte, damit es so aussehe, dass sie wieder zur Schule gehe, mag ein Indiz für die Vorgabe bestimmter Verhaltensweisen sein, rechtfertigt jedoch mangels weiterer konkreter Beispiele nicht den Schluss, bei der Sendung „Y“ handele es sich um ein Format der „scripted reality“.

4.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(C:)

„Der Redakteur sagte, wenn der Hund jetzt sterben würde, dann hätten wir doch mal was richtig Tolles in der Kamera.“

(Time-Code 07:11, Anlage K3)

Die Klägerin ist durch die streitgegenständliche Äußerung in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen. Denn eine individuelle Betroffenheit kann auch dann vorliegen, wenn die Darstellung der Verhältnisse anderer auf die eigene ausstrahlt. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Auffassung des unbefangenen Rezipienten (vgl. Burkhardt, a.a.O., Kap. 11, Rn. 77 f.). Hier ist zu berücksichtigen, dass es zwar um ein vermeintliches Zitat des Redakteurs und nicht der Klägerin geht. Da die Klägerin allerdings diejenige Person ist, die von der Öffentlichkeit und dem Publikum als Protagonistin des Formats wahrgenommen wird, und sie der Sendung ihr Gesicht gibt sowie als einzige Person des Teams in der Sendung namentlich genannt wird, rechnet der Durchschnittsrezipient der Sendung der Klägerin dieses – vermeintliche – Zitat des namenlosen Redakteurs zu.

Die Äußerung verletzt die Klägerin auch rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Nach den unter Ziffer II. 1. dargestellten Grundsätzen handelt es sich hierbei um eine Tatsachenbehauptung, da es dem Beweis zugänglich ist, ob der Redakteur sich in dieser Form äußerte.

Die Beweislast liegt entsprechend § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB bei der Beklagten. Denn der in dem Zitat zum Ausdruck kommenden Zynismus des Redakteurs, der ihr – wie dargestellt – angelastet wird, rechtfertigt nach Auffassung der Kammer die  Anwendung des § 186 StGB, da diese ihr zuzurechnende Äußerung geeignet ist, sie in den Augen des Durchschnittsrezipienten herabzuwürdigen.

Den Beweis, dass eine solche Äußerung getätigt wurde, hat die Beklagte jedoch aufgrund der sich widersprechenden Aussagen der Zeuginnen I und C nicht zur Überzeugung der Kammer geführt.

Denn der Zeuge I hat insofern ausgesagt, hierüber nichts zu wissen. Die Zeugin I hat insofern berichtet, dass ihre Mutter, die Zeugin C, ihr mitgeteilt habe, dass sie einen entsprechenden Kommentar mitbekommen habe, bevor der Hund krank geworden sei. Die Zeugin C hat insofern jedoch ausgesagt, einen entsprechenden Kommentar mitbekommen zu haben, nachdem der Hund bereits krank gewesen sei. Vor dem Hintergrund, dass die Aussagen der Zeuginnen C und I sich in diesem nicht unerheblichen Punkt widersprechen, vermag die Kammer ihre Überzeugung davon, dass der Redakteur diese Äußerung tätigte, nicht allein auf die Aussage der Zeugin C stützen, zumal sie lediglich bekundet hat, eine Person – nicht explizit der Redakteuer – habe gesagt, „dass sie dann wenigstens was – statt „was richtig Tolles“ (Anlage B5 –TC 35:15) – im Kasten hätten.“

5.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(Beklagte:)

„Is fast labiler Zustand nach dem Tod des Hundes schien Z und Co. kein bisschen zu interessieren.“

(Time-Code 11:02, Anlage K 3)

Denn die Klägerin ist durch die streitgegenständliche Äußerung nicht rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht i.S.d. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG verletzt.

Nach den unter II. 1. dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung auch in ihrem Zusammenhang um eine Wertung der Beklagten, die als von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerung einzuordnen ist. Zwar ergibt sich aus Minute 9:08 des Beitrages, dass die Klägerin nach dem Tod des Hundes tröstend auf die Zeugin I eingegangen ist. Im Weiteren schildern diese und die Zeugin C jedoch, dass man am liebsten allein geblieben wäre, die Dreharbeiten tatsächlich jedoch ohne Unterbrechung fortgesetzt wurden. Vor dem Hintergrund dieses tatsächlichen Ablaufs der Ereignisse um den Tod des Hundes der Familie handelt es sich jedoch bei der streitgegenständlichen Äußerung nicht um die Mitteilung der inneren Tatsache des Desinteresses der Klägerin an dem Zustand der Zeugin I, sondern um Kritik an dem Vorgehen der Klägerin, die Nachricht vom Tod des Hundes vor laufender Kamera zu überbringen und die Dreharbeiten auch im Anschluss ohne Pause fortzusetzen, und um die Bewertung dieses wahrnehmbaren Verhaltens der Klägerin, das als unangebracht und dem Zustand der Zeugin I unangemessen empfunden wurde.

6.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(Beklagte:)

„(Eineinhalb Jahre vergingen. I war inzwischen junge Mutter einer kleinen Tochter. Davon musste das Team der Y irgendwie Wind bekommen haben und meldete sich kurzerhand für einen zweiten Dreh an, diesmal im Rahmen einer Sonderfolge, in der Z noch einmal einige Familien besucht, um zu schauen wie die Lage inzwischen ist.) Wieder wurde auf den unterschriebenen Vertrag verwiesen. Wenn die Familie sich weigere, müsse sie eine hohe Geldstrafe zahlen.“

(Time-Code 13:17, Anlage K 3)

(Beklagte:)

„Diese Y ist gegen den Willen der Familie da. Sie ist hier nicht mehr willkommen.“

(Time-Code 14:22, Anlage K 3)

Die Klägerin ist durch die streitgegenständlichen Äußerungen in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen. Hinsichtlich der zweiten Äußerung folgt dies bereits aus dem Umstand, dass sie deutschlandweit als „Y“ bekannt ist.  Hinsichtlich der ersten Äußerung gilt das unter Ziffer II. 4. Gesagte entsprechend. Denn eine individuelle Betroffenheit kann auch dann vorliegen, wenn die Darstellung der Verhältnisse anderer auf die eigene ausstrahlt. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Auffassung des unbefangenen Rezipienten (vgl. Burkhardt, a.a.O., Kap. 11, Rn. 77 f.). Hier ist zu berücksichtigen, dass zwar das „Team der Y“ genannt wird. Da die Klägerin allerdings diejenige Person ist, die von der Öffentlichkeit und dem Publikum als Protagonistin des Formats wahrgenommen wird, und sie der Sendung ihr Gesicht gibt sowie als einzige Person des Teams in der Sendung namentlich genannt wird, rechnet der Durchschnittsrezipient der Sendung der Klägerin dieses – vermeintliche – Verhalten ihres „Teams“ zu.

Die Äußerung verletzt die Klägerin auch rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Nach den unter Ziffer II. 1. dargestellten Grundsätzen handelt es sich hierbei um eine Tatsachenbehauptung, da es dem Beweis zugänglich ist, ob die Klägerin gegen den Willen der Familie anwesend war und ob die Familie dem Nachdreh nur deshalb zustimmte, weil auf den unterschriebenen Vertrag und die Vertragsstrafe verwiesen wurde.

Die Beweislast liegt entsprechend § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB bei der Beklagten. Denn der Klägerin und ihrem Team wird durch diese Äußerungen unterstellt, sich gegen den Willen der Familie, welche sowieso schon unter ihren innerfamiliären Problemen zu leiden hatte, und unter Verweis auf hohe – und von der Familie nicht aufzubringende –  Geldstrafe erneut in ihr Leben gedrängt zu haben, allein um über Neuigkeiten aus dem Privatleben der Familie berichten zu können. Dieses unterstellte Verhalten ist jedoch geeignet, sie in den Augen des Durchschnittsrezipienten herabzuwürdigen.

Den Beweis, dass die Klägerin gegen den Willen der Familie anwesend war und dass die Familie dem Nachdreh nur deshalb zustimmte, weil auf den unterschriebenen Vertrag und die Vertragsstrafe verwiesen wurde, hat die Beklagte jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer geführt.

Zwar hat die Zeugin C bekundet, dass weder sie noch ihr Sohn den Nachdreh wollten und dass eine „Marja“ gesagt habe, dass ihnen eine Geldstrafe drohe, wenn sie nicht mitmachen würden. Demgegenüber hat die Zeugin J jedoch ausgesagt, dass sie den Familienmitgliedern nicht mit der Forderung einer Vertragsstrafe gedroht habe, wenn die Mitwirkung an dem Nachdreh verweigert würde, und dass sowohl die Zeugin C als auch die Zeugin I den Nachdreh akzeptiert und einen entsprechenden Vertrag unterschrieben hätten. Diese Aussage wird zudem gestützt durch das Rohmaterial (Anlage B5, TC: 49:30). Dort antwortet die Zeugin C auf die Frage des Geschäftsführers der Beklagten, ob im Hinblick auf den Nachdreh mit dem Vertrag argumentiert worden sei, dass sie das jetzt nicht wisse.

Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte entgegen ihrer Beweislast weder beweisen können, dass die Klägerin gegen den Willen der Familie erneut vor Ort war, noch, dass die Familie dem Nachdreh nur deshalb zugestimmte, weil auf den unterschriebenen Vertrag und die Vertragsstrafe verwiesen wurde.

7.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

(C:)

„Draußen spielen Kinder. Die kommen an. Oh, die Y, die Y ist da. Und dann habe ich nur gehört, dass sie gesagt hat, sie soll, die Bodyguards, die sie da hatte oder was weiß ich, sollten ihr die Blagen vom Hals schaffen.“

(Time-Code: 14:45, Anlage K 3)

Die Klägerin ist durch die streitgegenständlichen Äußerungen in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen, da sie deutschlandweit als „Y“ bekannt ist.

Die Äußerung verletzt die Klägerin auch rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Nach den unter Ziffer II. 1. dargestellten Grundsätzen handelt es sich hierbei um eine Tatsachenbehauptung, da es dem Beweis zugänglich ist, ob die Klägerin sich in dieser Art und Weise äußerte.

Die Beweislast liegt entsprechend § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB bei der Beklagten. Denn die Klägerin wird unter Berücksichtigung ihres Berufes in erheblich rufschädigender Art für den Vorwurf, sich als Pädagogin abweisend gegenüber Kindern zu verhalten, als Zeugin gegen sich selbst verwendet.

Den Beweis, dass die Klägerin sich in dieser Art und Weise äußerte, hat die Beklagte jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer geführt.

Die Zeugin I hat insofern bekundet, dass die Klägerin sich in der zitierten Art und Weise geäußert habe und auch der Zeuge I sowie die Zeugin C im Rahmen der Verabschiedung der Klägerin anwesend gewesen seien. Demgegenüber hat der Zeuge I berichtet, eine solche Äußerung nicht mitbekommen zu haben. Auch die Zeugin C hat ausgesagt, eine entsprechende Äußerung selbst nicht wahrgenommen zu haben, sondern dies lediglich von einer Nachbarin erfahren zu haben.

Vor dem Hintergrund, dass allein die Zeugin I diese Äußerung der Klägerin wahrgenommen haben will, die weiteren Zeugen jedoch jeweils bekundet haben, diese Äußerung trotz ihrer Anwesenheit nicht gehört zu haben, sieht die Kammer aufgrund des Umstandes, dass die Zeugen C und I diese Äußerung während der Verabschiedung der Klägerin aufgrund ihrer Anwesenheit hätten wahrnehmen müssen, die Aussage der Zeugin I allein als nicht ausreichend belastbar an, um den Beweis als geführt anzusehen.

8.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hinsichtlich der Äußerung:

Off Stimme:

„Tja, könnte man den Verdacht haben, dass Q oder das dieses Kamerateam irgendwas damit zu tun hat?“

Mutter:

„Ich habe auf jeden Fall den Verdacht. Weil der Hund ist auf jeden Fall vergiftet worden. Draußen die Nachbarn kannten den Hund. Also, die würden das nie machen, außerdem hat er draußen nie was gefressen. Der hat nur zu Hause was gefressen. Und denken darf man ja alles. Ich bin der Meinung gewesen, dass die da irgendwas mit zu tun gehabt haben. Der hat was gefressen, was die Blutkörperchen zersetzt, so wie Buttersäure oder irgendwie so was.“

Off Stimme:

„Ein zugegeben unglaublicher Verdacht, der letztendlich nicht bewiesen werden kann. Aber Luna war drei Jahre alt und kerngesund. Und nun plötzlich stirbt sie an einer Vergiftung?“

Denn die Klägerin ist durch diese unzulässige Verdachtsberichtsberichterstattung in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen und rechtswidrig verletzt.

Die Betroffenheit folgt aus dem unter Ziffer II. 4. Gesagten. Denn eine individuelle Betroffenheit kann auch dann vorliegen, wenn die Darstellung der Verhältnisse anderer auf die eigene ausstrahlt. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Auffassung des unbefangenen Rezipienten (vgl. Burkhardt, a.a.O., Kap. 11, Rn. 77 f.). Hier ist zu berücksichtigen, dass zwar „dieses Kamerateam“ genannt wird. Da die Klägerin allerdings diejenige Person ist, die von der Öffentlichkeit und dem Publikum als Protagonistin des Formats wahrgenommen wird, und sie der Sendung ihr Gesicht gibt sowie als einzige Person des Teams in der Sendung namentlich genannt wird, rechnet der Durchschnittsrezipient der Sendung der Klägerin dieses – vermeintliche – Verhalten ihres „Kamerateams“ zu.

Die Beklagte macht sich den seitens der Zeugin C geäußerten Verdacht auch zu Eigen. Denn durch die Formulierung „Aber Luna war drei Jahre alt und kerngesund. Und nun plötzlich stirbt sie an einer Vergiftung?“ untermauert die Beklagte den seitens der Zeugin C aufgeworfenen Verdacht, indem sie durch die Aufzählung vermeintlich zutreffender Tatsachen dem Rezipienten suggeriert, dass an diesem „unglaublichen Verdacht“ vielleicht doch etwas dran sein könnte.

Die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung liegen jedoch nicht vor.

Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2000, 1036) zudem voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleiht. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung, vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGH, a. a. O.).

Hier fehlt es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen. Denn die Beklagte hat keinen einzigen nachvollziehbaren Umstand angeführt, der die Äußerung eines solchen Verdachtes rechtfertigte. Allein die Anwesenheit der Klägerin und ihres Drehteams zum Zeitpunkt der Erkrankung des Hundes stellt entgegen der Ansicht der Beklagten kein Indiz für eine Vergiftung des Hundes durch die zuvor Genannten dar.

III.

Der Antrag zu 2. ist begründet.

Die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stehen der Klägerin als Schadenersatzanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 1, 249 BGB  in Höhe von 665,81 EUR zu, da die Beklagte durch die streitgegenständliche Veröffentlichung die Persönlichkeitsrechte der Klägerin – wie dargelegt – verletzte.

Zu dem wegen einer unerlaubten Handlung zu ersetzenden Schaden zählen auch die notwendigen Rechtsanwaltskosten (BGH NJW-RR 2010, 428, 430).

Der Klägerin ist hier ein Schaden in Form von Anwaltskosten entstanden, der auch adäquat kausal auf der Rechtsverletzung beruht, da die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Somit steht der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr zu. Dies berechnet sich nach einem Gegenstandwert von 35.000,- EUR. Denn nach der gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Beeinträchtigung geht die Kammer davon aus, dass dieser Streitwert dem Interesse der Klägerin an der Unterlassung der sieben rechtswidrigen Äußerungen entspricht. Dabei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass sich die Äußerungen gegen die berufliche Tätigkeit der Klägerin richten.

Aus diesem Gegenstandswert ergibt sich eine Gebühr von 1.079,- EUR, die die Klägerin zur Hälfte, also in Höhe von 539,50 EUR geltend macht. Hinzuzurechnen sind eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,- EUR sowie 19% Umsatzsteuer. Soweit die Klägerin Umsatzsteuer auf diese Forderung geltend macht, ist dies ebenfalls berechtigt. Denn die Klägerin ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt, da die anwaltliche Tätigkeit zwar aus beruflichem Anlass, nicht jedoch aus beruflichen Gründen erfolgte, da die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts privat ist, so dass die anwaltliche Leistung nicht – wie von § 15 Abs. 1 UStG vorausgesetzt – für das Unternehmen der Klägerin ausgeführt wurde.

Hieraus ergibt sich ein Betrag von 665,81 EUR.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.

IV.

Der Antrag zu 3. ist begründet.

Die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stehen der Klägerin als Schadenersatzanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 1, 249 BGB  in Höhe von 1.023,16 EUR zu, da die Beklagte durch die insoweit streitgegenständlichen Veröffentlichungen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzte.

Die Abmahnung der Klägerin war dem Grunde nach berechtigt, weil die angegriffenen Äußerungen die Klägerin in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG verletzen und die Klägerin deshalb bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG hatte.

Die Klägerin ist durch die – unstreitig unwahre – Tatsachenbehauptung zu der Übersendung des Rohmaterials in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG betroffen, da die Beklagte hierdurch einseitig ihre Prozessposition und ihr Prozessverhalten in Abgrenzung zu dem der Klägerin hervorhebt („(…), um von meiner Seite absolute Transparenz herzustellen“). Es handelt sich insoweit nicht um eine wertneutrale Falschbehauptung, da hierdurch dem Leser suggeriert wird, dass seitens der Klägerin diese Transparenz nicht hergestellt wird und sie etwas zu verbergen habe („Ich (…) habe nichts zu verbergen.“).

Da die Beklagte zum Zeitpunkt der Äußerung wusste, dass das Rohmaterial noch nicht zur Gerichtsakte gelangt sein konnte, ist ein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an der Aufstellung dieser bewusst unwahren Tatsachenbehauptung nicht erkennbar.

Die Drittäußerungen auf der Facebook-Seite („Hirnfotze“; „Kinderschänder“; „das verlogene drecksstück“; „die H*xe“;; „Kann ich hier sagen, dass du ihr auf die Fresse geben sollst, oder geht das zu weit?“; „dumme Nuss“) stellen Beleidigungen i.S.d. § 185 StGB und Schmähkritiken dar, welche die Klägerin mangels Sachbezug nicht aufgrund eines Überwiegens der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG dulden muss.

Für diese Äußerungen hat die Beklagte als Störerin einzustehen.

Wird ein ehrverletzender Beitrag in ein Forum eingestellt, ist der Betreiber als Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zur Unterlassung verpflichtet, da der Betreiber eines Internetforums insoweit „Herr des Angebots“ ist. Der gegen ihn gerichtete Unterlassungsanspruch des Verletzten besteht in gleicher Weise unabhängig von dessen Ansprüchen gegen den Autor eines dort eingestellten Beitrags (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2007 – VI ZR 101/06).

Es bedurfte aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls auch keiner vorherigen Inkenntnissetzung der Beklagten von den Rechtsverletzungen, um ihre Störereigenschaft zu begründen.

Denn die Äußerungen sind offenkundig rechtswidrig und dies war für die Beklagte auch ohne tiefgreifende Rechtskenntnisse erkennbar.

Ferner hat sie von den Äußerungen auf der Internetseite www.anonym1.tv auch bereits vor der Abmahnungen der Klägerin Kenntnis erlangt, da sie einräumt, diese Internetseite regelmäßig täglich auf rechtswidrige Äußerungen zu überprüfen und entsprechend zu pflegen (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes vom 29.10.2013, Bl. 419 GA).

Schließlich bestand hinsichtlich der Beiträge auf ihrer Facebookseite eine Überprüfungspflicht der Beklagten auch ohne eine vorherige Inkenntnissetzung durch die Klägerin, da sie entsprechende verbale Entgleisungen der Leser durch ihren einleitenden Satz „Gleich muss ich kotzen…“ provozierte. Denn bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht andererseits ist eine spezielle Überprüfungspflicht des Betreibers dann angemessen, wenn dieser durch sein eigenes Verhalten – wie hier – vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 22.8.2006 – 7 U 50/06).

Der Anspruch ist auch der Höhe nach zutreffend berechnet. Zutreffend ist die Klägerin von einer gebührenrechtlichen Angelegenheit ausgegangen, denn sie hätte die angegriffenen Äußerungen in einer Abmahnung geltend machen können und müssen. Ein Gegenstandswert in Höhe von 20.000,- EUR ist angesichts des Umstandes, dass es um 7 – teilweise massiv beleidigende – Äußerungen geht, nicht übersetzt.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 41.023,16 EUR

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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