smartbook
Bundesgerichtshof
Beschluss vom 06. November 2013
Az.: I ZB 59/12
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2013 beschlossen:
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 30. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. Februar 2012 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 250.000 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 31. Mai 2007 die am 14. Septem-ber 2006 angemeldete Wortmarke Nr. 306 57 323
smartbook for smart people
für folgende Waren eingetragen:
Computer; Datenverarbeitungsgeräte; Fernsprechapparate, Notebooks (Com-puter); Laptops (Computer); Lesegeräte (Datenverarbeitung); Magnetbandgeräte (Datenverarbeitung); Telefonapparate; Textverarbeitungsgeräte; Zentraleinheiten (für die Datenverarbeitung); Fotoapparate; Auslöser (Fotografie); Akkumulatoren (elektrisch); Batterien (elektrisch); Bildschirme (Computer); Codierer (Datenverarbeitung); codierte Identifikationskarten; codierte Servicekarten; Compactdisks (ROM, Festspeicher); Compactdisks (Ton, Bild); Computerbetriebsprogramme (gespeichert); Computerperipheriegeräte; Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); Computersoftware (gespeichert); Computertastaturen; Disketten; Diskettenlaufwerke (für Computer); Drucker für Computer; elektrische Transformatoren; elektronische Anzeigetafeln; elektronische Sicherungsetiketten für Waren; elektronische Stifte (für Bildschirmgeräte); Handgelenkauflagen zur Verwendung mit Computern; Karten mit integrierten Schaltkreisen (Smartcards); Kopfhörer; Koppler (Datenverarbeitung); Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren; Laser, nicht für medizinische Zwecke; Laserpointer (Lichtzeiger); Lautsprecher; Lautsprecherboxen; Magnetdatenträger; magnetische Identifikationskarten; Magnetkarten; Mäuse (Dateverarbeitung); Mauspads (Mausmatten); Mikrophone; Monitore (Computerhardware); Monitore (Computerprogramme); optische Datenträger; optische Platten (Datenverarbeitung); Plotter; Scanner (Datenverarbeitung); Smartcards (Karten mit integrierten Schaltkreisen); Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Spielprogramme für Computer; Tonträger; Videobildschirme; Videokameras; elektronische Publikationen (herunterladbar); CD-Player; Chips (integrierte Schaltkreise); Drähte aus Metalllegierungen für elektrische Sicherungen; Elektrodrähte; Elektrokabel; Elektrokondensatoren; integrierte Schaltkreise; Interfaces (Schnittstellengeräte oder programme für Computer); Kontakte (elektrisch); Kontakte (elektrisch), aus Edelmetall; Kontrollapparate (elektrisch); Leiter (elektrisch); Telefondrähte; Telefonhörer; Transistoren (elektronische); Alarmgeräte; Alarmgeräte (akustisch); Alarmglocken (elektrisch); Anrufbeantworter; Chronographen (Zeiterfassungsgeräte); Entfernungsmessgeräte; Fahrtenschreiber für Fahrzeuge; Radios; Stechuhren (Zeiterfassungsgeräte); Taschenrechner; Taxameter; Tonaufzeichnungsgeräte; Tonbandgeräte; Tonmessgeräte; Tonübertragungsgeräte; Tonverstärker; Tonwiedergabegeräte; tragbare Stereogeräte; Zeitaufzeichnungsgeräte; Diebstahlalarmanlagen (elektrisch); Diebstahlalarmgeräte; Dimmer (Lichtregler); elektrische Anlagen für die Fernsteuerung; elektrische Türschließer; Mechaniken für geldbetätigte Automaten; Mechaniken für münzbetätigte Automaten; Messgeräte; Messgeräte (elektrisch); Messinstrumente; Musikautomaten (geldbetätigt); Schaltpulte (Elektrizität); Schalter (Stromunterbrecher); Schaltgeräte (elektrisch); Schalttafeln (Elektrizität); Schranken für Parkplätze (geldbetätigt); Signalanlagen (leuchtend oder mechanisch); Signalfernsteuergeräte (elektrodynamisch); Türklingeln (elektrisch); Türöffner (elektrisch); Überwachungsapparate (elektrisch); Bildtelefone; Mobiltelefone; Modems; elektronische Taschenübersetzer; elektronische Terminkalender; Personenrufgeräte (Pager); Sender (Fernmeldewesen); Sender (Telekommunikation); Sender für elektronische Signale; telefonische Übertragungsapparate; MP3-Player; DVD-Player; Digitalkameras; digitale Aufzeichnungsgeräte; Empfangsgeräte (Ton, Bild-); Fernsehapparate; Videorecorder; Videospiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Plattenwechsler (Datenverarbeitung); Projektionsgeräte; optische Apparate und Instrumente; Unterhaltungsgeräte als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Ausgabeautomaten.
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patentund Markenamt die Lö-schung der Marke beantragt, weil sie nicht unterscheidungskräftig und freihalte-bedürftig sei und auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliege. Bereits im Jahr 2002 sei in der elektronischen Zeitung „WELT ONLINE“ ein Artikel erschienen, in dem es unter der Überschrift „Notebook zum Telefo-nieren“ geheißen habe:
Mit dem Smartbook von G. lassen sich parallel Daten verschicken und Gespräche führen.
Zwischen dem Desktop-PC und dem Handy hat sich mittlerweile eine große Produktpalette ausgebreitet, zum Beispiel Notebooks, Organizer und Smartphone. Eine Lücke zwischen diesen Kommunikationsgeräten schließt jetzt G. . Das Smartbook bildet eine Kombination aus Notebook und Handy ….
Das Deutsche Patentund Markenamt hat die Löschung der Marke für die vorstehend angeführten Waren angeordnet. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts aufgehoben, soweit darin die Löschung der Marke angeordnet worden ist und hat den Löschungsantrag zurückgewiesen (BPatG, Beschluss vom 16. Februar 2012 30 W (pat) 34/11, juris).
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Markeninhaberin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass die Voraussetzungen einer Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG nicht vorliegen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Feststellung, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt bestanden habe, könne mit zunehmendem Zeitablauf Schwierigkeiten bereiten. Sichere Feststellungen seien möglich, wenn der Verkehr das fragliche Zeichen vor dem Zeitpunkt der Eintragung vor allem in einem beschreibenden Sinn verwendet habe. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Danach seien an die Feststellung des Vorliegens von Schutzhindernissen strenge Anforderungen zu stellen.
Bezogen auf den Eintragungszeitpunkt lägen keine Hinweise vor, dass die Bezeichnung „smartbook“ der Wortfolge im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der fraglichen Waren üblich gewesen sei.
Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Streitmarke im Zeitpunkt der Eintragung jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gefehlt habe. Von der Unterscheidungskraft des Slogans „smartbook for smart people“ sei auszugehen, wenn sie einen schutzfähigen Bestandteil enthalte. Dies sei im Hinblick auf den Bestandteil „smartbook“ der Fall. Für die hier in Rede stehenden Waren habe die Bezeichnung „smartbook“ zum damaligen Zeitpunkt keine auf der Hand liegende Beschreibung der Art oder der Beschaffenheit dieser Produkte aufgewiesen. Bei der im Löschungsverfahren erforderlichen nachträglichen Prognose könnten keine spekulativen Erwägungen angestellt werden. Enge sachliche Bezüge des Markenworts „smartbook“ der Wortfolge zu den fraglichen Waren hätten ebenfalls nicht vorgelegen.
Ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG lasse sich ebenfalls nicht feststellen. Für die Frage, ob das Zeichen freizuhalten sei, seien in erster Linie die Verhältnisse im Eintragungszeitpunkt maßgeblich. Zu berücksichtigen sei allerdings auch das Allgemeininteresse an einer künftigen beschreibenden Verwendung. Auch von einem solchen Interesse sei im Streitfall nicht auszugehen, weil im Eintragungszeitpunkt keine Hinweise auf eine zukünftige beschreibende Verwendung des Bestandteils „smartbook“ der Wortfolge „smartbook for smart people“ bestanden hätten.
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Bundespatentgericht die Voraussetzungen einer Löschung der angegriffenen Marke für die vorstehend angeführten Waren verneint (§ 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 MarkenG). Die angegriffene Marke ist nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG eingetragen worden.
1. Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 MarkenG auf An-trag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen ist und wenn das Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Das Bundespatentgericht hat der Prüfung, ob die Marke trotz Vorliegens von Schutzhindernissen registriert worden ist, den Eintragungszeitpunkt zugrunde gelegt. Der Senat hat jedoch nach dem angefochtenen Beschluss des Bundespatentgerichts entschieden, dass für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) und im Nichtigkeitsverfahren (§ 50 Abs. 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung der Schutzhindernisse auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2013 I ZB 71/12, GRUR 2013, 1143 Rn. 15 = WRP 2013, 1478 Aus Akten werden Fakten). Danach hat das Bundespatentgericht seiner Prüfung zwar nicht den richtigen Zeitpunkt zugrunde gelegt. Das wirkt sich vorliegend aber nicht aus. Ein Fortfall eines zuvor bestehenden Schutzhindernisses steht nicht in Rede. Die Beteiligten haben nicht geltend gemacht, dass im Zeitpunkt der Anmeldung (14. September 2006) ein Eintragungshindernis bestand, das bis zur Entscheidung über die Eintragung (31. Mai 2007) entfallen ist. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
2. Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für das Eintragungsverfahren verneint (§ 50 Abs. 1 MarkenG).
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 C398/08, Slg. 2010, I535 = GRUR 2010, 228 Rn. 33 Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; Urteil vom 12. Juli 2012 C311/11, GRUR Int. 2012, 914 Rn. 23 Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; BGH, Beschluss vom 13. September 2013 I ZB 68/11, GRUR 2013, 522 Rn. 8 = WRP 2013, 503 Deutschlands schönste Seiten; Beschluss vom 22. November 2012 I ZB 72/11, GRUR 2013, 731 Rn. 11 = WRP 2013, 909 Kaleido). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 TOOOR!; Beschluss vom 4. April 2012 I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 7 = WRP 2012, 1396 Starsat; EuG, Urteil vom 19. September 2001 T335/09, Slg. 2001, II2581 Rn. 44 Henkel/HABM [Dreidimensionale Tablettenform]).
Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Maßgeblich ist die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (EuGH, Urteil vom 8. Mai 2008 C304/06, Slg. 2008, I3297 = GRUR 2008, 608 Rn. 67 EUROHYPO; BGH, Beschluss vom 8. März 2012 I ZB 13/11, BGHZ 193, 21 Rn. 9 Neuschwanstein; BGH, GRUR 2013, 522 Rn. 8 Deutschlands schönste Seiten). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 12 = WRP 2012, 337 Link economy).
Dieser großzügige Beurteilungsmaßstab gilt auch für Wortfolgen, an de-ren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 C64/02, Slg. 2004, I10031 = GRUR 2004, 1027 Rn. 32 bis 44 Erpo Möbelwerk [DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT]; EuGH, GRUR 2010, 228 Rn. 36 Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 17. Mai 2001 I ZB 60/98, GRUR 2001, 1043, 1044 f. = WRP 2001, 1202 Gute Zeiten Schlechte Zeiten; Beschluss vom 21. Dezember 2011 I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 11 = WRP 2012, 337 Link economy). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer kürzeren Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 914 Rn. 25 bis 30 Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Rn. 12 = WRP 2009, 963 My World; BGH, GRUR 2013, 522 Rn. 9 Deutschlands schönste Seiten). Weist die Wortfolge einen unterscheidungskräftigen Bestandteil auf, wird dies
im Regelfall dazu führen, dass auch der Wortfolge in ihrer Gesamtheit die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht fehlt.
b) Von diesen Maßstäben ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen und hat angenommen, die zur Löschung führenden Schutzhindernisse bestünden zwar sämtlich im Allgemeininteresse. Dieses sei jedoch unterschiedlich ausgeprägt. Bei den Eintragungshindernissen nach § 3 Abs. 1 und 2 sowie nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 bis 10 MarkenG, die ohne zeitliche Begrenzung zur Löschung führen und zum Teil auch von Amts wegen aufgegriffen werden könnten, sei das Allgemeininteresse besonders ausgeprägt. Dagegen liege den Schutzhindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG nur ein spezifisches Mitbewerberinteresse an der freien Verwendbarkeit von Zeichen zugrunde. Eine beschreibende Verwendung des Markenworts vor dem Eintragungszeitpunkt, die einen sicheren Rückschluss auf eine mangelnde Unterscheidungskraft zulasse, sei nicht feststellbar. Dem Artikel in der elektronischen Zeitung „WELT ONLINE“ aus dem Jahr 2002 sei eine beschreibende Verwendung des Bestandteils „smartbook“ der Wortfolge nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Vielmehr lasse sich eine beschreibende Benutzung von „smartbook“ erst ab dem Jahr 2009 feststellen, wobei die Verwendung von der Antragstellerin initiiert worden sei. Dieser Bestandteil der angegriffenen Marke sei aus den englischen Wörtern „smart“ und „book“ gebildet, die „gewandt, schlau, intelligent“ und „Buch“ bedeuteten. Der Verkehr verstehe diesen zusammengesetzten Begriff im Sinne eines Buchs mit anspruchsvollem Inhalt, was für die fraglichen Waren nicht beschreibend sei. Im Computerbereich stehe der Begriff „smart“ auch für „fähig zu unabhängigen und scheinbar intelligenten Operationen“ und damit für sogenannte „gerätetechnische Intelligenz“. Aus dieser Bedeutung von „smart“ folge ebenfalls kein beschreibender Begriffsinhalt des Bestandteils „smartbook“ des Slogans „smartbook for smart people“ für die in Rede stehenden Waren. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Markenbestandteil „book“ sich zu einem Kürzel für tragbare Computer entwickelt habe.
c) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
aa) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt der Überlegungen der Rechtsbeschwerde, wonach für das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG Gleiches gilt für die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG kein anderer Prüfungsmaßstab als für die übrigen Eintragungshindernisse nach § 3 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 und 2 Nr. 4 bis 10 MarkenG besteht. Die Eintragungshindernisse sind vielmehr im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das jedem von ihnen zugrunde liegt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2012 C90 und 91/11, GRUR 2012, 616 Rn. 22 Strigl & Securvita/Öko-Invest; BGH, Beschluss vom 15. Januar 2009 I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Rn. 7 = WRP 2009, 439 STREETBALL; BGHZ 193, 21 Rn. 28 Neu-schwanstein). Dieses besteht bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der Marke im Schutz der Allgemeinheit vor einer ungerechtfertigten Monopolisierung von Zeichen, die keine Herkunftsfunktion erfüllen (vgl. EuGH, GRUR 2008, 608 Rn. 59 EUROHYPO).
Das verhilft der Rechtsbeschwerde jedoch nicht zum Erfolg. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass das Bundespatentgericht aufgrund seiner Annahme, den Schutzhindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG liege nur ein spezifisches Mitbewerberinteresse zugrunde, bei der Prüfung, ob Löschungsgründe vorliegen, einen zu strengen Maßstab angelegt hat. Das Bundespatentgericht ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zuverlässig festgestellt werden muss und in Zweifelsfällen eine Löschung der Marke nicht erfolgen darf. Dies gilt auch bei lange zurückliegenden Eintragungsverfahren, bei denen wegen des Zeitablaufs oder sich schnell wandelnder Verkehrsvorstellungen eine sichere Beurteilung besonders schwierig sein kann. In diesem Sinn sind auch die Ausführungen des Bundespatentgerichts zu verstehen, an die Prüfung des Vorliegens eines Schutzhindernisses im Löschungsverfahren seien strenge Anforderungen zu stellen. Deshalb hat das Bundespatentgericht auch anders als die Rechtsbeschwerde meint keinen variablen Maßstab an die Prüfungsanforderungen angelegt, der umso strenger ist, je größer der zeitliche Abstand zwischen Eintragungs- und Löschungsverfahren ist.
bb) Die Rechtsbeschwerde wendet sich auch vergeblich dagegen, dass das Bundespatentgericht in die Prüfung der Frage, ob der Marke zur Zeit des Eintragungsverfahrens die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gefehlt hat, eine zuvor erfolgte beschreibende Verwendung einbezo-gen hat. Zu Recht ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass eine verbreitete beschreibende Verwendung des Markenworts „smartbook“ vor dem Jahr 2007 einen Rückschluss auf eine fehlende Unterscheidungskraft zulassen kann. Eine derartige beschreibende Verwendung zum damaligen Zeitpunkt hat das Bundespatentgericht aber nicht festgestellt. Sie folgt auch nicht aus dem Artikel in der elektronischen Zeitschrift „WELT ONLINE“ aus dem Jahr 2002. Diesem Artikel ist eine beschreibende Verwendung von „Smartbook“ nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen. Der Begriff „Smartbook“ kann in diesem Artikel auch als Marke des dort bezeichneten Anbieters aufgefasst werden. Auf die weiteren Überlegungen, die das Bundespatentgericht im Zusammenhang mit beschreibenden Markennennungen in Medien angestellt hat, kommt es danach nicht an.
cc) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das Bundespatentgericht habe nicht berücksichtigt, dass ein aus zwei beschreibenden Begriffen zusammengesetztes Markenwort im Allgemeinen ebenfalls beschreibend sei, sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Neubildung und der bloßen Summe der Bestandteile bestehe.
(1) Allerdings bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, im Allgemeinen selbst beschreibend, auch wenn eine sprachliche Neuschöpfung vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Februar 2010 C408/08, Slg. 2010, I1347 = GRUR 2010, 931 Rn. 63 COLOR EDITION; BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 I ZB 78/10, GRUR 2012, 272 Rn. 12 = WRP 2012, 321 Rheinpark-Center Neuss). Eine Kombination von Begriffen, die die fraglichen Waren beschreiben, liegt bei dem Bestandteil „smartbook“ der Wortfolge jedoch nicht vor.
(2) Das Bundespatentgericht hat zwar angenommen, dass die angesprochenen inländischen Verkehrskreise dem Wortbestandteil „smart“ ohne weiteres die Bedeutung einer sogenannten „gerätetechnischen Intelligenz“ beilegen und ihn daher in einem beschreibenden Sinn verstehen. Es ist aber weiter davon ausgegangen, es lasse sich nicht feststellen, dass das angesprochene Publikum den isolierten Wortbestandteil „book“ in den Jahren 2006 und 2007 beschreibend im Sinne eines tragbaren Computers verstanden habe.
(3) Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde widerspricht diese Sichtweise nicht der Lebenserfahrung. Der Umstand, dass der Begriff „Notebook“ bereits im Jahr 2005 Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, rechtfertigt nicht den Schluss, dass der Verkehr im Bereich der Informationstechnik die Angabe „book“ zum für die Eintragung maßgeblichen Zeitpunkt mit Notebook gleichgesetzt hat. Gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass Computerhersteller bereits in der Vergangenheit Notebooks mit Markennamen versehen haben, die mit dem Bestandteil „book“ gebildet waren, etwa „MacBook“, „iBook“ und „PowerBook“. Daraus lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass der Verkehr zum Anmeldezeitpunkt die isolierte Bezeichnung „book“ mit „tragbarem Computer“ übersetzt hat.
Nichts Abweichendes ergibt sich auch daraus, dass das Markenwort Bestandteile aus den Bezeichnungen der Gerätetypen „Smartphone“ einerseits und „Notebook“ oder „Netbook“ andererseits kombiniert. Eine für den inländischen Verkehr auf der Hand liegende Beschreibung von Merkmalen der fraglichen Waren ergibt sich daraus jedenfalls nicht für den Anmeldezeitpunkt (aA BPatG, Beschluss vom 16. Februar 2012 25 W (pat) 45/11, juris Rn. 31). Die Rechtsbeschwerde gelangt zu dem gegenteiligen Schluss nur dadurch, dass sie einen denkbaren beschreibenden Gehalt in mehreren gedanklichen Schritten ermittelt. Der Verkehr muss dazu den Wortbestandteil „smartbook“ der Marke in die Bestandteile „smart“ und „book“ zerlegen und erkennen, dass diese Bestandteile sich in den Bezeichnungen „Smartphone“ und „Notebook“ oder „Netbook“ finden und daraus den weiteren Schluss ziehen, ein mit „smartbook“ bezeichnetes Produkt kombiniere Elemente dieser Geräte. Im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist eine derartige analysierende Betrachtungsweise unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung der Waren ergibt (vgl. BGH, GRUR 2012, 270 Rn. 12 Link economy).
Soweit das Bundespatentgericht auch darauf abgestellt hat, es sei nach den Ausführungen der Antragstellerin unklar, welches Gerät mit der Bezeichnung „smartbook“ beschrieben werde, kommt es hierauf nicht an.
(4) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde für ihre Ansicht, die Marke sei für die Waren, für die sie eingetragen sei, nicht unterscheidungskräf-tig, auf ein von der Antragstellerin vorgelegtes Verkehrsgutachten der GfK Marktforschung von Juli 2010. Das Bundespatentgericht hat die Ergebnisse dieses Gutachtens mit Recht unberücksichtigt gelassen. Das folgt zwar nicht schon daraus, dass es für die Ermittlung der Verkehrsauffassung auf die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ankommt (vgl. EuGH, GRUR 2008, 608 Rn. 68 EURO-HYPO; BGH, GRUR 2013, 522 Rn. 8 Deutschlands schönste Seiten). Dieser Umstand schließt es nicht aus, dass den Ergebnissen einer Verkehrsbefragung im Einzelfall Anhaltspunkte für die Frage entnommen werden können, ob der angesprochene Verkehr ein Zeichen als unterscheidungskräftig auffasst. Das Bundespatentgericht hat die Ergebnisse des Verkehrsgutachtens aber deshalb zu Recht unberücksichtigt gelassen, weil die im Juli 2010 durchgeführte Erhe-bung keinen Rückschluss auf das im Streitfall maßgebliche Verkehrsverständ-nis zum Zeitpunkt der Markenanmeldung erlaubt. Das Bundespatentgericht hat in anderem Zusammenhang festgestellt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Warenbereich um einen Sektor handelt, in dem eine rasche Produktentwickelung stattfindet. Mit der Entwicklung neuer Produkte sind häufig auch neu gebildete Bezeichnungen für Gerätetypen verbunden. Vorliegend kommt noch hinzu, dass die Antragstellerin nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts im Jahr 2009 versucht hat, den Begriff „smartbook“ dem allgemeinen Publikum in einem beschreibenden Sinn bekannt zu machen. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Umstand das Ergebnis der Verkehrsbefragung beeinflusst hat.
3. Das Bundespatentgericht hat auch zutreffend das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verneint.
a) Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Wa-ren oder Dienstleistungen dienen können. Die aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2004 C363/99, Slg. 2004, I1619 = GRUR 2004, 674 Rn. 95 bis 97 Postkantoor; BGH, GRUR 2012, 272 Rn. 9 Rheinpark-Center Neuss; BGH, Beschluss vom 17. August 2011 I ZB 70/10, GRUR 2012, 276 Rn. 8 = WRP 2012, 472 Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
b) Das Bundespatentgericht ist für die Zeit des Eintragungsverfahrens zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Bezeichnung „smartbook“ nicht in einer beschreibender Angabe von Merkmalen der Waren erschöpft, für die die Marke eingetragen ist. Es hat angenommen, dass das Markenwort im Jahr 2006 keine Beschreibung der Merkmale der betreffenden Waren darstellte und dies vernünftigerweise auch für die Zukunft nicht zu erwarten war. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
c) Ohne Erfolg hält dem die Rechtsbeschwerde entgegen, die beschreibende Verwendung im Jahr 2009 sei ein starkes Indiz, dass in den Jahren 2006 und 2007 mit einer entsprechenden Benutzung in der Zukunft zu rechnen gewesen sei. Hierfür spreche auch, dass sich bereits zu dieser Zeit die Grenzen zwischen Computer und Mobiltelefon verschoben hätten und mit der Entwicklung weiterer Geräteklassen zu rechnen gewesen sei, die in technischer Hinsicht zwischen den Kategorien Smartphone und Notebook einzuordnen seien. Für diese habe die Verwendung der Bezeichnung „smartbook“ schon seinerzeit nahegelegen.
Daraus folgt für das Jahr 2006 kein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
aa) Die Verwendung des Markenworts als beschreibende Angabe im Jahr 2009 ist nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts von der Antragstellerin initiiert worden. Die beschreibende Verwendung des Zeichens „smartbook“ durch Dritte, auf die sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang beruft, folgt derjenigen durch die Antragstellerin ab Mitte des Jahres 2009 nach. Hat aber erst die Antragstellerin die beschreibende Verwendung des Markenworts veranlasst, ist dies kein Indiz für eine im Jahr 2006 vernünftigerweise zu erwartende zukünftige beschreibende Verwendung.
bb) Zu Recht ist das Bundespatentgericht auch bei der aus Sicht des Jahres 2006 erforderlichen Prognoseentscheidung davon ausgegangen, es sei seinerzeit nichts dafür ersichtlich gewesen, dass sich zukünftig ein Gerätetyp etablieren werde, für den die Bezeichnung „smartbook“ naheliegend sein würde. Mit ihrer gegenteiligen Beurteilung begibt sich die Rechtsbeschwerde auf das ihr grundsätzlich verschlossene Gebiet der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts.
4. Das Bundespatentgericht hat schließlich auch zutreffend angenom-men, dass die Voraussetzungen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zur Zeit des Eintragungsverfahrens nicht gegeben waren.
Nach dieser Bestimmung sind nur solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren üblich geworden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil im Jahr 2006 keine Anhaltspunkte bestanden, dass das Markenwort „smartbook“ im Inland eine Gattungsbezeichnung war oder, ohne Gattungsbezeichnung zu sein, zur Bezeichnung der für die Marke registrierten Waren im Verkehr üblich war.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.02.2012 – 30 W(pat) 34/11 –