Zur Abgrenzung journalistisch-redaktionell gestalteter Angebote von kommerzieller Kommunikation

04. September 2014
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Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.08.2014, Az.: 11 S 15.14

Eine journalistische Gestaltung setzt voraus, dass die Auswahl und Strukturierung der Inhalte gewissen Kriterien genügt, zu denen neben der Universalität (inhaltliche Vielfalt), Aktualität (Neuigkeitscharakter der Beiträge), Periodizität (für elektronische Medien: kontinuierliche Aktualisierung) und Publizität (allgemeine Zugänglichkeit) jedenfalls auch eine erkennbar publizistische Zielsetzung des Angebots gehört. Dies sind jedenfalls Informationen, die für den Nutzer erkennbar nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz und mit dem Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, ausgewählt werden. Im Gegensatz dazu ist kommerzielle Kommunikation nicht an den Kriterien gesellschaftlicher Relevanz ausgerichtet, sondern an den damit verfolgten wirtschaftlichen Interessen.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 13.08.2014

Az.: 11 S 15.14

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Antragstellerin ist im Bereich der Informationslogistik tätig und betreibt speziell auf die Bauwirtschaft und angrenzende bzw. damit verbundene Branchen ausgerichtete Onlinemedien (), die unter verschiedenen Rubriken (Adress-Center, Projekt-Center, Kontakt-Center, Info-Center) einschlägige Informationen bietet. In der Rubrik „Über Uns“ beschreibt sie sich selbst wie folgt: Sie sei

„…ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck die Sammlung und Aufbereitung von Auftragsinformationen für Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche mit Schwerpunkt auf der Bauwirtschaft ist.

Die Fülle an Informationsquellen (Amtsblätter, Ausschreibungsblätter, Tageszeitungen, elektronische Datenbanken etc.), in welchen öffentliche Auftraggeber ihre Aufträge anbieten, macht den Markt für das einzelne Unternehmen nur wenig transparent und erfordert hohen Aufwand an Zeit und Kosten für die permanente Auswertung dieser Quellen.

Mittels moderner Methoden der elektronischen Datenverarbeitung und unter Nutzung der Kommunikationswege des Internet werden diese Auftragsinformationen manuell aufbereitet und nach umfangreichen Gewerkelisten gegliedert in Datenbanken gespeichert. Daraus werden dann durch Vorgabe individueller Suchprofile für Gewerke und Regionen die für die Nutzer interessanten Ausschreibungen täglich per Fax oder Email übermittelt und gewährleisten dadurch für eine hohe Transparenz des Wettbewerbs.

Der Vorteil für die Nutzer ist ein weitgehender Überblick über das Wettbewerbsgeschehen ohne Zeitaufwand bei nur geringen monatlichen Kosten.

Die ist ein Informationsbroker im modernen B2B Geschäft.“

Im zentralen Element der Portale, dem sog. „Projekt-Center“, welches nach der Beschreibung der Antragstellerin „… das öffentliche Beschaffungswesen in Form öffentlicher Ausschreibungen nach VOB/VOL und VOF durch tägliches Monitoring dutzender Quellen dokumentiert und redaktionell für die individuellen Bedürfnisse potentieller Auftragnehmer nach diversen Kriterien aufbereitet“, werden nach Vergabe der Aufträge auch die bei den Vergabestellen recherchierten Auftragnehmer publiziert, „um die Transparenz der Verwendung öffentlicher Mittel zu verbessern und das öffentliche Interesse wer welchen Auftrag von wem erhalten hat, zu befriedigen“ (Beschreibung des „Projekt-Centers“ auf der Eingangsseite der Portale).

Mit E-Mail vom 5. Juli 2013 bat die Antragstellerin unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass „dieses Auskunftsbegehren … auf § 4 des Landespressegesetzes“ basiere, für die Ausschreibung mit der Vergabenummer IVP.039.13/ö, deren Bindefrist abgelaufen sei, um Mitteilung von Name und Adresse des Auftragnehmers, des Auftragswertes und der Anzahl der Bieter. Der Antragsgegner lehnte dieses Auskunftsbegehren mit Schreiben vom 13. September 2013 ab, da die Antragstellerin nicht nachgewiesen habe, dass sie eine Pressetätigkeit i.S.d. § 3 BbgPG wahrnehme.

Mit ihrer daraufhin am 17. September 2013 erhobenen Klage begehrt die – erstinstanzlich nicht anwaltlich vertretene – Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners zur Herausgabe der am 5. Juli 2013 begehrten „Presseauskunft“ sowie die Feststellung, dass er verpflichtet sei, ihr jeweils auf Antrag und entsprechendes Auskunftsersuchen nach Ablauf der Bindefrist und insoweit Beendigung des Vergabeverfahrens die im entsprechenden Umfang verlangte Presseauskunft zu erteilten, und hat zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit entsprechenden Anträgen beantragt.

Mit Beschluss vom 14. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht den „sinngemäß gestellten Antrag, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr die am 5. Juli 2013 begehrte Auskunft über den Auftragnehmer, die Vergabesumme und die Zahl der Bieter zu der Ausschreibung IVP 039.13/ö zu erteilen“, abgelehnt. Die Zulässigkeit des Antrags könne dahinstehen, da dieser jedenfalls unbegründet sei. Ein für den auf Vorwegnahme der Hauptsache gerichteten Antrag erforderlicher hoher Grad an Wahrscheinlichkeit des Obsiegens sei für den geltend gemachten Anordnungsanspruch nicht feststellbar. Die für die Antragstellerin als Anbieterin eines Telemediums in erster Linie in Betracht kommende Anspruchsgrundlage § 55 Abs. 3 i.V.m. § 9a RStV (v. 21. Dezember 2010, Brandenburgisches Landesrecht aufgrund des Zustimmungsgesetzes v. 9. Juni 2011, GVBl. I/11 Nr. 09) setze voraus, dass es sich um ein Telemedium mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten handele. Dies treffe auf die Antragstellerin nach summarischer Prüfung nicht zu, da sie als Datenbankanbieterin, die keine journalistisch-redaktionelle Bewertung der Informationen vornehme, sondern unter Auswertung verschiedener öffentlich zugänglicher Quellen Informationen in einer Datenbank vorhalte, die von ihren Kunden nach selbst vorgegebenen Suchkriterien aus dem gesamten Datenbankbestand gefiltert werden könnten. Gestützt werde dieser Befund durch den weiteren Umstand, dass die Angaben in dem genannten Impressum nicht den für Telemedien-Anbieter mit journalistisch-redaktionellen Angeboten geltenden Anforderungen entsprächen. Auch auf den hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 5 BbgPG könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Ob der Antragstellerin ein Anordnungsgrund zur Seite stehe, könne offenbleiben.

Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene und begründete Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese u.a. geltend macht, dass ihr erstinstanzlich gestellter Feststellungsantrag, mit dem das Verwaltungsgericht sich überhaupt nicht befasst habe, in einen entsprechenden Leistungsantrag umzudeuten gewesen sei bzw. eine entsprechende Antragsumstellung jedenfalls für das Beschwerdeverfahren sachdienlich und zulässig sei. Der Antragstellerin stehe auch ein Anordnungsanspruch aus § 55 Abs. 3 RStV i.V.m. § 9a RStV zu, da sie ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot vorhalte. Sie erfülle – was im Einzelnen ausgeführt wird – die als Kriterien für eine journalistische Gestaltung üblicherweise angeführten Merkmale der Universalität, Aktualität, Periodizität und Publizität des Angebots. Insbesondere informiere sie gleich auf ihrer Eingangsseite über ausgewählte besonders interessante oder neue Verfahren, und in der als zusätzliche Leistung auf den ständig weiterentwickelten Portalen nunmehr schon auf der Eingangsseite verlinkten Rubrik „Neues aus den Beschaffungsmärkten“ halte sie redaktionelle Beiträge bereit, die auch auf der Auswertung der in den Portalen enthaltenen Informationen beruhten. Die recherchierten Angebote würden entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz ausgewählt und zusammengestellt, weil die Antragstellerin zur öffentlichen Kommunikation über das öffentliche Bauvergabewesen beitragen wolle. Die in die Portale eingestellten Informationen würden auch redaktionell gestaltet. Insgesamt sei bei der Bewertung des Angebots auch der öffentliche Zweck dahingehend zu berücksichtigen, dass das Angebot dem Transparenzgebot als einem der Grundprinzipien des Vergaberechts diene. Soweit das Verwaltungsgericht die Erfüllung der Informationspflichten aus § 55 Abs. 2 RStV beanstandet habe, seien diese nicht Tatbestandsvoraussetzung, sondern Rechtsfolge des Status der Antragstellerin als Anbieterin eines Telemediums mit journalistisch-redaktionell gestaltetem Angebot. Zudem habe sie die notwendigen Angaben auf ihren Portalen veröffentlicht. Der Antragsgegner sei auch nicht berechtigt, die Auskunft aus einem der Gründe des § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 RStV zu verweigern. Außerdem habe die Antragstellerin gem. § 1 AIG Anspruch auf die entsprechenden Informationen.

Der vom Verwaltungsgericht offen gelassene Anordnungsgrund ergebe sich – u.a. – daraus, dass die Antragstellerin ohne die begehrte Anordnung Gefahr laufe, dass sie jedenfalls bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens keine Informationen über vergebene Aufträge bei Ausschreibungsverfahrens unterhalb der Schwellenwerte aus § 3 VgV mehr erhielte und damit ihr Informationsangebot in diesem sehr großen Segment nicht mehr vollständig erbringen könne.

Mit weiteren – nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen – Schriftsätzen hat die Antragstellerin ergänzend ausgeführt, dass sie ihre journalistisch-redaktionelle Tätigkeit um einen frei zugänglichen „Auftragsvergabemonitor“ mit Informationen zu Auftragsvergaben im jeweils interessierenden Segment erweitert habe (Schriftsatz vom 19. Juni 2014), und ein Gutachten vorgelegt, in dem auf Grundlage einer stichprobenartigen Überprüfung von jeweils zehn am 4., 6. bzw. 12. Juli 2014 erfassten Beiträgen der Nachrichten-Rubrik der verschiedenen Webseiten ausgeführt wird, dass es sich bei den Angeboten der Antragstellerin auf Grundlage der vom Oberlandesgericht Bremen in der Entscheidung vom 14. Januar 2011 (Az. 2 U 115/10) entwickelten Kriterien um Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestaltetem Inhalt i.S.d. § 54 Abs. 2 RStV handele (Schriftsatz vom 16. Juli 2014).

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2014 zu ändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu verpflichten, ihr nach Ablauf der jeweiligen Bindungsfrist und nach Abschluss der jeweiligen Vergabeverfahren auf entsprechende Auskunftsersuchen zu einzelnen Vergabeverfahren (u.a. zu dem Vergabeverfahren Nr. IVP 039/13/ö – Kreisstraßenmeisterei Prignitz -) des Antragsgegners bzw. seiner ihm zugehörigen Dienststellen Auskunft über die beauftragten Auftragnehmer (Name und Anschrift), die Anzahl der Bieter sowie die Gesamtsumme zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass die Beschwerde wegen der Änderung der erstinstanzlich verfolgten Anträge bereits unzulässig sei. Sie sei aber auch unbegründet, da weder die Datenbank der Antragstellerin insgesamt noch einzelne abgrenzbare Teile eine publizistische Zielsetzung hätten. Die von der Antragstellerin betriebene kommerzielle Kommunikation falle nicht unter die journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote. Auch die „News aus den Beschaffungsmärkten“ seien auf die Anbahnung von Geschäftskontakten ausgerichtet. Jedenfalls bestehe im Rahmen des Ermessens ein Grund nach § 9a Abs. 1 Satz 2 RStV, die Auskünfte zu verweigern. Da dies bisher nicht geschehen sei, käme ggf. nur ein Anspruch auf Neubescheidung in Betracht. Auch ein Anspruch der Antragstellerin auf Akteneinsicht gem. § 1 AIG bestehe nicht. Schließlich fehle es an einem Anordnungsgrund für die begehrte, die Hauptsache vorwegnehmende Regelungsanordnung, da diese nicht zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig sei; die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin seien weder existenzbedrohlich noch sonst unzumutbar.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgemäß erhobene und begründete Beschwerde hat auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) allein maßgeblichen Beschwerdevortrages in der Sache keinen Erfolg.

Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass der im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag der Antragstellerin nicht in jeder Hinsicht mit deren erstinstanzlich noch ohne anwaltliche Vertretung formulierten Anträgen übereinstimmt. Denn der erstinstanzlich nicht nur im Klage-, sondern gerade auch im Eilverfahren gestellte Antrag auf Feststellung, „dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, der Antragstellerin jeweils auf Antrag und entsprechendes Auskunftsersuchen nach Ablauf der Bindefrist und insoweit Beendigung des Vergabeverfahrens die im entsprechenden Umfang verlangte Auskunft zu erteilen“, war ungeachtet der juristisch unzutreffenden Formulierung und der fehlenden ausdrücklichen zeitlichen Begrenzung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens bei der gebotenen, am erkennbaren Begehren orientierten Auslegung gem. § 88 VwGO ohne weiteres im Sinne des nunmehr im Beschwerdeverfahren formulierten Antrags zu verstehen und als solcher auch zulässig (i.d.S. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25. März 2014 – 1 S 169/14 -, zit. nach juris Rn 16). Dass das Verwaltungsgericht sich mit diesem über den beschiedenen Einzelfall hinausreichenden Antrag nicht erkennbar befasst hat, steht dem nicht entgegen, zumal die vom Verwaltungsgericht angeführten Gründe auch zur Ablehnung dieses weitergehenden Leistungsbegehrens führen mussten.

Die Antragstellerin begehrt danach den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO i.V.m. § 920 ZPO, die für eine nicht genau absehbare Zahl zukünftiger Fälle, in denen der Antragsgegner die jeweils begehrte Auskunft bereits vor einer abschließenden, das Bestehen eines entsprechenden Auskunftsanspruchs rechtskräftig feststellenden Hauptsacheentscheidung erteilen soll, auf eine die Hauptsache vorwegnehmende Leistung des Antragsgegners gerichtet ist. Denn hinsichtlich dieser Fälle wäre ihr medienrechtlicher Auskunftsanspruch endgültig erfüllt und in der Hauptsache erledigt. Eine derartige Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes und ist daher nur ausnahmsweise zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014 – 2 BvR 2598/13 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dem Begehen kann deshalb nur stattgegeben werden, wenn eine Hauptsacheentscheidung schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden, bloß summarischen Prüfung des Sachverhalts aller Voraussicht nach Erfolg haben würde und das Nichtergehen der Anordnung mit andernfalls drohenden, schweren und unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre, die nachträglich durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88 – BVerfGE 79, 69, juris Rn. 17; BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5 m.w.N.).

Davon ausgehend ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn es ist auch in Ansehung der Beschwerdebegründung schon nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit erkennbar, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anordnungsanspruch tatsächlich zusteht. Die Frage, ob ggf. ein hinreichender Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wäre, konnte das Verwaltungsgericht deshalb auch nach Auffassung des Senats dahinstehen lassen.

Dass der Antragstellerin, die mit ihren verschiedenen Online-Portalen unstreitig Telemedien anbietet, ein medienrechtlicher Auskunftsanspruch gem. § 55 Abs. 3 i.V.m. § 9a RStV zusteht, weil es sich bei diesen um „journalistisch-redaktionell gestaltete“ Angebote handelt, kann auch auf Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache hinreichenden hohen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Die hier wesentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Angebot i.S.d. § 55 Abs. 3 RStV „journalistisch-redaktionell“ gestaltet ist, ist im Rundfunkstaatsvertrag selbst nicht definiert und insbesondere hinsichtlich der sich daraus in verschiedener Hinsicht ergebenden Abgrenzungsschwierigkeiten bisher auch nicht abschließend geklärt (zur Komplexität des in verschiedenen Kontexten benutzten Begriffs, seiner Entwicklung und der verschiedenen, zu seiner Ausfüllung herangezogenen und in den Einzelheiten durchaus streitigen Kriterien vgl. ausführlich Held in: Hahn/Vesting, Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 54 RStV Rn 38 – 59; Lent, ZUM 2013, 914 ff.). Eine journalistische Gestaltung setzt aber jedenfalls voraus, dass die Auswahl und Strukturierung der Inhalte gewissen Kriterien genügt, zu denen neben den von der Antragstellerin selbst angesprochenen Aspekten der Universalität (inhaltliche Vielfalt), Aktualität (Neuigkeitscharakter der Beiträge), Periodizität (für elektronische Medien: kontinuierliche Aktualisierung) und Publizität (allgemeine Zugänglichkeit) jedenfalls auch eine erkennbar publizistische Zielsetzung des Angebots (Lent, ZUM 2013, 915, 916) gehört. Dafür ist erforderlich, dass die Informationen – für den Nutzer erkennbar – nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz und mit dem Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, ausgewählt werden (vgl. Held, a.a.O. Rn 51; ebenso OLG Bremen, Urteil v.14. Januar 2011 – 2 U 115/10 -, zit. nach juris Rn 44, zu § 56 RStV). Es muss die Absicht einer Berichterstattung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gegeben sein, denn nur die Tätigkeiten, die der Erfüllung der Aufgaben einer funktional verstanden Presse bzw. des Rundfunks dienen, werden vom Medienprivileg erfasst (so zu § 57 Abs. 1 RStV: BGH, Urteil v. 22. Februar 2011 – VI ZR 115/09 -, zit. nach juris Rn 26). Davon ausgehend wird u.a. kommerzielle Kommunikation grundsätzlich nicht als journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot angesehen (Held, a.a.O. Rn 59), da sie nicht an Kriterien gesellschaftlicher Relevanz ausgerichtet ist, sondern an den verfolgten wirtschaftlichen Interessen.

Gemessen daran erscheinen die Online-Portale der Antragstellerin nicht als journalistisch-redaktionelle Angebote mit publizistischer Zielsetzung i.S.d. § 55 Abs. 2, 3 RStV (ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25. März 2014 – 1 S 169/14 -, zit. nach juris Rn 22 f.). Denn die Portale der Antragstellerin sind ihren Inhalten wie auch der Aufbereitung und Präsentation dieser Inhalte nach auf die Geschäftsinteressen gewerblicher Nutzer aus den betroffenen Branchen ausgerichtet, die als zahlende Premiummitglieder (127,- EUR/Monat) gewonnen werden sollen, während sie etwa für interessierte Bürger, die sich für die Vergabepraxis in ihrer Region interessieren, kaum brauchbar sind. Insoweit wird hier auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des VGH Baden-Württemberg zur fehlenden publizistischen Ausrichtung der Angebote der Antragstellerin im Beschluss vom 25. März 2014 (1 S 169/14; zit. nach juris, Rn 23) Bezug genommen, denen der Senat nach der hier allein möglichen summarischen Prüfung folgt.

Soweit das VG Schwerin in seinem Beschluss v. 25. März 2014 (a.a.O., zit. nach juris Rn 20 f.) nicht die Online-Portale der Antragstellerin in ihrer Gesamtheit, sondern die neu geschaffene Rubrik der „News aus den Beschaffungsmärkten“ als funktional abgrenzbare und einer eigenständigen Beurteilung zugängliche journalistisch-redaktionelle Einheit (zur Problematik einer solchen Abgrenzung vgl. Held, a.a.O. Rn 56) angesehen und angesichts der dortigen Inhalte angenommen hat, dass hinsichtlich dieser Meldungen die meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern prägender Bestandteil des Angebots sei, der es als Telemedium mit einem journalistisch-redaktionell gestalteten Angebot erscheinen lasse, erscheint dies aus den vom VGH Baden-Württemberg (a.a.O.) angeführten Gründen durchaus zweifelhaft und muss jedenfalls einer genaueren Prüfung in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

Auf die von der Antragstellerin offenbar erst nach dem Ende der Begründungsfrist realisierten neuen Angebote (u.a. ) kann es hier nicht ankommen. In der allein fristgemäß eingegangenen Beschwerdebegründung wurden sie weder angekündigt noch wurde ihre Bedeutung für den geltend gemachten Anspruch dargelegt.

Das vorgelegte Gutachten vermag die bestehenden Zweifel an der publizistischen Zielsetzung der Angebote der Antragstellerin nicht auszuräumen. Denn abgesehen davon, dass dieses den Inhalt der Portale am 4./6. Juli 2014 und damit in einer – nach Mitteilung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19. Juni 2014 – erst nach Ablauf der für das hiesige Verfahren maßgeblichen Beschwerdebegründungsfrist umgestellten und erweiterten Form zum Gegenstand hat, leitet der Gutachter die hier als zweifelhaft eingeschätzte publizistische Zielsetzung der – wohl als Gesamtheit beurteilten, nicht auf einen als funktional abgrenzbar angesehenen Bereich „News“ begrenzten – Angebote allein daraus ab, dass die Antragstellerin als Erstellerin des Angebots sich erkennbar von der gesellschaftlichen Relevanz habe leiten lasse und sich dies besonders im Bereich der Nachrichtensparte erkennen lasse, „da hier u.a. über die Auftragsvergabe berichtet wird, die aus öffentlichen Geldern (u.a. Steuereinnahmen) finanziert wird“ (S. 6 des Gutachtens). Allein der Umstand, dass es sich bei der Vergabe von aus öffentlichen Mitteln finanzierten Aufträgen um einen Gegenstand von gesellschaftlicher Relevanz handeln kann, dürfte indes nicht genügen, die Auswahl und Präsentation der Inhalte durch die Antragstellerin im konkreten Fall als Beitrag zur öffentlichen Kommunikation zu erweisen. Denn nach den erklärten Zielen der Antragstellerin – die sich selbst als „Informationsbroker im B2B Geschäft“ bezeichnet – strebt diese die Sammlung und Aufbereitung von Auftragsinformationen für Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche mit Schwerpunkt auf der Bauwirtschaft an, um ihre Nutzer mit Informationen über für sie interessante Ausschreibungen versorgen und ihnen einen weitgehenden Überblick über das Wettbewerbsgeschehen ohne Zeitaufwand bei nur geringen monatlichen Kosten als Vorteile anbieten zu können. Dass mit dem Angebot auf eine Teilhabe der angesprochenen Zielgruppe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung hingewirkt werden soll, erscheint zumindest zweifelhaft und wird auch mit dem vorgelegten Gutachten nicht belegt. Denn mit der sich angesichts des konkreten Falles aufdrängenden Problematik der Abgrenzung zwischen Angeboten öffentlicher und kommerzieller Kommunikation und den sich daraus ggf. ergebenden Konsequenzen für den besonderen, über die Information aus allgemein zugänglichen Quellen (Art. 5 Abs. 1 2. Halbsatz GG) hinausgehenden medienrechtlichen Auskunftsanspruch aus § 55 Abs. 3 i.V.m. § 9a RStV befasst sich das Gutachten nicht.

Die weiteren zwischen den Beteiligten streitigen Fragen, ob der Antragsgegner sich gegenüber dem Auskunftsbegehren der Antragstellerin auf das Vorliegen von Auskunftsverweigerungsgründen (§ 9a Abs. 1 Satz 2 RStV) berufen könnte und mit welchem Gewicht die Interessen der Antragstellerin in eine etwaige Ermessensentscheidung einzustellen wären, bedürfen danach für das Beschwerdeverfahren keiner Entscheidung.

Soweit die Antragstellerin ihren Auskunftsanspruch im Beschwerdeverfahren ergänzend auch auf § 1 des Brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationsgesetzes (v. 10. März 1998, GVBl. I, S. 46, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Oktober 2013, GVBl. I; i.F. AIG) stützen will, fehlt es jedenfalls an der erforderlichen vorherigen Antragstellung beim Antragsgegner, denn die Antragstellerin hat ihr Auskunftsbegehren im bisherigen Verwaltungsverfahren (vgl. E-Mail v. 5. Juli 2013, Bl. 1 Verwaltungsvorgang – VV -, Schreiben vom 9. September 2013, Bl. 6 f. VV.) ausdrücklich gerade (und nur) auf einen presse-/medienrechtlichen Auskunftsanspruch gestützt. Eine zumindest hilfsweise Geltendmachung eines Anspruchs nach dem Akteneinsichts- und Informationsgesetz ist ausweislich der Verwaltungsakte weder ausdrücklich noch sinngemäß erfolgt. Ohne hinreichende Anhaltspunkte für ein jedenfalls auch auf Informationszugang gem. § 6 AIG gerichtetes Begehren kann der Antrag der Antragstellerin auch nicht entsprechend (um-)gedeutet werden. Denn ein Anspruch nach dem Akteneinsichts- und Informationsgesetz wäre nicht nur von anderen – u.a. formellen (z.B. § 5 Abs. 2 Satz 1 AIG, Anhörungspflicht betroffener Unternehmen bei Unternehmensdaten) – Voraussetzungen abhängig, sondern insbesondere auch grundsätzlich kostenpflichtig (vgl. § 10 Abs. 1 AIG i.V.m. der Akteneinsichts- und Informationszugangsgebührenordnung – AIGGebO -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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