Wikipedia-Beitrag auch ohne Einverständnis des Betroffenen rechtmäßig
Eigner Leitsatz:
Die Veröffentlichung eines Wikipedia-Beitrages, welcher das berufliche Wirken einer Person widerspiegelt, kann auch ohne deren Zustimmung erfolgen. Zwar liegt ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch dann vor, wenn das Recht des Einzelnen, darüber zu bestimmen, ob und welche Informationen über ihn veröffentlicht werden, nicht gewahrt bleibt. Jedoch müsste in diesem Fall das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der Gegenseite überwiegen. Der Beitrag müsste eine derart erhebliche Breitenwirkung entfalten, dass er den Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung des Betroffenen bedeuten würde. Beschreibt der Eintrag hingegen lediglich zutreffende Situationen und Vorgänge aus dem Leben des Betroffenen, so gilt diese Publizierung wahrer Tatsachen nicht als rechtswidrig.
Landgericht Tübingen
Urteil vom 18.07.2012
Az.: 7 O 252/10
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Streitwert: 15.000,00 €.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Eintrag auf der Internetseite "http://de.wikipedia.org."
Der Kläger ist außerplanmäßiger Professor an der E…-K…-Universität in Tübingen und lehrt im Fachbereich G… . Die Beklagte ist Betreiberin der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Auf der Internetseite der Beklagten "http://de.wikipedia.org" befindet sich ein Beitrag über den Kläger, in welchem über den Kläger selbst und über dessen berufliches Wirken berichtet wird. Insbesondere wird auf seinen Lebenslauf, auf seine Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindungen und auf seine Schriften Bezug genommen. Einer Veröffentlichung dieses Beitrages stimmte der Kläger nicht zu.
Mit Schreiben vom 25.10.2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Beitrag zu entfernen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.
Der Kläger ist der Auffassung, er werde durch den Eintrag über seine Person auf der Internetseite der Beklagten in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Demnach habe er einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte.
Der Kläger beantragt daher:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, auf der Internetseite http://de.wikipedia.org oder in sonstiger Weise über die persönlichen Daten des Klägers, seinen Beruf, seinen Lebenslauf und insbesondere seiner Mitgliedschaft bei katholischen Studentenverbindungen (A.V. W… O… sowie A.V. C… T… und K.Ö.St.V. N… W…) zu berichten.
2. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € angedroht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlich entstandenen Kosten des Klägers in Höhe von 899,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt
Klagabweisung.
Die Beklagte trägt vor, das Schreiben vom 25.10.2010 sei ihr nicht zugegangen. Durch den Eintrag werde der Kläger nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Zudem sei die Beklagte mangels konkreten Hinweises nicht zur Löschung verpflichtet gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Tübingen. gemäß § 32 ZPO international zuständig. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubter Handlung das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Begehungsort ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, wobei neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche erfasst werden. Zur Entscheidung über Klagen wegen der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO dann international zuständig, wenn die beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen und eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Inland tatsächlich schon eingetreten sein kann oder noch eintreten kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Kenntnisnahme der Veröffentlichung im Inland im Gegensatz zur bloßen Abrufbarkeit der Veröffentlichung näher liegt und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme auch im Inland eintreten kann.
Aufgrund des Wirkens des Klägers im Inland liegt eine Kenntnisnahme des Eintrages im Inland deutlich näher als eine solche im Ausland. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Internetseite vor allem in Hinblick auf seine Stellung als außerplanmäßiger Universitätsprofessor und seine anstehenden Bewerbungen im Inland abgerufen wird.
II.
Die Klage ist nicht schlüssig. Der Vortrag des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
1. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gemäß §§ 823 I, 1004 I 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 1,2 I GG zu.
a) Die Beklagte ist passivlegitimiert. Sie ist Betreiberin der Online-Enzyklopädie Wikipedia und unterhält die Domain wikipedia.org, zu der auch die deutschsprachigen Wikipediaseiten auf de.wikipedia.org gehören; zudem ist sie administrative Ansprechpartnerin.
b) Auf die geltend gemachte Rechtsverletzung ist deutsches Recht anwendbar. Das anwendbare Recht ergibt sich aus den Art. 40 ff. EGBGB, denn außervertragliche Schuldverhältnisse sind nach Art. 1 II lit. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.07.2007 Ober das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ROM II-VO) vom Anwendungsbereich der ROM II-VO ausgenommen. Art. 40 EGBGB unterfällt dabei auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich der sich daraus herleitenden Unterlassungsansprüche. Der Kläger übte jedenfalls sein Bestimmungsrecht aus Art. 40 I 2 EGBGB in der Klageschrift aus. Er berief sich in dieser ausdrücklich auf deutsche Normen. Zudem trug er vor, dass er im Inland außerordentlicher Professor ist, sich neu bewerben will und die Internetseite mit dem betreffenden Eintrag in Deutschland abrufbar ist, die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts also im Inland eintritt.
c) Der Kläger ist nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I, 1 I GG verletzt.
aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, welches ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB ist, sichert dem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann (vgl. Palandt/Sprau, 71. Auflage 2012, § 823, Rn.112). Hieran anknüpfend ist vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt. Dieses verleiht dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Hierunter fällt auch das Recht des Klägers grundsätzlich selbst darüber zu bestimmen, ob und welche Informationen über seine Person auf der streitigen Internetseite der Beklagten veröffentlicht werden.
bb) Infolge des Bereithaltens der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet liegt auch ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch die Beklagte vor. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass er über den Eintrag auf der Seite http://de.wikipedia.org und darüber, ob dessen persönliche Daten, wie Beruf, Lebenslauf und Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindungen, veröffentlicht werden, nicht selbst entschieden hat. Vielmehr stellte die Beklagte den Eintrag ohne sein Mitwirken ein und dieser ist grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich.
cc) Der Eingriff ist jedoch nicht widerrechtlich.
Aufgrund der tatbestandlichen Weite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Eigenart als Rahmenrecht liegt die Reichweite nicht absolut fest, sondern muss durch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen bestimmt werden. Hierbei sind die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtiqen, welche sich grundsätzlich gleichrangig gegenüberstehen. Ein Eingriff ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. In der Rechtsprechung des BVerfG sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3357 = AfP 2009, 365; BVerfG NJW 1998, 2889, jeweils m.w.N.). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch die wahre Darstellung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zum Interesse an der Verbreitung steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zieht, sodass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen.
Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen verdient das Interesse der Beklagten den Vorzug.
Dies ergibt sich zunächst daraus, dass beim Kläger ein Persönlichkeitsschaden hinsichtlich seines sich aus Art. 2 I, 1 I GG und Art. 8 I EMRK ergebenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht festgestellt werden kann. Weder entfaltet der abrufbereite Eintrag über den Kläger eine erhebliche Breitenwirkung, noch ist er Anknüpfungspunkt, um den Kläger sozial auszugrenzen oder zu isolieren. Dies gilt sowohl bezüglich seiner persönlichen Daten wie Beruf oder Lebenslauf als auch hinsichtlich der Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindungen. Der Inhalt des Eintrages besteht zwar aus persönlichen Inhalten, es werden jedoch lediglich bestimmte zutreffende Stationen oder Vorgänge im Leben des Klägers beschrieben. Die Inhalte sind ferner zwar abrufbereit im Internet verfügbar, allerdings werden diese nur dann zur Kenntnis genommen, wenn sich ein Nutzer aktiv informieren möchte. Anders als beispielsweise bei einer Zeitungsveröffentlichung ist hier nicht von einer breiten Ausstrahlungswirkung des Beitrages auszugehen, mit welchem potentiell die gesamte Bevölkerung informiert werden soll, sondern hier beschränkt sich die Kenntnisnahme auf Personen, welche den Kläger kennen und sich über ihn informieren möchten. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger durch den Beitrag sozial ausgegrenzt oder isoliert zu werden droht.
Aufseiten der Beklagten ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei Wikipedia um eine weltweite freie Online-Enzyklopädie handelt, welche allein in der deutschsprachigen Version über 300000 Beiträge bereithält. Insofern besteht ein erhebliches öffentliches Interesse nach Art. 5 I 1 2. Alt. GG, 10 I 1 EMRK an den von der Beklagten bereitgehaltenen Einträgen, um sich umfassend informieren zu können. Vor allem auch die Personen, welche über keine geschriebene Enzyklopädie verfügen, haben ein beachtliches Interesse sich über die Internetseite der Beklagten Informationen zu verschaffen.
Weiterhin kann die Beklagte die Pressefreiheit aus Art. 5 I 2 1. Alt. GG für sich in Anspruch nehmen. Diese schützt grundsätzlich die Verbreitung von Informationen, wobei unter anderem auch das Recht eingeräumt wird, wahre Tatsachen zu publizieren. Mit dieser Gewährleistung korrespondiert insbesondere das Interesse der Öffentlichkeit an einer ausreichenden Versorgung mit Informationen. Zudem kommt diesen beiden Rechten schon aufgrund ihres Charakters als demokratische Grundrechte ein hoher Stellenwert zu, sodass gewichtige Gründe erforderlich sind, welche ein Überwiegen eines kollidierenden Rechtsgutes rechtfertigen.
Jedenfalls aber muss beachtet werden, dass es sich bei den Einträgen jeweils um wahre Tatsachen handelt und der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nur als sehr gering zu qualifizieren ist. Er ist lediglich der Sozialsphäre zuzuordnen, denn hier ist nur der Bereich des menschlichen Lebens betroffen, in dem sich der Betroffenen als Teil einer sozialen Gesellschaft zeigt und wahrgenommen wird. Äußerungen, welche diese Sphäre betreffen, sind jedoch grundsätzlich hinzunehmen, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist. Zu den hinzunehmenden Folgen gehören auch solche Beeinträchtigungen des Einzelnen, die sich aus nachteiligen Reaktionen Dritter auf die Offenlegung der wahren Tatsachen ergeben (BVerfG, NJW 2011, 47; BVerfG NJW 1998, 2889).
Ferner ist es mittlerweile durchaus üblich, dass Lebensläufe und persönliche Daten von Personen veröffentlicht werden, an welchen ein Interesse der Öffentlichkeit besteht. Insofern weisen viele Internetseiten beispielsweise von Kanzleien die Lebensläufe und persönlichen Daten ihrer Mitarbeiter auf. Dies ist auch bei universitären Internetauftritten gewöhnlich, sodass viele Lehrbeauftragte – wie auch der Kläger – bereits selbst ihre Lebensläufe und sonstige persönliche Daten der Öffentlichkeit zugänglich machen. Hinzu kommt, dass zumindest eine Studentenverbindung die Mitgliedschaft des Klägers im Internet dargestelit hat. Diese Veröffentlichungen – mit Text und Bild – wurden von dem Kläger bis zur mündlichen Verhandlung nicht beanstandet.
Dass die Relevanzkriterien der Beklagten für die Berichterstattung über lebende Personen vorliegend bezüglich des Klägers möglicherweise nicht erfüllt sind, ändert an der vorzunehmenden Abwägung nichts. Soweit eine über diese Kriterien hinausgehende Veröffentlichung erfolgt, lässt sich daraus keine Verletzung von Rechten der betroffenen Personen herleiten. Die Abwägung der Rechte der Beteiligten hat gleichwohl nach den oben dargelegten Grundsätzen zu erfolgen.
d) Ob die Beklagte auch als Störerin in Anspruch genommen werden kann, kann deshalb dahinstehen.
aa) Die Beklagte ist jedenfalls nicht schon nach der Haftungsprivilegierung aus § 10 S.1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Internetseite befreit. Unabhängig davon, ob Sie als Dienstanbieterin nach § 2 S.1 Nr.1 1.HS TMG Telemedien im Sinne des § 1 I 1 TMG zur Nutzung bereithält, gilt die Haftungsbeschränkung des § 10 TMG nicht für Unterlassungsansprüche. Aus § 7 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung; Unterlassungsallsprüche bleiben hingegen unberührt.
bb) Die Beklagte ist nicht unmittelbare Störerin. Dies ist nur dann der Fall, wenn durch eine eigene Handlung schon eine Beeinträchtigung bewirkt wird. Die Beklagte verfasste aber den Beitrag weder selbst noch machte sie sich seinen Inhalt zu Eigen. Die Inhalte der Online-Enzyklopädie Wikipedia werden ausschließlich von freien Nutzern zusammengestellt. In ihr kann grundsätzlich jeder Nutzer Autor werden, neue Beiträge verfassen und bestehende Einträge verändern. Das Modell basiert dabei auf der Vorstellung, dass sich die Nutzer gegenseitig kontrollieren und falsche Einträge korrigieren, ohne dass dafür eine eigenständige Reaktion der Betreiberin erforderlich ist.
cc) Als Störer haftet aber auch derjenige auf Unterlassung, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beiträgt.
Indem die Beklagte die Webseite de.wikipedia.org betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Internetseiten bereitstellt und den Abruf der Seiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat-kausal zur Verbreitung von Inhalten bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen. Weil die Störerhaftung jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine PrOfung zumutbar ist. Insofern besteht keine Verpflichtung, die von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde dazu führen, dass der freie Fluss von Informationen erheblich ein geschränkt und das Geschäftsmodell in Frage gestellt würde. Ferner würde eine Überwachung jedes Eintrages das Betreiben der Online-Enzyklopädie unmöglich machen.
Der Betreiber ist aber als Störer zur Prüfung verpflichtet, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt. Der hierfür erforderliche Hinweis muss jedoch so konkret gefasst sein, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer, also ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung, bejaht werden kann. Es muss also eine hinreichend substanziierte Abmahnung vorliegen, welche die Gründe der Rechtswidrigkeit deutlich erkennen lässt. Ob diesen Anforderungen das Abmahnschreiben des Klägers vom 25.10.2010 vor allem in Hinblick auf die Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindung gerecht wurde oder ob erst die Klageschrift eine positive Kenntnis bei der Beklagten mit der Folge der Verletzung ihrer Prüfungspflichten ausgelöst hat, kann mangels eines Rechtsverstoßes letztlich dahinstehen.
2. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften Ober die Verantwortlichkeit von Dienstanbietern im Telemediengesetz. Unabhängig davon, ob die Beklagte Dienstanbieterin nach § 2 S.1 Nr.1 TMG ist, weisen die §§ 7-10 TMG keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten keine Anspruchsgrundlagen, sondern setzen vielmehr eine Verantwortlichkeit nach den allgemeinen Vorschriften des Zivil- und Strafrechts voraus.
3. Dem Kläger steht ferner auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 677, 683 S.1, 670 BGB in Höhe von 859,80 € zu.
Nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag sind nur die Kosten einer begründeten und berechtigten Abmahnung erstattungsfähig. Dies setzt voraus, dass dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten zum Zeitpunkt der Abmahnung der geltend gemachte Anspruch zustand und die Abmahnung dem Abgemahnten die Möglichkeit bot, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstigere Weise abzuwenden. Dem Kläger steht aber wie festgestellt kein Anspruch zu und ein solcher bestand auch nicht zum Zeitpunkt der Abmahnung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.