Zuständigkeit bei Beschwerde gegen Patentabteilung

23. März 2009
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Amtlicher Leitsatz:

Wird Beschwerde gegen Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen eingelegt, so ist für andere Entscheidungen als die Abhilfe das Patentamt nicht zuständig; das gilt auch für die Entscheidung über ein Wiedereinsetzungsgesuch.

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 16.12.2008

Az.: X ZB 14/08

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Dezember 2008 durch die Richter …

b e s c h l o s s e n:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 23. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 10. April 2008 wird auf Kosten der Patentanmelderin zurückgewiesen.

Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 25.000 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

I.
Mit Beschluss vom 9. Mai 2007 hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Patentanmeldung der Rechtsbeschwerdeführerin mit der Bezeichnung "Gehäusestruktur" zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist der Patentanmelderin am 31. Mai 2007 zugestellt worden. Nach Ablauf der Beschwerdefrist, mit Schriftsatz vom 4. Juli 2007, hat die Patentanmelderin gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist für die Einlegung der Beschwerde (§ 73 Abs. 2 PatG) beantragt. Mit Beschluss vom 1. August 2007 hat der Prüfer des Deutschen Patent- und Markenamts der Patentanmelderin Wiedereinsetzung gewährt. Mit Verfügung vom selben Tag hat er der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat den Wiedereinsetzungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben, den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Hiergegen richtet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde, mit der die Patentanmelderin geltend macht, das Bundespatentgericht habe ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt, indem es den unanfechtbaren Wiedereinsetzungsbeschluss aufgehoben und sich mit der materiellen Beschwerdebegründung nicht befasst habe, ist zulässig, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet, denn der gerügte Verstoß liegt nicht vor. Zwar bestimmt § 123 Abs. 4 PatG, dass die Wiedereinsetzung unanfechtbar ist. Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass die Bindung an die gewährte Wiedereinsetzung nach der Entstehungsgeschichte des § 123 Abs. 4 PatG nicht eintreten soll, wenn eine Vorinstanz in einem bei ihr gar nicht oder nicht mehr anhängigen Verfahren fälschlich Wiedereinsetzung gewährt (Sen.Beschl. v. 15.12.1998 – X ZB 2/98, GRUR 1999, 574, 576 – Mehrfachsteuersystem). Voraussetzung für die Bindungswirkung des § 123 Abs. 4 PatG ist danach, dass die Stelle, die die Wiedereinsetzung gewährt hat, im Rahmen ihrer Zuständigkeit entschieden hat. Dies ist hier nicht der Fall.

Bei der Abhilfemöglichkeit des § 123 PatG handelt es sich um ein aus Gründen der Prozessökonomie vorgeschriebenes Vorverfahren, das inhaltlich der Gegenvorstellung entspricht. Voraussetzung ist nur die Begründetheit der Beschwerde. Für das gerichtliche Verfahren ist streitig, ob das Gericht auch unzulässigen Beschwerden abhelfen darf oder gar muss (vgl. zum Meinungsstand Lipp, NJW 2002, 1700, 1702; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl., § 148 IV 1; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 571 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 572 Rdn. 4; MünchKomm./Lipp, 3. Aufl., § 572 ZPO Rdn. 7).

Dem Deutschen Patent- und Markenamt ist im Beschwerdeverfahren nach § 73 PatG nur die Möglichkeit gegeben, die Beschwerde sachlich zu bescheiden, wenn ihr ganz oder zum Teil abgeholfen wird. Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, so ist sie ohne sachliche Stellungnahme dem Patentgericht vorzulegen (§ 73 Abs. 3 Satz 3 PatG). Für andere Entscheidungen als die Abhilfe ist nicht mehr das Deutsche Patent- und Markenamt, sondern das Bundespatentgericht zuständig. Auch wenn die Beschwerde nicht statthaft oder aus einem anderen Grund unzulässig ist, ist allein das Beschwerdegericht zur Entscheidung befugt (vgl. MünchKomm./Lipp, 3. Aufl., § 572 Rdn. 10; Stein/Jonas/ Grunsky, § 571 Rdn. 5). Das Bundespatentgericht war demnach nicht an die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts über die Wiedereinsetzung gebunden. Es hat daher zu Recht selbst über das Wiedereinsetzungsgesuch und über die Zulässigkeit der Beschwerde entschieden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 PatG. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.

Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.04.2008 – 23 W(pat) 49/07 –

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