Vervielfältigung eines Spiel-Clients zur Herstellung von Automatisierungssoftware

02. März 2015
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rotes Kameraauge mit weißer Hülle und roten Kabeln Urteil des OLG Dresden vom 20.01.2015, Az.: 14 U 1127/14

Erwirbt ein Unternehmen einen Spiel-Client, der als technische Voraussetzung für ein Online-Spiel fungiert, so folgt das Recht zur lediglich privaten Nutzung bereits aus dem Kaufvertrag, auch wenn die Nutzung zu gewerblichen Zwecken erst in den Nutzungsbedingungen bei Registrierung eines Accounts untersagt ist. Dies ergibt sich aus dem Vertragszweck, der darin besteht, durch den Client die Nutzung der Online-Dienste überhaupt erst möglich und damit das Spiel spielbar zu machen. Vervielfältigt das Unternehmen den Client nun, um Automatisierungssoftware (Bots) für das Online-Spiel herzustellen, so stellt dies eine Urheberrechtsverletzung dar.

Oberlandesgericht Dresden

Urteil vom 20.01.2015

Az.: 14 U 1127/14

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15.7.2014, Az. 5 O 1155/13, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das angefochtene Urteil in Ziff. I.2.d) und e) aufgehoben und insoweit die Klage abgewiesen wird.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: bis 300.000,00 €

Entscheidungsgründe

I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Urheberrecht auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung wegen der gewerblichen Vervielfältigung von Client-Software für die Online-Spiele der Klägerseite in Anspruch.

Die Klägerin ist eine französische Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Computerspielentwicklerin B. … ., die die Computer-Rollenspiele „W. … “ und „D. “ entwickelt und herstellt. Sie geht aus eigenem Recht und in gewillkürter Prozessstandschaft für die Muttergesellschaft B. … . gegen den Beklagten vor.

Der Beklagte ist Geschäftsführer der B. GmbH, die für die Online-Rollenspiele Software entwickelt und vertreibt, die eine Automatisierung von Spielaktionen ermöglicht („H.“, “G.“, „D.“). Um die Spiele nutzen zu können, benötigt ein Spieler die Client-Software. Sie enthält das Computer-Programm und die Spiel-Daten (Grafik, Musik, Filmsequenz etc.) und kann nur mit dem Online-Dienst der Klägerin genutzt werden. Der Spiel-Client ist gegen einen einmalig zu zahlenden Kaufpreis entweder auf einem Datenträger oder online zu erwerben.

Voraussetzung für eine Teilnahme an den Spielen W. … und D. ist die Einrichtung eines Battle.net-Accounts zur Registrierung. Hierzu muss ein Interessent den „Battle.net-Nutzungsbestimmungen“ (K 13 a) zustimmen. Um mit der Registrierung fortfahren zu können, muss er zudem der „W. … Endbenutzerlizenzvereinbarung“ („W……“, K18) bzw. D.I- Endbenutzerlizenzvereinbarung (K 21) zustimmen. Nach Annahme dieser W….-Endbenutzerlizenzvereinbarung werden dem Spieler die W.bzw. D.- „Nutzungsbestimmungen“ (K 15) angezeigt, denen er ebenfalls zustimmen muss, um an dem Spiel W. … teilnehmen zu können. Vertragspartner der Nutzer ist die Klägerin.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 15.7.2014, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, den beim Landgericht Leipzig nach Verweisung verbliebenen Klageanträgen stattgegeben. Es hat dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, selbst oder durch Dritte (einschließlich einer von ihm vertretenen juristischen Person) die Client-Software für die Online-Spiele D. und/oder W. … ganz oder teilweise, dauerhaft oder vorübergehend zu gewerblichen Zwecken zu vervielfältigen, insbesondere indem er selbst oder durch Dritte Teil der Client-Software für die Online-Spiele D.I und/oder W. … auf die Festplatte eines PC kopiert und/oder in den Arbeitsspeicher lädt und/oder auf dem Bildschirm anzeigen lässt, um zu gewerblichen Zwecken eine Automatisierungssoftware für diese Spiele herzustellen und/oder zu bearbeiten. Ferner hat es den Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsanträgen entsprochen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er stellt insbesondere darauf ab, dass es an einem Lizenz- und Urheberrechtsverstoß fehle. Die Kündigung „aller etwaigen Nutzungsrechte“ durch die Klägerin sei unwirksam. Die Nutzungsbedingungen würden nicht nach § 305 Abs. 2 BGB in den Vertrag mit dem einzelnen Nutzer einbezogen; der Beklagte verstoße auch nicht gegen sie.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15.7.2014, Az. 5 O 1155/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die Sitzungsniederschrift und die wechselseitigen Schriftsätze mitsamt Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weitestgehend aber unbegründet. Nur die Auskunftsanträge 2. d) und e) sind abzuweisen. Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem – nach Verweisung der weiteren Anträge noch anhängigen – Unterlassungsantrag 1., den Auskunftsanträgen 2.a) bis c) und dem Schadensersatzfeststellungsantrag 3. stattgegeben. Der Muttergesellschaft der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu, weil die Beklagtenseite die Client-Software gewerblich nutzt, obwohl ihr nur ein Recht zur ausschließlich privaten Nutzung eingeräumt wurde.

I. Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Die B. … . hat als Urheberin die Klägerin zur Rechtsverfolgung im eigenen Namen ermächtigt (K 35). Die Klägerin hat auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten, weil ihr die Verwertung der Client-Software in Europa durch ihre Muttergesellschaft zugewiesen und sie in diesen ihr als Lizenzgeberin eingeräumten Rechten betroffen ist.

II. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 97 Abs.1 S.1 UrhG. Der Beklagte hat das Vervielfältigungsrecht der Muttergesellschaft der Klägerin aus §§ 69 c Nr. 1,15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG widerrechtlich verletzt. Die Vervielfältigung der Client-Software zu gewerblichen Zwecken war vom eingeräumten Nutzungsrecht nicht erfasst, so dass es auf die Wirksamkeit einer Kündigung der Nutzungsrechte nicht ankommt.

1. Die Beklagtenseite hat nicht das für eine gewerbliche Nutzung erforderliche Nutzungsrecht, sondern nur ein auf die private Nutzung beschränktes Nutzungsrecht erlangt. Eingeräumt wurde dieses beschränkte Nutzungsrecht bereits im Rahmen des dem Erwerb des Clients zugrunde liegenden Vertrages.

a) Diese Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Client als solcher isoliert und unabhängig vom Zugang der Software, durch die die Möglichkeit des Spielens eröffnet wird, keinen eigenständigen Wert besitzt, sondern funktionslos bleibt. Der Kauf des Clients steht deshalb in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit der vom Erwerber bezweckten Nutzung des Spiels.

Die als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehenden Battle.net-Nutzungsbestimmungen (K 13 a), die W.- bzw. D. Endbenutzerlizenzvereinbarung (K 18, K 20) sowie die W. .. – bzw. D.I- Nutzungsbestimmungen (K 15, K 21), aus denen sich das Verbot der Verwendung zu gewerblichen Zwecken ergibt, werden zwar in die vertraglichen Beziehungen zwischen den Spielern und der Klägerin nicht bereits im Rahmen des Erwerbs der Spielerclient-Software nach § 305 Abs. 2 BGB einbezogen. Von den Nutzungsbestimmungen, wonach die Nutzung eines Spiels oder eines beliebigen Teils davon zu gewerblichen Zwecken untersagt wird, konnte der Beklagte somit erst Kenntnis erlangen, nachdem er sich mittels des Clients Zugang zu den Accounts beschafft hatte. Gleichwohl erfolgte die Beschränkung der Nutzungsrechtseinräumung auf eine ausschließlich private Nutzung nicht erst zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Vielmehr beinhaltete bereits der bei dem Erwerb des Clients zugrunde liegende Kaufvertrag diese Beschränkung.

b) Dies ergibt sich aus der Anwendung der in § 31 Abs. 5 UrhG verankerten Übertragungszwecklehre. Danach gilt der Grundsatz, dass der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte überträgt, als es der Zweck der Verfügung erfordert (Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl. 1980, S. 364; BGH GRUR 2010, 628, 631 Tz. 33 – Vorschaubilder; Dreier/Schulze/Schulze, UrhG, § 31 Rn. 110, m.w.N.). Dahinter steht die Maxime, dass das Urheberrecht gleichsam die Tendenz hat, so weit wie möglich beim Urheber zurückzuleiben (Ulmer, a.a.O., S. 365; BGH ZUM 1998, 497, 500 – Comic-Übersetzungen; Haberstrumpf in Büscher / Dittmer / Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., Kap. 10 § 31 Rn 15). Hieraus wird gefolgert, dass sich der Umfang der Nutzungsrechtseinräumung nur soweit erstreckt, wie der Vertragszweck zweifelsfrei festgestellt werden kann und bei Zweifeln Rechte beim Urheber verbleiben (Dreier/Schulze/Schulze, UrhG, § 31 Rn. 127; Schricker/Loewenheim/ Schricker/Loewenheim, UrhG, § 31 Rn. 41). Lässt sich ein übereinstimmender Wille, insbesondere aufgrund des Wortlauts einer vertraglichen Vereinbarung wie hier im Falle des Kaufvertrages über den Client, nicht ermitteln, kommt es nicht auf den inneren Willen einer Vertragspartei an. Maßgebend ist der objektive Erklärungswert, wie ihn ein verständiger Dritter verstehen konnte (Dreier/Schulze/Schulze, UrhG, § 31 Rn. 120, 107).

Mit dem Erwerb des Clients wird ein auf die private Nutzung als Spiel beschränktes Nutzungsrecht erworben. Zweck der Client-Software ist es, dem Spieler die technischen Voraussetzungen für den Zugang zu den Online-Spielen zu verschaffen. Dementsprechend kann die Client-Software nur mit dem Online-Dienst der Klägerin für die Spiele verwendet werden. Die Spiel-Rohdaten des Clients allein sind für den Spieler nicht lesbar. Der Zweck des Vertrages über den Erwerb der Client-Software reicht aufgrund dieses engen unmittelbaren Zusammenhangs mit der Nutzung der Online-Dienste für die Spiele W. … und D.I nicht über die Nutzung für das Spielen hinaus. Der Natur der Sache nach handelt es sich beim Spielen um eine Nutzung zu privaten Zwecken. Kommerzielle Nutzung bezweckt der Vertrag nicht.

Maßgeblich ist dabei der Vertragszweck, nicht der Spielzweck. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist deshalb der Schluss verfehlt, aus der Spielidee, die Kommunikation unter den Spielern zu fördern, zu folgern, Informationen, z.B. Positionsdaten, an die B. GmbH weiter zu kommunizieren, die sie zu gewerblichen Zwecken nutzt.

Das Nutzungsrecht, das die Erreichung des Vertragszweckes erst ermöglicht, wird jedenfalls stillschweigend übertragen. Deshalb erlangt der Nutzer beim Erwerb des Spiel-Clients das auf die private Nutzung als Spiel beschränkte Nutzungsrecht. Für die über den Vertragszweck hinausgehenden Rechte bedarf es einer ausdrücklichen oder zumindest stillschweigenden unzweideutigen Rechtseinräumung (Haberstumpf in Büscher / Dittmer / Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., Kap. 10 § 31 Rn 17). Daran fehlt es hier. Im Gegenteil – nach Ziff. 1, 2.1 und 2.2. der Battle.net AGB, Ziff. 1 und 5. B. (ii) der W. W. und Ziff. 1. und 2. B., C. der D.I E. ist die gewerbliche Nutzung explizit untersagt.

Der Verkehr erwartet beim Erwerb eines Computerspiels auch nicht, kommerziellen Nutzen daraus ziehen zu dürfen. Da der Spiel-Client unmittelbar auf die Online-Spiele bezogen ist, erwartet der Interessent nur die Berechtigung zur Nutzung für das Spielen und damit zu privaten Zwecken. Zudem weist die Klägerin auf der Packung bzw. während des Download-Vorgangs darauf hin, dass die Spiel-Rohdaten nicht lesbar sind (K 2, 4, 8, 9). Eine Nutzung der Software über das Spielen hinaus durch Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken entspricht nicht der Erwartung des angesprochenen Verkehrs – ebenso wenig wie beim Erwerb eines Buchs, einer CD oder DVD.

c) Dem entspricht der In der Regelung des § 53 UrhG zum Ausdruck kommende Leitgedanke des Urheberrechts, dass zwischen den zulässigen Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch und der bei Fehlen einer entsprechenden Nutzungsrechtseinräumung unzulässigen gewerblichen Nutzung zu unterscheiden ist. Es handelt sich um verschiedene nach der Verkehrsauffassung als solche hinreichend klar abgrenzbare, wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbständig erscheinende Nutzungsarten (vgl. BGH GRUR 1974, 786, 787 – Kassettenfilm; Dreier/Schulze/Schulze, UrhG, § 31 Rn. 119; Schricker/Loewenheim/Schricker/Loewenheim, UrhG, § 31 Rn. 85 f., m.w.N.). Über beide Nutzungsarten kann der Rechtsinhaber getrennt und unabhängig voneinander mit „dinglicher Wirkung“ verfügen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Werkkonsum urheberrechtsfrei ist. Eine gewerbliche Nutzung erschöpft sich nicht in einem Konsum des Werks; sie geht über die Primärnutzung hinaus.

Dementsprechend ist unter Beachtung des Gebots einer restriktiven Auslegung der Reichweite des eingeräumten Nutzungsrechts davon auszugehen, dass dieses sich nicht auf eine gewerbliche Nutzung erstreckte, sondern auf eine private Nutzung beschränkte. Durch die Nutzungsbestimmungen wurde diese Begrenzung lediglich bestätigt, so dass es insoweit auf die Frage ihrer nachträglichen Einbeziehung nicht ankommt.

2. Auch für den Fall, dass dem Nutzer beim Erwerb des Spiel-Clients kein Nutzungsrecht eingeräumt wird, sondern er das für die Teilnahme an dem Spiel erforderliche Nutzungsrecht erst im Rahmen der Einrichtung des Battle.net-Accounts erhält, ergibt sich nichts anderes. Zum Zeitpunkt der Einrichtung des Battle.net-Accounts verfügt ein Nutzer auch dann nicht über ein umfassendes Nutzungsrecht, das der nachfolgenden Vereinbarung über das Unterlassen einer gewerblichen Nutzung entgegenstehen könnte. Die Beschränkung auf die private Nutzung wird dadurch vereinbart, dass bei der Registrierung des Accounts auf dem Battle.net-Server der Interessent die Nutzungsbestimmungen annehmen muss, um die Spiele nutzen zu können.

So wird nach Ziff. 1. der Battle.net-Nutzungsbestimmungen die Lizenz für die ausschließlich persönliche, nicht gewerbliche Nutzung eingeräumt; ferner verpflichtet ihn Ziff.2.2. „unter keinen Umständen der Service, ein Spiel oder einen beliebigen Teil davon zu gewerblichen Zwecken zu nutzen“ (K 13 a). In der Endbenutzerlizenzvereinbarung zu W. … wird unter der Überschrift „1. Gewährung einer eingeschränkten Benutzerlizenz“ das begrenzte Recht eingeräumt, den Spielclient zum nicht-kommerziellen Gebrauch zu installieren. Ziff. 5. B. verpflichtet den Endbenutzer, „unter keinen Umständen „mit dem Spiel oder irgendeinem Teil davon, einschließlich des Spielclients einen kommerziellen Zweck zu verfolgen mit der einzigen Ausnahme, den Spielclient in einem Internet-Café, Center für Computerspiele oder an irgendeinem anderen ortsgebundenen Standort“ zu verwenden (K18). Entsprechendes gilt nach Ziff. 1, 2. C. der D. E. (K 21). Nach Ziff. I.2. der Nutzungsbestimmungen für das Spiel W. … (K15) wird die Lizenz durch Zugang zum Service anhand eines Game Client ausschließlich für nicht kommerzielle Unterhaltungszwecke gewährt.
Nach den Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist die Lizenz demnach auf eine private Nutzung begrenzt.

3. Der Beklagte hat die Client-Software für die Online-Spiele D.I und W. … vervielfältigt bzw. durch die Mitarbeiter der B. GmbH vervielfältigen lassen. Dadurch hat er in das ausschließliche Recht der B. … aus §§ 69c Nr. 1, 16 UrhG eingegriffen, die Software dauerhaft oder vorübergehend zu vervielfältigen. Hierzu war er weder aufgrund eines wirksam übertragenen Rechts zur Vervielfältigung noch – soweit das Laden der Software in den Arbeitsspeicher in Rede steht – aufgrund der Schrankenregelung des § 44a UrhG berechtigt. Das auf private Nutzung beschränkte Nutzungsrecht erstreckte sich nicht auf eine gewerbliche Nutzung.

a) Der Beklagte hat Software der B. … auf ein Speichermedium heruntergeladen oder von einem Speichermedium in den Arbeitsspeicher weiterer Computer hochgeladen. Auch hat er Mitarbeiter der B. GmbH hierzu veranlasst. Die B. GmbH hat durch ihre Mitarbeiter die jeweilige Spielclient-Software (Computerprogramme und audiovisuelle Dateien) dauerhaft auf den genutzten PCs für die Spiele W. … und D. vervielfältigt. Ferner wurden bei den Ausführungen der Spiele die Spieldateien von der Spielclient-Software in den Arbeitsspeicher und den Grafikspeicher der PCs geladen und damit vorübergehend vervielfältigt.

Diese Vervielfältigungen erfolgten – jedenfalls teilweise – zu gewerblichen Zwecken, insbesondere um eine Automatisierungssoftware für Online-Spiele D. und/oder W. … herzustellen und zu bearbeiten. Hierfür spricht schon, dass die B. GmbH Automatisierungssoftware wie H., G. und D. tatsächlich gewerblich für den Vertrieb entwickelt und hergestellt hat, wozu sie einer Nutzung der streitgegenständlichen Client-Software bedurfte. Die Software H. und G. ermöglicht die Automatisierung von Spielaktionen in dem Spiel „W. … „, um eine Interaktion mit einem menschlichen Benutzer zu ersetzen. Beispielsweise kann der Spieler die Weiterentwicklung seines Spielercharakters erreichen, indem er bestimmte zeitraubende und spielerisch reizlose Handlungen nicht mehr selbst durchführt, sondern diese – in seiner Abwesenheit – durch die Automatisierungssoftware (Bot) ausführen lässt Ohne die Client-Software als technische Voraussetzung für den Zugang zu diesem Online-Spiel zu nutzen, konnte die B. GmbH diese Automatisierungssoftware nicht entwickeln. So bedurfte es beispielsweise zur Automatisierung von Spielhandlungen geographischer Informationen (Koordinaten zur Beschaffenheit der virtuellen Welt, z.B. Standorte, Fundorte etc.), die nur durch die Nutzung des Spiel-Clients erlangt werden konnten.

Ferner trägt der Beklagte vor, „die Mitarbeiter der B. GmbH nutzen die Spiele-Software und den Online-Dienst der Klägerin neben ihrer beruflichen Tätigkeit zum Teil ebenso wie der Beklagte selbst zu privaten Zwecken“ (Schriftsatz vom 2.12.2014, S. 2; Bl. 398 c dA). Die Nutzung erfolgt „innerhalb ihrer Tätigkeit für die B. GmbH“ (Schriftsatz vom 2.12.2014, S. 2; Bl. 398 c dA). Damit dient sie gewerblichen Zwecken. Dementsprechend hat der Beklagte auch aufgezeigt, dass „die Mitarbeiter der B. GmbH … die Funktionalität der von ihr entwickelten Software für die Spiele der Klägerin“ untersuchen (Berufungsbegründung, S. 3; Bl. 206 dA).

b) Dies wird entgegen der Auffassung des Beklagten von den Beobachtungs- und Untersuchungshandlungen nach § 69 d Abs. 3 UrhG nicht erfasst. Danach müsste das Funktionieren der Computerprogramm-Teile des vervielfältigten Spiel-Clients der Klägerin, nicht der Bots des Beklagten beobachtet werden. Zudem hätte die Beklagtenseite die Lizenzbeschränkung der in Anspruch genommenen Nutzungsrechte (z.B. Ziff. 2 W. E.) zu beachten, keine Automatisierungssoftware zu verwenden (vgl. EuGH Rs C-406/10, GRUR 2012, 814 Tz 59 – SAS Institute; BT-Drs. 12/4022, S. 12 f.; Haberstumpf in Büscher / Dittmer / Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., Kap. 10 § 69 d Rn 11). Darin kommt als Grenze des Kompatibilitätsinteresses die Beeinträchtigung von Spielzweck und damit Spielclient durch die Bots zum Ausdruck. Wird der Spiel-Client zum Testen der Bots genutzt, dient dies nicht der Ermittlung der einem Programmelement zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, § 69 d Abs. 3 UrhG. Vielmehr werden die Spielfigur und damit auch der Spielclient automatisiert und damit erheblich länger als beim Spielen eingesetzt. Dieser Dauerlauf automatischer Bots-Funktionen unter fortwährender Inanspruchnahme des Spielclients dient gewerblichen Zwecken und zudem nicht einer privilegierten Programmbeobachtung i.S.v. § 69 d Abs. 3 UrhG.

c) Für dieses Verhalten der Mitarbeiter der B. GmbH haftet der Beklagte. Ihm ist als Geschäftsführer der B. GmbH deren Verletzung des Vervielfältigungsrechts zuzurechnen, weil er das rechtsverletzende Verhalten der B. GmbH, deren Geschäftsmodell er entworfen hat, selbst veranlasst hat. Er hat es zudem gekannt und hätte es verhindern können. Für die Rechtsverletzung ist er deshalb als Täter verantwortlich.

4. Auch mit dem Kartellrechtseinwand dringt der Beklagte nicht durch. Die Klägerin und ihre Muttergesellschaft waren und sind nicht Normadressaten des Missbrauchsverbots des § 19 Abs. 1 GWB. Sie besaßen keine marktbeherrschende Stellung nach §§ 19, 20 WB auf dem vom Beklagten räumlich und sachlich nicht aufgezeigten Markt. Sein Vorbringen hierzu ist – worauf die Klägerin zu Recht abgestellt hat – unsubstantiiert. Zudem verweigert die Klägerin aus sachlichen Gründen nicht (nur) dem Beklagten eine gewerbliche Nutzung insbesondere zur Programmierung von Bots.

III. Da der Beklagte das Vervielfältigungsrecht der Klägerseite verletzt hat, sind der entsprechende Auskunftsantrag nach § 242 BGB als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs und der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht begründet. Der Beklagte handelte schuldhaft, weil er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit seines Verhaltens auch bei Einholung von Rechtsrat in Betracht ziehen musste.

Der Beklagte ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Die Angaben nach Anträgen 2 a) bis c) sind erforderlich, um den möglichen Schadensersatzanspruch der Muttergesellschaft vorzubereiten. Allerdings geht der unter I. 2. d) und e) zuerkannte Auskunftsanspruch in der Sache zu weit (vgl. Sitzungsprotokoll vom 26.11.2013, S. 3; Bl. 85 dA). Diese Angaben sind nicht erforderlich, um den möglichen Schadensersatzanspruch der Klägerseite vorzubereiten. Für die Berechnung des Schadensersatzes kommt es auf die konkrete Verletzungshandlung an. Diese liegt hier aber allein in der Vervielfältigung der Client-Software seitens des Beklagten. Wird die Verwendung der Battle.net Account Daten urheberrechtlich nicht angegriffen, besteht insbesondere kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der daraus erlangten Daten und/oder Informationen sowie deren Verwendung.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die teilweise Abweisung des Auskunftsanspruchs fiel nicht ins Gewicht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Anlass, nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, bestand nicht. Das Urteil beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall. Die entscheidungserheblichen rechtlichen Probleme haben mit den zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen eine Klärung gefunden, so dass der Sache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof erfordert.

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