Kein Auskunftsanspruch auf Mobilfunknummern bei unzulässiger Rechtsausübung

30. Oktober 2014
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Beschluss des VG Düsseldorf vom 27.08.2014, Az.: 26 K 3308/14 Der Anspruch auf Informationserteilung (hier: Mobilfunknummern) nach dem Informationsfreiheitsgesetz kann in Ausnahmefällen wegen unzulässiger Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ausgeschlossen sein. Die Grenze zum Rechtsmissbrauch ist dann überschritten, wenn der Verfolgung des Anspruchs keinerlei nachvollziehbare Motive zugrunde liegen und das Handeln offenkundig allein von der Absicht geprägt ist, die Behörde oder einen Dritten zu schikanieren oder einem anderen Schaden zuzufügen.

Verwaltungsgericht Düsseldorf

Beschluss vom 27.08.2014

Az.: 26 K 3308/14

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit dem sinngemäßen Antrag,

den Antragsgegner unter Aufhebung seines Bescheides vom 7. April 2014 zu verpflichten, der Antragstellerin eine Liste der in der Kreisverwaltung des Beklagten vorhandenen Mobilfunkgeräte nebst Rufnummern per Email zu übersenden,

keine hinreichende Erfolgsaussichten bietet und zudem mutwillig ist, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO.

Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe versagt werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzbegehrens darf dabei nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Schwierige, bislang nicht hinreichend geklärte Rechts- und Tatsachenfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden.

BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 1991 – 1 BvR 1386/91 – NJW 1992, 889 und vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88 u.a. – NJW 1991, 413; OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 1997 – 24 E 799/97 -.

Ausgehend von diesen Grundsätzen scheitert die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegend daran, dass die Erfolgschance der Antragstellerin in dem beabsichtigten Klageverfahren nur gering ist.

Die beabsichtigte Klage wäre aller Voraussicht nach unbegründet.

Gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten Stellen – zu denen auch der Antragsgegner gehört – Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Bei der begehrten Liste dürfte es sich um eine derartige Information im Sinne des Informationsfreiheitsrechts handeln.

Für die Einordnung einer Liste mit Durchwahl-Nummern als amtliche Information: VG Düsseldorf, Urteil vom 1. März 2014 – 26 K 4682/13 – , m.w.N.

Gemäß § 6 S. 2 IFG NRW ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Information zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung missbräuchlich verwendet werden soll. Konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bestehen zwar nicht. Die genannte Vorschrift, die als zwingende Rechtsfolge die Ablehnung des Antrags auf Informationszugang vorsieht, enthält aber keine abschließende Regelung über den Anspruchsausschluss wegen unzulässiger Rechtsausübung.

Gerade Anspruchsnormen, die – wie § 4 Abs. 1 IFG – offen und voraussetzungslos ausgestaltet sind, können ein Einfallstor für eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der hierdurch gewährten Rechtsstellung sein. Deshalb kann auch der Geltendmachung des Zugangsanspruchs nach dem Informationsfreiheitsgesetz wie grundsätzlich jedem Rechtsanspruch über gesetzlich geregelte Ausschlussfälle hinaus der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung bzw. des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen, wobei die Geltendmachung dieser Einrede im pflichtgemäßen Ermessen der auskunftspflichtigen Stelle steht.

Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Rechtsanspruchs gemäß § 4 Abs. 1 IFG allerdings nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Es ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber gerade darauf verzichtet hat, den Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von besonderen, das Zugangsgesuch im konkreten Fall rechtfertigenden Gründen abhängig zu machen. Folglich sind die Motive des Antragstellers bei der Verfolgung des Anspruchs auf Informationserteilung nach dem Informationsfreiheitsgesetz für seine Anspruchsberechtigung in aller Regel unerheblich.

Vgl. zur bundesgesetzlichen Regelung: Hess. VGH, Beschluss vom 2. März 2010 – 6 A 1684/08 – Juris, mit weiteren Nachweisen.

Das voraussetzungslose Zugangsrecht nach dem Informationsfreiheitsgesetz unterscheidet sich in grundsätzlicher Weise von dem Informationszugang in anderen Rechtsbereichen, der nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wird (vgl. die Gesetzesbegründung zum IFG des Bundes, BT-Drucks. 15/4493, S. 7). Der Gesetzgeber hat es damit zugelassen, dass Informationsbegehren auch aus egoistischen und womöglich auch aus fragwürdigen Beweggründen angebracht werden.

Hess. VGH, Beschluss vom 2. März 2010, a.a.O..

Die Grenze zur unzulässigen Rechtsausübung bzw. zum Rechtsmissbrauch ist unter Berücksichtigung der in §§ 226 und 242 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken aber dann überschritten, wenn der Verfolgung des Rechtsanspruchs offensichtlich keinerlei nachvollziehbare Motive zu Grunde liegen, sondern das Handeln des Anspruchsinhabers offenkundig und zweifelsfrei allein von der Absicht geprägt ist, die Behörde oder einen Drittbetroffenen zu schikanieren oder zu belästigen oder einem anderen Schaden zuzufügen

Hess. VGH, Beschluss vom 24. März 2010 – 6 A 1832/09 – juris

Vorliegend verhält es sich so, dass der Antragsgegner auf seiner Homepage eine alphabetisch geordnete Liste mit den Durchwahl-Telefonnummern der Ansprechpartner der Verwaltung bereit hält. Somit ist für jeden – auch ortsfremden – Bürger sichergestellt, dass der für ihn – in welcher Angelegenheit auch immer – zuständige Ansprechpartner ohne telefonischen Zwischenkontakt angewählt werden kann und mithin während der allgemeinen Dienstzeit für ihn prinzipiell erreichbar ist.

http://kleve.de/C12572B30025D73F/html/AE214093DDDC2594C1257316004A9264?opendocument&nid1=62389

Dass eine solche Erreichbarkeit nicht gegeben ist, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Sie benennt auch keinen Grund, aus dem heraus sie die Zugänglichmachung einer Liste der in der Kreisverwaltung vorhandenen Mobilfunkgeräte nebst Rufnummern – ohne Namensnennung der zugeordneten Benutzer – begehrt. Das Gericht kann aber einen Zweck, für den eine derartige Liste von Mobilfunknummern verwendet werden kann, ohne dass diese Verwendung rechtsmissbräuchlich wäre, nicht erkennen. Ein örtlicher Bezug der Antragstellerin zum örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ist nicht gegeben, zumindest nicht ersichtlich. Für die telefonische Erreichbarkeit der zuständigen Sachbearbeiter ist die begehrte Auflistung – wie bereits dargestellt – nicht erforderlich und im Übrigen auch wegen der fehlenden namentlichen Zuordnung nicht von praktischem Nutzen. Ginge es der Antragstellerin lediglich um die Anzahl der vorgehaltenen Mobiltelefone, so bedürfte es nicht der von ihr zusätzlich begehrten Mitteilung der Rufnummern. Trotz eines ausdrücklichen Hinweises des Gerichts in der Verfügung vom 20. Juni 2014, dass ein örtlicher Bezug zur Kreisverwaltung des Antragsgegners nicht erkennbar ist, hat die Antragstellerin jegliche Angabe zu ihren Beweggründen unter Hinweis auf die ihres Erachtens gegebene Rechtslage – von ihr als voraussetzungsloser Informationsanspruch bezeichnet – unterlassen. Dem Antragsgegner steht aber das Recht zu, das Verlangen einer Information, die ersichtlich für unlautere Zwecke (Missbrauch von Mobilfunknummern) benötigt werden kann, unter Berücksichtigung der in §§ 226 und 242 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn der/die Auskunftsuchende keinen unlauteren Zweck, sondern gar keinen Zweck verfolgen sollte, weil der Informationsfreiheitsanspruch nicht dazu dient, Arbeitszeit und Arbeitskraft des Verwaltungspersonals mit der Erteilung von Auskünften zu belasten, die der Antragsteller nur um der Auskunft willen begehrt.

Vor diesem Hintergrund fehlt der beabsichtigten Rechtsverfolgung die hinreichende Erfolgsaussicht.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich überdies als mutwillig.

Mutwillig ist die Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige Partei, die den Rechtsstreit auf eigene Kosten finanzieren muss, von der Prozessführung absehen oder sie nicht in gleicher Weise vornehmen würde bzw. wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs. 2 ZPO in der ab dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung des Gesetzes vom 31. August 2013 BGBl. I S. 3533). Unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Vorgehensweise der Antragstellerin als mutwillig. Mit Rücksicht auf das Kostenrisiko, das typischerweise mit der Einleitung eines Gerichtsverfahrens einhergeht, würde eine verständige und vermögende Partei einen Prozess, der ihr in keiner Weise einen Vorteil oder Nutzen bringt, nicht führen.

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