Facebooks App-Zentrum verstößt gegen Datenschutz

28. November 2014
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Facebook-Taste auf PC-Tastatur Urteil des LG Berlin vom 28.10.2014, Az.: 16 O 60/13

Nutzer von Facebook werden in dessen App-Zentrum nicht ausreichend über die Datenweitergabe an den Spieleanbieter informiert. Die Einwilligung der Nutzer ist rechtswidrig, da bei einer Betätigung des Buttons „Spiel spielen“ oder „An Handy schicken“ nicht von einer bewussten und informierten Einwilligung seitens der Nutzer ausgegangen werden kann. Die Einwilligung ist insbesondere deswegen als unzulässig anzusehen, da dem Nutzer der Zweck der Verarbeitung und Nutzung seiner Daten durch Dritte nicht bekannt ist.

Landgericht Berlin

Urteil vom 28.10.2014

Az.: 16 O 60/13

 

In dem Rechtsstreit

des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.,

gegen

die Facebook Ireland Ltd.,

hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 28.10.2014 durch die Richter (…)

für Recht erkannt:

  1. Das Versäumnisurteil vom 9. September 2013 wird aufrecht erhalten.
  2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig

Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf wegen der Unterlassungsansprüche gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages fortgesetzt werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt als Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen satzungsgemäß die Interessen der Verbrau­cher wahr.

Die Beklagte betreibt die unter www.facebook.de erreichbare bekannte lnternetplattform zum Austausch persönlicher und sonstiger Daten. Ruft der Nutzer die Seite auf, findet er dort über ei­nen Link das sog. „App-Zentrum“, in dem die Beklagte u. a. kostenlos Spiele dritter Anbieter zu­gänglich macht, darunter das Spiel „The Ville“. Unter dem im rechten Teil der Seite angeordneten Button „Sofort spielen“ erscheinen dort folgende Information:

Durch das Anklicken von „Spiel spielen“ oben, erhält diese Anwendung:

  • Deine allgemeinen Informationen (?)
  • Deine E-Mail-Adresse
  • Über dich
  • Deine Statusmeldungen

Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.

Am Ende der Spalte hält die Beklagte eine Verlinkung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Datenschutzbestimmungen.des Spieleanbieters vor. Bei den Spielen „Diamond Dash“ und „Wetpaint Enterntainment“ erscheinen unter dem Button „Sofort spielen“ vergleichbare Hin­weise. Beim Spiel „Scrabble“ lautet der letzte Absatz wie folgt:

Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.

Wegen der Einzelheiten des Erscheinungsbildes der Seiten wird auf die Anlagen K 4 – 7 verwie­sen.

Der Kläger mahnte die Beklagte Schreiben vom 17. August 2012, dessen Inhalt ist der Anlage K 8 zu entnehmen ist, erfolglos ab.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 2, 5, 7 Abs. 1 UWG, sowie aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4a BDSG und § 13 Abs. 2 TMG (Antrag zu 1)), sowie aus § 1 UklaG in Verbindung mit § 4a UklaG (Antrag zu 2)) geltend. Ferner verlangt er Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 200,00 €.

Er wendet sich gegen die mit der Betätigung des Spiels einhergehende Übertragung persönlicher Daten an den Spielebetreiber. Er meint, eine wirksame Einwilligung des Verbrauchers in den Da­tentransfer sei nur anzunehmen, wenn der Nutzer eine freie und bewusste Entscheidung dazu treffe, wem gegenüber er welche persönlichen Daten offenbaren möchte. Hier könne ein erhebli­cher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene, die Konsequenzen der mit der Betätigung des Buttons „jetzt spielen“ abgegebenen Zustimmung nicht absehen. Die Hinweise, die die Beklagte gebe, seien nicht geeignet, den situationsadäquat handelnden Verbraucher auf die besondere „Gefährdung“ hinzuweisen. So fehle ein Hinweis dazu, zu welchem Zweck der begünstigte Spielebetreiber die transferierten Daten nutze. Die Zustim­mung bleibe keineswegs auf eine Nutzung nur zum Zwecke der Durchführung des Spiels be­schränkt, sondern der Spieleanbieter werde umfänglich zur Nutzung der Daten ermächtigt. Der Link zu den Allgemeinen Geschäfts- und den Datenschutzbestimmungen des Spielebetreibers genüge nicht zur Information über die Reichweite der Einwilligungserklärung, weil der Verbraucher aus seiner Sicht kein bedeutsames Geschäft vornehme, wenn er sich zur Teilnahme an einem kostenlosen Spiel entschließe und die Bestimmungen daher nicht zur Kenntnis nehmen werde. Mithin liege, gemessen an den Voraussetzungen der §§ 4a BDSG und 13 TMG, keine wirksame Einwilligung des Nutzers in die Datenübertragung vor. Über eben diese Unverbindlichkeit seiner Erklärung werde er getäuscht. Ferner bestehe die Gefahr, dass der Verbraucher nach der Teil­nahme am Spiel von dritter Seite Werbung per E-Mail erhalte, obwohl er diesem Erhalt ebenfalls zuvor nicht zugestimmt habe.

Die mit dem Spiel „Scrabble“ beigefügte Bestimmung

Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.

stelle eine Geschäftsbedingung dar, die den Verbraucher unangemessen benachteilige und auch nicht hinreichend transparent sei. Sie erweise sich daher nach § 307 BGB als unwirksam.Die Kammer hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 09. September 2013 antragsgemäß wie folgt verurteilt

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern,

zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern mit einem ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland auf der Internetseite mit der Adresse www.facebook.com Spiele in einem so genannten „App-Zentrum“ derart zu präsentieren, dass der Verbraucher mit dem Betätigen eines Buttons wie „Spiel spielen“ die Erklärung abgibt, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen des Verbrauchers zu übermitteln (posten) wie in den nachfolgenden Bildschirmkopien ersichtlich:

(Abbildung)

2. es bei Meidung eines vorn Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern,

zu unterlassen,

nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Vereinbarungen mit Ver­brauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, über die Nutzung von Applikationen (Apps) im Rahmen eines sozialen Netzwerkes einzu­beziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Übertragung von Daten an die Betreiber der Spiele zu berufen:

Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.

3. an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. April 2013 zu zahlen,

Gegen dieses ihr am 15. Januar 2014 förmlich in Irland zugestellte Versäumnisurteil, in dem die Einspruchsfrist auf drei Wochen festgesetzt worden ist, hat die Beklagte am 04. Februar 2014 Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil vom 09. September 2013 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 09. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

Sie meint:

Ein auf Irreführung gestützter Unterlassungsanspruch bestehe bereits deshalb nicht, weil ihr keine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Wirksamkeit der Einwilligungserklärung obliege. Für eine Beläs­tigung durch unerwünschte Werbung nach § 7 UWG fehle es an hinreichendem Tatsachenvor­bringen. Sie handele auch nicht unlauter gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4a BDSG und § 13 Abs. 2 TMG. Die zuletzt genannte Vorschrift enthalte keinen Verbots- oder Gebotstatbe­stand, den sie verletzt haben könnte. Dieser finde sich nur in § 12 Abs. 2 TMG. Diese Norm stelle aber keine Marktverhaltensvorschrift dar. Darüber hinaus beruhe die vom Nutzer erteilte Einwilli­gung auf einer bewussten Entscheidung. Es genüge, wenn ein durchschnittlicher Nutzer erken­nen könne und müsse, dass er rechtsverbindlich einer Verarbeitung seiner persönlichen Daten zustimme. Das sei hier der Fall. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Nutzer ihres Netzwerkes generell im Umgang mit der Plattform geübt und in datenschutzrechtlichen Belangen sensibilisiert sei. Bereits bei der ersten Registrierung zur Teilnahme am Netzwerk könne er unstreitig sämtliche Informationen über die Datennutzung in den Datenverwendungsrichtlinien vorfinden und diese auch zu späteren Zeitpunkten jederzeit vollständig abrufen. Darin widme sie sich in einer ver­ständlichen Sprache und unter Wiedergabe von Beispielen auch dem Thema „Andere Webseiten und Apps“. Schon an dieser Stelle informiere sie den Nutzer darüber, dass bei Aufruf eines Spiels oder Anmeldung auf, einer Webseite über das Facebook-Konto oder beim Hinzufügen einer App allgemeine Informationen über den Nutzer übertragen würden, zu denen die Nutzer-ID und die öffentlich zugänglichen Informationen zählten. Der Nutzer sei daher auf die von der Klägerin be­anstandeten Informationen vorbereitet.

Der zweite Unterlassungsanspruch gehe schon deshalb ins Leere, weil der beanstandete Satz keine Vertragsbedingung darstelle. Ihr fehle auch die Passivlegitimation, weil nicht sie, sondern nur der Spielebetreiber als Vertragspartner des Nutzers die am Ende verlinkten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwende. Schließlich gehe mit dem gerügten Hinweis keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers einher, weil er selbst darüber entscheiden könne, wer die Bei­träge sehen dürfe, die die App für ihn poste. Der Hinweis sei auch nicht unklar oder unverständlich formuliert.

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Durch den nach §§ 338, 339, 340 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und damit zulässigen Einspruch hin wurde der Rechtsstreit in die Lage vor der Säumnis zurück versetzt. Das Versäumnisurteil war aufrecht zu erhalten, weil dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auch in Ansehung des Vorbringens der Beklagten zustehen.

Das Landgericht Berlin ist gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel-1-VO zur Entscheidung international und nach § 32 ZPO örtlich zuständig, weil der Verletzungserfolg der als unlauter gerügten Handlungen auch in Berlin eintritt.

Deutsches Recht ist anwendbar. Für die Anträge zu 1) und 3) beruht dies auf Art. 6 Abs. 3 a Rom­II-VO, weil sich die Beklagte mit der beanstandeten Gestaltung ihrer Internetseite ausdrücklich an ein deutsches Publikum wendet. Für den auf § 1 UklaG gestützten Antrag zu 2) folgt die Anwend­barkeit deutschen materiellen Rechts aus Art. 4 Rom-lI-VO.

1.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BDSG ein Anspruch dahin zu, es zu unterlassen, Spiele derart zu präsentieren, dass der Verbrau­cher mit der Betätigung des Buttons „Spiel spielen“ die Einwilligung dazu abgibt, dass der Betrei­ber des Spiels über das Netzwerk der Beklagten personenbezogene Daten erhält und ermächtigt ist, diese in seinem, des Verbrauchers, Namen zu übermitteln (zu posten).

Der Kläger ist zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche nach § 8 Abs. 3 UWG be­rechtigt.

Die Vorschrift des § 4 BDSG findet auf das Verhältnis der hiesigen Verbraucher zur Beklagten Anwendung. Sie beruht auf Art. 7 der Datenschutzrichtlinie (RL 1995/46 EG), die in ihrem Art. 4 Abs. 1 lit. c) wiederum die Anwendung der nationalen Vorschriften auf alle Verarbeitungen perso­nenbezogener Daten für anwendbar erklärt, die von einem für die Verarbeitung Verantwortlichen ausgeführt werden, der nicht im Gebiet der Gemeinschaft niedergelassen ist und der zum Zwecke der Verarbeitung personenbezogener Daten auf automatisierte oder nicht automatisierte Mittel zurückgreift, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedsstaates belegen sind. Der Begriff der „Verarbeitung“ umfasst dabei nach Art. 2 c) der Datenschutzrichtlinie auch die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung. Das Vorliegen der Voraus­setzungen des Art. 4 Abs. 1 lit. c) der Datenschutzrichtlinie in Bezug auf die Beklagte hat KG in seiner ebenfalls die Beklagte betreffenden Entscheidung vom 24. Januar 2014 – 5 U 42/12, Tz. 121 ff – , abrufbar über juris – ausführlich geprüft.. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Die Beklagte ist dem nicht mehr entgegen getreten, und zwar auch nicht hinsichtlich der tatsächli­chen Umstände, auf die das KG seine Ausführungen zur Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts stützte.

Die Weitergabe der Daten an die jeweiligen Spielebetreiber verstößt gegen § 4 Abs. 1 BDSG. Nach dieser Vorschrift dürfen personenbezogene Daten nur verarbeitet und genutzt werden, so­weit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Der Begriff der „Verarbeitung“ umfasst nach § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG auch die Weitergabe der personenbezogenen Daten an Dritte.

Eine wirksame Einwilligung der Betroffenen gemäß § 4 a Abs. 1 S. 1 und 2 BDSG liegt nicht vor. Erforderlich ist danach eine freie Entscheidung des Betroffenen auf der Grundlage des ihm mit­geteilten Zwecks der Verarbeitung und Nutzung. Der Sache nach handelt es sich um eine „informierte Entscheidung“ im Sinne des Datenschutzrichtlinie. In der beanstandeten Textpassage lässt sich die Beklagte vom Verbraucher eine generelle Einwilligung dahin erteilen, dass sie dem Dritten „Deine allgemeinen Informationen“, die E-Mail- Adresse, „Über Dich“ und die Statusmel­dungen übermitteln bzw. der Dritte diese Informationen abrufen darf und darüber hinaus der Dritte, nämlich die App, im Namen des Verbrauchers „posten“ darf, und zwar den Punktestand „und mehr“. Welche Daten damit für den (weiteren) Transfer an vierte Unternehmen freigegeben wer­den, insbesondere, ob es sich um sämtliche der eingangs aufgezählten Daten handelt, bleibt völlig offen. Zudem fehlt eine Angabe dazu, welchem Zweck die Übertragung dient und was beim Drit­ten mit den Daten geschieht. Insbesondere beschränkt sich die Einwilligung dem Wortlaut nach nicht nur auf die Übermittlung von Daten, die erforderlich sind, damit der Verbraucher das Spiel mit oder in Konkurrenz zu anderen Teilnehmern des Netzwerks der Beklagten spielen kann. Die Zustimmung umfasst vielmehr ein „Posten“ zu jedwedem Zweck. Der Nutzer, der sich auf das kostenlose Spiel einlässt, verliert dadurch jegliche Kontrolle über den Verbleib und die Nutzung seiner Daten. Dass der Transfer vornehmlich solche Angaben betrifft, die der Nutzer zuvor inner­halb des Netzwerkes öffentlich gemacht hat, entlastet die Beklagte nicht, eben weil diese Informa­tionen den geschützten Raum des Netzwerks verlassen. Die Verlinkung auf die Allgemeinen Ge­schäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen des Spieleanbieters genügt ebenfalls nicht, um dem Nutzer die Tragweite seiner Entscheidung vor Augen zu führen. Sie ist von der gegen­über der Beklagten zu erteilenden Einwilligung nicht nur räumlich getrennt, sondern es fehlt auch die inhaltliche Bezugnahme. Die Beklagte teilt dem Nutzer in generalisierter Form mit, dass die „Anwendung“ die genannten Informationen erhält und über den Punktestand hinaus etwas über­mitteln darf, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass sich der Umfang der vom Spielebetreiber beabsichtigten Datennutzung und damit der Rechteeinräumung aus dem am Ende der Spalte ver­linkten Klauselwerk ergibt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Nutzer die­sen Zusammenhang zwischen der von der Beklagten erbetenen Einwilligung zur Übermittlung der Daten an den Spieleanbieter und der Bestimmung des Umfangs der Datennutzung durch die All­gemeinen Geschäfts- und die Datenschutzbestimmungen eben dieses Spielebetreibers erkennt. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass die Teilnahme an einem kostenlosen Spiel aus der Sicht des durchschnittlich aufmerksamen Referenzverbrauchers keine Handlung darstellt, deren Folgen einer sorgfältigen Abwägung bedürfen. Ohnehin geht vom hier angesprochenen Spieltrieb generell eine starke Kraft aus, der vielfach ohne großes Nachdenken nachgegeben wird. Schließ­lich ist zwischen die beiden Blöcke – Einwilligung zum Datentransfer durch die Beklagte und In­formation über die Datenverwendung durch den Dritten – ein weiterer Block betreffend die Freiga­bemöglichkeiten der geposteten Daten für bestimmte Nutzergruppen zwischengeschaltet. Diese Wahlmöglichkeit ist dem Netzwerkteilnehmer aus der sonstigen Nutzung des Dienstes der Be­klagten bekannt und vertraut. Sie lenkt seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung und ver­mittelt ihm das Gefühl, nunmehr alles Notwendige für die Teilnahme am Spiel geregelt zu haben. Auch aus diesem Grund ist daher nicht ernsthaft damit zu rechnen ist, dass der durchschnittlich aufmerksame Referenzverbraucher sich vor der Betätigung des Buttons „jetzt spielen“ noch müh­sam durch das Klauselwerk des Spieleanbieters klickt, um zu erfahren, wie dieser mit seinen Da­ten umzugehen beabsichtigt. Eine „informierte Entscheidung“ im Sinne des Datenschutzrichtlinie trifft der Verbraucher daher nicht.

Es ist auch kein anderer Erlaubnistatbestand von der Beklagten geltend gemacht oder sonst er­sichtlich, der sie dazu berechtigen könnte, die persönlichen Daten des Nutzers an Dritte, nämlich den Spieleanbieter, zu übermitteln.

Die Datenverwendungsrichtlinien der Beklagten, denen sich jeder Teilnehmer am Netzwerk unter­wirft, enthalten zwar bestimmte Hinweise auf eine Datenübermittlung an Apps. Eine „informierte Entscheidung“ zum Datentransfer im Sinne der Datenschutzrichtlinie und § 4 Abs. 1 BDSG geht damit jedoch nicht einher, weil auch das Klauselwerk keine Informationen über den Zweck der Datenweitergabe enthält und auch nicht enthalten kann, wenn jeder Dritte sich die Verwendung der übermittelten Daten in einem von ihm selbst festgelegten Umfang in seinen Allgemeinen Ge­schäftsbedingungen vorbehält.

Gesetzliche Erlaubnistatbestände macht die Beklagte zu Recht nicht geltend. §28 BDSG regelt u. a. die Übermittlung und Nutzung von Daten für eigene Zwecke. Gemeint sind hiermit Datenverarbeitungen, die als Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der Daten verarbeitenden Stelle erfolgen, z. B. zur Abwicklung von eingegangenen Verträgen oder zur Betreuung von Kunden und Interessenten. Die Datenverarbeitung dient hier als Mittel zum Zweck, d. h. zur Erreichung eines dahinterstehenden Geschäftszwecks, eines wirtschaftlichen Erfolgs. Sie bildet jedoch nicht selbst das geschäftliche Interesse (Gola / Schomerus, BDSG, 11. Aufl., Rdnr. 4 zu § 28). Unter Anlegung dieser Maßstäbe dürfte sich die Beklagte bei der Weiter­leitung der persönlichen Daten ihrer Nutzer an Spielebetreiber noch im Rahmen der Verfolgung des eigenen Geschäftszwecks bewegen, sich ihrer also lediglich als Hilfsmittel für das eigene wirt­schaftliche Fortkommen bedienen. Die Erlaubnistatbestände der Norm greifen indes nicht ein. Der Datentransfer ist zur weder zur Begründung, Durchführung oder Beendigung eines mit der Be­klagten bestehenden Schuldverhältnisses erforderlich (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG), noch zur Wah­rung berechtigter Interessen der Beklagten (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Die Beklagte kann ihre Ver­pflichtungen gegenüber ihren Netzwerkteilnehmern erfüllen, auch ohne deren personenbezogene Daten an Dritte weiterzugeben. Die Daten sind auch weder allgemein zugänglich, noch dürfte die Beklagte sie generell, d. h. auch außerhalb ihrer Plattform und damit außerhalb des registrierten Nutzerkreises veröffentlichen (§ 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG).

§28 Abs. 3 BDSG erlaubt die Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung, dies allerdings nur, soweit der Betroffene einwilligt. Sollten die Spielebetreiber die übermittelten Daten daher zu eigenen Werbezwecken nutzen, eine Annahme, die aus Sicht der Kammer nicht fern liegt, so bliebe der Datentransfer gleichwohl mangels einer wirksamen Einwilligung verboten. Auf die vorstehenden Ausführungen zur Einwilligung wird verwiesen.

Mithin bleibt es bei dem in § 4 Abs. 1 BDSG enthaltenen Verbot der Datenübermittlung.

Es handelt sich um eine Marktverhaltensvorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, Der Anwen­dungsbereich der Norm ist eröffnet, weil das Verbot des § 4 Abs. 1 BDSG seine Wurzeln in der Datenschutzrichtlinie und damit im Unionsrecht hat.

§4 Abs. 1 BDSG dient zumindest auch dem Interesse der Marktteilnehmer, namentlich der Verbraucher. Das Kammergericht hat in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2014, aaO, Tz.158 geurteilt, dass das BDSG zwar ebenso wie die Datenschutzrichtlinie den einzelnen Bürger in sei­nem Persönlichkeitsrecht schützt, darüber hinaus aber auch dem Verbraucherschutz dient ; denn die Vorschriften der beiden genannten Regelungswerke berühren den Bürger nicht nur in seinem persönlichen Lebensbereich, sondern in gleicher Weise in seiner wirtschaftlichen Betätigung als Verbraucher. Das Kammergericht hat dazu (Tz. 160) unter Bezugnahme auf die Erwägungsgrün­de 18, 9, 33 und 71 zur Datenschutzrichtlinie aufgezeigt, dass sie den Bürger nicht nur in seiner Privatsphäre (wenn auch insoweit insbesondere“) schützen will, sondern darüber hinausgehend in jeder Beziehung, also auch bei der Erhebung und weiteren Verarbeitung von Daten im wirtschaftli­chen Interesse des Unternehmens bei einem Verbraucher. Dieser Sichtweise und den dazu gege­benen Argumenten schließt sich die Kammer an. Dass auch bei der Datenübertragung an die Spielebetreiber kommerzielle Interessen der Beklagten im Vordergrund stehen und es sich nicht um einen Service im vorrangigen Interesse der Nutzer handelt, darf ohne weiteres angenommen werden, selbst wenn die daraus der Beklagten erwachsenden Vorteile, seien sie geldwerter oder anderer Natur, im Einzelnen unbekannt bleiben. Ein Indiz für ein eigenes Interesse der Beklagten an der Datenübermittlung bildet schon ihre Datenverwendungsrichtlinie, mit denen sie die Einzel­fallentscheidung zugunsten einer Datenweitergabe bereits vorbereitet.

In der Einwilligung, mit der der Verbrauchers gegenüber der Beklagten in die Übermittlung seiner Daten an ein anderes kommerzielles Unternehmen zustimmt, liegt daher eine geschäftliche Ent­scheidung im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG.

Die von der Beklagten herausgearbeiteten Unterschiede zwischen dem hier zur Entscheidung an­stehenden Sachverhalt und der Konstellation, über die das Kammergericht zu befinden hatte, rechtfertigen keine abweichende Bewertung. Zwar tritt der Werbezweck im hiesigen Fall nicht so deutlich in den Vordergrund wie in dem Fall, über den das Kammergericht zu befinden hatte. Eben weil aber die Beklagte die erbetene Zustimmung nicht auf einen bestimmten Zweck begrenzt, umfasst sie alle nahe liegenden Einsatzmöglichkeiten von Daten, mithin auch eine Nutzung zu Werbezwecken. Wer überhaupt keinen Zweck für den Datentransfer benennt, kann im Ergebnis nicht besser stehen als derjenige, der einen bestimmten Zweck (Werbung) benennt und (lediglich) die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung der Betroffenen nicht nachzuweisen vermag. Auch der Umstand, dass es hier um die Weitergabe bereits vorhandener Daten, beim Kammerge­richt aber um die Erhebung von Daten ging, begründet keine abweichende Sichtweise, weil, wie gezeigt, in der Diktion der Datenschutzrichtlinie die beide Handlungen vom Begriff der „Verarbeitung“ umfasst werden.

Mithin erweist sich die Präsentation der Spiele im „App-Zentrum“ als unlauter gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BDSG.

Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund der eingetretenen Rechtsverletzung vermutet.

Sie kann nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden (BGH GRUR 1997, 379, 380 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II -).

2.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ferner aus §§ 1 und 4a UKIaG ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bestimmung

Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.

zu.

Es handelt sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Verbraucher im Sinne des §307 BGB unangemessen benachteiligt.

Die Bestimmung regelt ergänzend zu dem übrigen Klauselwerk der Beklagten das Verhältnis zwi­schen ihr und dem Nutzer ihrer Plattform, und zwar bezogen auf den Sonderfall, dass der Nutzer sich von der Plattform der Beklagten aus auf eine fremde Internetseite begibt, um dort kostenlos ein Spiel zu spielen. Die von der Beklagten vorgegebene Klausel besagt, dass sie dem Spiele­betreiber in diesem Fall nicht nur Daten des Nutzers übertragen, sondern ihn auch dazu ermäch­tigen darf, diese und andere Daten („und mehr“) seinerseits im Namen des Nutzers an weitere Dritte zu übermitteln und damit zu verbreiten. Damit verwendet nicht der Spielebetreiber, sondern die Beklagte die beanstandete Klausel. Der Nutzer kann den von der Beklagten vermittelten Zu­gang zum Spiel nur nutzen, wenn er ihr und damit zugleich dem Spielebetreiber eine „Generalvollmacht“ für die Versendung von Informationen erteilt, ohne dass er weiß, was und zu welchem Zweck an wen übermittelt wird. Diese Generalvollmacht erteilt er unabhängig davon, welche Rechte sich der Spielebetreiber selbst in seinen eigenen Datenschutzbestimmungen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen einräumen lässt. Der Nutzer, der das Spiel ausprobieren möchte, wird dadurch unangemessen benachteiligt, weil er, abweichend vom gesetzlichen Leitbild der §§ 4 Abs. 1, 4a BDSG, keine informierte Entscheidung über die Weitergabe seiner Daten treffen kann, denn er gibt seine Daten einer umfassenden und ihm im Einzelnen unbekannten Verwendung preis, ohne dass die Teilnahme am Spiel oder der Spielverlauf einen Datentransfer in diesem Umfang erforderte.

Der Beklagten ist zwar darin beizupflichten, dass es sich bei der beanstandeten Bestimmung statt um eine das Schuldverhältnis regelnde Bestimmung auch um einen bloßen warnenden Hinweis handeln könnte. So tritt die Seite dem Nutzer aber nicht entgegen; denn nach dem äußeren Er­scheinungsbild steht die „Vollmachtserteilung“ völlig unabhängig neben dem Inhalt der Allgemei­nen Geschäftsbedingungen des Spielebetreibers, d. h. selbst wenn der Spielebetreiber selbst sich solche Rechte dort gar nicht einräumen ließe, müsste der Nutzer die Ermächtigung der Beklagten gegenüber erteilen, um über die Plattform der Beklagten Zugriff auf das Spiel zu erlangen. Ohne­hin steht der Link auf die Bestimmungen des Spielebetreibers weder in einem räumlichen, noch in einem für den durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Nutzer erkennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit dem beanstandeten Satz.

Die Klausel ist daher nach § 307 BGB unwirksam.

3.

Der Anspruch auf die Erstattung der der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten beruht auf § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus den genannten Grün­den berechtigt war.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

4.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 709 S. 1 und 2 ZPO.

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